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Formel Eins: Vorschau GP USA 2012

von DonDahlmann
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Auch wenn Vettel in Abu Dhabi ein paar Punkte eingebüßt hat, kann er in Austin schon Weltmeister werden. Die Strecke sollte dem Red Bull jedenfalls liegen.

Man muss den Amerikanern Lob zollen. Während rund um die Welt neue Strecke erst dann fertig werden, wenn der Formel 1 Tross gerade die ersten Kisten auspackt, ist man in Austin frühzeitig fertig geworden. Jedenfalls was die Strecke betrifft. In Sachen Parkplätze und Transport von selbigen zur Strecke soll es noch gehörige Probleme geben, aber genaueres wird man da erst am Wochenende sehen. Immerhin vermeldet der Veranstalter, dass die Bude so gut wie ausverkauft ist. Die neue Strecke, mal wieder eine Tielke Konstruktion, sieht jedenfalls recht nett aus. Vor allem die nach dem Start steil ansteigende Gerade mit einem fiesen, abfallenden Linksknick sieht schon sehr spektakulär aus. Der Rest der Strecke ist ein Sammelsurium verschiedener anderer Strecken, wie das nachfolgende Video zeigt.

(Kurze Warnung an User mit mobilen Endgeräten: Im Text sind zwei große gif Files (5MB) eingebaut)

Jerome d’Ambrosio erklärt da eigentlich schon alles wissenswerte. Und die Strecke sieht aus, als wäre sie für den Red Bull wie gemacht. Der erste Teil erinnert sehr an die „Esses“ aus Suzuka und die Maggots-Kombi aus Silverstone. Danach folgt eine Kombination, die den meisten Wagen liegen sollte, inkl. der langen Gerade. Hier befindet sich auch die einzige DRS-Zone. Die FIA hat in ihrer unendlichen Weisheit beschlossen, den Aktivierungspunkt erst nach 650 Metern auf der Geraden zu legen. Das hat man letztes Jahr auch in Indien gemacht und es ist in die Hose gegangen. Entweder überholte man 2011 in Indien schon vor dem Aktivierungspunkt oder gar nicht mehr, weil der Wagen vor einem schon schnell genug war und die 10 km/h mehr da auch nichts mehr ausmachten.

Interessant ist dann doch der „Turn 8“ Klon aus der Türkei (hier Turn 16, 17, 18). Überholen kann man hier nicht, aber spektakulär wird es auf jeden Fall sein. Überhaupt ist Austin in Sachen Überholstellen auf dem Papier eher eine schwache Stelle. Nach den Esses bis zur Haarnadel wird man wegen der „dirty air“ kaum rankommen, die lange Gerade bietet eine Chance, aber vermutlich keine ausreichende. Das Infield ist zu eng, da wird es sehr schwer. Ich erwarte da eher wenig Manöver.

In Sachen Abstimmung wird man auf ein „Medium/High“ Downforce Set setzen. Man verliert zwar auf der langen Geraden mit hochgestellten Flügeln etwas Zeit, aber mehr verliert man, wenn man in den Essen und in 16, 17, 18 nicht genug Anpressdruck hat. In Suzuka fährt man eine ähnliche Abstimmung, daher sollte sich das ausgehen.

Aber das sind alles Passagen, die eher dem Red Bull liegen sollten. In Suzuka war man quasi unschlagbar, in Indien ebenfalls. Immerhin ist man mittlerweile dem Abtriebgeheimnis der RB8 auf die Spur gekommen. Bilder aus Abu Dhabi zeigten, was Adrian Newey sich da mal wieder hat einfallen lassen.


(via Axis of Oversteer)

Wenn man genau hinschaut sieht man, dass sich der Flügel nicht wirklich bewegt. Was sich bewegt ist die gesamte, gelb eingefärbte Nase. Die FIA hat in diesem Jahr die Belastungstests für die Frontflügel verändert und die Last auf den Spitzen so erhöht, dass man keine flexiblen Werkstoffe mehr einsetzen konnte. Red Bull umgeht den Test einfach mit einer flexiblen Nase. Je höher der Anpressdruck auf den Flügeln, desto mehr senkt sich die gesamte Nase und verschafft damit noch mehr aerodynamische Effizienz. Der Trick ist legal, weil nirgendwo steht, dass sich die Nase nicht bewegen darf. Vermutlich wird die FIA die Regellücke über den Winter schließen, doch bis dahin hat Red Bull den Vorteil. Und man darf ruhig die Frage stellen, ob Red Bull den Werkstoff noch an anderen Stellen einsetzt, zum Beispiel im hinteren Teil der Unterbodens, des Diffusors usw. Die „Gummi-Nase“ allein wird zwar den Vorteil des RB8 alleine nicht ausmachen, aber ein ganz unschuldig wird sie nicht sein. Was auch wieder zeigt: Die Formel Eins besteht nicht nur aus Aerodynamik, sondern auch zu einem Teil aus der sehr kostenintensiven Materialforschung. Kein Wunder, dass sich Red Bull in Sachen Kostenreduzierung etwas unbeteiligt zeigt.

Natürlich ist ein Rennen auf einer neuen Strecke immer etwas schwierig vorher zu sagen, aber die Vorteile sollten schon deutlich bei Red Bull liegen. Ferrari steckt immer noch in einen Entwicklungsproblem. Laut eigener Aussagen haben die Updates (neuer Front- und Heckflügel) seit Indien nicht die erwünschten Ergebnisse erbracht. Die echten Daten liefern nicht das, was das CFD versprochen hat, was ein ziemlicher Rückschlag ist. Das gilt im übrigen nicht nur für das diesjährige Auto, denn in Maranello steckt man zum Teil schon tief in der Entwicklung für 2013. Wenn die Daten aus Windkanal und CFD nicht zusammenpassen, was gilt dann erst für das 2013er Chassis? Positiv für Ferrari, die ja immerhin vorne mitfahren ist da nur, dass sich die Regeln 2013 nicht groß verändern. Aber für Alonso wird das ein sehr schwerer Grand Prix in Austin, ein Sieg scheint außer Reichweite.

McLaren muss man zwar immer auf der Rechnung haben und Lewis Hamilton hätte ohne die technischen Gebrechen seines Wagens in Abu Dhabi vermutlich gewonnen. Dennoch bleiben Fragezeichen. Der Quali-Speed des McLaren scheint wieder da zu, im Rennen ist die Streuung jedoch noch groß. In Indien ging man, trotz guter Startpositionen, im Rennen eher unter, Button hatte in Abu Dhabi so seine Schwierigkeiten. Der Wagen gibt weiter Rätsel auf und ist, laut Jenson Button, der schlechteste McLaren, den er jemals gefahren ist. Die Siegchancen würde ich mal äußerst zurückhaltend beurteilen.

Auf Lotus darf man nach dem ersten Sieg ein Auge haben. Ich bin nicht überzeugt, dass dem E20 die Strecke in den USA liegt, aber Lotus sieht das selber etwas anders. Man kommt mit einem nochmals verbesserten Auspuffsystem, dass den Abtrieb hinten deutlich erhöhen soll. Und in Austin wird genau das benötigen. Für ein Podium ist man gut, ein weitere Sieg wird allerdings eher schwer.

Mercedes hat die Saison offenbar abgehakt. Neue Teile sieht man offiziell nicht, vermutlich testet man aber schon für 2013. Das Doppel-DRS hat man, laut Ross Brawn, als zu ineffizient, wieder ad acta gelegt. Vermutlich aber auch, weil es zu kompliziert war. Das deutlich einfachere DDRS von Red Bull scheint ja recht gut zu gehen, vielleicht muss man bei Mercedes da umdenken. Mittlerweile ist auch klar, dass man 2013 wohl kaum mit einem modifizierten Chassis an den Start gehen wird. Das diesjährige baut auf einer Art passiv/aktiven Aufhängung auf, ähnlich der komplexen Rotationsdämpfer (runterscrollen), die Ferrari um 2004 mal eingesetzt hat und die in diesem Jahr im LMP1 von Peugeot verbaut werden sollten. Das Problem des Rotationsdämpers ist, dass er nur eine Achse bedient, bei Mercedes wollte man wohl alle beiden Achsen zusammenfassen um eine Art Massedämpfer zu simulieren, der einerseits das Rollen des Wagens in den Kurven stabilisiert, anderseits die Neigung des Wagens beim Anbremsen reduziert. Theoretisch kann so die ganze Zeit die Anströmung perfekt gewährleisten. Praktisch ist es wohl so, dass es schlicht nicht funktioniert und die Abstimmung die Ausmaße eines Labyrinths hat. Entsprechend der letzten Rennen wird man von Mercedes wohl nicht allzu viel sehen.

Was Sauber und Force India angeht, ist die Prognose sehr schwer. Die Sauber laborieren immer noch an ihrer merkwürdigen Quali-Schwäche herum. Mal geht es auf Strecken mit langsamen Kurven gut, mal nicht. Mal funktioniert der Wagen auf schnellen Strecken sehr gut, mal nicht. Ein Lichtblick sollte die Performance aus Suzuka sein, denn Austin ist nicht sehr unähnlich. Immerhin erreichte Kobayashi in Japan Platz 3.

Auch Force India wird in Austin im hinteren Bereich der Top 10 zu finden, aber die Abstände sind da so eng, dass sich kaum eine Prognose machen lässt. Nico Hülkenberg hat im Moment einen Lauf, während Paul di Resta ungewohnt schwach erscheint. Der Schotte braucht dringend mal wieder ein gutes Ergebnis.

Williams hat in den letzten Rennen überzeugt, vor allem mit der Rennpace. Würde Bruno Senna doch einmal ein gutes Quali-Ergebnis gelingen, er wäre ein Kandidat für P7 oder besser. Ich bin mittlerweile sehr angetan vom Brasilianer, zumindest im Rennen. Er macht keine Fehler, er ist schnell, er kann überholen und sich verteidigen. Vielleicht braucht er einfach noch ein weiteres Jahr bei Williams, aber ich bin mir nicht sicher, ob man ihn nicht durch Bottas ersetzen wird.

Interessant ist es auf den letzten drei Plätzen. Bei HRT gehen wohl die Lichter aus. Der Eigentümer, eine Investmentgesellschaft, will den Rennstall verkaufen. Normalerweise laufen solche Deals im Hintergrund ab, meist ist Bernie Ecclestone involviert. Die PR-Meldung von HRT, dass man das Team zu verkaufen denkt, spricht nicht gerade dafür, dass man schon einen ernsthaften Käufer gefunden hat. Wäre das der Fall, hätte man einfach den Deal bekannt gegeben. Ich sehe auch nicht, dass sich jemand für HRT findet. Das Problem ist nicht das Team und dessen Erfolglosigkeit. Vijay Mallya hat gezeigt, dass man aus einem Team für die letzten Plätze ein echtes Mittelklasse Team bauen kann. Aber bei HRT stimmt die Infrastruktur nicht. Das Team sitzt in Madrid, sozusagen im Nirvana der Motorsports. Zwar zeigen Sauber und Ferrari, dass man nicht zwingend in England sitzen muss, das geht aber nur, wenn man genug Geld hat, eine komplett eigene Infrastruktur aufzubauen. Dazu kommt, dass es schwer ist, englische Ingenieure (und die machen ein Großteil der F1 aus) davon zu überzeugen nach Spanien zu ziehen. HRT ist auch noch nicht für die Saison 2013 gemeldet, es würde mich nicht wundern, wenn sich das Drama bis zum Februar hinziehen würde. Die Chance, dass es nächstes Jahr nur 11 Teams geben wird, ist jedenfalls sehr hoch.

Strategie

Pirelli fährt die ganz sichere Nummer und schleppt die Varianten Medium/Hart nach Austin. Damit dürfte es eigentlich auf eine Ein-Stopp-Strategie rauslaufen. Der Zeitunterschied zwischen beiden Mischungen ist relativ gering (ca. 0,6 Sek) im Rennen sollte sich das weiter ausgleichen. Eine Unbekannte ist allerdings der Asphalt, von dem man nicht viel weiß. Die Reifen werden in den Esses und der sehr schnellen dreifach Rechts sehr beansprucht und werden hohe Temperaturen aushalten müssen. Das kann zu Graining und Blasen führen, vor allem, wenn der Wagen am Anfang voll getankt ist. Die Saison hat gezeigt, dass die Medium-Mischung sich im Laufe eines Rennens wieder fangen kann, dafür muss man aber sehr vorsichtig unterwegs sein.

Die Stoppzeiten dürften mit rund 21 Sekunden recht kurz sein, eventuell könnten sich ein zweiter Stopp lohnen, wenn man mit Graining zu tun hat. Sollte das nicht der Fall sein, wird man vorne versuchen rund 40% der Distanz auf den Medium zu fahren. Die harte Mischung hält den Rest auf jeden Fall durch. Wie immer wird vermutlich ein Sauber/Williams/Force India genau das Gegenteil machen und auf „Hart“ starten. Das könnte für eine sehr interessante Schlussphase sorgen. Regen ist nicht vorhergesagt, die Temperaturen sollen bei rund 22 Grad liegen.

Die Übertragungszeiten sind Prime Time, es gibt eine leichte Kollision mit dem Saisonfinale der NASCAR. Die F1 startet um 20.00 Uhr, die NASCAR so gegen 21.15 Uhr.

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