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Formel Eins: Analyse GP von Italien – Das war deutlich

von DonDahlmann
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Nach dem Rennen konnte man die Zufriedenheit der Verantwortlichen bei Mercedes geradezu mit den Händen greifen. Ein Doppelsieg, ausgerechnet in Monza. Besser hätte es kaum laufen können. Aber was war mit Ferrari los?

Während bei Mercedes die Champagnerkorken knallten, gab es bei Ferrari lange Gesichter. Sicher, Vettel konnte auf Platz drei fahren. Das war durchaus im Rahmen dessen, was man erwarten konnte. Denn man wusste schon vorher, dass Monza schwierig für Ferrari werden würde. Aber die Art und Weise, wie man gegen Mercedes auf heimischen Boden verlor, kam dann doch einer Ohrfeige gleich. 36 Sekunden Rückstand nach 53 Runden – das war mehr als deutlich. Dabei hatte Ferrari noch Glück. Hamilton ließ es vorne nach dem Stopp ruhig angehen und blieb meist rund eine Sekunde langsamer, als er hätte fahren können. Erwartet hatte man, dass Mercedes schneller sein würde, aber warum so deutlich? Vor allem, nachdem Ferrari in Spa so nah dran war?

Warum lief der Ferrari nicht?

Die Ursachenforschung in Maranello dürfte interessant sein, denn die Italiener hatten nach dem Rennen auch keine Antwort. Ebenfalls verwundert war man über die schlechte Qualifikation, die beide Ferrari rund 2,5 Sekunden hinter den Mercedes sah. Selbst Lance Stroll war schneller. Die erste Vermutung war: Ferrari hatte in Sachen Abstimmung die Quali geopfert und nicht auf mehr Abtrieb gesetzt. Aber bei Ferrari schüttelte man den Kopf. Nein, hieß es, man wisse ehrlich nicht, warum man so langsam gewesen sei.

Es ist dieses Jahr hier und da schon mal aufgefallen, dass der Ferrari wohl ein sehr schmales Abstimmungsfenster hat. Mehrfach sahen die Ferrari am Freitag schlecht aus, um dann über Nacht, nach Auswertung der Daten, Samstags plötzlich zulegen zu können. Offensichtlich traf man am letzten Wochenende wieder auf dieses Problem. Das in Monza komplexe Zusammenspiel aus Topspeed und Abtrieb für den zweiten Sektor wollte nicht hinhauen. Räikkönen beklagte sich über ein instabiles Heck, Vettel ebenfalls und über ein stumpfes Einlenkverhalten. Das Problem für Ferrari war dann, dass der Samstag komplett verregnet war. Man konnte an den Abstimmung kaum etwas verändern und musste so das Rennen am Sonntag starten. Und wegen der schlechten Quali auch noch weit hinter Hamilton.

Die Qualifikation erbrachte ein interessantes Bild. Die Red Bull waren enorm schnell mit ihrem extrem kleinen Heckflügel. Offenbar hat der RB13 genug mechanischen Grip, vor allem im Nassen, um den aerodynamischen Rückbau zu kompensieren. Ferrari konnte noch froh sein, dass die Red Bull wegen des Wechsels diverser Teile nach hinten versetzt wurden. Im Rennen wären sie vermutlich niemals an Ricciardo und Verstappen vorbeigekommen.

Dass Lance Stroll nach hinten durchgereicht werden würde, war klar. Was seine sensationelle Leistung im Regen von Monza nicht schmälern soll. Im Gegenteil. Mit diesem Williams auf P4 zu fahren, da gehört schon was zu. Es steckt doch mehr Talent im Kanadier, als man vielleicht manchmal so denkt. Dennoch war es klar, dass die Ferrari schnell genug sein sollten, um Stroll zu schnappen.

Bei Ocon sah die Sache schon anders aus. Der Force India ist bekanntermaßen schnell auf der Geraden und das ist alles, was man in Monza sein muss. Dementsprechend machten die Ferrari auch schnell Druck auf Ocon, der sich allerdings auch nicht sonderlich hart wehrte. Die Ansage von Force India lautete wohl klar, dass sich der Franzose auf Stroll konzentrieren sollte.

Wenig Strategie – und doch lief was falsch

Das Rennen wäre vielleicht für Ferrari noch etwas anders verlaufen, hätte Räikkönen Bottas hinter sich halten können. Das gelang dem Ferrari-Piloten aber nur eine Runde lang, dann ging der Landsmann relativ humorlos am Ferrari vorbei und zog sofort davon. Aber mit Räikkönen vor Bottas hätten sich für Ferrari einige interessante Optionen ergeben. So blieb ihnen nur der Punkt „Schadensbegrenzung“, als Vettel endlich auf P3 lag.

Bemerkenswert war dann das Rennen der Red Bull, die auch die einzige berichtenswerte Strategie wählten. Wegen der diversen Strafen, die sich durch das gesamte Feld zogen, startete Ricciardo von P16 auf Soft. Er hatte genug Speed im Auto, um schnell in die Top Ten zu fahren, wo er dann, wegen der früheren Stopps der Konkurrenz, nach vorne gespült wurde. Die Frage war dann nur, wann man den Australier an die Box holen konnte. Die richtige Lücke fand sich in Runde 37. Mit frischen Supersoft ging er hinter Räikkönen auf die Strecke, dessen „Soft“ zu dem Zeitpunkt schon 22 Runden auf dem Buckel hatten. Mit seinen frischen Reifen war Ricciardo extrem schnell unterwegs, fuhr eine schnelle Runde nach der anderen und sammelte Räikkönen mit einem wunderbaren Bremsmanöver in der ersten Schikane ein.

Warum Ferrari den Reifenwechsel von Red Bull nicht konterte, ist ein kleines Rätsel. Zwar lag der Finne nur knapp vor Ocon und Stroll, aber er hatte, wie alle Teams, genug frische Supersoft zur Verfügung. Ferrari hätte das Risiko eines Stopps eingehen müssen, da hätte man sich nur die Sektorenzeiten von Ricciardo anschauen müssen. Am Ende hat man so tatsächlich P4 weggeworfen. Selbiges gilt im übrigen auch für einen zweiten Stopp für Vettel. Dass man ihn nicht mehr reinholte mag aber auch an den technischen Problemen gelegen haben, die Vettel per Funk vermeldete.

Hinter Ocon und Stroll, die sich über das gesamte Rennen ein schönes, sauberes Duell lieferten, zeigte Massa ein gutes Rennen. Da Williams den Brasilianer spät an die Box holte (Runde 21), fiel er auf P10 zurück und musste sich auf der Strecke nach vorne kämpfen. Immerhin gelang ihm der Anschluss an Stroll, den er auch fast noch überholen konnte.

Max Verstappen hatte mal wieder Pech. Der Reifenplatzer nach einer Berührung mit einem Haas in der ersten Runde, kostet ihn das Rennen. Immerhin kämpfte er sich auch noch auf P10 vor, was angesichts seines Rückstands nach der ersten Runde schon sehr bemerkenswert war. Abgesehen von seinen Überholmanövern tat sich im letzten Drittel des Rennens dann nichts mehr.

McLaren und Honda

Thema des Wochenendes war, neben der merkwürdigen Formschwäche von Ferrari, vor allem McLaren. Die hatten mal wieder einen Komplettausfall beider Autos, aber so schlecht war der McLaren in Monza eigentlich gar nicht unterwegs. Bei Toro Rosso kommentierte man die Leistung der McLaren als „alarmierend gut“, was die Briten aber offenbar anders sehen. Mehr oder weniger öffentlich verhandelte man mit Renault am Wochenende, ausgerechnet am 50. Jahrestag des ersten Sieges eines Honda-Motors in der F1 (1967 in Monza mit John Surtees).

Im Moment ist die Situation wohl so: McLaren will Renault, Renault will aber kein viertes Team beliefern. Offenbar gibt es die Variante, dass Honda zu Toro Rosso wechselt. Damit würde ein Renault-Motor frei, der zu McLaren gehen könnte. Honda will das nicht so wirklich, wird aber von McLaren und Alonso unter Druck gesetzt. Red Bull hat durchaus Interesse am Honda. Man geht weiter davon aus, dass die Japaner irgendwann die Kurve bekommen und man könnte den Motor dann zum Hauptteam rüber ziehen. Denn Red Bull ist wiederum nicht glücklich mit Renault und sieht zudem das Problem, das Renault das eigene Team irgendwann bevorzugt. Mit Honda hätte man eine Alternative in der Hinterhand.

Zak Brown hat bestätigt, dass der Verbleib von Alonso im Team von dieser Entscheidung abhängt. Kommt Renault, bleibt der Spanier. Das Problem an der Sache: Honda will nicht wechseln, weil man weiß, dass man mit Toro Rosso noch mindestens zwei Jahre hinterherfährt. Die Chance, zu Red Bull zu wechseln, mag verlockend sein, aber nur auf lange Sicht.

Die ganze Sache soll sich bis zum Rennen in Singapur wohl entscheiden. Sowohl McLaren als auch Toro Rosso benötigen die Entscheidung schnell, um den Wagen für 2018 zu planen.

Die Frage ist: Lohnt sich der Umstieg für McLaren? Der Renault hat sicher mehr Leistung, aber zuverlässiger ist er nicht unbedingt. Bei allen drei von Renault belieferten Teams hat es (je nach dem wie man es rechnet) rund zwölf Ausfälle gegeben, die auf Motor oder Getriebe zurückzuführen sind. Bei Verstappen gab es allein drei Ausfälle, ebenso bei Palmer. Bei ihm und bei beiden Red-Bull-Piloten ist man in Sachen erlaubten Teile am Anschlag. Sicher – bei Honda gab es mindestens acht Ausfälle wegen Motorproblemen, das ist im Schnitt natürlich mehr.

Aber McLaren muss sich natürlich auch fragen, wie weit man mit dem Renault in der WM kommt. Reicht es ihnen, auf einer Stufe mit Red Bull und dem Werksteam zu sein? Und kann man als Kundenteam überhaupt Weltmeister werden? In ein paar Tagen werden wir zumindest in Sachen Motor mehr wissen.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

Anmerkung: Warum gibt es keine Bilder von Red Bull oder Toro Rosso?
Die Teams stellen die PR-Bilder normalerweise zur Verwendung für Presseberichte mit einer speziellen Lizenz zur Verfügung. Diese ist zeitlich nicht limitiert und gilt weltweit. Red Bull hat sich entschlossen, Bilder nur noch für 6 Monate zu lizenzieren. Das bedeutet, dass wir die Bilder nach sechs Monaten löschen müssten, um nicht Gefahr zu laufen, eine Abmahnung, Rechnung etc. zu bekommen. Der Aufwand dafür ist nicht gerechtfertigt. Wir werden also in Zukunft leider keine Bilder mehr von Red Bull verwenden. Dies gilt auch für Bilder von Toro Rosso, da sie über die gleiche Plattform vermarktet werden.

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1 Kommentare

nona 4 September, 2017 - 16:49

Ich sehe das so gerne kolportierte Übertalent bei Stroll nicht. Würde ich als „rollt halt so mit, mit zufälligen Ausrutschern nach oben“ bezeichnen, was aus mir immer unerfindlichen Gründen für viele Kommentatoren traditionell reicht um das „finde er macht einen super Job“ zu nennen. Tatsächlich ist das für die Oberklasse des Motorsport ausgesprochen durchschnittlich, und es gibt eigentlich kein Rennen in dem er nicht minimum einen Facepalm-induzierenden Fahrfehler einbaut, den ein wirklich talentierter Fahrer schlichtweg nicht machen würde. Es braucht für ihn offenbar das vom Milliardärspapa finanzierte Sondertraining (er war ja jüngst wieder mal ausgiebig im eigens angemieteten Hockenheim unterwegs), sonst sähe es mit dem Fahrtalent noch dünner aus. Er steht nicht so viel im Weg wie manch anderer Paydriver vor ihm, aber das war’s dann auch schon fast…

In other news, es gerüchtet sich ja so umhin, dass die F1 möglicherweise bald aus dem Free TV ganz oder teilweise verschwindet. In dem Zusammenhang ist dem Olli Sittler bei der FP-Übertragung auf n-tv am Freitag wohl ein wenig was rausgerutscht – da gab’s einen denkwürdigen Satz der etwas unterging, aber klang so etwa wie „schalten sie ein auf RTL, solange sie das noch können hätte ich beinahe gesagt“…

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