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Formel Eins: Analyse GP von Singapur 2016

von DonDahlmann
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Um ein Haar hätte Mercedes das Rennen verloren, weil man einen dritten Platz retten wollte. Mann des GP in Singapur war Sebastian Vettel.

GP SINGAPORE F1/2016Dass das Rennen in Singapur für Mercedes besser als im letzten Jahr laufen würde, konnte man schon am Freitag und Samstag erkennen. Vor allem Rosberg kam sowohl mit den Ultrasoft als auch mit der Strecke und den hohen Temperaturen zurecht, während sich Hamilton schwer tat. Ein Problem mit der Hydraulik an seinem Einsatzwagen kostete ihn am Freitag eine knappe halbe Stunde, was den Briten in seiner Setup-Arbeit weiter zurückwarf, als man man zunächst dachte. Hamilton fand nicht den „sweet spot“, der in Singapur so wichtig ist. Das war einer der Gründe, warum es am Sonntag dann für Mercedes in Sachen Strategie schwer wurde.

Das Rennen lief zum Start auch etwas anders, als man das gedacht hatte. Weil Verstappen schlecht startete und die Toro Rosso Hülkenberg in die Mauer schickten, kam das Safety Car raus. Vor allem aber hatte sich Fernando Alonso im Getümmel auf P5 geschoben. Vorne lagen Rosberg, Ricciardo, Hamilton und der sehr gut aufgelegt Räikkönen. Die vier konnten sich schnell vom deutlich langsameren McLaren absetzen, was die Strategie für die drei Teams zumindest etwas einfacher machte. Denn man musste wegen des Abstands kein Auge auf Verstappen oder Vettel haben, der sich im ersten Drittel durch das Feld kämpfte.

Für Rosberg lief es ruhig. Zwar musste er auf seinen Bremsenverschleiß achten, dies geschah aber mehr aus Vorsicht, denn aus einem echten Problem. Die Sorge von Mercedes war nur, dass die Bremsen gegen Ende des Rennens nachlassen würden. Toto Wolff bekannte nach dem Rennen, dass man etwas zu aggressiv an die Bremsen heran gegangen sei. Das betraf vor allem die Bremsbelüftung, die beim Mercedes etwas kleiner ausgefallen war als zum Beispiel bei Ferrari. Die hatten, ebenso wenig wie Red Bull, keine Probleme mit dem Material. Dennoch gelang es Rosberg, einen kleinen Vorsprung herauszufahren, was sich am Ende noch als wichtig herausstellen sollte.

GP SINGAPORE F1/2016Eng wurde es im Rennen dann plötzlich zwischen Räikkönen und Hamilton. Der Brite konnte den Ferrari im gesamten Rennen nicht abschütteln. Tatsächlich gelang dem Finnen nach einem Verbremser des Weltmeisters ein Überholmanöver. In der gleichen Runde entschied sich Ferrari für einen Boxenstopp. Man wollte so einem Undercut von Mercedes entgegen wirken, was gleichzeitig auch wieder zu einem Undercut für Ferrari führte. Ein ziemlich guter Plan, Räikkönen konnte sich auf P3 festsetzen und Hamilton kam nicht am Ferrari vorbei.

Und dann entschied sich Mercedes zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Eine 3-Stopp-Strategie war in Singapur möglich, doch die Risiken und die schlechten Überholmöglichkeiten machten diese Variante eher unwahrscheinlich. Doch für Mercedes stellte sich in Runde 46 schlicht weg die Frage, was man zu verlieren habe. Nach hinten war der Abstand groß genug, um einen Reifenwechsel riskieren zu können, also warum nicht den Versuch wagen. Im schlimmsten Fall würde man auf P4 bleiben, im Falle eines Safety-Car hätte man frische Reifen, und es bestand die Chance, dass man den Ferrari auf der Strecke würde schlagen können.

Ferrari reagierte sofort und holte Räikkönen zum Stopp. Während Hamilton auf angefahrenen Supersoft unterwegs war, bekam Räikkönen angefahrene Ultrasoft. Doch der Brite war in seiner Outlap so schnell, dass er den Ferrari knapp abfangen konnte. So eroberte Mercedes P3 zurück und freute sich.

Doch die mutige Entscheidung sollte plötzlich einen Haken haben. Durch die beiden Stopps war Ricciardo nun von seinen Verfolgern befreit. Red Bull sah einerseits das Problem, dass Hamilton P2 angreifen könnte, andererseits hatte man genug Zeit für einen Boxenstopp. Die Kaskade an dritten Stopps, die Mercedes eingeleitet hatte, setzte sich fort. Für Red Bull erfreulich: Man hatte noch einen Satz frischer Supersoft, die man Ricciardo aufziehen konnte.

2016 Singapore Grand Prix, SundayyyMercedes erkannte das Problem sofort. Es waren noch knapp 15 Runden zu fahren, die neue Supersoft sollten rund 1,5 bis 2 Sekunden gegenüber den gebrauchten Soft von Rosberg bringen. Bei einem Abstand von knapp 26 Sekunden konnte man sich ausrechnen, wann man den Australier im Genick haben würde. Man bereitete den Boxenstopp vor, doch ausgerechnet in der Runde kam Rosberg in Verkehr. Er verlor genau die zwei Sekunden, die er gebraucht hätte, um vor Ricciardo zu bleiben. Hätte man ihn reingeholt, wäre er hinter dem Australier auf die Strecke gegangen und wäre dort vermutlich stecken geblieben. Also entschied man sich, den Deutschen auf der Bahn zu lassen.

Der Australier nutze seine Reifen, der Vorsprung schmolz. Mercedes warf dann in den letzten fünf Runden alles in die Waagschale, was man Rosberg geben konnte. Rosberg durfte „Strat 5“ als Motoreinstellung wählen und der „Overtake Button“ wurde auch freigegeben. Also alles an Leistung, was man hatte. Tatsächlich konnte Rosberg den Zeitverlust eindämmen. Aber Ricciardo kam immer noch näher.

Gerettet hat Sieg von Rosberg dann der Verkehr. Ricciardo kam in der drittletzten Runde nicht ganz so sauber durch den Verkehr, wie er sich das erhofft hatte. So konnte er den Rückstand nicht verkleinern, was am Ende dann genau für Rosberg reichen sollte. Das Rennen hätte keine Runde länger sein dürfen.

Mann des Rennens war aber Sebastian Vettel. Weil ein Teil der Aufhängung in der Quali kollabierte, musste der Deutsche von ganz hinten starten. Ferrari setzte Vettel auf die Soft, was eine logische Entscheidung war. Der Ferrari war auf auf den Soft schneller als die Konkurrenz um P15, also musste man einerseits nur schauen, dass man an denen vorbei kommen würde, andererseits reichte es zu warten, bis alle vor ihm an die Box kamen.

Vettel fuhr ein beherztes Rennen und setze einige schöne Überholmanöver. Er fuhr aber auch mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch. Denn eigentlich hatte man vor dem Rennen gehofft, dass man Vettel in die erste Startreihe bugsieren könnte. Unmöglich war das nicht, aber auch nicht wahrscheinlich. Aber mit einem Vettel hätte man den Druck auf Hamilton und Mercedes noch weiter erhöhen können, da man die Strategie zwischen beiden Ferrari hätte aufteilen können. Immerhin wurde am Ende P5 draus.

Was sonst noch war:

  • Verstappen tat sich schwer im Rennen. Nach seinem schlechten Start rutschte er hinter Kvyat, der sich die Chance nicht nehmen ließ, Verstappen hinter sich zu halten. Erst als der Niederländer die frischeren Reifen hatte, konnte er den Russen passieren
  • Der war nach dem Rennen zufrieden. Zum ersten Mal lief es mal wieder gut für ihn, P9 war am Ende ein guter Lohn.
  • McLaren hatte sich in Singapur mehr ausgerechnet. P7 für Alonso war in Ordnung, aber mehr war auch nicht drin. Sowohl Button als auch Alonso hatten Probleme mit der Abstimmung. Offenbar passte dem Chassis die Hitze nicht.
  • Da waren sie aber nicht die einzigen, die davon überrascht waren. Auch die Force India gingen nicht so gut, wobei man bei Hülkenberg Pech hatte. Perez rettete P8.
  • Bei Renault freute man sich über P10. Magnussen war im gesamten Rennen in den Punkten, was eine kleine Überraschung war. Man profitierte ein bisschen von den Ausfällen von Button und Bottas, aber immerhin konnte man sich gegen den Rest durchsetzen.

Wie geht es weiter in der WM

Rosberg führt vor den letzten sechs Rennen mit 8 Punkten. Die nun folgenden Strecken sind allesamt „Power“-Strecken, wo Motorleistung gefragt ist. Doppelsiege für Mercedes sind also recht wahrscheinlich. Rosberg muss „nur“ noch drei Rennen gewinnen und bei den weiteren Rennen zweimal auf P2 und einmal auf P3 kommen, dann ist er Weltmeister. Hamilton muss entweder vier Rennen gewinnen oder darauf hoffen, dass Rosberg einen Fehler macht bzw. der Defektteufel ereilt. Der Vorteil für Hamilton ist, dass er einen Motor mehr als Rosberg zur Verfügung hat, aber er ist auf jeden Fall nun mehr unter Druck als in den Vorjahren.

Der Deutsche hat mit seinen Siegen in Spa, Monza und Singapur alles richtig gemacht. Wenn er die Siegesserie in Malaysia fortsetzen kann, sieht es richtig gut für ihn aus. Allerdings ist Malaysia bisher keine Strecke gewesen, auf der er gut unterwegs war. Mercedes konnte bisher auch nur einmal gewinnen, das war 2014 durch Hamilton. Ein paar Vorzeichen deuten also daraufhin, dass Hamilton in 14 Tagen den Abstand zu Rosberg auf mindestens einen Punkt verkürzen kann.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Mediahouse/Getty Images, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

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