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Formel Eins: Vorschau GP von Russland 2018

von DonDahlmann
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Das Rennen in Singapur war gut für Hamilton, aber schlecht für die WM. Hamilton und Mercedes können sich nur noch selber schlagen.

40 Punkte Vorsprung. Sechs Rennen. Das ist der Stand der Dinge vor dem Endspurt in der WM. Nach den für Ferrari katastrophalen Rennen in Monza und Singapur, sind deren WM-Chancen auf ein Minimum gesunken. Knapp ausgedrückt: Vettel kann noch aus eigener Kraft Weltmeister werden. Dafür müsste er allerdings alle restlichen Rennen gewinnen. 150 Punkte kann er also maximal sammeln, das würden dann am Ende 391 Punkte sein. Käme Hamilton ab sofort nur noch auf P2 ins Ziel, hätte er am Ende nur 389 Punkte. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass Ferrari ab jetzt alle Rennen gewinnt? Eben – unwahrscheinlich.

Es gibt viele Gründe, warum Ferrari geschlagen wird, obwohl sie augenscheinlich zumindest gleichwertig mit Mercedes unterwegs sind. Manches hat damit den Fehlern von Vettel in diesem Jahr zu tun (Baku, Hockenheim), manches mit der Strategie von Ferrari. Ein Beispiel dafür ist die Reifenwahl von Ferrari. Schon vor der Sommerpause (als man die Reifen für die ersten Rennen im September festlegen musste) hat sich Ferrari für eine sehr aggressive Herangehensweise entschlossen. Mit dem Wissen, dass dem Ferrari die weichen Reifen besser liegen als die härteren Mischungen, hat man auf volles Risiko gesetzt. In Monza, Singapur und auch bei den kommenden Rennen in Russland und Japan, setzt man voll auf die weichsten Mischungen. Von den Soft oder Medium hat man maximal einen oder zwei Sätze genommen.

Das Problem dabei: man kann in den freien Trainings die härteren Mischungen nicht testen. Die Reifen sind in diesem Jahr, wie auch die Fahrzeuge selber, empfindlicher, was unterschiedliche Temperaturen und die Asphaltbeschaffenheit angeht. Schon ein paar Grad können über aufkommendes Graining entscheiden. In Monza schraubte man die Soft im Rennen mehr oder weniger ungetestet auf die Autos – um festzustellen, dass sie sich bei der gewählten Abstimmung schnell komplett auflösten.

In Singapur hatte man ein ähnliches Problem. Die Grundabstimmung fuhr man in den freien Trainings mit den Ultrasoft raus, man testete wenig mit den Soft. Für Russland sieht es genauso aus: Vettel hat nur einen Satz der Soft, Räikkönen und die Mercedes aber zwei. Man hat sich also selber ein Bein gestellt und es ein bisschen rätselhaft, warum man so vorgeht. Es gibt genug Reifensätze fürs Rennen mit den weichen Reifen und außerdem weiß man, dass es dieses Jahr sowieso fast immer auf ein Ein-Stopp-Rennen rausläuft.

In Russland dürfte alles andere als ein weiterer Vierkampf an der Spitze eine Überraschung sein. Red Bull hat wohl wieder auf die alten B-Spec Motoren zurückgerüstet, weil man wusste, dass man in Sotchi sowieso hinterher fährt und man die C-Spec Motoren lieber für Rennen aufspart, bei denen man eine Chance hat. Der Druck liegt voll bei Ferrari, die in Russland, auf dem Papier zumindest, auch das bessere Paket haben sollten. Ein Doppelsieg ist schon fast Pflicht.

Den „best of the Rest“ dürften Force India und die Haas untereinander austragen – mit großen Chancen für die Force India. McLaren probiert in Russland eine „low drag“ Variante der Aero aus, was die Verzweiflung des Teams schon recht gut beschreibt. Da der Kurs dem Williams ein bisschen mehr entgegen kommt, könnten die Briten ebenfalls mitmischen.

News:

Bei Sauber gibt es nächstes Jahr dann zwei neue Fahrer. Neben Kimi Räikkönen, der laut seines Managers einfach noch Lust hat schnelle Autos zu fahren, egal welches, wird das ewige Dauertalent Antonio Giovinazzi einen Platz bekommen. Ericsson wird dritter Fahrer. Giovinazzi galt lange als heisses Eisen in der Nachwuchsförderung von Ferrari, bekam aber keinen Fuss in die F1 und musste in diesem Jahr mehr oder weniger pausieren. Seine Ergebnisse aus den unteren Ligen, inkl. Kart, sind beeindruckend, sein Talent anerkannt. Dürfte spannend sein, ob er Kimi schlagen kann, der ja nun immer noch gute Rundenzeiten fährt.

Nichts neues gibt es von der Stroll-Williams-Ocon-Kubica Front. Man hatte ja damit gerechnet, dass Lance Stroll ab Russland im Force India sitzen wird, Kubica von Stroll übernimmt und Ocon auf der Strasse sitzt. Passiert ist das aber nicht. Man darf getrost davon ausgehen, dass Williams da gerne sehr viel Geld sehen würde und Papa Stroll gerade das Gefühl hat, dass er genug ausgegeben hat. Muss der Sohn halt warten.

Williams sucht händeringend nach Sponsoren. Durch den Wegfall von Martini und Stroll dürften dem Team finanzielle Mittel im Bereich zwischen 20 und 30 Millionen Dollar für die Saison 2019 fehlen. Das gerade veröffentlichte Halbjahresergebnis des Teams wies für das F1 Team einen minimalen Gewinn von 200.000 Dollar aus. Was kein schlechtes Ergebnis ist, aber eben zeigt, was dem Team dann nächstes Jahr fehlt. Offenbar hatte Mercedes Williams das Angebot gemacht, dass Mercedes ab 2019 neben dem Motor auch das Getriebe und damit praktisch das gesamte Heck anliefert. Damit verbunden war angeblich auch einen finanzielle Kompensation, wenn man George Russel übernimmt. Williams hat zumindest die Sache mit dem Getriebe abgelehnt.

So sehr man aus historischen Gründen verstehen kann, dass Williams ein eigenes Auto herstellen möchte, so sehr schadet sich auch das Team. B-Teams haben mittlerweile viele. Ferrari mit Haas und Sauber, Red Bull mit Toro Rosso, Mercedes wird Force India nehmen. Die Chance von Williams, dass man in deren Lage 2019 dann vor den B-Teams und eventuell auch noch Renault ärgern kann, sind minimal.

Strategie
Pirelli bringt Soft, Ultrasoft und Hypersoft. Man überspringt also wieder einmal die Supersoft. Die Hypersoft werden das Rennen nicht durchhalten, mit den Ultrasoft kann man das machen, geht aber ein gewisses Risiko ein. Soft sind beim vermutlich einzigen Wechsel theoretisch die bessere Wahl, weil diese garantiert das Rennen durchhalten und man sie im Falle eines Undercut auch früher aufziehen kann, ohne ins Schwitzen zu kommen. Auch das Temperaturfenster sollte für die Soft am besten passen. Für Sonntag sind angenehme 25 Grad angesagt.
Ferrari muss, wie oben beschrieben, die Soft mal wieder ungetestet aufziehen, oder hoffen, dass der relativ glatte Asphalt in Russland die Ultrasoft besser leben lässt. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, so lange man im recht schmalen Temperaturfenster der Ultrasoft bleibt. Aber das Risiko bleibt, dass sie sich gegen Ende verabschieden und die Soft am Ende die bessere Wahl sind. Denn überholen kann man in Russland wegen der langen Geraden eigentlich ganz gut.

Eine aggressive Strategie wäre auf zwei Stopps zu setzen. Dafür müsste man im ersten Stint zunächst einen Vorsprung vor den nachfolgenden Force India usw. rausfahren. Dann benötigt man auch halbwegs freie Fahrt und muss hoffen, dass die Konkurrenz ebenfalls schnell an die Box kommt, damit man einen zweiten Satz Hypersoft auch voll ausnutzen kann. Mercedes hat das Spiel aber schon in Monza durchkreuzt, als man Bottas einfach draussen ließ, der dann die Ferrari aufhalten konnte.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Sauber, Williams, Pirelli

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