Home IRLIndyCar Indycar: Wie man ein gutes Rennen kaputt macht…

Indycar: Wie man ein gutes Rennen kaputt macht…

von Chaos
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Die Indycars lieferten in Loudon wohl das kontroverseste, konfuseste und kurioseste Finish der ganzen Saison ab, und das leider nicht im positiven Sinne. Die Rennleitung traf eine krasse Fehlentscheidung, Will Power holte den doppelten Stinkefinger raus und Ryan-Hunter-Reay gewann nach langer Zeit mal wieder ein Ovalrennen.

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Die Indycars kommen nach über einem Jahrzehnt Abwesenheit wieder nach New Hampshire. Vor circa 30.000 Fans im ansonsten wenig erschlossenem Markt möchte man sich natürlich ansprechend präsentieren. Man hat das Glück, dass die NASCAR nicht fahren kann, weil es regnet und man wird auch noch bei ABC übertragen, was gute Tv-Quoten bescheren dürfte. Allerdings besteht auch in New Hampshire die Gefahr, dass es regnet, was tun die Indycars? Machen bis 30 Runden vor Rennende alles richtig, nur um dann alles mit dem Presslufthammer wieder einzuzreißen, aber der Reihe nach.

Die Indycaroffiziellen trafen früh am Renntag die weise Entscheidung, das Rennen eine halbe Stunde nach vorne zu verlegen, da es pünktlich zum ursprünglichen Rennstart hätte anfangen sollen zu regnen.  Das Feld kam ganze 2 Kurven weit, als Andretti und Conway leicht kollidierten, Conway sich daraufhin drehte und den armen Rahal mit ins Verderben riss. Für beide war das Rennen vorbei. Nach überraschend schnellen Aufräumarbeiten, man beeilte sich wohl wegen dem drohenden Regens, kam man wieder ganze 2 Kurven weit ehe Helio Castroneves seinen Wagen ebenfalls ausgangs Turn 2 verlor und leicht in die Mauer einschlug, er konnte zwar nach einer Reperaturpause noch mitfahren, das Rennen war natürlich gelaufen.

Danach zog Dario Franchitti mit einer sehr beeindruckenden Performance vorne weg, er deklassierte die Konkurrenz gerade zu, bald hatte er die Hälfte des Feldes überrundet. Nach den ersten green-Flag-Pitstops begann es zu tröpfeln und das SC kam zunächst raus. Das war um Runde 70, kurzzeitig traute ich der Indycar zu sich bis zur  113er-Marke unter gelb zu schleppen um das Rennen werten zu können, doch man besann sich eines Besseren und gab nochmal grün.

Bei dem Restart kamen Tony Kanaan, Thomas Scheckter und Andretti auf die dämliche Idee 3-wide durch die Kurven vom New Hampshire Motorspeedway zu fahren. Es kam, was kommen musste: Andretti berührt Scheckter, der schießt quer von oben runter und trifft Kanaan. Für Scheckter verlief das alles ziemlich glimpflich, aber Kanaan hatte das Pech, dass die Streckensicherung in New Hampshire bestenfalls mangelhaft war. Sein Auto schlug mit mittelhoher Geschwindigkeit in die Reifenstapel an der Innenseite der Rennstrecke ein. Grundsätzlich ist es ja eine vernünftige Idee dort Reifenstapel zu postieren, da dort keine Safer Barrier vorhanden ist und die Reifen einiges an Aufprallenergie abfangen. Diese waren jedoch so amateurhaft gebunden und aufgestellt,, dass einzelne Reifenbündel mit 3-6 Reifen einfach beim Aufprall wegflogen und das Auto so ungünstig aufstieg, dass es sich überschlug.  Wie man Reifenstapel richtig baut, kann man sich an vielen Rennstrecken in Europa abschauen. Tony Kanaan passierte zum Glück nichts, er zeigte sich aber im Anschluss verständlicherweise bei Twitter nicht begeistert über die Reifenstapel und schon gar nicht über seine Mitfahrer.

Beim darauffolgenden Restart, sollte dann auch Franchittis Rennen zuende sein. Er und Sato kamen sich in Reihe 1 (!) beim Restart auf der Start/Zielgerade (!!) zu nahe und kolllidierten (!!!). Während Sato sein Auto auf der Strecke hielt, ging es für Franchitti ab in die Mauer, das Resultat war das Ende des Rennens für den Meisterschaftsführenden. Der wies in einem Interview danach alle Schuld von sich, aber so leicht ist das nicht, denn da gehören schon 2 Fahrer dazu. Sato war beim Restart etwas zu weit oben und Franchitti zieht runter, trifft Sato und sein Rennen war damit vorbei. Für Will Power, der solide in den Top 10 lag, sah alles gut aus, er würde einige Punkte auf Franchitti gut machen können.

Das Rennen lief nun erstmal eine ganze Weile unter grün und es war kein schlechtes Rennen, es gab viele Zweikämpfe und um die Spitze rum war  es auch spannend. Dann fing es wieder an zu regnen, was zu einer erneuten Safetycarphase führte. Es schüttete zwar nicht in Strömen wie bei der NASCAR, aber es reichte schon, dass die Strecke zum Rennfahren nicht mehr wirklich zu gebrauchen war. Da nur noch in etwa 20 Runden zu fahren waren hatten sich alle, und insbesondere Ryan-Hunter-Reay auf 1 und Servia auf Platz 2 liegend darauf eingestellt, dass es kein grün mehr geben wird und das Rennen einfach unter gelb zu Ende gefahren wird. Alle, bis auf die Racecontrol…

Die entschied nämlich, wohl um den Fans vor Ort das Finish nicht zu versauen 9 Runden vor Ende nochmal das Rennen freizugeben. Und es kam was kommen musste. Patrick verlor das Auto Ausgangs der letzten Kurve vor dem Restart und in der darauffolgenden Kettenreaktion kollidierten mehrere Fahrzeuge unter anderem auch Will Power. Kein Vorwurf an Patrick, hätte sie das Auto nicht verloren, wäre es zu 100% 1 Kurve später jemand Anderem passiert, nein der Vorwurf muss ganz klar an die Racecontrol für ihre völlig unverständliche Entscheidung gehen. Die Fahrer baten alle vor dem Restart darum, eben diesen nicht durchzuführen. Die Racecontrol behauptete später in Form von Brian Barnhard, davon nichts gewusst zu haben, was gelinde gesagt brutaler Schwachsinn ist. Erstens können sie bei den Teams nachfragen wie die Streckenverhältnisse sind, zweitens konnte man auf  den TV-Bildern,speziell On-Boards erahnen, dass die Strecke wohl nicht mehr zum Rennfahren geeignet ist und drittens sind sie vor Ort, also vielleicht einfach mal aus dem Fenster schauen? Allein aus Sicherheitsaspekten war das höchst fahrlässig, die Indycars erreichen immerhin 170 Meilen pro Stunde Höchstgeschwindigkeit in New Hampshire. Ryan Hunter-Reay sagte am Boxenfunk, dass sein Auto beim Restart praktisch keine Leistung auf den Boden brachte. Das Ende von Lied oder vom Restart war einiges an Schrott auf der Start/Zielgeraden und ein abgebrochenes Rennen.

Auch will Power war wie geschrieben in den Unfall verwickelt und jetzt begann die Show. Will Power sah sich natürlich seiner Meisterschaftschancen beraubt, denn Franchitti wird er nicht oft Punkte auf einem Oval abnehmen können und machte sich zunächst mit Helm auf den Weg zu den Offiziellen, wurde aber von mittlerweile Tv-bekanntem Sicherheitschef der Indycars aufgehalten und dann passierte das, im amerikanischen Fernsehen, nachmittags um 5 Uhr:

(Bild von Mattzel, vielen Dank !)

Bei ABC kollabierten in dem Moment vermutlich 5 Programmdirektoren gleichzeitig und die Kommentatoren wussten sich nicht anders zu helfen, als sich zu entschuldigen. Es grummelt ja etwas in der Indycar bezüglich Brian Barnhard und der momentanen Ausrichtung, nicht wenigen wird bei Powers Geste ein Lächeln über den Mund gefahren sein. Klar war die Geste nicht in Ordnung und Power wird Geld zahlen müssen, welches Tony Kanaan allerdings schon freiwillig angeboten hat zu übernehmen. Aber es ist vollkommen verständlich, dass ein Fahrer ausrastet, wenn man auf die Idee kommt ein Rennen bei nasser Strecke auf einem Oval neun Runden vor Schluss nochmal freizugeben, zumal wenn der daraus resultierende Unfall dem Fahrer vermutlich die Meisterschaft kostet und es desweiteren einfach gefährlich war.

ABC, die die beste Übertragung des Jahres, also abgesehen von Versus ablieferten, entschieden sich sogar Journalismus zu betreiben und interviewten zunächst mal einen immer noch um Fassung ringenden Will Power, ein paar Zitate:

To me it was disgraceful. It was a decision which put a lot of guys in danger.

I was begging them, begging them, please do not go green.

I just can’t believe the decision – what are they doing up there? They cannot have this guy [gemeint ist Brian Barnhard] running the show, he makes such bad calls all the time. Shame on him.

Danach schafften sie es sogar Brian Barnhard in die Kabine zu bekommen, und um ein offizielles Statement zu bitten. Immerhin bewies er so viel Selbstachtung den Fehler einzugestehen, dass man das Rennen niemals hätte erneut starten dürfen und spielte auch Will Powers Geste herunter. Nach dem Rennen versuchte man maximale Schadensbegrenzung zu betreiben und wertete das Rennen nicht nachdem Abbruch, sondern die Runde vor dem Restart, was dazu führt, dass Power als 5. gewertet wurde und in der Meisterschaft doch etwas auf Franchitti aufholen konnte, er liegt jetzt noch 47 Punkte hinter ihm. Den kompletten Meiterschaftsstand gibt es hier: http://indycar.com/schedule/standings/ und das Rennergebnis hier: http://indycar.com/schedule/raceresults/.

Gutes Ergebnis für die Andretti-Green Truppe mit Hunter-Reay auf 1, und Patrick auf 6. Hinter Hunter-Reay kam ein sehr starker Servia ins Ziel, gefolgt von Dixon, Hinchcliffe und Sato auf 7. Die Top 10 komplettieren Briscoe, Kimball und Meira. Das nächste Rennen ist am 28. August in Sonoma.

[Mehr Fotos folgen morgen Abend]

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