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Formel Eins: Rückblick 2012 – Mercedes

von DonDahlmann
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Die Saison ist gelaufen, Zeit also einen Blick zurückzuwerfen. Wie immer schauen wir auf die Leistung der Teams und deren Fahrer.

Es war kein gutes Jahr für Mercedes, und das, obwohl der erste Sieg eingefahren werden konnte, und Schumacher immerhin eine Pole und ein Podium erreichte. Aber zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffte eine große Lücke. Besonders ärgerlich: Lotus, 2011 noch unter „ferner liefen“ ließ das deutsche Team weit hinter sich und das, obwohl man weniger Geld ausgeben konnte. Das Team von Ross Brawn wirft weiter Rätsel auf und droht zum Nachfolger von Toyota zu werden. Gute Fahrer, gute Ingenieure und viel Geld – aber die einzelnen Puzzlestücke wollen einfach nicht zusammenpassen. Aber – viel fehlt Mercedes dann auch nicht nach auf die Spitzenautos.

Dass der W03 in diesem Jahr ein Problem haben würde, konnte man schon bei den Tests sehen. Die Zeiten waren gut, sogar richtig schnell, aber die Longruns sahen katastrophal aus. Rund 0.8 Sekunden würden Mercedes fehlen, so meine Schätzung aus dem Winter. Ganz so schlimm war es zu Beginn der Saison nicht, vor allem nicht in der Qualifikation. Aber das Problem war, dass der Wagen die Reifen höher belastete, als jedes andere Auto in der Startaufstellung. Man konnte einige sehr schnelle Runden fahren, brach dann aber komplett ein. Hintergrund war, dass der W03 den „Peak“ der Reifen schnell erreicht, die Reifen nach Überschreiten des Arbeitsfensters aber praktisch ihre Haftung verloren. Mit dem Problem stand Mercedes nicht alleine, aber Abhilfe konnte man nicht schaffen. Offensichtlich ließ die besondere Konstruktion der Aufhängungen keine andere Möglichkeit zu. Hintergrund ist wohl ein besonderes System, dass sich Ross Brawn hat einfallen lassen und das auf dem Papier auch gar nicht so schlecht ist. Im Grunde wollte man eine Art „passive“ Aktiv-Aufhängung haben, dass den Wagen immer so in den Wind stellt, dass er optimal angeströmt wird. Also kein Nicken beim Bremsen, keine Seitenneigung in den Kurven. Die Vorteile, wenn man die Aerodynamik komplett nutzen kann, sind klar. Dazu kam auch noch das passive DRS im Frontflügel, dass den Abtrieb bei hohen Geschwindigkeiten am Frontflügel abreißen ließ, was wiederum zu einer höheren Endgeschwindigkeit bei steil gestellten Flügel sorgt.

Auf dem Papier alles richtig, aber funktioniert hat es nicht. Dazu kam dann auch noch Pech. Im ersten Drittel der Saison, als der Wagen noch einigermaßen ging, fiel Schumacher fünfmal in Folge aus. Wichtige Punkte gingen verloren, aber auch wichtige Entwicklungszeit, denn jede Runde, gerade am Anfang einer Saison, zählt ja auch als Test. Ab dem Sommer ging für Mercedes dann gar nichts mehr. Beim Young Drivers Test in Magny-Cours schleppte man ein sehr kompliziert aussehendes Dreifach-DRS an die Strecke, dass man aber nie einsetzte. Dazu kam der in Mode gekommene Coanda-Auspuff, den man aber auch erst in den letzten Rennen einsetzte, um ihn dann wieder einzustampfen. Auch wenn der Wagen vielleicht von seiner Konstruktion her wenig Änderungen über das Jahr zugelassen hat, war es doch erstaunlich, wie schnell es für das Team im letzten Drittel der Saison bergab ging. In den letzten Rennen hatte man Mühe, die Toro Rosso hinter sich zu halten.

Wir haben im Podcast schon im Frühsommer unsere Verwunderung über Mercedes öffentlich gemacht und darüber spekuliert, dass die Probleme bei Mercedes vielleicht eher hausgemacht sind und in der Struktur des Teams liegen. Allein die Menge an Entwicklern im Team ist schon beeindruckend, denn wären: Ross Brawn, Bob Bell (Technical Director), Geoff Willis (Technology Director), Aldo Costa (Engineering Director), John Owen (Chief Designer), Loic Bigois (Head of Aerodynamics). Dazu kommen dann noch Norbert Haug und Mercedes, die auch ein Wörtchen mitreden. Die Vermutung liegt nahe, dass hier viele gute Köche sind, aber keiner sagt, wo es lang geht. Schlank ist das Management nun wirklich nicht.

Mercedes, in diesem Fall der Vorstand Dieter Zetsche, hat dann in diesem Jahr eine Entscheidung getroffen. Nicht nur hat er das Projekt „Mercedes F1“ für mindestens zwei Jahre gerettet, er hat auch, über den Kopf von Norbert Haug, Niki Lauda ins Team geholt. Lauda mag von der modernen F1 auch nicht mehr so viel Ahnung haben, was die technische Seite angeht. Was Managementstrukturen betrifft, hat er aber sehr wohl Ahnung. Seine Fluglinien waren meist „Inhaber“ geführt, das heißt, er hat sich um die meisten Sachen selber gekümmert. Bei Mercedes F1 nimmt er jetzt die Stellung eines „non-executive“ Vorstandes ein, aber im Grunde soll er dafür sorgen, dass irgendjemand das Sagen hat und Entscheidungen trifft. Seine Position ist ein wenig ungewöhnlich, weil er kein Techniker ist. Bei Red Bull hat Newey das Sagen über die Entwicklung, bei Ferrari Pat Fry. Gerade Ferrari ist ein schönes Beispiel dafür, dass eine zentralistische Struktur, bei der am Ende einer entscheidet, einem Team gut tun kann. Mercedes scheint sich im Moment eher wie McLaren organisieren zu wollen, mit einer starken Persönlichkeit, die den Laden im Hintergrund organisiert.

Zu den Fahrern. Aber was soll man sagen? Michael Schumacher ist im Grunde eine gute Saison gefahren. Vielleicht sogar seine Beste, seit dem Comeback. Die Pole in Monaco, der dritte Platz in Valencia – das waren schon keine schlechten Ergebnisse. Und zum ersten Mal konnte er das Quali-Duell mit Rosberg auch ausgeglichen gestalten. Sein Kampfgeist war oft sichtbar, sein Frust über das schlechte Chassis allerdings auch. Im Frühjahr schimpfte er über die Reifen, die nichts aushalten würden. Wohl auch vor dem Hintergrund, dass sein Wagen mit anderen Reifen deutlich besser unterwegs gewesen wäre. Schumacher hat alles gemacht, was er tun konnte, seine Unlust zeigte sich aber auch in dem ein oder anderen Unfall. Vor allem in Singapur, wo er schlicht weg vergessen hatte, zu bremsen und den armen Vergne abschoss. Sein Rücktritt kam nicht unerwartet, aber eine weitere Saison hätte ich ihm durchaus gegönnt.

Nico Rosberg ist wie immer schwer einzuschätzen. Seine Saison fing mit dem Sieg in China stark an, ab dem Frühsommer gab das Auto nicht mehr her, seine letzten Punkte konnte er in Singapur holen. Das Rätselraten, wie gut Rosberg denn nun wirklich ist, geht also weiter. Und wird sich nächstes Jahr entscheiden, wenn Hamilton im Team ist. Was mir aber schon auffiel: Rosberg wirkt selten kämpferisch. Bei Schumacher hat immer wieder das Gefühl gehabt, dass er alles versucht, alles macht, das Auto bis über seine Grenzen bewegt. Bei Rosberg wirkt alles immer kontrolliert und unspektakulär. Man weiß, dass er Überholen kann, auch mal mit Brechstange, aber in diesem Jahr hat man das selten gesehen. Aber wie gesagt, nächstes Jahr sind wir alle klüger.

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