Home Motorsport Formel Eins: Analyse GP von Monza 2018

Formel Eins: Analyse GP von Monza 2018

von DonDahlmann
0 Kommentare

Was für ein Rennen in Monza. Mercedes trickste Ferrari aus, die hatten sich aber auch bei der Reifenwahl vertan.

Ich hatte schon in der Vorschau beschrieben, dass das Rennen zwischen Ferrari und Mercedes in Monza enger sein könnte, vor allem in der Quali. Dem war dann auch so. Auch wenn Ferrari die erste Reihe für sich beanspruchen konnte, der Abstand zu Hamilton war mit einem Zehntel nicht besonders groß. Dass Mercedes mit dem „Party Mode“ in der Quali einen Teil des momentanen Power-Nachteils wett machen konnte, war keine Überraschung, wohl aber, dass sich die Mercedes im Rennen nicht abschütteln ließen. Das Rennwochenende hatte drei entscheidende Situationen, die das Pendel zu Mercedes haben schlagen lassen.

Reifen
Bekanntermaßen müssen die Teams ihre Reifen sechs Wochen vor einem Rennen festlegen. Am Rennwochenende kann man dann nicht mehr ändern. Um so überraschter war man dann auch, als man die Wahl von Ferrari und Mercedes vor dem Rennen gesehen hat. Während Mercedes für Hamilton drei Sätze der Soft genommen hatte, hatte Vettel genau einen Satz. Beide hatten zusätzlich noch zwei Medium. Räikkönen hatte immerhin zwei Sätze. Eine merkwürdige Entscheidung von Ferrari, denn es war ja klar, dass man im Rennen neben den Supersoft noch eine der beiden anderen Mischungen würden fahren müssen. Es bedeutete auch, dass Vettel den Soft nicht in den freien Trainings auf einen Longrun nehmen konnte. Es fehlten also die Daten. Das galt nicht für Mercedes, die den Soft zumindest auf einem Longrun vor dem Rennen ausprobieren konnten.

Dies gesagt – in Spa war man ähnlich unterwegs und Ferrari hatte keine Probleme mit den Soft, während Mercedes jede Menge Blasen auf den Reifen hatte. In Monza war es genau umgekehrt.
Eine andere Frage ist jedoch auch, warum man Vettel bei seinem Stopp nicht auf die Medium gesetzt hat. Davon hatte er noch einen frischen Satz und in beiden F2 Rennen hat sich der Medium als die bessere Wahl gezeigt. Allerdings fehlen uns da natürlich die Daten und man muss auch erwähnen, dass kein Team in der F1 die Medium in Betracht gezogen hat.

Erste Runde

Über den Kontakt zwischen Vettel und Hamilton muss man nicht viel Worte verlieren. Hamilton schaffte den Run auf der Außenseite und hatte dann die Rennlinie. Vettel konnte den Briten nicht halten, egal wie er gefahren wäre, weil Hamilton ihn am Ausgang hätte verhungern lassen. Allerdings war auch klar, dass Vettel das bessere Auto zu diesem Zeitpunkt auf den Supersoft hatte. Das einzige, was Vettel hätte machen müssen: Abwarten bis das DRS freigeben wird. Und selbst wenn er nicht am Mercedes vorbei gekommen wäre, hätte Ferrari immer noch die Strategie nehmen können. Die Variante wäre gewesen, Räikkönen einfach draussen zu lassen, bis sich das Stopp-Fenster für die Soft öffnet. Vettel rein, Räikkönen draussen lassen um Hamilton hinter sich zu behalten, während Vettel auf frischen Soft schnelle Runden fahren kann. Selbst wenn Hamilton dann immer noch an Räikkönen vorbei gekommen wäre, hätte man Vettel zumindest auf P2 schieben können.

Strategie

Die strategischen Optionen von Ferrari waren nach dem Zwischenfall mit Vettel sehr limitiert. Auf der anderen Seite hatte man mit Vettel einen „Testfahrer“, denn der hatte nach seinem Stopp nach der ersten Runde seinen Satz Soft aufgezogen. Ferrari hatte also laufende Daten über die Haltbarkeit der Soft, wenn man sie pusht. Gleichzeitig lief der Ferrari mit den Supersoft vorne sehr gut. Kimi konnte sich zwar nicht von Hamilton absetzen, der Brite kam aber auch nicht vorbei oder auch nur in die Nähe eine möglichen Manövers. Doch es war auch klar, dass der Abstand für einen Stopp ein bisschen zu knapp war. Ein Undercut lag in der Luft, denn mit den frischen Soft konnte man problemlos Sektorenbestzeiten fahren. Ferrari hatte also die Entscheidung zu treffen, ob man den Undercut mit einem frühen Stopp umgeht, oder ob man erst auf einen Stopp von Mercedes reagiert?

Ferrari entschloss sich dem Undercut vorzubeugen und kam in Runde 20. Zu der Zeit war Vettel mit den Soft schon 19 Runden unterwegs und er hatte sie hart rangenommen. Ferrari hatte also Daten und man musste sehen können, dass die Reifen nicht so gut über die Distanz gehen würden, wie man sich das erhofft hatte. Das Gegenteil galt allerdings für die Mercedes. Hamilton konterte den Stopp von Ferrari nicht, weil man befürchtete, dass der Soft nicht durchhalten würde. Zudem konnte Hamilton ein paar Runden die Zeiten von Räikkönen halten. Auch, als der Finne den Rückstand weit unter das Stoppfestner drückte, blieb man bei den Deutschen ruhig, weil man mit Bottas eine weitere strategische Möglichkeit hatte.

Unverständlich war dann in diesem Moment, warum Ferrari den Finnen nicht etwas runter bremste. Räikkönen reduzierte den Rückstand in den acht Runden bis Hamilton an die Box kam um sechs Sekunden. Ausgereicht hätte die Hälfte. Ferrari musste klar sein, dass Mercedes Bottas vorne fahren lassen würde bis Räikkönen ran fahren konnte. Genau in dieser Phase ließ man aber Räikkönen dessen schnellste Runden des Rennens fahren, ohne das dieser aber wirklich unter Druck war. Das Hamilton aufschließen würde, war klar, es ging nur um die Frage, wie man ihn aus dem DRS-Fenster halten konnte.

Mercedes gelang aber dann das Kunststück, Räikkönen zwischen beiden Fahrern ein zu klemmen. Einerseits musste Räikkönen Gas geben, denn von hinten drückte Hamilton, andererseits bedeutete dies auch, dass Räikkönen seine Reifen hinter Bottas mehr belasten würde, als das geplant war. Dabei muss man auch sagen, dass Bottas in der Phase nicht langsam unterwegs fuhr, da er in seinem eigenen Rennen gegen Verstappen war. Sicherlich hätte Räikkönen ohne Bottas vor ihm schneller fahren können, vor allem aber hätte er seine Reifen schonen können.

Am Ende kamen die drei Punkte dann zusammen. Die Fehler von Ferrari bei der Reifenwahl und im Rennen, die Strategie von Mercedes samt eines Paketes, dass an diesem Wochenende nicht weit von Ferrari entfernt war. Für Ferrari mag das enttäuschend sein, aber das haben sie sich selber auf die Fahnen zu schreiben.

Es gibt Stimmen, die sagen, dass Ferrari das Rennen verloren hat, weil Vettel nicht auf Pole gestanden hat. Ferrari hätte Vettel den Windschatten von Räikkönen geben müssen. Das halte ich für nicht richtig. Denn Vettel hatte in der Quali Hamilton vor sich und einen ähnlichen Windschatten, wie Räikkönen ihn von Vettel hatte. Die Runde von Kimi war einfach sauberer, wie man auch in Onboards sehen konnte.

Auffallend war auch, dass Hamilton über das gesamte Rennen immer knapp hinter Räikkönen fahren konnte. Zu keiner Zeit lag der Abstand über 2 Sekunden. Die meiste Zeit unterhalb einer Sekunde. Der knappe Abstand schien weder seinen Reifen zu schaden, noch überhitzte der Motor. Es zeigte auch, dass der Mercedes im Rennen der schnellere Wagen zu sein schien. Wenn jemand so knapp hinter einem anderen herfahren kann, ist das immer ein gutes Zeichen. Dass er nicht vorbei kam lag an der Boost-Strategie von Kimi. Dessen zerfressene Hinterreifen sorgten dann aber dafür, dass er nicht mehr mit dem Speed in die Parabolica einlenken konnte den er brauchte. Hamilton wartete einfach, bis sich eine saubere Möglichkeit ergab. Im Grunde hatte Räikkönen keine Chance.

Nico Rosberg sagte im britischen TV völlig zurecht „Wenn man Hamilton schlagen will, darf man sich keine Fehler erlauben.“ Ferrari und Vettel erlauben sich in diesem Zusammenhang aber zu viele. Vettel in Baku, Frankreich und zuletzt in Deutschland. Das sind einfach zu viele Punkte, die Ferrari liegen lässt.

Dann noch ein Wort zu der Situation mit Verstappen – auch da gab es nichts zu deuten. Verstappen zieht nach links rüber, da ist aber halt Bottas schon an der Grasnabe. Unnötiges Manöver, (fast) alle anderen haben das im Rennen in ähnlichen Momenten lösen können, ohne sich zu berühren. Die Strafe war dann also gerechtfertigt.

Best of the Rest:

Das sehr spannende Rennen an der Spitze überlagerte ein bisschen das ebenso spannende Rennen im Mittelfeld. Dort konnte sich Romain Grosjean vor beiden Force India durchsetzen. Zumindest bis nach dem Rennen. Dann stellte man, nach Protest von Renault, fest, dass der Unterboden nicht den Regeln entsprach. Also erbten die beiden Force India den Titel „best of the rest“. Dass man Ocon an der Spitze erwarten konnte, war nach der Quali klar. Aber das Force India Sergio Perez nach vorne bringen konnte, war eine kleine Überraschung. Man hatte Perez die Quali versaut, weil man in am Ende von Q1 nicht mehr rausfahren ließ, was dann dazu führte, dass er Q2 verpasste. Perez startete dann von wegen der ganzen Strafen von P14 aus und kämpfte sich auf P8 nach vorne. Das war ein bravuröses Rennen des Mexikaners, der durch den Titel „Man of the race“ verdient hätte (ging an Kimi).

Sainz rettete die Renault Ehre. Gegen die Force India hatte er keine Chance, von hinten nahte aber auch wenig Ungemach. Alonso war früh raus, Vandoorne zu langsam, ebenso Gasly im Toro Rosso. Einzig Nico Hülkenberg hätte vorne noch was ausrichten können, aber der musste von ganz hinten starten und konnte sich trotz eines langen ersten Stints nicht frei kämpfen. So rutschten dann plötzlich die in Monza gut aufgestellten Williams zumindest mit einem Auto in die Punkte. Stroll überraschte in Italien allein schon dadurch, dass er in Q3 kam. Im Rennen lagen er und Sirotkin meist eng zusammen. Für einen Angriff mach vorne reichte es nicht, aber immerhin gab es am Ende mal wieder Punkte für Williams. Auf Grund der Disqualifikation von Grosjean rutschte Sirotkin von P11 auf P10. Wäre ja schön, wenn sich dieser Trend fortsetzen würde.

Es war also kein gutes Rennen für Ferrari, obwohl man bis zum Samstag noch davon ausgehen musste, dass die Italiener die besseren Karten in den Händen halten. Das man den Sieg an Mercedes abgeben musste ist schon schmerzlich, aber das man erneut wichtige Punkte auf Hamilton verloren hat, dürfte der Stimmung bei Ferrari einen schmerzlichen Schlag versetzt haben.

Es sind nun noch sieben Rennen zu fahren und Hamilton hat 30 Punkte Vorsprung. Das bedeutet für Vettel, dass er mindestens vier Rennen gewinnen muss (während Hamilton jeweils Zweiter wird) um überhaupt mit dem Briten gleichziehen zu können. Er darf auf keinen Fall weitere Punkte auf Hamilton verlieren, sonst muss er darauf hoffen, dass der Brite technische Probleme bekommt.

Singapur – Könnte Richtung Ferrari gehen, aber hier sollte Red Bull wie Monaco stark sein
Russland – Ist ein bisschen wie Monza und daher kaum zu sagen, wer da vorne ist
Japan – Leichter Vorteil für Ferrari
USA – War bisher fest in der Hand von Mercedes
Mexico – Wie Russland
Brasilien – Vorteil Ferrari
Abu Dhabi – Vorteil Ferrari

Gelingt Ferrari ein Siegsträhne inklusive USA, startet die WM in Mexico praktisch neu. Ansonsten muss Vettel hoffen, dass sein Rückstand in Abu Dhabi unterhalb von 10 Punkten liegt.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

Das könnte Dir auch gefallen