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Formel Eins: Analyse GP von Brasilien 2017

von DonDahlmann
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Es war ein erstaunlich ruhiges Rennen in Brasilien mit wenigen Highlights. Dafür krachte es hinter den Kulissen mächtig zwischen Renault und Toro Rosso.

Die entscheidende Situation im Rennen gab es gleich im Senna-S nach dem Start. Die Kollision zwischen Magnussen, Vandoorne und Ricciardo brachte nicht nur das Aus für den HaasF1 und den McLaren, sondern führte auch zu einer Safety-Car-Phase, die knapp fünf Runden andauerte. Für das Rennen veränderte dies gleich zwei Dinge. Zum einen konnten die Fahrer, die auf den Supersoft gestartet waren, ihre Reifen schonen. Gerade die ersten Runden mit vollen Tanks gehen normalerweise stark auf die Reifen. Die fünf Runden brachten alle Teams genau ins Fenster für eine Ein-Stopp-Strategie. Ohne das SC wäre es eng geworden, die Chance für eine Zwei-Stopp-Strategie war durchaus da. Dass die Supersoft bei den hohen Asphalttemperaturen (über 50 Grad Celsius) stark abbauten, konnte man bei Max Verstappen im ersten und bei Lewis Hamilton im zweiten Run sehen. Ein zweiter Stopp wäre bei einem normalen Verlauf durchaus möglich gewesen.

Das SC war auch praktisch für Hamilton. Der hatte sich in der ersten Runde, auch dank der Unfälle vor ihm, schon auf P14 nach vorne gefahren. Die Unterbrechung war zwar einerseits schlecht für ihn, denn mit den Soft hätte er stärker attackieren können als die Piloten vor ihm. Andererseits war es aber auch gut, denn so blieb der Abstand auf die Spitze gering. Das war insofern wichtig, als dass Hamilton die Chance auf den dritten Platz aufrecht erhalten konnte. Bemerkenswert war dann, wie schnell der Brite mit dem Mercedes durch das Feld pflügen konnte. Dass die Toro Rosso und Renault keine Gegner waren, war klar. Aber dass er die Force India und den Williams von Massa so leicht schnappen konnte, war dann schon etwas überraschend.

Das interessante an der Strategie von Hamilton war, dass sie die eigentlich schnellere Variante für das Rennen war. Nicht der Start auf den Supersoft brachte Vorteile, sondern die Soft. Das lag an den hohen Temperaturen, was die Spitze dazu zwang, die Pace etwas einzuschränken. Vettel und Bottas fuhren vorne meist um 1.14.2 min herum. Das war in etwa auch die Rundenzeit, die Hamilton fahren konnte. Aber während die Spitze ungestört unterwegs war, musste Hamilton sich häufig gedulden. Erst gegen Ende des ersten Stints legten der Ferrari und der Mercedes vorne zu. Man drückte die Zeiten auf rund 1.13.8 min. Genau in dieser Zeit erhöhte sich der Abstand von Hamilton dann auch leicht.

Mehr als 18 Sekunden wurden es allerdings nie. Ferrari erkannte das sich nähernde Problem für Räikkönen sehr früh. Man wies den Finnen nach seinem Stopp an, die Soft maximal auszunutzen. Tatsächlich war der Finne schneller unterwegs als die beiden Führenden. Er verkürzte den Rückstand auf Bottas von sechs auf zwei Sekunden, gleichzeitig konnte er aber nichts dagegen machen, dass Hamilton mit frischen Supersoft seinerseits an ihn heran rückte. Gegen Ende wendete sich das Blatt aber wieder gegen den Briten. Die Supersoft waren nach 27 Runden soweit hinüber, dass Räikkönen ihn in den letzten Runden kontrollieren konnte. Wie schon Vettel in Mexico musste auch Hamilton einsehen, dass bei einer Aufholjagd von hinten bei P4 aufgrund der Reifen einfach Schluss ist.

Dahinter tat sich eigentlich auch wenig. Verstappen hatte keine Chance, ebenso wenig Ricciardo, der ja wie Hamilton nach der SC-Phase das Feld von hinten aufrollen musste. Aber der Red Bull hatte in Interlagos so seine Schwierigkeiten. Verstappen rechnete sich aus, dass man wegen des Renault-Motors auf der Geraden rund fünf Zehntel verlieren würde. Aber ganz so stimmt die Rechnung auch nicht, denn dann hätte man in Mexiko auf der noch längeren Geraden diese Zehntel ebenfalls einbüßen müssen. Tatsächlich lag es wohl zum einem größeren Teil am Chassis.

Dass die Red Bull mit Reifenproblemen kämpften, war schon erstaunlich, zeigte aber, dass das Chassis auf dem Kurs nicht so recht funktionieren wollte. Man fuhr weniger Flügel als die Konkurrenz, das Auto rutschte auch sichtbar mehr über die Vorderachse. Das Untersteuern belastete vor allem die Vorderreifen, die schon in den freien Trainings Blasen aufzeigten. Verstappen verlor die Zeit im letzten Sektor vor allem in der letzten Kurve vor dem Bergauf-Stuck. Weil er rutschte, konnte er erst später aufs Gas gehen. Ein Problem, dass Ricciardo in der Form im übrigen nicht so stark hatte.

Hinter den beiden Red Bull erkämpfte sich Massa für Williams endlich mal wieder den „Best of the Rest“-Platz. Dabei musste er sich das gesamte Rennen aber mit einem sehr schnellen Alonso auseinandersetzen. Tatsächlich war der McLaren minimal schneller als der Williams. Alonso fuhr nach dem Stopp einen Lücke von knapp 3,5 Sekunden weg, dann fehlte ihm aber die Leistung, um den Williams auf der Geraden zu überholen. Mit einem Renault wäre Alonso vermutlich auf Augenhöhe mit den Red Bull gewesen. Was für 2018 schon mal ein interessanter Ausblick ist.

Von den Force India sah man in Interlagos erstaunlich wenig, auch wenn Perez um ein Haar noch Alonso abgefangen hätte. Ocon war nach der ersten Runde raus und auch Perez tat sich lange schwer. Die Top Ten schloss dann Hülkenberg im Renault ab, der ein relativ ruhiges Rennen hatte.

Die Toro Rosso waren in Braslien überhaupt nicht zu sehen. Im internen Duell tat sich Hartley wieder etwas schwer gegen Gasly. Das kann man damit entschuldigen, dass Hartley am Freitag mal wieder ein Motor platzte und ihm so wichtige Zeit fehlte ein Setup zu finden. Der erneute Motorschaden führte auch zu einem öffentlichen Streit zwischen Toro Rosso und Renault.

Die Franzosen schoben die auffallend häufig auftretenden Schäden auf die Kühlung des Chassis von Toro Rosso, was Franz Tost sofort dementierte. Man habe, so Tost, am Chassis seit einigen Rennen in Sachen Kühlung nichts verändert. Es seien die schlechten Renault-Motoren verantwortlich. In der Tat sind die Zuverlässigkeitsprobleme bei Renault sehr auffallend, denn sie betriffen ja nicht nur Toro Rosso, sondern auch Red Bull und Renault selber. Der Streit wurde öffentlich geführt, zwischenzeitlich ging das Gerücht um, dass Renault an Toro Rosso für Abu Dhabi keine Motoren mehr liefern würde. Was aber natürlich nicht stimmte, immerhin gibt es laufende Verträge.

Pikant ist das Duell aber vor allem deswegen, weil beide Teams in der Konstrukteurs-WM genau einen Punkt auseinanderliegen. Da jede Position bares Geld ist, kann man den Ärger vor allem von Toro Rosso gut verstehen. Honda wird sich das mit etwas Genugtuung anschauen, immerhin scheint man die Zuverlässigkeitsprobleme besser in den Griff bekommen zu haben.

Für Ferrari war es im übrigen der erste Sieg seit Ungarn. Das dürfte dem Team zumindest moralisch etwas Auftrieb geben. Es zeigte sich aber gleichzeitig, das man den WM-Titel verloren hat, weil man diese selbstverschuldeten Ausfälle zu Beginn der zweiten Saisonhälfte hatte. Es wäre deutlich mehr drin gewesen.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

Anmerkung: Warum gibt es keine Bilder von Red Bull oder Toro Rosso?
Die Teams stellen die PR-Bilder normalerweise zur Verwendung für Presseberichte mit einer speziellen Lizenz zur Verfügung. Diese ist zeitlich nicht limitiert und gilt weltweit. Red Bull hat sich entschlossen, Bilder nur noch für 6 Monate zu lizenzieren. Das bedeutet, dass wir die Bilder nach sechs Monaten löschen müssten, um nicht Gefahr zu laufen, eine Abmahnung, Rechnung etc. zu bekommen. Der Aufwand dafür ist nicht gerechtfertigt. Wir werden also in Zukunft leider keine Bilder mehr von Red Bull verwenden. Dies gilt auch für Bilder von Toro Rosso, da sie über die gleiche Plattform vermarktet werden.

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