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GT3-Report: Die Geschichte des 60-Stunden-Porsches

von Philipp Körner
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Die 24 Stunden von Barcelona waren über weite Teile eine brutale Hitzeschlacht, die erst spät in der Nacht langsam abklingen sollte. Die Gesamtsieger kamen als einzige Mannschaft perfekt durch das Rennen und erleben momentan einen rekordverdächtigen Lauf. Am kommenden Wochenende feiert die erste größere GT-Serie in der Form der British GT bereits ihr Saisonfinale im Donington Park und leitet damit den Jahresendspurt im GT-Bereich ein.

24h Barca 13In der Qualifikation am frühen Freitagabend sicherte sich der #52 Barwell Motorsport Lamborghini Huracán GT3 (Mark Poole-Richard Abra-Jeroen Bleekemolen-Joe Osborne) mit einer Zeit von 1:49,225 Minuten die Pole-Position. Auf Platz zwei beendete der #11 Scuderia Praha Ferrari 458 Italia GT3 (Jiri Pisarik-Josef Král-Matteo Malucelli-Peter Kox) das Zeittraining und Rang drei ging an den #55 Massive Motorsport Aston Martin Vantage GT3 (Casper Elgaard-Roland Poulsen-Christoffer Nygaard-Kristian Poulsen). Bester A6-Amateurbolide war der #49 Drivex Audi R8 LMS ultra (William Paul-Daniel Diaz Varela-Andrés Saravia-Saud Al Faisal), dessen zu gute Zeit jedoch eine Hochstufung in die Pro-Wertung zur Folge hatte. Somit erbte der #17 IDEC SPORT RACING Mercedes AMG GT3 (Patrice Lafargue-Paul Lafargue-Alban Varutti-Dimitri Enjalbert) die reglementskonforme Pole in der A6-Am.

Am Samstagmittag erfolgte um 12:00 Uhr durch das Erlöschen der roten Ampellichter die Freigabe für das Rennen, was jedoch noch kein wirkliches Renngeschehen zur Folge hatte. Erst konnten sich die Fahrer durch zwei neutrale Runden an die Voraussetzungen gewöhnen. Die unverdeckte Sonne brannte gnadenlos und 24h Barca 6sorgte für 32°C Lufttemperatur sowie für ein extrem heißes Asphaltband. Peter Kox beschrieb nach seinem ersten Stint im Scuderia Praha Ferrari 458 Italia GT3, wie der italienische Bolide zwischen Über- und Untersteuern schwankte und extrem oft rutschte. Darunter mussten die Hankook-Reifen leiden, die bei fast allen keine gute Verbindung zur Strecke aufbauten und so für Verzweiflung bei den Fahrern sorgen sollten. Dementsprechend waren rote Gesichter und nassgeschwitzte Anzüge der Standard. Nachdem die beiden Einführungsrunden absolviert waren, konnte sich der #52 Barwell Motorsport Huracán GT3 in den Händen von Pole-Mann Bleekemolen sofort absetzen und hielt den so aufgebauten Vorsprung für 30 Minuten. Bereits in der ersten Runde sprang der #911 Precote Herberth Motorsport Porsche 911 GT3 R (Alfred Renauer-Robert Renauer-Daniel Allemann-Ralf Bohn) aus der Mitte der Top 10 auf Platz zwei und suchte Anschluss an den Barwell Lamborghini. Dieses Vorhaben gelang und nach 14 Runden wagte Robert Renauer einen erfolgreichen Angriff auf den Führenden.

24h Barca 11Der erste Platz wurde dann in den anfänglichen Stunden immer mal wieder vom besagten Huracán GT3 gefährdet, der sonst in der British GT und im Blancpain GT Series Endurance Cup zu Hause ist, aber der Herberth Porsche konnte ihn weitestgehend auf Distanz halten. Der Scuderia Praha F458 GT3 verlor durch eine Fehlfunktion der Tankanlage viel Zeit und dementsprechend die Verfolgerrolle. Generell war es etwas überraschend, dass die tschechische Truppe nochmals ihren älteren, Leid gewohnten 458 Italia GT3 für Barcelona aus der Garage holte. Übernommen wurde dieser Status vom Massive Motorsport Aston Martin Vantage GT3 und vom #10 Hofor-Racing Mercedes SLS AMG GT3 (Christiaan Frankenhout-Kenneth Heyer-Roland Eggimann-Chantal Kroll-Michael Kroll). Letzterer musste jedoch durch die freiwillige Amateureinstufung einige Regeln beachten. So gab es beispielsweise Sollzeiten für die Piloten, damit die Verhältnisse in der A6-Am ausgeglichen blieben. Natürlich waren nur die besten Fahrer des Autos davon betroffen und das auch nur in bestimmten Situationen. Den Am-Mannschaften wurden einige Ausnahmerunden per Regelwerk zugestanden, welche als spannendes taktisches Element fungierten. So nutzte Christiaan Frankenhout einige Runden des Kontingents gleich zu Beginn, um den alten Mercedes an der Spitze zu halten. Nach zwei einigermaßen ruhigen Rennstunden wurden wiederholt Code 60-Phasen ausgerufen, die meist einen harmlosen Hintergrund hatten. Einige langsamere Fahrzeuge meinten es wiederholt zu24h Barca 14 gut und ließen viel Platz, was eine Linie in die zahlreichen Kiesbetten hervorrief: no harm, no foul. Die Rennleitung verzichtete leider in manchen vergleichbaren Situationen auf die lila Fahne mit der großen Nummer 60, was wie immer schade ist. Nach drei Stunden grüßte immer noch der Herberth Motorsport Porsche von ganz oben, der vom Barwell Motorsport Lamborghini vergeblich gejagt wurde. Bis auf Platz drei hatte sich mittlerweile der #53 Spirit of Race Ferrari 458 Italia GT3 (Alexandre Coigny-Gino Forgione-David Iradj Alexander- Tom Dyer) aus der A6-Am vorgekämpft. Bis auf Dyer war man als rein schweizerische Mannschaft in Katalonien angetreten. Während der Motor des Herberth Porsche wie ein Uhrwerk lief, ging der Transponder im Zuffenhausener aber in die Knie, was die Zeitnahme zu einem Ratespiel für mehr als eine halbe Stunde machte. Der nächste Boxenstopp musste nämlich in etwa so lange abgewartet werden. Das Problem löste man im Übrigen durch den Wechsel eines hinteren Seitenfensters, in welchem die Elektronik eingearbeitet ist. Auch die direkten Verfolger von Barwell hatten ein Elektronikproblem im Kreislauf ihres Huracán GT3, das aber schwerwiegender war. Fahrer Richard Abra vermeldete plötzlich vehemente Schaltprobleme, die immer mal wieder auftraten. Durch das nicht vorhersehbare Timing des Problems war man gezwungen, einen Halt von zwölf Minuten in der Box auf sich zunehmen.

24h Barca 10Glücklicherweise war das Problem somit aber eliminiert. In den Abend- und Nachtstunden galt es nun, eine perfekte Aufholjagd zu absolvieren. Wie das geht, hatte der Scuderia Praha Ferrari bereits vorgemacht, der über drei Stunden die verlorene Zeit zurückholte und wieder an der Spitze zu sehen war. Unbeeindruckt davon jagten die Herberth-Männer ihren 911 GT3 R durch den späten Nachmittag und in die frühen Abendstunden. Dass auch der nächste erweiterte Verfolger in der Form des #41 HTP Motorsport Mercedes AMG GT3 (Wim de Pundert-Brice Bosi-Bernd Schneider-Maximilian Buhk) durch einen Bodyworkschaden länger in der Box stand, zeigt, wie stark sich Konstanz und fehlerfreies Fahren in der 24h Series auszahlen können.

Noch bevor die Nacht vollends angebrochen war, kam es zu einem schweren Unfall, da ein BMW-Tourenwagen einen Super-Trofeo-Lamborghini von der Strecke in die Reifenstapel drückte, nachdem er selbst im engen Verkehr gedreht wurde. Besonders beängstigend war ein loses Rad, welches in ein ankommendes Auto flog, aber günstig aufkam. Bilder gibt es von dem Unfall nicht, aber der Fahrer aus diesem Fahrzeug konnte den ganzen Hergang, der sich direkt vor ihm abspielte, aufklären. Die eh schon gewachsenen Abstände an der Spitze wurden von der längeren Unterbrechung nicht beeinflusst. Mit dem ebenfalls in den Profibereich hochgestuften #29 Wochenspiegel Team Manthey24h Barca 15 Porsche 911 GT3 R (Georg Weiss-Oliver Kainz-Jochen Krumbach-Mike Stursberg) drang jedoch ein weiterer Porsche in die Top 3 ein. Die Leistung des Team Mantheys war sehr beeindruckend, wenn man von der Amateurbasis ausgeht, die eigentlich für den Boliden geplant war. Man profitierte aber auch vom geschilderten Pech der Profi-Mannschaften. Besonders hart traf es den #41 HTP Motorsport AMG GT3, der sich im weiteren Verlauf noch in ein Kiesbett verabschiedete durch ein Manöver, welches die Rennleitung umfangreich bestrafte. Leider blieb auch der Manthey Porsche im weiteren Rennverlauf vom Pech nicht verschont. Die Top 3 zur Rennhalbzeit bestand aus dem Herberth Motorsport Porsche, dem Scuderia Praha Ferrari und dem Hofor Mercedes, der kurze Zeit später vom Barwell Motorsport Lamborghini überholt wurde, dessen Aufholjagd perfekt lief. Man verbesserte sich in den frühen Morgenstunden um noch einen Platz, da der Scuderia Praha Ferrari an einem katastrophalen Unfall auf der Start-Ziel-Geraden beteiligt war. Malucelli kollidierte mit einem BMW sowie einem Cup-Porsche, was alle Piloten stark durchschütteln sollte. Trotz anfänglicher Probleme nach dem Aussteigen konnte für alle drei Fahrer eine Entwarnung folgen. Der Ferrari 458 Italia GT3 wurde stark beschädigt und könnte nun sein endgültiges Ende gefunden haben, denn dies war nur einer von vielen dramatischen Abflügen in seiner langen Geschichte.

Ab diesem Schreckmoment ging das Rennen in ein ruhiges und nahezu unfallfreies letztes Renndrittel über, was auch durch die auseinandergerissene Spitze hervorgerufen wurde. So konnte sich der #911 Precote Herberth Motorsport Porsche 911 GT3 R (Alfred Renauer-Robert Renauer-Daniel Allemann-Ralf Bohn) den dritten Sieg in Folge auf den Briefkopf schreiben. Zusammen mit den 12h Zandvoort und den 24h Paul Ricard kann man nun auf 60 siegreiche Stunden zurückblicken: eine eindrucksvolle Leistung. Da man erst verspätet mit dem Porsche eingestiegen ist, kämpft man noch bei den 24h Brno vom 14. bis 16. Oktober um eine Topposition in der Meisterschaft und um den Status eines 84-Stunden-Porsches. Platz zwei ging an den #52 Barwell Motorsport Lamborghini Huracán GT3 (Mark Poole-Richard Abra-Jeroen Bleekemolen-Joe Osborne), dem sechs Runden und damit fast exakt die Zeit des Extra-Stopps fehlten. Komplettiert wurde das Gesamtpodium vom A6-Am-Klassensieger in der Form des #53 Spirit of Race Ferrari 458 Italia GT3 (Alexandre Coigny-Gino Forgione-David Iradj Alexander- Tom Dyer). Das Rennen war sicherlich kein Klassiker, wie es andere Langstreckenrennen in diesem Jahr gewesen sind, aber hatte viele unterhaltsame Momente, die durch den Anspruch einer Serie für Amateure entstanden sind. Abgerundet wurde das bodenständige Motorsportwochenende durch eine solide Leistung des Radio Le Mans-Teams vor Ort.

Wie bereits in der Einleitung angedeutet wird auch das kommende Wochenende eher ruhig im Bereich des GT3-Spitzensportes sein und nationalen Serien Raum zum Atmen geben. Beispielsweise gastiert die Italian GT in Vallelunga und die British GT in Donington. Die britische Serie begeht bereits ihr Saisonfinale, welches auch auf Motors TV zu sehen sein wird. Das zweistündige Rennen startet Sonntagmittag um 13:00 Uhr britischer Zeit. Dementsprechend könGT Open Spielberg 1nen deutsche Empfänger um 13:30 Uhr die Vorberichte einschalten. Bei den Fahrern führen mit Jon Minshaw und Phil Keen zwei Barwell Motorsport Lamborghini Huracán GT3-Racer, welche die grün-rote Nummer 33 pilotieren. Man hat 11,5 Zählern Vorsprung auf den #17 TF Sport Aston Martin V12 Vantage GT3 von Derek Johnston und Jonny Adam. In der Teamwertung herrscht hingegen eine gedrehte Konstellation. Hier hat TF Sport nämlich 14,5 Punkte Vorsprung. Zwar sind die Abstände nicht sonderlich klein, aber Spannung kann durch die zwei GT-Klassen durchaus geboten sein. Abschließend sei noch auf die International GT Open verwiesen, die in Spielberg gastiert. Wie immer verweisen wir für weitere Informationen auf unsere TV-Zeiten und wünschen ein schönes Spätsommerrennwochenende.

Bilderquelle / Copyright: 24H Series

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2 Kommentare

Frank Hay 13 September, 2016 - 20:02

Ein sehr schöner und informativer Bericht, scheint so, als würden vermehrt Teams der VLN den Rücken kehren…

Philipp Koerner 13 September, 2016 - 23:35

@ Frank Hay:

Vielen Dank für Deine positive Rückmeldung! Es scheint tatsächlich so, dass etwas mehr Bewegung zu sehen ist. Wie sich das genau auf die VLN auswirken wird, ist wohl eher eine Frage für die Kollegen Flo und Felix. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die 24h Series eine passende Heimat für diese Mannschaften sein kann. Dafür überwiegt der “Einzelcharakter” der Rennen, die man meist einfach mal gerne nebenbei mitnimmt (vgl. Dubai24h im Januar).

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