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FIA WEC: Vorschau 6h von Bahrain – the end of an era

von Flo aus N
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Bereits das zweite Jahr in Folge muss ich diesen Titel leider bei der Vorschau zum letzten Saisonrennen der WEC in Bahrain bemühen, wobei es diesmal etwas anders ist, denn mit Porsche verlässt ein Hersteller die Serie, welcher ab 2014 für einen fundamentalen Wandel in der Klasse gesorgt hat.

Es war das Jahr 2011, als Audi ganz knapp Peugeot mit 13 Sekunden Vorsprung in Le Mans geschlagen hat. In diesem Jahr wurde auch verkündet, dass ab 2012 die WEC startet und das Reglement ab 2014 auf Energiezuweisungen basiert. Gleichzeitig läuft eine Vereinbarung aus, nachdem sich Porsche für zehn Jahre aus dem Toplevel-Motorsport und einem möglichen Gesamtsieg in Le Mans heraushalten musste. Es war absehbar, dass das Thema Hybridantrieb immer mehr Bedeutung auf der Langstrecke gewinnen würde. Vor diesem Hintergrund sorgten vor allem Wolfgang Hatz, Matthias Müller und Ferdinand Piech dafür, dass Porsche ab 2014 wieder in der Topklasse an den Start gehen würde. Bereits die Ankündigung deutete an, dass man großes vorhatte und fast vier Jahre nach dem Debüt der neuen Werksmannschaft muss man bilanzieren: Man hat vieles erreicht und den Sport nicht nur auf ein, sondern zwei oder drei neue Level gehoben. Man wollte vieles anders machen und einen deutlich aggressiveren und aufwendigeren, deutlich steinigeren, aber auch erfolgsversprechenderen Weg einschlagen, als man es bis dato von allen Seiten her kannte. Dies wurde bereits deutlich, als man mit Alexander Hitzinger den Chef der Entwicklung vorstellte.

Bei der Entwicklung eines LMP1 gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie man es anstellen kann: Plan a), der konservative. Mögliche Rückschläge, gerade in Bezug auf die Standfestigkeit fallen geringer aus, dafür braucht man aber deutlich mehr Zeit, um an die Spitze in Sachen Speed zu kommen. Oder man wählt die Variante b), nämlich einen aggressiveren, technisch gewagteren Plan. Porsche hat sich bereits damals ohne Wenn und Aber ganz klar für Plan b) entschieden. Mit einem bis dato nie dagewesenen Aufwand, sowohl personell als auch finanziell, hat man es innerhalb von 2,5 Jahren geschafft, mit diversen neuen Technologien den Benchmark in der Klasse zu definieren. Bis dato gab es kaum ein hydraulisches Fahrwerk, kaum flexible Aero, keinen 2l V4 mit Vorkammerzündung, weder ein separates Abgasenergierückgewinnungssystem noch ein Batteriepaket, welches die immense Boost-Leistung von über 450 kW stemmen konnte.

All dies waren Innovationen, welche durch Porsche angeschoben wurden und die Auswirkungen auch auf die Mitkonkurrenten gehabt haben: Die Performance der Fahrzeuge ist regelrecht explodiert, die Überstunden der Mitarbeiter, aber ebenso das Level in Sachen Niveau und die Budgets der Mitkonkurrenten. Besonders deutlich wurde dies im Jahre 2015. Im Vergleich zu 2014 wurde das Fahrzeug um über fünf Sekunden schneller, die Mitarbeiter hatten selbst zu Weihnachten kaum freie Tage, aber auch der Erfolg gab dem Team deutlich recht: Man hatte das dominante Auto mit über 1200 PS, den 17. Gesamtsieg in Le Mans und eine dominante WEC-Saison. Diesen gewaltigen technologischen Vorsprung bekamen auch Toyota und Audi zu spüren, welche ihrerseits früh mit der Entwicklung von neuen und deutlich gewagteren Fahrzeugen für 2016 beginnen mussten, um mit dem enormen Entwicklungstempo der fast 300 Mann starken Truppe aus Weissach Schritt halten zu können.

Le Mans 2015Dieses Entwicklungstempo hätte so ohne Porsche nie stattgefunden und Porsche war ja auch gewollt, dieses Tempo in den nächsten Jahren weiterzugehen und neue Technologien zu entwickeln. Dies ist aber mit dem bisherigen Reglement so kaum mehr machbar und auch über 2021 hätte dies kaum Möglichkeiten gelassen. Man fährt seit 2015 mit einem 8-MJ-System, die angekündigten 10- oder 12-MJ-Klassen wurden vom ACO aufgrund des Kuschelkurses mit dem PSA-Konzern ad acta gelegt und auch die Boost-Leistung wurde sogar gedrosselt. So hatten die 919 hybrid im Jahre 2015 knapp über 450 kW Leistung, wohingegen man seit 2016 auf 300 kW in Sachen Reglement limitiert ist. Ein Einsatz von weiteren elektrischen Komponenten im Fahrzeug wurde ebenso verhindert. Infolgedessen hat Porsche Mitte des Jahres entschieden, dass man bereits 2017 aus der WEC aussteigt, da die Serie einfach keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr bietet, während gleichzeitig die Formula E sehr viel PR für relativ wenig Geld liefert.

Somit findet am Wochenende nun das letzte Rennen der Saison und das letzte Rennen der vierjährigen LMP1-Ära von Porsche statt. Mit dem Bahrain International Circuit wartet nochmal eine Strecke, welche gerade in Bezug auf die Reifen extrem fordernd ist. Zum einen wird durch Winde immer wieder Wüstensand auf die Strecke gewirbelt, zum anderen hat man trotz des frühen Sonnenunterganges um 16:50 Uhr Ortszeit (14:50 Uhr MEZ) sehr hohe Asphalttemperaturen, welche die Reifen zusätzlich zu den Doppelstints fordern werden. Der Sieg wird sich also über den Reifenverschleiß im zweiten Stint entscheiden und da hat Toyota mit dem überarbeiteten Paket für mehr Abtrieb einen guten Schritt nach vorne gemacht. U.a. sorgen die zusätzlichen Flaps und der überarbeitete Frontflügel für zusätzlichen Abtrieb an der Vorderachse, womit der Reifenverschleiß gerade dort besser geworden ist und die Rennpace nun schneller ist als jene von Porsche, welche bereits seit dem Nürburgring das Fahrzeug nicht mehr verbessern. Natürlich möchte sich Porsche mit einem Sieg für wohl längere Zeit aus der LMP1 verabschieden, aber nach der Performance in Shanghai von Toyota, gehe ich davon aus, dass die Mannschaft rund um Andreas Seidl wohl nicht den letzten Sieg, neben den schon feststehenden Titeln in der Fahrer- und Teamwertung, wird holen können. Auf diesem Wege möchte ich zu Porsche sagen: Danke für die vier geilen Jahre und für Euren Einsatz und Mut, den Ihr mit dem 919 hybrid bewiesen habt!

Eine Kategorie, in welcher es deutlich enger zur Sache im Kampf um die Meisterschaft geht, ist die LMP2. Dort führt Rebellion Racing mit nur vier Punkten Vorsprung vor dem Team von Jackie Chan DC Racing. Wer hier also vor dem Konkurrenten ins Ziel kommt, holt sich den Titel in der Teamwertung bzw. in der Fahrerwertung, denn in dieser führen Bruno Senna und Julien Canal mit 161 Zählern und ebenfalls vier Punkten Vorsprung vor Oliver Jarvis, Ho Pin Tung und Thomas Laurent, während die Mannschaft von Signatech rund um Matt Rao, Gustavo Menezes und Nicolas Lapierre auf Platz 3 bereits zu weit weg ist. Eine Prognose ist in dieser Klasse sehr schwierig, da die Unterschiede bei den Topteams in Sachen Speed relativ gering sind, die Performance aber eben auch wie in der LMP1 mit der Reifennutzung über mehrere Stints steht und fällt.

In der GTE-Am sind derweil nicht nur zwei Teams, sondern sogar deren drei in der Lage, die Meisterschaft zu holen. So führt Aston Marting Racing mit Mathias Lauda, Paul Dalla Lana und Pedro Lamy sowohl die Team- als auch die Fahrerwertung mit 172 Punkten an, während Dempsey Proton mit Christian Ried, Marvin Dienst und Matteo Cairoli mit zehn Punkten Rückstand auf Platz 2 rangiert und Clearwater Racing in der Teamwertung mit Weng Sun Mok, Matt Griffin und Keita Sawa wiederum nur einen Punkt dahinter auf Platz 3 liegt; in der Fahrerwertung ist man schon neun Punkte zurück und hat somit kaum Chancen auf den Titel. Man hat daher wohl eher größere Chancen in der Teamwertung, doch noch Platz 1 zu holen, zumal der Ferrari in der Vergangenheit in Bahrain aufgrund seiner tendenziell besseren Reifennutzung immer sehr konkurrenzfähig war, während andere Fabrikate zwar oft über eine Runde schneller waren, aber nicht so reifenschonend agieren konnten wie der Mittelmotor-Wagen aus Italien.

Richtig eng dürfte aber wieder die GTE-Pro werden, weswegen ich keine Siegertipps abgebe. Zum einen haben die Ford GT und Ferrari dank des Mittelmotors in der Regel einen besseren Reifenverschleiß, während die Aston Martin mit den Dunlops über jedes Grad mehr Asphalttemperatur erfreut sind. Zusätzlich funktioniert die neue harte Mischung von Michelin auf dem 911 RSR auch sehr gut, wie man recht gut in Shanghai sehen konnte – wäre der auf Platz 2 liegende RSR nur nicht von Lopez abgeschossen worden. Dies ist für Richard Lietz und Frederic Makowiecki umso bitterer, als dass man nur zwei Punkte hinter Alessandro Pier Guidi und James Calado zurückliegt, während selbst Andy Priaulx und Harry Tinknell mit 7,5 Punkten Rückstand auf P1 noch alle Trümpfe in der Hand halten, da man das gleiche Punktesystem wie in der F1 (25,18, etc.) verwendet und die Pole auch einen Punkt bringt. In der Teamwertung führt derweil AF Corse knapp mit 13 Punkten vor dem Porsche-Team, welches seinerseits nur zwei Punkte vor dem Ford-Werksteam liegt. Aston Martin liegt schon deutlicher auf Platz 4 zurück. Diese Truppe kann den Titel nicht mehr holen. Die Herstellerwertung wurde indes schon in Shanghai zu Gunsten von Ferrari entschieden, wodurch hier kaum mehr Spannung herrscht.

Das Rennen findet am Samstag ab 14:00 Uhr MEZ statt und geht über sechs Stunden. Das Qualifying gibt es bereits am Freitagnachmittag. Zusätzlich findet nach dem Rennen noch ein offizieller Test der WEC statt. Dieser dient zum einen für den vorgeschriebenen Rookie-Test, welchen diverse Teams ausgewählten Rookies gewähren müssen, aber auch dazu, dass Teams andere Fahrer, Reifen oder Fahrzeugteile im Hinblick auf die im Mai 2018 beginnende Saison testen können. Gerüchten zufolge soll wohl auch Fernando Alonso für Toyota testen, aber da noch keine Nennliste veröffentlicht wurde, werde ich darüber dann in der Analyse oder einem separaten Artikel schreiben, da es aktuell auch diverse Gerüchte über potenzielle Nennung für 2018 gibt und ich das ganze dann separat aufarbeiten möchte, da ich davon ausgehe, dass nach diesem Wochenende etwas mehr Klarheit herrscht.

Bilder: ACO, Porsche; WEC

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