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Formel Eins: Mercedes steckt in der Klemme

von DonDahlmann
10 Kommentare

Der Rücktritt von Rosberg hinterlässt bei Mercedes eine große Lücke. Und die Zeit läuft dem Team weg.

Wir hatten schon mal über die Alternativen von Mercedes für Rosberg geschrieben. Seitdem hat sich ein bisschen was getan. So hat Flavio Briatore, immer noch Manager von Fernando Alonso, klargestellt, dass der Spanier bei McLaren bleiben wird. Auch der neue CEO von McLaren, Zak Brown, hat deutlich mitgeteilt, dass man Alonso nicht gehen lassen wird. Damit ist die beste Lösung für Mercedes vom Tisch. Vielleicht auch gut so, die Geschichte von Hamilton und Alonso ist keine Geschichte, die von großer Liebe handelt. Wenn man bei Mercedes schon Schwierigkeiten mit Rosberg und Hamilton hatte, wie würde das bei Alonso aussehen, dessen Ego mindestens so groß ist wie das des Briten?

Damit bleiben übrig: Bottas, Wehrlein, Sainz und Nasr. Die BBC berichtet, dass Mercedes über Toto Wolff Williams ein Angebot gemacht hat. Halber Preis bei den Motoren, alle neuen Updates im Verlaufe der Saison. Williams hat das abgelehnt. Der Hintergrund ist einfach. Mit Lance Stroll hat man einen 18jährigen, völlig unerfahrenen Mann im Team, der viel Zeit zum Lernen braucht. Was Williams aber auch benötigt sind Punkte. Möglichst viele. Denn ausgehend davon, dass McLaren 2017 weiter vorne sein kann, wird der Kampf um P4 bis P7 in der WM mächtig eng. McLaren, Williams, Force India, Toro Rosso (mit aktuellem Renault-Material) und vielleicht sogar HaasF1 – das Mittelfeld wird in der nächsten Saison hart.

Ein Angebot an Williams

Mercedes hat Williams laut des Berichtes Pascal Wehrlein angeboten. Den man selber zögert einzusetzen, weil man Angst hat, dass Wehrlein die Erwartungen in einem Top-Team nach nur einer Saison nicht erfüllen kann. Frank Williams wird vermutlich zurecht fragen: „Aber wir sollen das Risiko eingehen?“ Wenn Wehrlein nicht liefert, verliert Williams mehr als die 10 Millionen Dollar, die Mercedes ihnen erlassen will. Sie verlieren zweistellige Millionensummen in der Team-WM und gleichzeitig verlieren sie technisches Entwicklungspotenzial, denn ein erfahrener Pilot gibt logischerweise besseres Feedback. Was im Endeffekt dann Zeit und Fortschritt kostet, was sich 2018 dann niederschlagen könnte. Wenn Williams die Rechnung aufmacht, und das werden sie, dann landen sie schnell bei 30 Millionen Dollar. Das kann sich eine börsennotierte Firma nicht erlauben.

Wenn Mercedes Bottas nicht bekommt, dann bleiben Wehrlein (den man offenbar nur als Ausweich-Kandidat sieht), Nasr und Sainz. Felipe Nasr war in F3 überragend, bei Sauber hatte er gute Rennen (Brasilien), aber es war jetzt auch nicht so, dass er Ericsson permanent deutlich im Griff hatte. Also wird er bei Mercedes ganz weit unten auf der Liste stehen.

Wie schon mehrfach gesagt halte ich Sainz für keine schlechte Lösung. Er fährt nächstes Jahr seine dritte Saison, er ist jung (22), er ist motiviert, er hat bei Toro Rosso regelmäßig Punkte abgeliefert und war schnell in der Quali. Ich vermute, dass er bei Mercedes auf der Liste ist, ich verstehe aber auch, warum man zögert. Es werden ähnliche Gründe wie bei Wehrlein sein. Ein großes Problem dürfte zudem Red Bull darstellen. Entweder werden sie Sainz schon aus Prinzip nicht an Mercedes abgeben oder sie wollen sehr viel Geld, weil sie die Notlage von Mercedes natürlich ausnutzen.

Viele Kandidaten bleiben nicht – und es könnte schlimmer kommen

Blocken Williams und Red Bull, bleibt Mercedes nur Pascal Wehrlein. Was negativer klingt, als ich Wehrlein einschätze. Aber noch fehlt mir (und offensichtlich auch Mercedes) der Glaube, dass der Deutsche nach nur einer Saison neben Hamilton bestehen könnte. Auf der anderen Seite: Verstappen hatte auch nur eine Saison bei Toro Rosso. Das Risiko mit jungen Fahrern ist halt, dass sie dem Druck auf Dauer nicht standhalten. Man kennt das aus der Red Bull-Nachwuchsschule.

In einer kleinen Storyline, die nebenher auch noch läuft, gibt es Gerüchte, dass Paddy Lowe von Mercedes zu Williams wechseln könnte. Sein Vertrag läuft Ende Dezember aus und er würde wohl gerne gehen. Die Gründe dafür sind nicht so ganz ersichtlich. Immerhin hat Lowe maßgeblich dazu beigetragen, dass es bei Mercedes so gut lief. Allerdings hatte man auch mehrfach den Eindruck, dass Lowe bei Mercedes eine etwas unglückliche Figur abgab. Die wichtigen Entscheidungen treffen Wolff und Lauda, Lowe soll schauen, dass das Team operativ gut läuft. Das ist dem Briten zu wenig, er hätte gerne mehr Freiheiten und Kontrolle.

Sollte Lowe gehen, würde dies noch eine große Lücke aufreißen. Lowe ist ein exzellenter Techniker und versteht die Komplexität der modernen Autos. Angeblich hat Mercedes Kontakt zum ehemaligen Ferrari-Designer James Allison aufgenommen, der dann die Teamleitung übernehmen soll. Allison hat aber wenig Erfahrung mit der Leitung eines Teams, er kommt zudem stark von der Design-Seite. Und was Aldo Costa, der bei Mercedes die Autos entwickelt, dazu sagt, wenn man ihn Allison vor die Nase setzt, ist dann noch eine andere Frage. Immerhin war es Allison, der Costa damals bei Ferrari abgelöst hatte.

Den Dezember hatten sich Toto Wolff und Mercedes sicher ganz anders vorgestellt.

Bilder: Daimler AG, DTM

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10 Kommentare

gregor_r 12 Dezember, 2016 - 11:21

Zusätzliches Problem ist mittlerweile das Timing. Hätten sie Wehrlein gleichzeitig mit Rosbergs Rücktritt bestätigt, hätten alle von einer „mutigen Entscheidung Mercedes'“, „Vertrauen in den eigenen Nachwuchs“ etc. gesprochen (wie damals bei Vettels Wechsel zu Ferrari und Kwyjats Aufstieg). So wird nur noch von „Notlösung“ die Rede sein. Mercedes macht sich lächerlich und schädigt ohne Grund Wehrleins Ruf. Schade.

Art Vandelay 12 Dezember, 2016 - 11:37

„So wird nur noch von “Notlösung” die Rede sein. Mercedes macht sich lächerlich und schädigt ohne Grund Wehrleins Ruf. Schade.“

Das Problem sehe ich auch. Auf der anderen Seite kann ich verstehen, dass man versuchen will eine andere Lösung zu finden.

Es wird momentan erstaunlich wenig über Perez geredet. Für ihn gilt natürlich was die Folgen für sein momentanes Team betrifft alles was für Bottas auch gilt.
Sainz kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Da hätten sie im Gegenzug schon Mercedes Motoren für Red Bull anbieten müssen ;-). Und dafür ist es nun ja auch längst zu spät.
Vielleicht überlegen sie ja noch ob sie nicht zu einem der heuer zurückgetretenen Fahrer greifen wollen… (Hat eigentlich Mark Webber nächstes Jahr schon was vor?)

gregor_r 12 Dezember, 2016 - 12:02

Erstaunlich ruhig um Perez mit seinem 1-Jahres-Vetrtag. Dass er bereits einen Vorvertrag mit Ferrari für 2018 hat, fände ich nicht abwegig.

DonDahlmann 12 Dezember, 2016 - 12:07

@Gregor: Gebe ich Dir völlig Recht. Das Management von Mercedes wirkt etwas kopflos im Moment. Was wohl unterstreicht, wie überrascht man vom Rücktritt war.

Was Perez angeht: Ja, gleiches Problem wie bei Williams, gleiche Situation. Was den Ferrari Vertrag angeht: Ich weiß nicht. Ende des Jahres 2017 laufen etliche Verträge aus: Ricciardo, Verstappen, Räikkönen, Alonso, Perez, Grosjean, Sainz – da wird viel Bewegung in den Markt kommen.

gregor_r 12 Dezember, 2016 - 12:20

Ricciardo und Verstappen haben Verträge bis Ende 2018, dachte ich?

DonDahlmann 12 Dezember, 2016 - 12:23

Meine Info ist Ende 2017, aber halt auch nur vom hörensagen

Xander 12 Dezember, 2016 - 12:29

Ich sehe nicht die Notwendigkeit, dass Wehrlein mit Hamilton mithalten muss. Das werden ohnehin nur die 4-5 besten Fahrer können, an die es derzeit kein Rankommen für Mercedes gib. Wenn Wehrlein nächstes Jahr regelmäßig und sicher aufs Podest fährt und bei einem Ausfall von Hamilton den Sieg erbt, reicht das vollkommen aus für MGP und Wehrlein bekommt die Ausbildund zum Topfahrer im Schnelldurchlauf.

Klappfügel 12 Dezember, 2016 - 13:12

Wieso ist Grosjean kein Thema? Halte ich für realistischer als Sainz und Bottas.
Haas hat gesagt er kann freigekauft werden, natürlich sofern das Angebot stimmt. In einigen Punkten gilt das Gleiche, wie für Williams, nur das Haas keine AG ist.
Abgesehen von Nasr bleibt auch kein Fahrer übrig, außer man will einen Ex-Fahrer holen. Nur wer will nochmal und passt ins Cockpit?

Das Problem mit Wehrlein sehe ich auch, da hat RB mit Verstappen einfach besser gehandelt. Also egal wie Mercedes entscheidet es sieht doof aus.

Hamilton 13 Dezember, 2016 - 01:53

Ich habe immer noch Button auf der Liste.

Er kennt das Team noch und wäre eine Übergangslösung für Wehrlein nächstes Jahr.

Red Bull hatte es mit Verstappen einfacher, man hatte mit ihm im Bezug auf den Russen nix zu verlieren und man musste ihm auch das Cockpit bieten um ihn zu halten.

Das alles ist bei Wehrlein nicht der Fall.

Bei allem Respekt vor Nasar, aber wirklich 100% überzeugt hat er nicht und hier würde ich Wehrlein als eigenen Nachwuchsfahrer und Deutschen bevorzugen.

Theoretisch gäbe es ja immer noch die Optionen DiResta und Paffet aus der DTM.

nona 13 Dezember, 2016 - 11:48

Man sollte Wehrlein nicht unterschätzen. Er ist durchaus schnell, ist ein bekannt guter und ausgiebiger Tester, sportlich sehr diszipliniert, und was „Druck“ angeht, er ist in der DTM durchaus nicht gerade drucklos Meister geworden (okay, DTM hat eigene Umstände, aber trotzdem waren die inneren und äusseren Störfeuer mitunter turbulent) und hat seitdem noch Erfahrung dazugewonnen. Mercedes wird wissen, dass er nicht als komplett fertiger Siegfahrer oder gar Meisterkandidat kommen würde, sondern als junger Perpektivfahrer und zur Zeit klare Nummer Zwei, der das Zeug zum Punktesammeln hat. Insgesamt keine unrealistische Option. (Hat laut den Pirelli-Statistiken übrigens mit Abstand die meisten Testkilometer mit den neuen breiten Reifen zurückgelegt.)

Nasr sehe ich nicht. In Nachwuchsserien ist er nie wirklich über den Status „insgesamt ordentlich“ hinausgekommen, hat im Gegenteil immer weniger gezeigt je älter er wurde, bis hin zu zeitweise ausgiebigem Im-Weg-Stehen und Kleinholz-Abliefern in jüngerer Vergangenheit. Zu Sauber ist er als eindeutiger Pay Driver mit dickem Geldbeutel gekommen, während bessere Fahrer abgelehnt werden mussten (man erinnere sich an das „Vier Fahrerveträge für zwei Cockpits“-Debakel bei Sauber um Sutil/van der Garde vs. Nasr/Ericsson). Es dürfte keinen triftigen Grund für ein Team wie Mercedes geben, sich den als Stammfahrer anzutun.

Paffett oder di Resta wird nicht passieren. Deren F1-Fenster ist aus diversen Gründen zu.

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