Home Motorsport V8 Supercars: Rückblick Bathurst 1000 / Vorschau Gold Coast 600 2016

V8 Supercars: Rückblick Bathurst 1000 / Vorschau Gold Coast 600 2016

von ThomasB
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Selten hat das Ergebnis des Bathurst 1000 so hohe und vor allem noch so lange nach dem Rennen Wellen geschlagen wie die diesjährige Ausgabe. Da Red Bull Racing Protest gegen eine gegen Jamie Whincup verhängte Zeitstrafe einlegte, steht das Rennergebnis erst seit vergangenem Dienstag fest. Das „Supercars National Court of Appeal“ hat den Einspruch des Teams abgelehnt, und bestätigte somit Will Davison und Jonathon Webb (Tekno) als Sieger. Gleichzeitig bedeutet dies, dass Jamie Whincups Chancen auf den Titel einen herben Dämpfer erlitten haben, da Teamkollege Shane van Gisbergen Zweiter wurde, Whincup gleichzeitig aber nur als Elfter gewertet wurde. Van Gisbergens Vorsprung in der Meisterschaft wuchs somit auf 139 Zähler an.

Enduro-Cup-2015LOGOAuslöser des ganzen, und hier muss ich weiter ausholen, war eine Kollision zwischen Jamie Whincup, Garth Tander (HRT) und Scott McLaughlin (GRM) zehn Runden vor Schluss. Da der zu diesem Zeitpunkt in Führung liegende Fabian Coulthard (DJR-Penske) noch einmal an die Box würde kommen müssen, kämpften die drei also um den Sieg. Whincup konnte sich auf der Conrod Straight an McLaughlin ansaugen und setzte sich in The Chase neben ihn. Beim Anbremsen kam das Heck seines Autos quer und er rutschte in McLaughlin, der daraufhin von der Strecke abkam. Meiner Meinung nach eine überhastete Aktion von Whincup, denn er war eindeutig der schnellste im Feld und verbesserte zuvor mehrfach den Rundenrekord. Es wäre also eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann Whincup an McLaughlin vorbeigegangen wäre. Für die Kollision sprach die Rennleitung schließlich eine Strafe von 15 Sekunden aus, die Whincup auf seine Rennzeit aufaddiert werden sollten. Whincup versuchte zuvor aber noch eine Strafe zu umgehen indem er vom Gas ging, um McLaughlin wieder vorbeizulassen – das sogenannte „Redressing“. Tander schloss nun zu den beiden auf und berührte Whincup leicht am Heck. Keine Sekunde später fuhr der auf die Strecke zurückkehrende McLaughlin auf das rechte Hinterrad von Tander und beide landeten in der Mauer. Sicher war der Re-entry von McLaughlin auch nicht ganz sauber, die Stewards zogen ihm dafür auch 25 Meisterschaftspunkte ab, denn schließlich beendete er so das Rennen von Tander und Warren Luff.

An dieser Stelle lohnt ein kurzer Blick in den Strafenkatalog der Supercars: Dort sind Vergehen auf der Strecke in drei Stufen eingeteilt. Ein Vergehen der ersten Stufe (meistens Abdrängen, Blocken oder ähnliches) wird meist durch das oben erwähnte Redressing geahndet, das heißt, dass der Schuldige sein „Opfer“ wieder vorbeilassen soll. Vergehen der zweiten Stufe werden mit Zeitstrafen beziehungsweise Pitlane Penalties, die der dritten Stufe mit einem Abzug von Meisterschaftspunkten geahndet.

Das Redressing mag zwar eine elegante Lösung sein, wenn die beiden Beteiligten direkt hintereinander liegen. Wenn aber bereits mehrere Fahrzeuge zwischen den beiden liegen, halte ich es eher für eine Behinderung der Unbeteiligten, wenn nicht sogar für eine unnötige Gefährdung. Dass das Redressing nicht immer funktionieren muss, hat man ja in Bathurst gesehen. Stelle ich mir eine ähnliche Situation aber auf einem Stadtkurs vor, löst man so erst recht einen weiteren eventuell sogar noch größeren Unfall aus.

Die Rennleitung wertete McLaughlins Re-entry also als Vergehen der dritten Stufe, während man Whincups Kollision mit McLaughlin in die zweite Stufe einordnete. Und genau da liegt das Problem. Hätten die Stewards Whincups Vergehen ebenfalls in die dritte Kategorie eingeordnet, hätte man ihm 30 oder 40 Punkte Meisterschaftspunkte abziehen können, und die Sache wäre damit wohl erledigt gewesen. So aber verlor Whincup über 150 Punkte. Deswegen auch der Protest von Red Bull Racing, die vorrangig auf eine Reduzierung der Strafe auf zehn Sekunden abzielten. Ungewöhnlich ist aber, dass der Protest überhaupt zugelassen wurde. Bei Strafen, die während des Rennens ausgesprochen wurden ist dies eigentlich nicht möglich. Es stellt sich also die Frage, wem dieses Theater mehr schadet, den Supercars (SCA) oder Red Bull Racing.

Dass die Zeitstrafe Whincup so hart traf, lag jedoch auch an zwei Safety-Car-Phasen, die bis zum Rennende noch folgen sollten. Das erste Mal wegen oben geschilderter Situation, das zweite Mal kurz vor Schluss, nachdem Rick Kelly (Nissan) in Forrest’s Elbow im Reifenstapel landete. Für ihn und seinen Co-Driver Russell Ingall der Schlusspunkt eines Tages, an dem überhaupt nichts zusammenlief. Von Platz 19 aus ins Rennen gegangen, fiel schon in der ersten Runde der Funk bei der #15 aus. Und obwohl trotz allem die Pace der beiden das ganze Rennen über sehr gut war, traten sie immer nur auf der Stelle, denn sobald Kelly oder Ingall sich nach vorne kämpften, verlor man bei den Pitstops durch diverse Probleme die herausgefahrene Zeit. So war all die Mühe umsonst, und man ging mit einem DNF und somit ohne einen Punkt nach Hause.

Die ersten 92 Runden, also mehr als die halbe Renndistanz, hatte das Rennen noch seinen gewohnten Gang genommen. Der von der Pole gestartete Whincup und sein Co Paul Dumbrell fuhren vorne weg, während dahinter um die Plätze gekämpft wurde, bis ein heftigerer Abflug von Andrew Jones (BJR) in Sulman Park für die erste Unterbrechung sorgte.

Ansonsten spielten sich die meisten Dramen, die unter der Überschrift „Favoritensterben“ am besten zusammengefasst wären, an der Box ab. Zu erst traf es die oben erwähnten Kelly / Ingall. Kelly kollidierte in der Anfangsphase des Rennens mit Chris Pither, konnte aber das Kommando sich zurückfallen zu lassen aus bekannten Gründen nicht hören. Also bekam er eine Zehn-Sekunden-Strafe für seinen Pitstop aufgebrummt. Nur der erste Rückschlag von vielen an diesem Tag, später kam sogar noch eine Pitlane Penalty wegen eines Vergehens bei einem Pitstop dazu.

In Runde 34 erwischte es Steven Richards (RBRA), der kurz zuvor von Craig Lowndes übernommen hatte. Eine Stange, die vom Schalthebel zum Getriebe führt, war gebrochen und Richards konnte nicht mehr schalten. Lowndes und Richards waren nach Startplatz 21 zu diesem Zeitpunkt schon in Richtung Top 10 unterwegs. Doch der Defekt nahm die beiden schon im ersten Rennviertel aus der Entscheidung. Nach einer langen Reparatur wurde man am Ende mit fünf Runden Rückstand nur 16., doch immerhin nahm man noch 114 Punkte mit.

Das nächste Drama spielte sich bei Tim Slade und Ash Walsh (BJR) ab. Zwischenzeitlich lagen sie auf dem zweiten Rang, ehe man durch ein Feuer an der Box zurückgeworfen wurde. Beim Wechsel der Bremsklötze bekam Slade zu früh das Kommando mit dem Bremspedal zu pumpen, was dazu führte, dass Bremsflüssigkeit austrat und sich entzündete. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, Slade und Walsh verloren so aber zwei Runden. Durch eine kluge Taktik und den späteren Cautions konnte man diese aber wieder einfahren und schließlich sogar den siebten Platz einfahren. Nicht auszudenken, wo man ohne diesen Zwischenfall gelandet wäre.

Fast gleichzeitig mit der ersten Caution warf ein defekter Sensor des Gaspedals auch Chaz Mostert und Steve Owen (Rod-Nash-PRA) weit zurück. Mit 14 Runden Rückstand wurden sie als 19. gewertet. Da man als Dritte aussichtsreich ins Rennen gegangen war ein enttäuschendes Ergebnis.

Und weil es damit nicht genug war: In Runde 109 beendete ein kapitaler Motorschaden jede Hoffnung auf ein gutes Ergebnis von James Moffat und James Golding (GRM). Kurze Zeit später gab das Getriebe bei Andre Heimgartner (LDM) den Geist auf. Er und Aaren Russell gehörten zwar nicht zu den Favoriten um den Sieg, waren aber dank einer guten Taktik nach Startplatz 25 auf Top-10-Kurs.

Als nächstes nahm sich Mark Winterbottom (PRA) aus dem Rennen als er in Runde 134 in Forrest’s Elbow erst die Mauer touchierte und anschließend in The Chase mit defekter Bremse seinen Wagen und seine noch verbliebenen Meisterschaftshoffnungen im Kies begrub. Nach der darauf folgenden Safety-Car-Phase kam es zur bereits geschilderten Situation um Whincup, McLaughlin und Tander, die die drei nächsten Favoriten ausschaltete.

Zu guter letzt machte James Courtney sich und Jack Perkins (HRT) mit zwei meiner Meinung nach ziemlich unnötigen Aktionen ein ansonsten fehlerfreies Rennen kaputt. Erst hielt er beim Restart nach Winterbottoms Abflug seine Gegner auf, was eine Pitlane Penalty zur Folge hatte. Drei Runden vor Schluss räumte er dann Todd Kelly (Nissan) in The Chase ab und bekam dafür 25 Punkte abgezogen. Courtney und Perkins beendeten das Rennen als 13. – HRT hatte sicher bessere Wochenenden am Mount Panorama. Dieses Jahr ist das Ergebnis anlässlich ihres letzten Auftritts natürlich besonders bitter.

Somit blieben am Ende nur Will Davison und Shane van Gisbergen, die den Sieg unter sich ausfuhren, und es bis zum Ende spannend machten. Davison nutzte aber all seine Erfahrung, wusste wie er sich wo auf der Strecke platzieren musste, und konnte so jeden Angriff von van Gisbergen abwehren. Davison siegte somit zwar mit dem knappsten Bathurst-1000-Finish aller Zeiten (0,1434sec Vorsprung) aber dennoch verdient. Für Davison ist es der zweite Saisonsieg nach seinem Erfolg in Symmons Plains und auch der zweite Sieg in Bathurst. Den ersten holte er 2009 noch zu HRT-Zeiten mit Garth Tander. Sein Co-Driver und Chef Jonathon Webb ist zudem nun der erste, der die 12h von Bathurst und das 1000er in einem Jahr gewinnen konnten. Und dann auch noch mit dem eigenen Team. Eine großartige Leistung, die leider im Trubel um Red Bull Racing etwas unterging.

Der zweite Platz ging wie erwähnt an van Gisbergen. Dritte wurden Nick Percat und Cameron McConville (LDM) nach einem blitzsauberen Rennen. Nach der Qualifikation war man nur 22., machte aber im Rennen keinen einzigen Fehler, hielt sich aus jedem Scharmützel heraus und wurde schließlich mit dem dritten Platz belohnt.

Vierte wurden Cameron Waters und Jack Le Brocq (PRA) im einzigen Wagen von Prodrive, der von Problemen und Kollisionen verschont blieb. Mit Scott Pye / Tony D’Alberto und Fabian Coulthard / Luke Youlden folgten auf den Plätzen fünf und sechs die beiden Fords von DJR-Penske. Bei ihnen verhinderten die für ihre Strategien ungünstig fallenden Gelbphasen ein besseres Ergebnis.

Zum Schluss seien noch Simona di Silvestro und Renee Gracie erwähnt, die zwar wie erwartet nicht zu den schnellsten im Feld gehörten. Aber Platz 14 nachdem man als Vorletzte gestartet war ist aller Ehren wert, zumal sie im Rennen auch fehlerfrei blieben. Mal sehen, was di Silvestro im nächsten Jahr zeigen kann.

Zum Abschluss des Rennberichts noch die Links zur Fahrer- und Teamwertung, zum Stand im Enduro Cup und der Stewards Summary der Supercars.

Ergebnis Bathurst 1000
Highlights Bathurst 1000

 

Vorschau Gold Coast 600sfx161369

Kommen wir noch zur Vorschau des Gold Coast 600, die ich relativ kurz halten möchte. In Surfers Paradise wird in zwei Rennen der Enduro Cup entschieden, den Davison und Webb nun mit insgesamt 558 Punkten anführen. Van Gisbergen und Prémat liegen mit 552 Punkten knapp dahinter. Percat und McConville liegen mit 426 Punkten dann schon mit etwas Abstand, aber trotzdem noch in Schlagdistanz auf Rang drei. Da man in Surfers Paradise maximal wieder 300 Punkte sammeln kann, es bleibt also weiter spannend in dieser Wertung.

Etwas anders könnte es nach dem Wochenende in der regulären Meisterschaft aussehen. Van Gisbergen führt dort mit 139 Zählern Vorsprung vor Whincup. Lowndes hat als Dritter bereits 319 Punkte Rückstand. Kann van Gisbergen also zwei gute Ergebnisse einfahren, blieben Whincup und Lowndes nur noch die Rennen in Pukekohe und Sydney um das Ruder wieder herumzureißen. Beim Gold Coast 600 könnte es also zur Vorentscheidung in der Meisterschaft kommen.

Surfers_street_circuitDabei wird van Gisbergen aber nur schwer zu schlagen sein. In den letzten beiden Jahren fuhr er jeweils einen Start-Ziel-Sieg ein, was ich ihm auch in diesem Jahr ohne weiteres zutrauen würde. Whincup und Dumbrell müssen Bathurst abhaken, und nun wieder angreifen, und ich denke dass die beiden wohl die härtesten Gegner von van Gisbergen und Prémat sein werden. Bei Prodrive, die momentan vom Pech verfolgt scheinen, sehe ich Mostert/Owen vorne. Aber auch die HRT, auf Stadtkursen eigentlich immer vorne zu finden, sollte man nicht unterschätzen.

Ansonsten gilt es, wie sonst auch, auf Slade / Walsh, DJR-Penske sowie GRM mit McLaughlin / Wall und Moffat / Golding zu achten. Die letzteren machten zumindest in den ersten Trainingssessions schon mal auf sich aufmerksam.

Da es nun aber auf einen Stadtkurs geht, sind Prognosen natürlich schwieriger als sonst, denn die Rennen dort sind meistens unberechenbarer als auf normalen Rundkursen. Fahrfehler rächen sich hier besonders und auch die ein oder andere Gelbphase wird nicht ausbleiben. Der Wetterbericht sagt übrigens für Samstag Regen voraus, vielleicht sogar auch für den Sonntag.

Die Strecke sollte aus den letzten Jahren ja bekannt sein, dem einen oder anderen vielleicht sogar noch aus IndyCar-Zeiten.

Falls sie wer noch nicht kennt: Der Surfers Paradise Street Circuit gehört zu den besten und bekanntesten Stadtkursen der Welt. Auch wenn er seit einigen Jahren nur noch auf einer kürzeren Variante gefahren wird, die knapp drei Kilometer lang ist, hat er nichts von seinem Reiz verloren. Er besticht vor allem durch die hohen Kerbs in den Schikanen, wie zum Beispiel in den Esses direkt nach Start-Ziel. Die Hairpin in Turn 2 ist wohl die beste Überholmöglichkeit der Strecke, aber auch Turn 5 und 8/9 bieten gute Gelegenheiten. Hier kann man sich mal eine Runde mit Rick Kelly ansehen:

Zeitplan Gold Coast 600

Wer sich die Rennen ansehen möchte, muss leider was früher aufstehen, wie ihr im Zeitplan sehen werdet. Wer sich die Rahmenrennen (Utes, Stadium Trucks, Formula 4, Porsche Cup) ansehen möchte, findet die Zeiten auch in unserem TV-Planer.

Samstag:
02:45 Uhr – Qualifying 1 – 20 Minuten
05:55 Uhr – Rennen 1 – 102 Runden (300km)

Sonntag:
01:35 Uhr – Qualifying 2 – 20 Minuten
03:25 Uhr – Top Ten Shootout
06:25 Uhr – Rennen 2 – 102 Runden (300km)

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