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TV-Kritik: The Grand Tour – Top Gear Reloaded?

von DonDahlmann
3 Kommentare

Da ist sie also, die von allen Fans so heiß ersehnte neue Serie namens Grand Tour. Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May sind zurück. Wie gut ist die neue Show?

screenshot_26Es ist schon erstaunlich. Da fahren drei mittelalte Herren mit ein paar Autos rum und die halbe Welt steht Kopf. Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May sind bekanntermaßen sowas wie Halbgötter in Sachen Autojournalismus. Oder besser gesagt Entertainment. Wer hätte schon gedacht, dass man aus einem Autotest, in dem man normalerweise mit technischen Daten um sich wirft, eine, nun ja, Comedy-Show machen kann, die weltweit mehrere hundert Millionen Menschen anschauen? Tatsächlich war auch Top Gear mal eine Show, in der langweilige Fakten zum Besten gegeben wurden. Es war vor allem Clarkson, der erkannte, dass ein Auto heutzutage nicht mehr gekauft wird, weil der Motor mehr PS hat oder der Kofferraum 3 cm größer ist. Man kauft ein Image, und er zauberte mit seinen Kollegen eine Serie, in der es im nichts anderes geht, als die Seele eine Autos. Und da Mittelklasseautos mit einem 90 PS-Dieselmotor keine Seele haben, testete man halt nur noch Sportwagen. Gleichzeitig war Top Gear eine Sendung, die weder sich noch ihre Protagonisten ernst nahm. Es war eine Stunde Unterhaltung mit schönen Bilder und absurdem britischen Witz.

Der Rauswurf von Clarkson und damit das Ende von Top Gear war ein kleiner Schock, aber dann sprang Amazon mit angeblich 250 Millionen Dollar für drei Staffeln ein. Die teuerste Serie, die jemals produziert wurde. Es war auch klar, dass Clarkson, Hammond und May wenig am Konzept ändern würden. Denn mit ihnen wechselte auch das halbe Produktionsteam zu Amazon, inklusive den Kameramännern.

Die ersten Minuten von Grand Tour sind bombastisch. Ein überdimensionaler Mittelfinger in Richtung BBC. Am Anfang sieht man einen deprimierten Clarkson in einem grauen, regnerischen London die BBC verlassen, er fliegt nach L.A., trifft seine Freunde und was dann folgt, hat vermutlich mehr Geld gekostet als der Rest der Serie. Das Signal: „So, jetzt bremst uns niemand mehr.“

screenshot_25-1024x499In der ersten Folge geht es um den Vergleich zwischen McLaren P1, Ferrari LaFerrari und dem Porsche 918. Ausgefahren wird das ganze auf der Rennstrecke von Portimao. Und natürlich zelebriert Grand Tour die Autos. Sensationell schöne Kamerafahrten, fantastische Fahraufnahmen, großartige Lichtsetzung. Der Standard, wie man Autos in Szene setzt, wird mal wieder neudefiniert und Hollywood kann sich da eine Menge abschauen. Es ist ein Fest für die Augen, was da abgeliefert wird.

Zwischendrin wird der Bericht unterbrochen, die drei Kommentatoren sitzen in einem Zelt vor Publikum. Das Zelt reist mit um die Welt. In den zwölf Folgen der ersten Staffel steht es in jeder Folge in einem anderen Land beziehungsweise in einer anderen Stadt. Aber so richtig zünden wollte der Gesprächsteil in der ersten Folge nicht. Ein paar Witze auf Kosten von James May, ein paar Witze übers Publikum. Aber man hätte sich auch einiges sparen können. Zum Beispiel die inszenierte Auseinandersetzung mit dem Publikum oder die Promis, die am Ende … ach, na ja, schaut selber. Jedenfalls vermisste ich im Gesprächsteil die „News“ und das Geplänkel der Moderatoren.

Neu ist auch die Referenz-Teststrecke, da hat man was schönes gefunden, ebenfalls neu ist der Testfahrer für die Autos. In Folge eins (man weiß ja nicht, ob das so bleibt) hat man einen Ami genommen. Aus der NASCAR Truck Serie. Kein Scherz und eine gute Idee. Es folgt ein Kurztest, dann geht es wieder nach Portimao.

Fazit:

grandtourferrariGrand Tour scheint das zu werden, was man erwartet hat. Es ist Top Gear Reloaded, nur mit weniger britischem Bezug und unendlich teurer in der Produktion. Die Serie setzt visuell einen Höhepunkt nach dem anderen, die Bilder sind atemberaubend und man kann nicht genug davon bekommen. Und eine Millionen Euro teure Supersportwagen im vollen Drift über eine Rennstrecke zu prügeln, kann ja nie schaden. Für etwas mehr als 60 Minuten bekommt man das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Und das schafft ansonsten keine Autosendung der Welt.

Ein paar Abzüge in der B-Note gab es für mich persönlich aber schon. Nach meinem Geschmack gab es etwas zu wenig Interaktion zwischen den drei Protagonisten. Mag sein, dass sie wegen der Fahrzeuge etwas zurücktraten, aber mir fehlte die gewohnte Chemie zwischen Clarkson, Hammond und May. Das galt besonders für die Szene im Zelt, da ist noch sehr viel Feinjustierung nötig, denn weder passte hier das Timing noch die abgelieferten Ideen. Aber wie bei jeder Serie merkt man auch hier, dass das Ensemble und die Crew sich erst noch richtig finden müssen. Es fehlt natürlich die Leichtigkeit, die man nach 16 Jahren gemeinsamer Arbeit bei der BBC hatte. Aber ich bin mir sicher, dass das noch kommt.

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3 Kommentare

Volker 19 November, 2016 - 15:13

Danke, so habe ich es auch empfunden.
Super Aufnahmen von Autos und Landschaften, wenig spannendes im Zelt.
Und den „Gag“ mit den 3 Promis hab ich überhaupt nicht verstanden.
Freue mich trotzdem auf nächsten Freitag.

DonDahlmann 19 November, 2016 - 16:14

Das wird sich bestimmt noch verbessern, war ja auch chronologisch die erste Folge, die man gedreht hat.

andi 19 November, 2016 - 22:29

Ehrlich gesagt war ich ein wenig enttäuscht, aber rückblickend betrachtet haben sich die drei OK geschlagen. Epischer Einleitungsfilm, der überfällige Vergleich der drei aktuellen Hyper-Super-Sportwagen, neuer Track. Man wird jedenfalls nicht überfordert, keine Überraschungen. Mike „Communist!“ Skinner als Testfahrer ist eine pfiffige Lösung für das Stig-Problem.

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