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FIA WEC: Vorschau 6h vom Nürburgring

von Flo aus N
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Knapp fünf Wochen nach dem Saisonhighlight an der Sarthe trifft sich der versammelte WEC-Tross zur Revanche am Nürburgring.

Porsche 919 Hybrid, Porsche LMP Team (1): Timo Bernhard, Brendon Hartley, Earl Bamber, Porsche LMP Team (2): Neel Jani, Andre Lotterer, Nick Tandy

Auch wenn die Runde in der Eifel erst zum dritten Mal stattfindet und nach Mexiko das zweitjüngste Rennen im Kalender ist, so hat es sich seit der ersten Austragung sehr gemausert. Neben Spa hat man bislang mit die meisten Zuschauer an die Strecke bringen können und die letzten beiden Male war gerade der Rennsonntag vor Ort sehr ordentlich besucht, was zur Folge hatte, dass man z.B. die Tribünen bei Start / Ziel bis ausgangs Mercedes-Arena immer sperren musste. Auch bei den Fahrern und Teams wurde das Rennen von Beginn an sehr gut angenommen, denn immerhin fährt man in den nächsten Runden in Bahrain, Austin oder Shanghai teilweise mehr oder weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dazu kommt eine Strecke, welche nicht so leicht in Sachen Abstimmung ist und welche viel Abtrieb verlangt. De facto ist der Nürburgring neben Mexiko die Strecke im Kalender, auf der man den meisten Abtrieb benötigt.

In der LMP1 sind seit Beginn des Jahres nur mehr zwei Aero-Pakete pro Jahr zugelassen, wenngleich ein Paket natürlich für die Hochgeschwindigkeitsbahn an der Sarthe reserviert ist. Für die beiden LMP1-Teams gibt es daher nun zwei Möglichkeiten. Entweder man homologiert die Variante für mehr Abtrieb bereits vor dem ersten Rennen und fährt damit seit Silverstone oder man fährt in Silverstone und Spa mit der Le-Mans-Spec und hat mehr Zeit, bis man die Hochabtriebsvariante ab dem Nürburgring homologiert. Die beiden Hersteller sind dies unterschiedlich angegangen, denn während Toyota sich für die erste Variante entschieden hat, hat sich Porsche für die zweite Variante entschieden.

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Porsche 919 Hybrid, Porsche Team: Timo Bernhard, Brendon Hartley, Earl Bamber
Porsche 911 RSR (92), Porsche GT Team: Michael Christensen, Kevin Estre

Auf den Bildern, die man bislang zu sehen bekommen hat, hat sich beim Porsche erwartungsgemäß an der Front eines getan. Die Radhäuser beginnen nun deutlich weiter hinten, um einerseits Platz für einen größeren Flap zu schaffen, andererseits um damit generell mehr Abtrieb zu generieren. Auch sind die Ausbuchtungen nach innen an den Radhäusern verkleinert worden und der Flap vorne wird über eine kleine Diveplane unterstützt. Dazu hat man wohl die Verkleidung der hinteren Radhäuser dahingehend überarbeitet, dass sie nun etwas schlanker sind, auch der Lufteinlass ist hier schlanker geworden. Eine Lösung, wie sie Toyota mit den Luftschächten innen zwischen den Radhäusern und dem Antriebsstrang hat, hat Porsche hier nicht, denn dafür hätte man das Packaging innen im Fahrzeug anders gestalten müssen. Eine Art Doppeldiffusor wie Toyota hat man so also nicht am Start. Dafür hat man ähnlich wie Toyota die hintere Abdeckung zur Trailing Edge hin stark nach oben gezogen, um hier zusätzlichen Abtrieb zu erzeugen. Auch hat man, was man bislang erkennen kann, die Lufteinlässe überarbeitet. Diese sehen nun ähnlich wie beim F1-Ferrari aus und sind schmaler, aber dafür mehr in die Breite gezogen und weiter oben platziert. Toyota hingegen wird mit der bekannten Aero-Variante antreten, mit der man schon in Silverstone und Spa am Start war und mit der man beide Rennen gewinnen konnte. Ansonsten sind die Vorausetzungen für die beiden Hersteller identisch. Nachdem beide in der größten Hybrid-Klasse an den Start gehen, wäre der Tank bei 34 Runden-Stints leer, was wohl zu Stintlängen von circa 31 bis 32 Runden auf der 5.148 km langen Bahn führen wird und unter normalen Umständen sechs Stopps zur Folge hat. Um sich einen Stopp zu sparen, müsste man die Stintlänge je nach Rennverlauf auf 34 bis 35 Runden stretchen, was man aber normal nicht tun wird, da der Rundenzeitenverlust aufgrund der dann geringeren Leistung viel zu groß wäre. Interessant wird hingegen die Herangehensweise im Zeittraining, denn da man nur maximal 4,5 Sätze an Reifen dafür und das Rennen verwenden darf, kann man entweder beide Piloten auf je einen frischen Satz Reifen schicken oder nur insgesamt einen Satz verwenden, da man für das Rennen mit drei Doppelstints und einem Einfachstint rechnen muss.
Einen Favoriten kann ich hier kaum ausmachen, denn eine Strecke wie den Nürburgring gab es bislang nicht in der diesjährigen WEC-Saison, und da wohl beide in Sachen Reifenverschleiß relativ identisch sind, fällt eine Einschätzung sehr schwer. Etwas, das das ganze durcheinander bringen kann, ist das Wetter, denn es soll wohl trocken, aber bedeckt werden, womit meiner Meinung nach Regen eben nicht ausgeschlossen werden kann. Bei Regen hätte der Toyota aufgrund des zweiten KERS an der Hinterachse einen Vorteil, da der Wagen hiermit eine bessere Traktionskontrolle realisieren kann. Apropos KERS bei Toyota. Mittlerweile ist auch der Ausfallgrund des Toyota mit der #8 bekannt geworden. So hat u.a. Motorsport-Total berichtet, dass ein Zahnrad bzw. dessen Verschraubung beim Zusammenbau nicht mit Loctite gesichert worden ist, obwohl dieses Bauteil mit Loctite gesichert werden muss. Anscheinend wurde das vergessen. Dadurch konnte sich die Verschraubung und somit das Zahnrad lösen und den Schaden verursachen. Ein sehr ärgerlicher Grund für einen solchen Defekt.

Porsche 919 Hybrid, Porsche LMP Team: Neel Jani, Andre Lotterer, Nick Tandy

Im Kampf um die Meisterschaft haben nur noch die #1 von Porsche und die #8 von Toyota realistische Chancen, da die anderen beiden Fahrzeuge zu weit weg sind. Insofern wird Toyota darauf bedacht sein, der #8 zum Sieg zu verhelfen, denn aufgrund des schlechten Ergebnisses in Le Mans und dem Sieg der #1 hat man 18 Punkte Rückstand, was nur mit mehreren Siegen aufzuholen ist, denn hier findet das gleiche Punktesystem wie in der F1 Anwendung.

Ein hartes Wochenende wird wohl auch ByKolles haben. Der Wagen ist zum einen auf relativ wenig Abtrieb ausgelegt, zum anderen ist der Nissan-Motor im Heck gerne mal sehr zickig. Seit dem Rennen in Spa hat man wohl hier etwas verändert, denn seitdem kann das Team kaum mehr als ein gutes Dutzend Runden fahren, bevor die starken Vibrationen andere Teile am Auto zerstören. In Le Mans war man zwar im Zeittraining schneller als die LMP2, musste aber den Wagen schon nach wenigen Runden abstellen. Hier hat man nun für 2017 den letzten Auftritt, denn man möchte danach die begrenzten Ressourcen auf die Weiterentwicklung des Wagens für 2018 konzentrieren, und man spart sich somit den teuren Überseetrip. Am Steuer sind wieder Oliver Webb, Dominik Kraihammer und Marco Bonanomi, welcher Simon Trummer ersetzt.

Obwohl die WEC am gleichen Wochenende wie die Formula E ihr Rennen austrägt, hat sich zumindest in der LMP1-Klasse bei den Piloten keine Veränderung ergeben. So werden sowohl Jose-Maria Lopez als auch Sebastian Buemi ihre TS050 pilotieren, während es in den anderen Klassen größere Veränderungen gab. So tritt Alex Lynn nicht in der LMP2 für G-Drive an, da er Buemi in New York vertritt. Sein Ersatz ist Ben Hanley, wobei G-Drive Racing eine 3-Minuten-Stopp-and-Go-Strafe zu Beginn des Rennens antreten muss. Grund ist der Unfall von Rusinov mit dem Proton-Porsche in Le Mans, als Roman den Porsche in den Porsche-Kurven kurzerhand abgeräumt und für beide Autos einen Ausfall besiegelt hatte. In der LMP2 gibt es hingegen nicht nur die Veränderung bei G-Drive Racing, sondern gleich in mehreren Fahrzeugen. So ersetzt Pipo Derani Nelson Piquet Jr in der #13 von Rebellion, während Filipe Alubquerque Nicolas Prost in der #31 ersetzt. Beide haben Verpflichtungen in der FE, ebenso wie Jean Eric-Vergne von Manor, welcher durch Roberto Mehri ersetzt wird. Da alle Fahrzeuge bis auf den Ligier von Tockwirth von Oreca kommen, wird es also wieder ein Schaulaufen der Oreca 07 werden, denn Ligier bzw. deren Hersteller Onroak wird wohl nicht so schnell die einzig verfügbare Upgrade-Version innerhalb der vierjährigen Homologationsfrist ziehen und ein Nachbessern außerhalb dessen ist ihnen bislang nicht zugestanden worden, denn das benötigt die Zustimmung aller LMP2-Hersteller. Diese Zustimmung ist natürlich von Oreca nicht erfolgt, denn man möchte natürlich die eigene, tolle Ausgangsposition nicht gefährden. Als Favoriten sehe ich hier wieder die beiden Rebellion sowie die von JOTA eingesetzten Jackie-Chan-Racing-Oreca, wobei gerade die #38 vom sehr schnellen Silberfahrer Thomas Laurent profitiert. Angeblich hat das Team wohl auch die beiden Perrin-LMP1 gekauft und würde demnach einen Aufstieg in die LMP1 wagen, aber hier ist neben diesem Team auch die Mannschaft von KCMG im Gespräch. Der Vorteil des Perrin-Projekts wäre aber, dass die Mannschaft das Fahrzeug ähnlich wie Alpine umbenennen und den Wagen z.B. als „Jackie Chan China LMP1“ oder dergleichen an den Start bringen könnte.

Solche Umbennungsspielchen gibt es in der GTE-Pro nicht, dafür gibt es hier eine Premiere. Zum ersten Mal greift hier die automatisierte BoP, welche anhand der Daten von Silverstone und Spa die Fahrzeuge mit Formel und Gleichungen einstuft. In Le Mans erfolgte die Einstufung noch manuell, da die Strecke zu einzigartig ist. Erstaunlicherweise darf Aston Martin nun 20 kg ausladen, wohingegen Ford 20 kg einladen muss und somit fast 100 kg schwerer ist als die betagten Aston Martin. In den letzten beiden Jahren hatten die Aston Martin aber auch ihre Müh und Not am Nürburgring, und durch die vielen engen Kurven sind eher Fahrzeuge im Vorteil, welche den Motor hinter dem Fahrer haben. Daher sehe ich die Ferrari und Porsche eher vorne, dahinter dann die Aston Martin und Ford GT, zumal der große Vorteil, den Aston Martin in Le Mans mit den Dunlop-Reifen hatte, hier wohl nicht greifen wird, denn bei maximal 20 Grad sollte es eigentlich zu kühl für die Pneus werden, um einen Vorteil ausspielen zu können. Sollte es sogar noch kühler und vielleicht sogar nass werden, dann kann sich dieser vermeintliche Vorteil sogar in einen Nachteil umwandeln. In Sachen Fahrer gibt es nur eine Umbesetzung: Sam Bird weilt bei der FE in New York und wird durch Toni Vilander ersetzt, welcher somit sein Comeback in der WEC in der #71 gibt. Ansonsten gibt es in der GTE-Pro eigentlich keine großen Veränderungen, jedoch hat BMW in Dingolfing vor kurzem seinen Rollout des M8 GTE durchgeführt, welcher sein Renndebüt in Daytona feiern wird. Bislang sind hiervon aber keine Bilder an die Öffentlichkeit gedrungen, aber das wird wohl auch nicht mehr allzu lange dauern, denn nun sollten die ersten längeren Testfahren u.a. in Aragon auf dem Plan stehen.

In der GTE-Am trifft das gleiche zu wie in der GTE-Pro: Der Nürburgring macht es dem Aston Martin mit Frontmotor normalweise relativ schwer, und daher sind auch hier der Proton-Porsche sowie die beiden F488 von Spirit of Race und Clearwater Racing favorisiert, wobei die #54 mit Francesco Castellaci, Thomas Flohr und Miguel Molina wohl von den Ferraris am stärksten besetzt sein sollte.

Was 2017 aber besonders erfreulich ist: Mit einem Einladungsrennen des Porsche Carrera Cup Deutschland und der Formel Renault 3,5l hat man nun ein besseres Rahmenprogramm als die letzten zwei Jahre, als man eigentlich nur den Porsche Sports Cup vor Ort hatte. Dazu wird mehr oder weniger der gesamte Rennsonntag live von Sport 1 übertragen, was insofern sehr toll ist, da Eurosport aufgrund der Tour de France nur die letzte Stunde des Rennens zeigen wird. Rennstart ist um 13:00 Uhr und wie schon vorher geschrieben kann es trocken bleiben, was aber in der Eifel nicht viel heißen muss.

Porsche 919 Hybrid, Porsche Team: Timo Bernhard, Brendon Hartley, Earl Bamber Porsche 911 RSR (92), Porsche GT Team: Michael Christensen, Kevin Estre
Porsche 919 Hybrid, Porsche LMP Team (1): Timo Bernhard, Brendon Hartley, Earl Bamber, Porsche LMP Team (2): Neel Jani, Andre Lotterer, Nick Tandy
Porsche 919 Hybrid, Porsche LMP Team: Neel Jani, Andre Lotterer, Nick Tandy

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