Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP von Malaysia 2016 – Sabotage! Betrug! Oder was?

Formel Eins: Analyse GP von Malaysia 2016 – Sabotage! Betrug! Oder was?

von DonDahlmann
0 Kommentare

Es war ein ungewöhnliches Rennen in Malaysia, das von unerwarteten Wendungen geprägt war. Und dies, obwohl es nicht mal geregnet hat. Die WM-Entscheidung dürfte noch nicht gefallen sein.

GP MALESIA F1/2016Rennsport wird heute vor allem durch Computer geprägt. Man weiß genau, was wann passiert, man sieht die Livedaten und kann ausrechnen, wann der Fahrer an die Box muss. Alles ist geplant, unterschiedliche Szenarien werden durchgespielt. Aber dann gibt es noch so etwas wie den Zufall und der spielte gestern mehrfach eine große Rolle. Das Rennen wurde dadurch zu einem der interessantesten der Saison, was auch an den unterschiedlichen Strategien lag, die die Teams in Malaysia ausprobierten. Das führte vor allem im Mittelfeld zu einigen Überraschungen.

Aber das Hauptaugenmerk in Malaysia lag natürlich auf den beiden Mercedes-Piloten. Hamilton hatte Rosberg über das gesamte Wochenende locker im Griff. Er war mal wieder unantastbar, distanzierte den Deutschen und den Rest des Feldes um mehrere Zehntel. Es waren genau die umgekehrten Rollen von Singapur. Hamilton problemlos, Rosberg haderte mit dem Setup und kam nicht in Schwung. Der Rennstart hätte für den Briten auch nicht besser laufen können. Die Führung behalten, Rosberg auf Platz 21.

f1_race_malaysia_2016_14Der Deutsche hatte auch nichts falsch gemacht, war sauber gestartet und hatte sich hinter Hamilton einsortiert. Doch er hatte nicht mit Vettel gerechnet, der sich in eine Lücke zwischen dem Curb und Verstappen quetschte. Dabei bremste der Ex-Weltmeister auch noch zu spät und konnte so nicht einlenken. Er erwischte Rosberg hinten und drehte ihn um. Ein Wunder, dass die hintere Aufhängung des Mercedes nicht kollabierte. Vettel bekommt für seine dumme Aktion eine +3 in der Startaufstellung von Japan.

Rosberg zwängte sich durchs Feld, kam aber recht schnell voran und war bald schon in den Top 10. Die Frage war, wie weit man ihn nach vorne bringen konnte. P5? Das Podium? Es schien zumindest unwahrscheinlich, dass Rosberg an beiden Red Bull würde vorbeikommen können. Per Strategie ging es nicht, weil er zu weit zurücklag, per Rennspeed war das im ersten Drittel zweifelhaft. Mercedes probierte es dennoch, indem man ihn auf die Hard setze. Das sollte Mercedes vor allem auch eine gewisse Flexibilität in Sachen Strategie geben.

f1_race_malaysia_2016_18Für die Red Bull reichte es dennoch nicht, auch nicht für den übrig geblieben Ferrari. Räikkönen konnte das Tempo der Red Bull nicht gehen, aber Ferrari konterte die Undercut-Versuche von Mercedes immer schnell genug, sodass Räikkönen vor Rosberg blieb. Dem Deutschen blieb also nichts anderes übrig, als den Finnen auf der Strecke zu überholen, was sich als nicht so leicht herausstellte. Er probierte es dann mit einem Überraschungsmanöver in der ersten Kurvenkombination und setzte sich auf die Innenseite. Dabei schob er den Ferrari leicht zur Zeit. Keine heftige Berührung, aber eine deutlich sichtbare. Die Stewards quittierten dieses Manöver mit einer 10-Sekunden-Strafe. Was meiner Meinung nach zu viel war. Eine Verwarnung per Flagge hätte hier ausgereicht. Es war ein robustes Manöver, aber an einer langsamen Stelle, und beide Autos trugen keine Schäden davon.

Sabotage?

Hamilton bekam von der Aufholjagd seines Teamkollegen wenig mit. Er lag in Führung und ließ es ruhig angehen. Bis ihm halt ohne Vorwarnung der Motor um die Ohren flog. Der Ausfall kam völlig überraschend, war es doch ein nagelneuer Motor, der im Auto arbeitete. Und man muss lange zurückdenken, dass Mercedes einen Motorschaden hatte. Dementsprechend sauer war auch Hamilton, der öffentlich fragte, was denn hier nicht stimmen würde. Es seien immer nur seine Motoren, die kaputt gehen würden. Die britische Presse, vor allem skyF1, nahm das Thema „Sabotage“ gerne auf. Schon in den Vorberichten hatte man in einem (getrennten) Doppelinterview Lewis und Nico gefragt, ob sie das Auto hätten, mit dem man Weltmeister werden kann. Während Nico das bestätigte, seufzte Lewis, überlegte lange und gab eine nicht sehr klare Antwort.

Die Verschwörungstheorien von skyF1 und anderen sind Quatsch. Der GP von Malaysia ist das zweite „Heimreinnen“ von Mercedes, weil Hauptsponsor Petronas hier beheimatet ist. Man schmeißt keinen Sieg weg und vermutlich ist es Mercedes insgesamt auch ziemlich egal, wer denn nun Weltmeister wird. Hauptsache, man wird Weltmeister. Tatsächlich wäre ein dritter Titel hintereinander beziehungsweise ein vierter Titel von Hamilton in Sachen Legendenbildung hilfreicher als ein Titel von Rosberg. Der Deutsche hat zudem bei weitem nicht die Fanbase, die der Brite hat, wie man an den ab und an aufkommenden Buh-Rufen ja schon mal hören kann. Es gibt also keinen Grund, warum Mercedes Rosberg oder Hamilton bevorzugen sollte.

2016 Malaysian Grand Prix, SundayDass Hamilton allerdings nach seinem Ausfall so schnell seine Vorwürfe äußerte, war schon überraschend. Es zeigte mal wieder die dünnhäutige Seite des Briten, die man lange nicht mehr gesehen hat. Diese „Alles und alle haben sich gegen mich verschworen“-Einstellung, die ihn früher oft geprägt hat. Nach zwei WM-Titeln dachte man, dass diese Seite vielleicht einer gewissen Entspannung gewichen sei, aber scheinbar ist dem nicht so. Das dürfte noch interessant werden in diesem Jahr.

Denn Rosberg scheint in diesem Jahr anders aufgestellt zu sein. Er ärgerte sich zwar nach dem Rennen über den verlorenen Sieg, aber gleichzeitig hat er ein sehr beeindruckendes Rennen gefahren. Auf P3 zu kommen, war nach der ersten Runde alles andere als sicher.

Gegen die beiden Red Bull hatte er aber keine Chance. Die waren einfach zu schnell und zu weit weg und sie fuhren ihr eigenes Rennen. Dabei ging es vor allem um die Frage, wer denn nun die besseren Karte haben würde. Gleich zu Beginn sah es nach Verstappen aus. In einer VSC hatte man den Niederländer an die Box geholt. Er blieb dabei auf P4 und war der einzige der Spitzengruppe, der neue Reifen hatte. Doch Red Bull hat sich da einen Fehler erlaubt. Statt Verstappen auf die Hard zu setzten, nahm man die Soft. Damit nahm man sich auch weitere Möglichkeiten in der Strategie und Verstappen einen möglichen Sieg. Den vergab der Nachwuchspilot dann später auch, als er nicht an Ricciardo vorbeikam und der Australier seinen Teamkollegen in die Schranken wies. Der Sieg für Ricciardo war dann auch mehr als überfällig in diesem Jahr.

Mann des Rennens

Fernando Alonso.Man des Rennens war in meinen Augen aber weder Ricciardo noch Rosberg. Es war Fernando Alonso. Als Letzter gestartet stoppte der Spanier insgesamt drei Mal und landete am Ende auf P7. Das ist schon allein für den McLaren ein gutes Ergebnis, aber angesichts der Startposition, der Hitze und des Verkehrs ist schon sehr bemerkenswert. Die neue Ausbaustufe von Honda scheint es in sich zu haben, wie auch schon die letzte ein großer Schritt nach vorne war. Das Chassis von McLaren bewies, dass man bei großer Hitze dennoch lange mit den Soft unterwegs sein konnte. Da passte einiges zusammen und der Aufwärtstrend von McLaren und Honda ist klar zu sehen.

Ebenfalls bemerkenswert ist P10 für den Renault und Palmer. Der Brite holte den ersten WM-Punkt in seiner Karriere und dies dank eines guten Starts und einer ungewöhnlichen Strategie. Denn Renault setzte, wie auch Williams bei Bottas, auf einen Ein-Stopp-Strategie. Das ging allerdings nur, weil man die Reifen in den Unterbrechungen wechseln konnte. So verlor man keine Position, im Gegenteil, man sparte auch noch Zeit, denn die anderen stoppten teilweise im normalen Rennbetrieb. Ungewöhnliche Strategien, aber sehr erfolgreich.

In der WM hat Rosberg bei noch fünf ausstehenden Rennen 23 Punkte Vorsprung. Gewinnt er eines der Rennen, kann er sich erlauben, alle anderen Rennen hinter Hamilton ins Ziel zu kommen. Der Druck für den Briten ist also größer. Ausgehend von Doppelsiegen, muss dieser alle ausstehenden Rennen gewinnen. Das Hamilton das kann, hat er mehrfach bewiesen. Und auch, dass er nach einer großen Enttäuschung zurückschlägt. Die WM ist noch lange nicht vorbei.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Mediahouse/Getty Images, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

Das könnte Dir auch gefallen