Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP von Kanada 2017 – Back to normal

Formel Eins: Analyse GP von Kanada 2017 – Back to normal

von DonDahlmann
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„A walk in a park“ nannte der Ingenieur von Lewis Hamilton dessen Rennen. Und das war es auch für den Briten, aber auch für Mercedes generell. Bei Ferrari lief dagegen einiges schief.

35 Sekunden Vorsprung auf Daniel Ricciardo auf P3 und Vettel auf P4. Das klingt schon wieder nach den alten Zeiten der Mercedes-Dominanz. Und in der Tat waren die Deutschen am Wochenende tatsächlich nicht zu schlagen. Beeindruckend war schon die Quali, in der Hamilton seinem WM-Konkurrenten gleich mal vier Zehntel abnehmen konnte. Damit hatte man vor dem Rennen nicht gerechnet. Denn die Vorzeichen sprachen eigentlich für Ferrari. Die weichsten Reifen, relativ hohe Temperaturen – da sollten die Italiener einen kleinen Vorteil haben.

Es war auch nicht so, dass sich Ferrari schwer tat. Außer bei Räikkönen, der zwischendurch das Setup wechselte, schien alles planmäßig zu verlaufen. Weder das Team noch Vettel beklagten sich. Tatsächlich machte es mehr und mehr den Eindruck, dass Mercedes zu alter Stärke gefunden hat. Wie schon in der Vorschau angedeutet fuhr man nach Spanien zum ersten Mal mit der B-Version des W08 auf einer richtigen Strecke. Und man hatte ein paar Wochen Zeit, die Setups zu verbessern. Was man vor allem nach dem Rennen in Monaco gemacht hat, wie Toto Wolff nach dem Rennen bestätigte. Man habe den Simulator 24/7 laufen lassen. Und dabei hat man offenbar, zumindest für Kanada, was gefunden.

Mercedes hatte in Montreal klar das bessere Auto und für Vettel wäre vermutlich maximal P2 drin gewesen, wenn er denn beim Start nicht vom Bottas und Verstappen verdrängt worden wäre. Dass der Niederländer dabei den Frontflügel von Vettel abrasierte, war dann Pech und hat dem Rennen die Frage genommen, wie die Strategie von Vettel hinter den beiden Mercedes ausgesehen hätte. Ferrari ließ Vettel mit dem kaputten Flügel draußen, obwohl man hinter dem SC hätte wechseln können.

Aber Ferrari hatte durch den Schaden eh nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera in Sachen Strategie. Was sollte man machen? Ihn sofort reinzuholen, hätte ihn ans Ende des Feldes, aber in den Verkehr gesetzt. Es machte paradoxerweise tatsächlich mehr Sinn, ihn erst dann zu holen, wenn das Feld wieder unter Grün unterwegs war, weil er so nicht im Hinterfeld steckenblieb und schnelle Runden drehen konnte. Aber hätte man die Soft nehmen müssen, um durchzufahren?

Die Entscheidung von Red Bull, mit Ricciardo in Runde 18 auf die Soft zu setzten (nachdem Ferrari Räikkönen auf Supersoft gewechselt hatten), war am Ende richtig. Aber hätte es auch für Vettel gereicht? Der Deutsche konnte mit den Supersoft keine beeindruckenden Rundenzeiten hinlegen und verlor im Verkehr relativ viel Zeit. Dazu kam, dass der Abstand auf die beiden Force India, gegen die Ferrari plötzlich fahren musste, lange Zeit so groß war, dass Vettel auch nach einem Stopp hinter Ocon und Perez gelandet wäre. Die hätten dann aber frische Reifen gehabt, während Vettel auf alten Soft unterwegs gewesen wäre.

Die mutigere Variante war, die Supersoft zu nehmen, um dann zu schauen, wie sich das Rennen entwicklen würde. Eine einzige SC-Phase im ersten Drittel des Rennens hätte Vettel weit nach vorne spülen können, auch wenn das dann wieder die Frage aufgeworfen hätte, was man mit ihm gegen Ende des Rennens gemacht hätte. Da es aber zu keiner SC-Phase kam, blieb Ferrari dann nichts anderes übrig, als Vettel irgendwann auf die Supersoft zu setzen. Und fast hätte es ja auch noch P3 geklappt. Wenn Ferrari den Deutschen zwei Runden früher auf die Supersoft gesetzt hätten und wäre ihm nicht vier Runden vor Schluss der kleine Fehler in der Schikane unterlaufen, wäre er am Ende zumindest im Diffusor von Ricciardo gewesen. Aber gewonnen hätte Vettel das Rennen so oder so nicht. Von daher passte die Strategie in Sachen Schadensbegrenzung.

Dass Force India in Kanada stark sein würde, hatte man erwartet. Dass es ihnen aber gelang, einen Ferrari hinter sich zu halten, war dann doch überraschend. Immerhin lagen sie, bis zum Stopp von Räikkönen, hinter dem Finnen und Ricciardo. Den Ausschlag gaben zwei Dinge: der frühe Stopp von Räikkönen und die sehr guten Rundenzeiten, die man mit den Supersoft erzielen konnte. Perez hatte man in Runde 19 reingeholt, als Antwort auf die Wechsel von Ferrari und Red Bull. Ocon kam knapp zu Halbzeit des Rennens. Da Ferrari Räikkönen aber noch mal zum Stopp holte, schlüpften beide Force India vorbei.

Der Aufreger bei Force India war dann der nicht vollzogene Positionswechsel. Ocon hatte Reifen, die 13 Runden frischer waren als die von Perez. Es machte Sinn, dem Franzosen zumindest eine Chance zu geben, den Red Bull zu knacken. Perez wehrte sich mit allem, was er hatte, und sorgte am Ende auch dafür, dass Vettel etwas flotter an beiden Force India vorbeikam. In Sachen Team war das Verhalten von Perez nicht gut. Auf der anderen Seite hat Perez in den letzten Jahren dem Team immer wieder Punkte geholt, auch wenn es unmöglich schien. Und ob Ocon am Red Bull vorbeigekommen wäre, ist dann auch wieder eine andere Frage. Immerhin sind P5 und P6 wertvolle Zähler in der WM und wer die auf welchem Platz holt, kann Force India relativ egal sein.

Ein sehr gutes Rennen hatte Nico Hülkenberg. In der Quali gerade so in Q3 gerutscht, spielte der Deutsche im Rennen seine Routine aus. Auffallend war die Strategie von Renault, die die VSC-Phase in Runde 11 nutzen, um auf die Supersoft zu wechseln. Mit denen fuhr Hülkenberg beeindruckende 59 Runden und lieferte dabei bis zum Schluss sehr gute Rundenzeiten ab. Der R.S. 17 geht also gut mit den Reifen um und sollte Renault in Sachen Leistung zulegen, dürfte das im Herbst noch interessant werden.

Ein Lob auch an Lance Stroll. Der Rookie vermasselte zwar mal wieder die Quali, kämpfte sich aber fehlerlos auf P9 nach vorne. Dass Verstappen, Massa und beide Toro Rosso ausfielen, half ihm auf jeden Fall, aber immerhin war es das erste Rennen des Kanadiers, in dem es mal gut lief und die Strategie passte. Zwar hat man bei den Onboards immer noch den Eindruck, dass er etwas mehr will, als Talent und Auto im Moment hergeben, aber Kanada zeigte, dass er zumindest in der Lage ist, in die Punkte zu fahren. Vielleicht ist es genau das Erfolgserlebnis, das er für sein Selbstbewusstsein benötigt hat.

Auch wenn es vorne wegen der Dominanz von Mercedes öde war, der GP von Kanada entschädigte mit vielen tollen Zweikämpfen dahinter. Dass P3 bis P7 so eng zusammenlagen, hat man ja auch lange nicht mehr gesehen.

 

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

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