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BTCC: Analyse Oulton Park 2014

von Sebastian Focks
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Colin Turkington heißt der Mann des BTCC-Wochenendes in Oulton Park. Zwei Siege und ein dritter Platz brachten dem WSR-Piloten die Führung in der Meisterschaft ein – auch weil der bis dato führende Andrew Jordan einen eher frustrierenden Renntag erlebte. Für eine kleine Sensation sorgte dann Áròn Smith mit einem Sieg im dritten Lauf.

Auf zunächst nasser, dann abtrocknender Piste sicherte sich Turkington mit einem für die BTCC geradezu gigantischen Vorsprung von mehr als 0,6 Zehntelsekunden die Pole Position vor Jason Plato (für die gesamten Ergebnisse des Wochenendes hier klicken). In die Karten spielte ihm dabei ein Abflug von Jack Clarke in den letzten Sekunden des Qualifying, durch den viele Kontrahenten auf der minütlich schneller werdenden Piste ihren letzten Run nicht zu Ende bringen konnten. Vor allem für Matt Neal und Andrew Jordan, die nur die Startplätze 13 und 14 erreichten, sollte damit schon das gesamte Wochenende gelaufen sein.

Neal-1Denn ein Thema zog sich durch alle Rennen am Sonntag: So schön und fahrerisch anspruchsvoll der in diesem Jahr zum ersten Mal seit 1996 befahrene International Circuit von Oulton Park auch ist, so zeigte sich das Überholen auf diesem Layout gepaart mit der ohnehin sehr schmalen Streckenbreite mehr als schwierig. Die beste Überholmöglichkeit der letzten Jahre, die Haarnadelkurve am See, wird beim International Circuit nicht befahren und so mündeten die Rennen teilweise in für die BTCC eher untypische Prozessionen, bei denen sich die Kontrahenten Stoßstange an Stoßstange um die Strecke schoben. Überholversuche führten dann folgerichtig oft zu Kollisionen (Menu-Giovanardi, Menu-Jordan, Plato-Collard) oder gar zu heftigen Abflügen, wie der von Dave Newsham nach einer Attacke von Jack Goff im zweiten Lauf.

Start-1Umso wichtiger war ein guter Startplatz. Im ersten Lauf ließ Colin Turkington nichts anbrennen und sicherte sich einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg. Rob Collard machte den BMW-Doppelsieg perfekt, indem er sich von Startplatz 4 kommend Shedden und Plato schnappte (Heckantrieb lässt grüßen) und sich mit seinem Teamkollegen sukzessive vom restlichen Feld absetzen konnte. Das Podium komplettierte Jason Plato, der damit das Maximum aus seinen Möglichkeiten holte. Es folgte Gordon Shedden als bester Honda und ein flotter Rob Austin, der ähnlich wie die BMW auf dem Oulton-Park-Layout von den Traktionsvorteilen seines Heckantriebs profitierte und Startplatz 5 sicher nach Hause fuhr. Es folgten ab Platz 6 Tordoff, Jackson, Foster, Ingram, Hynes und Smith, womit die Reihenfolge im Ziel exakt der Reihenfolge entsprach, in der das Feld aus der ersten Runde zurückkam. Dahinter gelang innerhalb der Punkteränge nur Matt Neal ein Überholmanöver gegen Alan Menu in der letzten Runde. Platz 13 dürfte für den Honda-Piloten aber für ein ebenso langes Gesicht gesorgt haben, wie Platz 15 für Titelverteidiger Andrew Jordan, der seine Führung in der Meisterschaft schon nach diesem ersten Lauf an Turkington abgeben musste.

Start2Im zweiten Lauf wiederholten die beiden BMW zunächst ihren Doppelsieg. Platz 3 ging diesmal an Rob Austin, der Shedden und Plato bereits beim Start überholen konnte und das gesamte Rennen über dem Druck des MG standhielt. Nach dem Rennen wurden die Positionen von Austin und Collard aber nachträglich getauscht, was dem Audi-Piloten sogar einen zweiten Platz einbrachte. Was war passiert? Als ein Unfall von Newsham zur Rennmitte ein Safety Car erforderlich machte, wurden beide BMW über Funk informiert und verlangsamten umgehend. Da aber an dieser Stelle noch keine Safety-Car-Boards zu sehen waren, überholte Austin Collard kurzerhand und reihte sich dann auf Höhe des ersten Saftey-Car-Boards hinter Turkington ein. Collard, der sich im Recht sah, holte sich dann hinter dem Safety Car seinen zweiten Platz von Austin zurück. Für ebendieses Überholen unter dem Safety Car wurde Collard dann nachträglich bestraft.

AustinPlato, der zum Zeitpunkt der Safety-Car-Phase genau hinter Collard und Austin fuhr, bestätigte die Entscheidung der Rennkommissare und die Legalität von Austins Manöver, da an dieser Stelle tatsächlich noch keine Safety-Car-Boards oder gelben Flaggen zu sehen waren. Doppelt ärgerlich für Rob Collard, denn so gut Austins Audi auch unterwegs war, angesichts der Überlegenheit der BMW wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, dass er sich den Audi nach der Safety-Car-Phase früher oder später wieder hätte schnappen können. Wie souverän die BMW an diesem Wochenende waren, zeigte sich nämlich, als der schon enorme herausgefahrene Vorsprung durch die Safety-Car-Phase dahin war, sich beide aber anschließend wieder ganz entspannt vom Feld absetzen konnten.

Hinter den Podiumsrängen kamen Plato und Shedden auf die Plätze, gefolgt von Jackson, Ingram, Smith, Tordoff, Jordan, Menu und Neal. Dass diese Gruppe ab Jackson innerhalb von zwei Sekunden die Ziellinie überquerte, zeigt, wie eng man hintereinander herfuhr, ohne aber gleichzeitig überholen zu können. Einzig Mat Jackson gelang in der letzten Kurve der letzten Runde ein Überholmanöver gegen Tordoff, was den MG-Piloten, der den ganzen Renntag über die Form seines Teamkollegen nicht mitgehen konnte, gleich mehrere Plätze kostete.

Weiter hinten probierte es Andrew Jordan immerhin mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Ein Versuch, Menu in Cascades zu überholen, endete in einer Berührung, die ihn neben die Ideallinie kommen und drei Positionen verlieren ließ. Diese holte er sich in den nächsten Runden zurück und konnte schließlich sogar an Matt Neal vorbeigehen, als dieser einen erfolglosen Versuch gegen Menu startete. Eine Zeitstrafe gegen Menu wegen der Berührung von Jordan zu Beginn des Rennens ließ ihn dann nachträglich noch eine weitere Position gewinnen. P10 bedeute damit sogar noch eine theoretische Chance, von der umgedrehten Startaufstellung für den dritten Lauf zu profitieren und mit einem Sieg oder Podiumsplatz Schadensbegrenzung in der Meisterschaft zu betreiben.

SmithA-05Doch Glücksfee Alan Menu loste ausgerechnet seinen Temakollegen Árón Smith auf die Pole, die der VW-Pilot dann gegen den leichten Druck von Gordon Shedden in einen sensationellen Sieg im dritten Lauf verwandeln konnte. Der insgesamt zweite Sieg in der Karriere des jungen Iren und der erste Triumph für den VW CC vom Team BMR/Team Hard war damit endlich Realität geworden. Und um die Sache perfekt zu machen, kam sogar Teamchef Warren Scott mit dem Vauxhall Insignia, den das Team auch noch einsetzt, in die Punkteränge.

Das bestimmende Thema während dieses dritten Rennens waren aber bis zur Zieldurchfahrt die Regenreifen bzw. genauer gesagt die Haltbarkeit derselben. Denn eine Stunde vor dem Start des letzten Laufes hatte sich ein Wolkenbruch über die Strecke ergossen, der das eigentlich geplante Rennen der historischen Tourenwagen buchstäblich ins Wasser fallen ließ. Zum Start des BTCC-Rennens hatte es zwar aufgehört zu regnen, aber die Strecke war so nass, dass den Fahrern nichts anderes übrig blieb, als auf Regenreifen zu starten und zu hoffen, dass der Asphalt nicht zu schnell abtrocknen würde. Letzten Endes reichte es gerade so, auch wenn die Piloten in den letzten Runden tatsächlich auf einer komplett trockenen Strecke ihre Regenreifen malträtieren mussten. Die besten Rundenzeiten drehte zu diesem Zeitpunkt Jack Goff, der es als einziger gewagt hatte, auf Slicks ins Rennen zu gehen, am Ende aber nur auf Position 20 die Zielflagge sah.

Start-2Äußerst unglücklich war der Wolkenbruch für Tom Ingram, der mit seinem Toyota erneut das ganze Wochenende über konstant in den Top 10 unterwegs war und für den letzten Lauf als einziger der Spitzengruppe einen harten Reifensatz zur Verfügung hatte (den ungeliebten weichen Reifen hatte er bereits im zweiten Lauf „verfahren“). Mit Startplatz 2 neben Polesitter Smith war die Ausgangslage optimal, um gegen Rennende, wenn bei den Kontrahenten die weichen Reifen nachlassen würden, ein gutes Ergebnis rauszufahren. Die nasse Strecke vereitelte dann aber den Reifenvorteil.

Hinter Smith kam Shedden relativ kampflos auf Position 2 ins Ziel. Die vor ihm fahrenden Mat Jackson und Rob Collard ließen den Honda jeweils durch Fahrfehler passieren und der ohnehin glücklose Ingram hatte seinen Toyota bereits in der ersten Runde mit Elektronikdefekt abstellen müssen.

Tordoff6Für Rob Collard kam es noch dicker, als er durch einen Überholversuch Platos in einen Dreher geschickt wurde und am Ende nur auf Platz 11 die Zielflagge sah. Für Teamkollege Turkington lief es dagegen besser. Durch die ungestüme Aktion Platos gegen Collard konnte der BMW-Pilot seinerseits am MG vorbeigehen und Platz 3 erobern. Kurzzeitig machte Turkington Druck auf Shedden, bis seine Reifen auf der abtrocknenden Piste nachgaben und er wieder Plato formatfüllend im Rückspiegel sah. Beide lieferten sich in Runde 10 und 11 ein sehenswertes Tür-an-Tür-Duell, das Plato zunächst vorbeigehen ließ, von Turkington aber sofort gekontert wurde. In der Shells-Hairpin verlor Plato dann etwas die Geduld und beförderte Turkington mit einem Rempler gegen die Heckstoßstange neben die Ideallinie. Platz 3 schien damit gesichert und der MG konnte in der letzten Runde sogar noch zu Shedden aufschließen. Doch wegen der Attacke gegen Turkington wurde Plato nach dem Rennen von den Stewards mit einer Zeitstrafe belegt, wodurch sich Turkington zum dritten Mal an diesem Wochenende auf dem Podium wiederfand, während sich Plato mit Rang vier begnügen musste. Wer den Tourenwagen-Haudegen kennt, wird ahnen, dass er nicht sehr amused über diese Entscheidung gewesen sein dürfte.

Mit Rang 5 sicherte sich Rob Austin einmal mehr ein tolles Resultat. Dem Audi-Piloten, der gegen Rennende mit enorm abbauenden Hinterreifen auf der trockenen Strecke zu kämpfen hatte, gelang es, während des gesamten Rennens dem Druck von Sam Tordoff standzuhalten. Hinter beiden rundete der „Bad-Boy“ des Tages, Alan Menu, den Sieg seines Teamkollegen mit Rang 7 ab. Neben den eingefahrenen Meisterschaftspunkten nimmt Menu aber auch eine offizielle Verwarnung der Rennleitung und fünf Strafpunkte auf seine Lizenz mit aus Oulton Park. Neben dem Rempler gegen Jordan aus Lauf 2 ahndeten die Stewards auch den Abschuss von Giovanardi im gleichen Rennen, womit Menu in der Meisterschaft der vergebenen Strafpunkte mittlerweile führen dürfte.

JordanMit einigem Abstand zu dieser von beiden VW eingerahmten Spitzengruppe lief Andrew Jordan auf Platz 8 ins Ziel ein, was die beste Platzierung für ihn an diesem Wochenende bedeutete. Lauf 3 zeigte, dass der Pirtek-Pilot in Oulton Park selbst auf freier Piste und ohne Zusatzballast nicht viel Boden gut machen konnte. Eher ein Wochenenende zum Vergessen, das den Titelverteidiger vom Spitzenplatz in der Meisterschaft auf Platz 3 zurückfallen lässt.

Ebenso Boden verloren in der Tabelle hat Matt Neal, für den das dritte Rennen ohne Punkte, aber dafür mit einem heftig ondulierten Honda endete. Ein Startunfall mit Jack Goff und Hunter Abbott beendete alle Chancen, wenigstens noch etwas verlorenen Boden gut zu machen.

Turkington9Unterm Strich also eine insgesamt beeindruckende Leistung der BMW und insbesondere von Colin Turkington, der mittlerweile mit dem 1er verwachsen zu sein scheint. Die im letzten Jahr an gleicher Stelle dominierenden MG waren solide unterwegs, konnten aber zu keinem Zeitpunkt den BMW gefährlich werden. Gleiches gilt für die Honda, deren einzige Speerspitze an diesem Wochenende Gordon Shedden war. Zwar war Teamkollege Matt Neal von vornherein mit seinem schlechten Startplatz gestraft, aber generell scheint es ohnehin so zu sein, dass der Schotte mittlerweile deutlich besser mit dem neuen Civic-Tourer zurechtkommt.

Markengefährte Andrew Jordan rieb sich ebenso wie Neal im Mittelfeld auf und wirkte abgesehen von seinen Überholmanövern blass wie selten. Richtig nach vorne ging es aus eigener Kraft so gut wie gar nicht. Ob den Honda (und auch den MG) auf dem Oulton-Park-Layout tatsächlich grundsätzlich der Speed gegenüber den BMW gefehlt hat, ist schwer zu beantworten. Sicherlich kam die Strecke dem 1er mit seinem Heckantrieb entgegen. Bedenken sollte man aber auch, dass fast der gesamte Samstag verregnet war und zum ersten Mal auf dem längeren Kurs gefahren wurde. Die Abstimmungsarbeit für den überwiegend trockenen und warmen Rennsonntag war somit gezwungenermaßen ein Stochern im Trüben. Gut möglich, dass die West-Surrey-Truppe diese Anpassung auf ein Trockensetup einfach am besten hinbekommen hat.

Die Eroberung der Meisterschaftsführung (hier klicken für den Gesamtstand) bringt Turkington jedenfalls in eine eindeutige Favoritenrolle. Neun Punkte Vorsprung auf Shedden und 27 auf Jordan könnten einen echten Turning Point für den Mann aus Nordirland bedeuten. Das nächste Rennen findet übrigens in Croft statt. Croft? Was war da noch mal? Genau, in Croft ging im letzten Jahr der Stern der BMW auf, als Turkington das Wochenende mehr oder weniger komplett dominierte und die ersten zwei Siege für den neuen NGTC-1er einfuhr. Es sieht derzeit also alles komfortabel entspannt für Turkington aus und wir dürfen gespannt sein.

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BTCC: Analyse Croft 2014 | Racingblog 9 Juli, 2014 - 16:00

[…] nicht überraschend. Colin Turkington hatte in ähnlicher Manier bereits das Rennwochenende in Oulton Park bestritten und kehrte nun an den Ort zurück, an dem er im Vorjahr schon eine vergleichbar […]

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