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FIA WEC: Vorschau 6h von Spa

von Flo aus N
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Mit dem Rennen über sechs Stunden auf der Ardennenachterbahn steht der zweite und zugleich letzte Wertungslauf vor Le Mans auf dem Programm. Keine Strecke in der WEC gleicht Le Mans mehr, entsprechend groß ist auch die Vorfreude.

Neben Spa ist noch Monza mit der Rennstrecke an der Sarthe vergleichbar. Die zwei langen Vollgaspassagen von La Source bis Les Combes sowie von Stavelot zur Bus Stop simulieren relativ gut die langen Geraden, während die Schikanen am Ende derer die Bremsschikanen auf der Haunerdierre sowie die mittleren Kurven jenen in Le Mans relativ ähnlich sind. Entsprechend ist die Strecke in Spa auch die, welche wenig Abtrieb und somit eine andere Herangehensweise verlangt, als dies noch in Silverstone der Fall war. Daher werden auch gerne, gerade in der LMP1 und LMP2, die Aerodynamikvarianten für wenig Luftwiderstand ausprobiert, denn bis zu einem gewissen Grad nehmen sich Varianten mit viel respektive wenig Abtrieb hier nicht viel.


Zum einen benötigt man etwas mehr Abtrieb, um einerseits die Reifen auf Temperatur zu bekommen und über die notwendigen Doppelstints zu halten, andererseits haben auch die LMP2 an Topspeed zugelegt und machen es den LMP1 nun deutlich schwerer, an ihnen vorbeizukommen. Die Überrundungsmanöver gegen die LMP2 sind nun deutlich weniger geworden, die Manöver an sich können aber deutlich mehr Zeit kosten, wenn man nicht vorbeikommt. Ein Umstand der z.B. in Silverstone Toyota des öfteren einige Sekunden Zeit gekostet hat. Die Porsche konnten sich am Ende der Hangar gerade so an einem LMP2 vorbeidrücken, während die Toyota den LMP2 eben nicht überholen konnten und somit teils bis Ausgangs der Club-Kurve warten mussten, um die LMP2 dann dort auszubeschleunigen. Gerade dies wird in Spa ein äußerst interessanter Faktor sein. So werden zum einen die LMP2 mit weniger Abtrieb unterwegs sein, um ihrerseits möglichst schnelle Rundenzeiten zu realisieren, zum anderen wird Toyota mit zwei verschiedenen Abtriebsvarianten an den Start gehen.

Die #7 und #8 werden von ihren etatmäßigen Stammpiloten pilotiert und mit der bekannten Aero-Variante aus Silverstone an den Start gehen, während die #9 zum ersten Mal überhaupt ein Rennen für Toyota bestreitet. Stephane Sarrazin, Nicolas Lapierre und Yuji Kunimoto werden das dritte Gespann bilden und mit der Aero für Le Mans antreten. Diese unterscheidet sich auf den ersten Blick durch mehrere Punkte von der Sprint-Variante: Die Radhäuser sind deutlich steiler bzw. senkrechter und nach vorne geschoben. Dort befindet sich auch ein nur minimaler Flap. Am Heck ist die Abrisskante deutlich flacher ausgeführt und man findet eben nicht mehr eine so stark ansteigende Abrisskante vor. Insofern stellt Spa auch einen guten Vergleich sowohl zwischen den beiden Aero-Varianten Toyota-intern dar als auch zwischen Toyota und Porsche, denn diese werden nach Silverstone wieder mit ihrer Variante für wenig Abtrieb an den Start gehen.

Die Gretchenfrage lautet nun: Wer hat die Nase vorn? Der höhere Abtrieb und Luftwiderstand sollte für den Toyota sprechen, da er somit wohl über die Doppelstints einen etwas geringeren Reifenverschleiß hat. Allerdings war der Porsche hier in Silverstone auch sehr gut und wird wie erwähnt gerade beim Überrunden der LMP2 Vorteile haben. Was dies angeht sehe ich hier also Gleichstand. Das Zünglein an der Waage könnte der Spritverbrauch bzw. die Stintlänge werden. Aufgrund des bisher gezeigten Speeds wird das Rennen unter normalen Umständen in etwa 171 Runden dauern. Wenn man die aktuelle EoT runterrechnet, dann ergibt sich eine Stintlänge von 24 Runden, welche in Bezug auf den Spritverbrauch und die 2l Resttankinhalt noch zulässig wären. Bei einer zu erwartenden Stintlänge von 23 oder 24 Runden sind sieben Stopps im Laufe des Rennen notwendig, während man bei einer Stintlänge von 25 Runden sich den letzten Stopp sparen kann.

Dies hätte hier einen Vorteil etwa 35 Sekunden zur Folge und dieser würde pro Porsche ausfallen, denn bereits in Silverstone konnte man bis zu zwei Runden länger als die Toyota fahren. Der erwartete Rundenzeitenverlust bei der Ausweitung der Stints auf 25 Runden würde etwa 0,3 Sekunden betragen, was dazu führt, dass die Rechnung in etwa bei Null rausläuft, ob sich der gesparte Stopp lohnt oder nicht. Dies kann sich aber zugunsten der längeren Stints schieben, sollte eine FCY kommen oder ein Safety Car auf die Strecke müssen. Aufgrund des geringeren Luftwiderstandes wäre aber bei den beiden Porsche der Zeitenverlust beim Sprit sparen geringer, da dies normal beim Segeln am Ende der Geraden passiert.

Man sieht also, dass es extrem schwierig ist, in der LMP1 einen Favoriten fürs Rennen auszumachen. Ich tippe aber in Summe auf die Porsche, welche wohl einen leichten Vorteil haben sollten, zumal sie mit ihrem Abgasenergierückgewinnungssystem sich doch deutlich leichter tun werden, die knapp 8 MJ elektrische Energie zu rekuperieren, da Spa nicht viele lange harte Bremszonen hat, was dem Toyota mit seinen 2 KERS nicht so schmecken wird. Gerade von der La Source hoch zur Les Combes sollte der Porsche daher deutliche Vorteile besitzen.

In der LMP2 gibt es im Vergleich zu Silverstone ein paar Veränderungen. Tockwirth Motorsport hat einen der neuen Ligier-Gibson für das Rennen als Vorbereitung für Le Mans genannt. Damit bricht man in die Oreca-Phalanx ein, denn diese hat bislang ein Monopol in der Klasse. Das Auto mit der #34 wird von Nigel Moore, Karun Chandhok sowie Phil Hanson pilotiert. Auf dem Papier sollte der Ligier etwas mehr Abtrieb als die Oreca erzeugen, dafür aber auch leichte Nachteile beim Topspeed haben. Dies könnte für eine spannende Konstellation sorgen, denn der Reifenabbau war bei den LMP2, gerade bei den Silberfahrern, etwas höher als bei den LMP1. In der Klasse hat es auch einige Umbesetzungen gegeben. Nicolas Lapierre, der normalerweise für Signatech Alpine in der #36 startet, fährt ja auch den Toyota mit der #9. Im Zuge dessen hat man sich mit Romain Dumas den Gesamtsieger von Le Mans 2016 als Ersatz geholt, welcher diesen Platz auch in Le Mans einnehmen wird. Die zweite Umbesetzung betrifft die #28, bei der Ben Hanley Mattieu Vaxiviere ersetzt, welcher sich beim Training am Fuß verletzt hat und somit erstmal ausfällt. Favorisiert sind hier wohl wieder die beiden Oreca von Jota bzw. Jackie Chan Racing, welche bereits in Silverstone die schnellsten Rundenzeiten fuhren. Dazu wird man wohl auch die beiden Signatech Alpine recht hoch einschätzen müssen, es sei denn, Matt Rao verliert wieder so viel Zeit wie in Silverstone, denn diesen Verlust kann auch ein Dumas nicht kompensieren. Von daher würde dann noch eher einer der beiden Oreca von Rebellion Racing oder der G-Drive mit Roman Rusinov, Pierre Thiriet und Alex Lynn in Frage kommen.

Ein richtiges Ratespiel wird es aber in der GTE-Pro geben, aber fangen wir mal von vorne an. Der Ford GT war bereits letztes Jahr trotz diverser Zementsäcke auf dem Podium, geschlagen nur vom Ferrari F488. Nominell sollte man also diese beiden Autos ganz oben auf dem Zettel haben. Dazu kommt der neue Porsche, welcher in Silverstone nach den Ford GT die schnellsten Rundenzeiten fuhr, wobei bislang Silverstone den Porsche eher lag wie Spa. Dann wäre da noch der Aston Martin, der aber stark vom Wetter abhängig ist. Für Samstag werden in den Ardennen bislang 15 bis 20 Grad und Sonnenschein gemeldet, was dazu führt, dass die Asphalttemperaturen zwar höher sind als z.B. in Silverstone, allerdings haben es die Dunlops am Aston Martin gerne noch eine gute Ecke wärmer, um den wahren Vorteil ausspielen zu können, denn dort waren diese in 2016 ab der Saisonmitte besser als die Michelins von den anderen Herstellern. Unterm Stirch würde ich aber die Ford GT am besten einschätzen, gefolgt von den Porsche 911 GT3, welche dank des Mittelmotors deutlich besser funktionieren und sich mit den Ferrari F488 um die Plätze dahinter streiten sollten. Die Aston Martin sehe ich mit einem kleinen, aber feinen Abstand dahinter, es sei denn die Temperaturen entwickeln sich wieder so wie 2016. In der BoP hat man dieses mal nur die Tankgrößen verändert. So darf nun der Porsche bis zu 98 Liter tanken, während der Ford GT um 4 Liter weniger auf 92 Liter reduziert wurde und der Ferrari statt 91 nun 92 Liter Sprit fassen darf. Damit will man die Stintlängen auf ein Niveau setzen. Ob dies in Zeiten von höheren Spriteffizenzen und einem fuel flow geregelten LMP1-Regelwerk der richtige Schritt ist, sei hier mal dahingestellt.

In der GTE-Am wird es auch knifflig, wobei hier die F488 im Vorteil sein sollten. Die Autos befinden sich auf dem Stand von 2016 und hier waren die F488 den anderen Autos überlegen, wodurch der Spirit of Race und der Clearwater Racing Ferrari meine Favoriten sind. In Sachen Rundenzeiten war man schneller als der Aston Martin, wobei dieser fahrerisch besser besetzt ist mit Dalla Lana, Lauda und Lamy. Dies könnte der Trumpf sein, wenn es wechselhafte Verhältnisse gibt. In Sachen BoP hat sich hier auch was getan: Der Ferrari muss nochmal 10 kg zuladen und kommt auf 1288 kg, während die Porsche 10 kg ausladen dürfen, ebenso wie die Aston Martin, und damit auf knapp unter 1200 kg kommen. Eine Entscheidung, die absolut nachvollziehbar ist, denn die Porsche sind noch auf 2015er und nicht auf dem 2016er Stand. Man wollte hier Kosten sparen, da das Update zwar viel kostet, aber kaum was bringt.

Am Rande gibt es Diskussionen ob es die GTE-Am 2018 noch geben soll, denn mit BMW kommen zwei weitere Fahrzeuge in die GTE-Pro und es könnte sein, dass die LMP1 und LMP2 noch ein paar Fahrzeuge mehr bekommen. Man will auch die GTE-Pro mit einem Sprintrace am Samstag aufwerten, in welchem dann die Startaufstellung für das Rennen ausgefahren wird. Rennstart wird ab 21:30 Uhr sein und das Rennen wird von Sport 1 im Livestream und Eurosport (Highlights + Live-Schalten) übertragen.

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