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Shell Formel Eins: Die Technik des Ferrari

von DonDahlmann
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Vor ein paar Wochen war ich bei Ferrari, wo ich einen tieferen Einblick in die Fabrik und die Motorenherstellung des F1 Teams werfen konnte.

24H_LeMans_2012_19Den ersten Teil des Berichtes, in dem ich ein wenig über den F458 berichtet hatte, gab es vor ein paar Wochen. Ich hatte im Vorfeld ein paar Fragen zum Thema „Sprit“ und Formel Eins gesammelt, die ich jetzt dann auch mal beantworten kann. Dazu gibt es ein paar Hintergründe und ein paar Videos, unter anderem mit Stefano Domenicali, der für ein paar Minuten vorbeischaute. Natürlich interessierte mich vor allem die Motorentechnik bei Ferrari. Man darf nicht vergessen, dass Ferrari im Grunde ein sehr kleiner Hersteller ist. Man produziert gerade mal 6000 Autos im Jahr, das gesamte Werksgelände würde bei Mercedes mehr oder weniger in eine Halle passen. Um so erstaunlicher ist dann auch, dass Ferrari dennoch in der ersten Liga mitspielen kann. Leider war es uns nicht erlaubt, in der Fabrik Fotos zu machen, weswegen ich mich auf das Material stützen muss, dass Ferrari zur Verfügung gestellt hat.

Bei Ferrari ist Matteo Binotto für die Wartung und Pflege und Entwicklung der Ferrari F1 Motoren zuständig. Sein Aufgabengebiet umfasst auch die Kundenmotoren, also Sauber und Toro Rosso. Dabei nimmt die Abteilung einen relativ großen Bereich im Team ein, was schon dadurch deutlich wird, dass man mehr oder weniger die Hälfte der Halle beansprucht. Der Sektor, in dem die Motoren gepflegt werden, ist ein fast klinisch reiner Raum, in dem man nicht mal einen Tropfen Öl auf dem Boden sieht. Stattdessen sieht man weiße Werkbänke, an denen gearbeitet wird. Pro Motor werkeln meist zwei Mechaniker herum. Ferrari muss pro Team mindestens 16 Motoren herstellen, also sind das rund 48 Motoren pro Saison. Ein paar kommen dazu, die man als Reserve hat, sollte sich ein Motor mal final verabschieden.

Die FIA hat die Motoren eigentlich eingefroren, aber man kann als Hersteller dennoch Kleinigkeiten verändern. Das wird auch von allen Herstellern gemacht, so dass man in jedem Jahr ein paar Neuerungen am Motor hat. Wichtigste Ziele sind neben einer Leistungssteigerung (die kaum noch möglich ist):

– Reduzierung des Spritverbrauchs
– Reduzierung des Leistungsverlustes
– Verbesserung der Laufleistung

ferrari_pitstopNeue Motoren werden, so bald sie an der Strecke sind, von der FIA mit zwei winzigen Siegeln bedacht, so dass man sie nicht mehr öffnen kann. Man kommt weder an die Ventile, noch an Dinge wie Öl- oder Wasserpumpe. Der Trick, wie man während einer Saison dennoch weiter Verbesserungen einführen kann ist dann, dass einen Motor schnell auf seine maximale Laufleistung bringt um ihn dann in der Fabrik auseinander zu nehmen.

Matteo Binotto war, im Rahmen seiner Möglichkeiten, sehr offen, was die Antworten auf viele Fragen anging. Er behaupt mit Inbrunst, dass der Leistungsverlust bei Ferrari über die Laufzeit eines Motors relativ gering ist, und man hier an der Spitze steht.

Und nun zu Euren Fragen.

Flo aus N hat wollte wissen:
Wie schafft man es die Motor und Ventilsteuerung in der Elektronik so zu beeinflussen, dass bei sinkender Drehzahl die Verbrennung aufrecht erhalten wird?
Es gibt „Lücken“ in der ECU, wie man aus der Geschichte um das Mapping mittlerweile kennt. Jede ECU muss auf einen Motor angepasst werden, weil Zündzeitpunkte usw. sich unterscheiden. In diesem Rahmen kann man auch die Einspritzung beeinflussen. Renault bläst relativ viel Sprit in die Zylinderkammer, wenn der Fahrer vom Gas geht, bei Mercedes und wohl auch Ferrari ist es so, dass man eher Luft reingibt, damit man den Motor etwas abkühlen kann.

Durch die Aufrechterhaltung der Verbrennung hat man über eine Runde gesehen mehr Abwärme im Bereich Zylinderkopf und Ventile. Wie hat man dahingehend das Motorenöl anpassen müssen?
Das Motoröl ist natürlich angepasst, allein für die hohen Drehzahlen, die ganz eigene Wärme erzeugen. Wie genau man es anpasst ist Betriebsgeheimnis, aber ich hoffe da demnächst ein wenig mehr Einblick zu bekommen.

couchracer hatte folgende Fragen:
In anderen Rennserien ist es üblich das die Flüssigkeiten vor dem Motorenstart mit externen Geräten vorgewärmt werden, ist das in der F1 auch so?
Ja, man kann in einem gewissen Rahmen den Sprit runterkühlen, bzw. aufwärmen. Das geht aber nur innerhalb sehr enger Grenzen. Die FIA ermittelt eine Umgebungstemperatur bei der es 5 Grad Toleranz gibt. Die müssen dann unbedingt eingehalten werden, sonst droht eine Disqualifikation.

Wieviel Öl braucht so ein F1 Motor eigentlich auf ein Rennen?
Kläre ich noch. Hier ist man schweigsam, weil der Ölverbrauch ja auf alles Mögliche Rückschlüsse geben könnte.

nona wollte wissen:
Gibt es Rennbetrieb theoretische G-Limits in irgendeine Koordinatenrichtung, bei denen die Treibstoffzufuhr problematisch für den Motor wird, oder ist das heutzutage kein Thema mehr?
Es gibt logischerweise physikalische Grenzen, aber die liegen nicht bei den Belastungen, die der Motor aushalten muss. Die Einspritzung ist auch weniger das Problem, eher der Ölkreislauf. Da hält man sich aber mit Äußerungen bedeckt.

Ausserdem wäre es interessant zu wissen, was bei all der Telemetrie und der Sensorenbestückung der Fahrzeuge dann auch noch am Auspuff/an den Abgasen nach der Verbrennung des Treibstoffs gemessen wird (Temperatur, Rückstände, Abgaszusammensetzung, etc.), und ob solche Art der Messung dann meinetwegen nur am Prüfstand oder bei der Motorenentwicklung praktiziert wird, oder auch regelmässig an einem Rennwochenende, im Training, im Rennen selbst
Gemessen wird und zwar immer. Auch im Rennen und zwar in Echtzeit. Was den Sprit angeht: Hier werden von Shell laufend Proben genommen und vor Ort analysiert.

Xander fragte zum Thema Hydraulik:
Wir haben dieses Jahr schon ein paar Mal gesehen wie Ferrari bzw. Sauber-Ferrari mit mangelndem Hydraulikdruck im sechsten Gang hängengeblieben sind (z.B. bei Alonso im China-Training). Mich würde interessieren ob es sich hier um ein generelles Problem handelt, ob es mittlerweile aussortiert wurde und in wie fern die Partnerschaft mit Shell im Bereich Hydraulik Auswirkungen auf Leistung und Haltbarkeit des Systems hat.
No Comment von Ferrari. :)

Interessant ist vielleicht noch das Detail, dass das Benzin von Shell durchaus auch dafür verwendet wird, den Motor zu kühlen und für Schmierung zu sorgen, bzw. dafür, dass sich keine Ablagerungen ansammeln. Wie im Bericht aus dem Labor schon erwähnt, hat man da ein wenig Spielraum, was die Zusammensetzung des Benzins angeht.

Zum Abschluss noch zwei Videos. Zum einen eine Q&A Session mit dem Testfahrer von Ferrari, Raffaele di Simeno und Mike Evans von Shell, die auch ein paar Infos geben.


Q & A with Raffaele di Simoni at Ferrari in… von racingblog_tv

Als zweites das Video mit Stefano Domenicali.


Stefano Domenicali in Maranello beim SVPChamps… von racingblog_tv

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2 Kommentare

Xander 26 Juli, 2011 - 18:35

Besten Dank fürs Anbringen der Fragen. Auch wenn die Herrn in rot meine nicht beantworten wollten. Wundert mich eher schon, wie offen sie gegenüber den anderen waren.

Gruß Xander

nona 27 Juli, 2011 - 19:16

Kleiner Nachklapp zu couchracers Sprittemperaturfrage: vor ein paar Jahren gab es doch mal bei einem Rennen Ärger, weil bei zwei(?) Teams (BMW und äh… noch eins) die Temperatur ausserhalb des Limits lag. Die Disqualifikation konnte abgewendet werden, weil die betroffenen Teams nachweisen konnten, dass ihr Sprit in Ordnung war, während die Messung der Umgebungstemperatur dagegen falsch lag. (Die Bereitstellung der Wetterdaten für das F1-Intranet, die auch die Teams abonieren können (das ist u.A. das was man im Fernsehen in Grossaufnahme mitunter an den Kommandoständen in einem Browser sieht, Regenradar mit „No rain expected in the next 30 minutes“ etc.), kommt exklusiv von Météo-France, und ist qualitativ wohl sehr fehlerlastig. Die Teams sind jedenfalls durchweg wenig begeistert davon.)

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