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Shell Formel Eins: Viel gelernt

von DonDahlmann
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Zugegeben, ich dachte auch zunächst, dass ich über Benzin nicht mehr viel lernen kann. Doch das war ein Trugschluss.

Ein Jahr lang hatte ich zusammen mit anderen Bloggern und Journalisten aus aller Welt die Gelegenheit, einen Bliick hinter die Kulissen zu werfen. Es ging Shell, wie sollte es anders sein, um Benzin, genauer gesagt um deren „VPower“, der auch in der Formel Eins eingesetzt wird. Man macht sich ja grundsätzlich, vor allem seit dem die FIA die Sprit-Panscherei verboten hat, wenig Gedanken um diesen Bereich. Tatsächlich schreibt die FIA vor, dass 99% der Komponenten, die auch im normalen Benzin zu finden sind, auch in der F1 verwendet werden müssen. Mit dem Rest von 1% kann man dann spielen. Man fragt sich unwillkürlich: Lohnt sich das? An 1% rum fummeln? Kann man damit was erreichen? Hätte man mich vor einem Jahr gefragt, hätte ich klar gesagt, dass sich das nicht lohnt. Mittlerweile denke ich da ganz anders drüber. Und wenn man den Aufwand betrachtet mit dem nicht nur Shell den F1-Sprit braut, dann kommt man zu einer anderen Antwort.

Ich will nicht noch einmal die verschiedenen Stufen durchgehen, dafür gab es ja einige Artikel, aber eine kleine Auflistung habe ich schon:

1. Das Benzin wird aus unterschiedlichen Komponenten gemischt. Das passiert, teilweise, in einer Raffinerie in der Nähe von Manchester. In dem Labor arbeiten etliche Menschen mit Doktortitel daran, neue Mischungsverhältnisse auszutüfteln. Und den ganzen Tag, 5 Tage die Woche.

2. Die vorgeschlagenen Mischungen werden in kleinen Margen hergestellt und zu Ferrari geschickt. Deren Hauptaugenmerk liegt eigentlich auf zwei Dingen: Weniger Verbrauch, mehr Leistung. Ferrari testet die Mischungen ausgiebig auf den eigenen Motorprüfständen. Erst wenn hier das gewünschte Ergebnis da ist, wird entscheiden, was mit der Mischung weiter gemacht.

3. Shell stellt nicht nur eine Mischung her. Es gibt unterschiedliche Mischungen für verschiedene Rennstrecken. Die Variablen dafür sind relativ weit gehend. Das reicht von der Außentemperatur, über die Streckengegenheiten und andere Dinge. Also jede Menge Variablen. Die Mischungen werden grundsätzlich meist vor der Sason hergestellt und im Laufe des Jahres nur wenig angepasst.

4. Die meisten Tests werden auf dem Prüfstand gemacht, nicht bei den Testfahrten.

5. Hergestellt werden die Spritsorten in kleinen Mengen und zu Ferrari geliefert.

6. Doch die Arbeit ist damit nicht zu Ende. Shell hat bei jedem Rennen ein Laboor an der Strecke. Das ist bei den Europa-Rennen fest eingebaut in einem der beiden Trucks, die direkt hinter der Box stehen und in dem die gesamte Technik verwaltet wird. Übersee hat man einen kleinen Container, der ebenfalls mit dem gesamten Krempel der Formel Eins durch die Welt geschippert wird.

7. Das Labor hat verschiedene Aufgaben, hauptsächlich geht es um das Benzin und das Öl. Die FIA hat Proben des Benzins in eigenen Laboren und überprüft an der Rennstrecke regelmäßig, ob es da keine Abweichungen gibt. Shell selber prüft ebenfalls, damit es keine Probleme gibt oder man bei Problemen das Ergebnis der FIA selber überprüfen/anzweifeln kann. Es werden vor und nach jedem Einsatz des Wagens Proben genommen, also an allen Tagen.

8. Mit dem Motoröl ist es etwas komplizierter. Die FIA lässt den Herstellern hier freie Hand, man kann mehr oder weniger machen, was man will. Die Sache ist also, auch in Sachen Entwicklung, viel komplizierter, zumal das Öl ja im Motor auch einen großen Effekt auf die Kühlung hat. Shell nimmt vor und nach jedem Einsatz Proben und schaut genau, wie die einzelnen Komponenten sich aufschlüsseln. Findet man zu viele Anteile bestimmter Metalle, kann das auf Probleme mit dem Motor hindeuten, also würden die Experten Ferrari raten, den Motor zu wechseln.

9. Es gibt mehrere Mitarbeiter von Shell, die direkt mit Ferrari vor Ort zusammenarbeiten. Das betrifft die Motoren, die chemische, wie auch die Management-Ebene. Die Verzahnung beider Konzerne geht sehr weit.

10. Die Zusammenarbeit umfasst auch die Entwicklung des neuen Motors, der ab 2013 eingesetzt werden soll. Der läuft schon auf dem Prüfstand, Shell war aber beim Bau involviert. Man verspricht sich davon, dass man eine höhere Effizienz des Motors erlangen kann.

Der Aufwand, den beide Firmen betreiben, ist schon enorm. Und es sind nicht die einzigen Teams, die das so machen. Renault hat mit Elf einen Technologiepartner, Mercedes mit Petronas, McLaren immerhin in Sachen Öl mit „Mobil 1“.

Natürlich sagt niemand, wie viel Zehntel die Zusammenarbeit tatsächlich bringt. Bei einem Test im Sommer schüttete man normales VPower in einen 2009er Ferrari und verglich die Rundenzeiten. Die lag, laut Ferrari und Shell, nur knapp 1 Sekunde hinter der, die mit dem F1-Sprit gefahren wurde. Mag sein, auf jeden Fall kann man schon erkennen, dass die Forschung etwas bringt. In einer Qualifikation, in der es manchmal um den Bruchteil einer Zehntel- oder Hunderstelsekunde geht, in der es dann oft auch entscheidend sein kann, wie man ins Rennen kommt, wie viel Punkte man holt usw., kann jedes kleine Ding entscheidend sein. Die Kosten dafür dürften im zweistelligen Bereich pro Jahr liegen, aber wenn man am Ende den WM-Titel in der Hand hat, denkt man über die Kosten nicht mehr nach.

Shell hat aber nicht nur den Marketing-Effekt als Belohnung. Gleichzeitig nutzt man die Forschungsergebnisse von Ferrari wiederum, um die eigene Produkte zu verbessern. Wie groß das Wissen ist, wie viel man davon in den normalen Strassenverkehr transportieren kann, ist nicht so ganz klar. Sicher ist, dass die Punkte „Leistungsverbesserung“ und „Verbrauch“ ziemlich weit oben auf der Agenda von Shell stehen. In wie weit die sehr spezialisierten F1-Motoren eine Übertragung zulassen, ist eine andere Frage, die ich nicht beurteilen kann.

Erstaunlich ist schon, wie viel Geld Shell und Ferrari in die gesamte Sache stecken. Wenn die Teams darüber klagen, dass sie zu viel Geld ausgeben, und wenn man bedenkt, dass das Benzin/Öl nur ein kleiner Teil in der Entwicklung eines Formel Eins ist, kann man sich vorstellen, warum das alles so teuer ist. Ob das immer soviel Sinn macht? Schwer zu sagen, einerseits ist es schon etwas absurd, andererseits auch völlig faszinierend. Die Arbeit, die die vielen Experten und Menschen in die Entwicklung von derartigen „Kleinigkeiten“ stecken, ist schon bemerkenswert.

Ich habe jedenfalls eine Menge gelernt und gehe mit viel mehr Hintergrundwissen in die neue Saison. Davon habe ich hoffentlich auch einiges im vergangenen Jahr an die Leser weiter geben können.

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