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Formel Eins: Wie wirkt sich die Finanzkrise aus?

von DonDahlmann
11 Kommentare

Weltweit taumeln die Aktienkurse wie ein Besoffener durch die Gegend, Banken werden ganz oder halbverstaatlicht, Kreditpools brechen zusammen und die Zentralbanken haben nur noch wenig Luft für Zinssenkungen. Die Formel Eins betrifft die Finanzkrise nicht direkt, zumindest nicht bei den meisten Teams, aber indirekt wird sich die Krise mit Verzögerung auch hier niederschlagen. Das gilt natürlich für alle Rennserien weltweit, aber weil die Ausgaben in der Formel Eins so hoch sind, ist die Serie auch sehr starkt betroffen. Die Frage ist eigentlich nur, wen es als ersten erwischt.

Die Antwort darauf ist nicht leicht, aber ein Team könnte leider schnell in Probleme geraten: Williams. Das Team hat für dieses Jahr schon einen Verlust von rund 88 Millionen Dollar ausgewiesen, nachdem man 2005 noch rund 60 Millionen Gewinn verkünden konnte. Schuld an den Verlusten ist die Ausweitung der Entwicklung des Wagens, die nun über das ganze Jahr läuft. Der Verlust von BMW, die Williams offenbar finanziell sehr stark unterstützt haben, hat sicher auch etwas damit zu tun. Problematisch für Williams: einer der Hauptsponsoren, die Royal Bank of Scotland, steckt ebenfalls in massiven Problemen und hat allein in den letzten Tagen ihren Aktienwert halbiert, seit einem Jahr ist der Kurs von 558 auf 90 Pfund gefallen. Heute morgen ist Bank zum Teil verstaatlich worden. Angesichts der horrenden Verluste ist es zumindest fraglich, ob die RBS 2009 den Umfang ihrer Sponsortätigkeiten in dem Maß aufrecht erhalten kann. Philips hat zwar vor ein paar Tagen einer Erweiterung der Sponsorentätigkeit zugestimmt, aber das wird nicht alles auffangen, was RBS sponsert. Williams hat mit der Allianz und AT&T aber immerhin noch zwei Geldgeber an Bord, die von der Krise nur wenig betroffen sein sollten.

Bei anderen Teams sieht es auf den ersten Blick besser aus. Aber nur auf den ersten Blick. McLaren hat mit „Santander“ zwar auch eine Bank an Bord, deren Verluste halten sich aber (zumindest an der NYSE) einigermaßen in Grenzen. Santander hatte sich, im Gegensatz zu anderen Banken, aus dem risikoreichen Kreditgeschäft weites gehend raus gehalten und steht damit relativ sicher da. Mit Vodafon hat man da aber auch eine Firma als Sponsor, wenig Probleme haben sollte.

Schwieriger ist da schon die Situation beim Hauptsponsor von Renault, dem Finanzmischkonzern ING. Auch die haben im Laufe (zumindest in den USA) des Jahres massiv Federn lassen müssen, sind aber immerhin mit ihren Produkten relativ breit aufgestellt. Sollten aber weiter Kredite ausfallen, könnte sich das auch ändern. Für das schmale Budget bei Renault verspricht das nichts Gutes.

Bei allen anderen Teams sieht es in Sachen Sponsoring im Moment entspannt aus. Honda, Toyota, Red Bull und STR tragen ihr Budget sowieso mehr oder weniger selbst, selbiges gilt mit Einschränkungen für Force India. Ferrari hat Marlboro als Sponsor und bezahlt den F1 Spaß ebenfalls aus den eigenen Einnahmen. Fiat steckt, so die Aussage, keinen Cent rein.

Bis auf bei Williams, und damit dem letzten echten Privatteam, hinter dem kein Besitzer steht, der eine milliardenschwere Firma hat, ist vordergründig also alles in Ordnung. Doch das Problem ist damit nicht beendet. Im Gegenteil, denn ausgerechnet die Hersteller könnten in den nächsten Monaten unter Druck stehen. Und zwar ohne Ausnahme. Und dafür muss ich ausholen, um die Lage etwas klarer zu machen.

Hart könnte es BMW und Mercedes treffen. Beide leben vom Export und um den Umfang der Abhängigkeit der deutschen Automobilindustrie vom US-Markt klar zu machen, hier ein Zitat aus einer Presseerklärung, die der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA), die im letzten Januar veröffentlicht hat hat. Da heißt es vollmundig:

Jeder achte durch den automobilen Export erwirtschaftete Euro entfällt damit auf das Geschäft mit den USA. Der automobile Handelsbilanzüberschuss mit Nordamerika liegt bei 18 Mrd. Euro und beträgt damit 17 Prozent des gesamten deutschen Auto-Außenhandelsüberschusses. Knapp ein Drittel der deutschen Gesamtausfuhr in die USA (74 Mrd. Euro in 2007) waren im Jahr 2007 Automobile und Zulieferprodukte. Wissmann: „Damit hat das Automobil seine Qualität als Devisenbringer Nr. 1 in der deutschen Industrie erneut bewiesen. Jeder 12. Arbeitsplatz unserer Branche in Deutschland hängt inzwischen am US-Markt. Das sind rund 60.000 Mitarbeiter. Wir sind also gut beraten, wenn wir in einem transatlantischen Kooperationsfeld Wirtschafts- und Technologiepolitik gemeinsam betreiben.“

Und um mal zu zeigen, wie sich der US-Automarkt gerade entwickelt, hier die Zahlen der Verkäufe aus dem September, also aus der Zeit, als die Finanzkrise noch gar nicht derartig akut war und beim Endkonsumenten noch nicht angekommen ist. BMW hat zwar weltweit ein plus 1.8% Prozent erwirtschaften können, gleichzeitig brachen die Umsätze in den USA um satte 15% ein. Das dürfte bei den anderen Herstellern nicht anders aussehen, auch wenn ich hier keine Daten gefunden habe. Nun ist ein (möglicher) Zusammenbruch des US-Marktes für die deutschen Hersteller schmerzhaft, aber kein Beinbruch, da man mittlerweile auch massiv in Asien, insbesondere China verkauft. Aber der Absatz bricht ja nicht nur in den USA ein, sondern auch in Europa. Laut den Zahlen des VDA gingen die Neuzulassungen im Inland der deutschen Marken im September um ca. 1% zurück. Auch hier wird man abwarten müssen, wie sich die Zahlen entwickeln werden, wenn die Krise beim Verbraucher angekommen ist. Aber gut es sieht es nicht aus. Opel, BMW und Daimler fahren die Produktion neuer Wagen massiv runter, Volvo entlässt gleichmal 3000 Leute. Im Handelsblatt hieß es noch Anfang September (wieder vor dem völligen Ausbruch der Krise):

Doch nach der CAR-Prognose werden die Verkäufe in den bislang verkaufsstarken Ländern so schlecht wie zuletzt vor 15 Jahren ausfallen. Der Rückgang wird auf 6,4 Prozent im Vergleich zu 2007 geschätzt oder „bildlich gesprochen, ein Markt in der Größe Englands fehlt komplett“ prognostiziert Düdenhöffer.

Wie gesagt: das war eine Prognose, die vor der Kredit- und Finanzkrise getroffen wurde. Autos werden, in Europa wie in den USA, seit Jahren auf Pump verkauft. Jetzt wird die Kreditmenge eng, die Banken vergeben weniger Kredite (von denen sie leben), weil sie selber kein Geld mehr haben. Brechen die Verkäufe ein, verdienen die Hersteller nichts mehr, wobei man bei Konzernen wie Daimler noch im Blick haben sollte, dass die ja nicht in im Auto-Sektor unterwegs sind.

Die Frage ist schlicht und ergreifend: wann müssen die Hersteller Arbeiter entlassen, und wenn man Angestellte entlassen muss, wie will man dann ein (mind.) 100 Millionen Investment in der Formel Eins rechtfertigen? In den USA haben Ford und General Motors ihr Motorsportprogramm schon kräftig zusammen gestrichen, und eigentlich (bisher) nur die NASCAR verschont.

Die Formel Eins hat eine zu große globale Reichweite, um nicht in ihr vertreten zu sein. Kein Hersteller wird aussteigen wollen, wenn er es vermeiden kann. Aber die Unsummen, die man seit einiger Zeit in den Sport versenkt, werden sich nicht halten lassen. 400 Millionen für eine Saison? Völliger Irrsinn. Schon 100 Millionen sind der pure Wahnsinn, und die werden ja selbst von Force India ausgegeben.

Wie genau sich die Krise auf die Marke Formel Eins auswirken wird, ist extrem schwer einzuschätzen. Die Pleite der Investment Bank Lehman Brothers, die 16% an der gemeinsamen Firme mit der CVC Holding gehalten haben, der wiederum die Formel Eins gehört, ist noch relativ glimpflich abgegangen, weil die rauchenden Reste der Bank gerade von einem Insolvenzverwalter verscherbelt werden. Da könnte Bernie Ecclestone, bzw. die CVC sogar noch ein Schnäppchen gemacht haben. Aber die CVC Holding ist breit aufgestellt. Auf der Webseite von CVC gibt es eine lange Liste mit den Firmen, die CVC gehören und da heißt es:

Derzeit befinden sich 49 Unternehmen mit rund 376.000 Mitarbeitern weltweit im Besitz von CVC-Fonds. Sie erwirtschaften einen Umsatz von insgesamt 48 Milliarden Euro.

Da würde ich mir also wenig Sorgen machen, zu mal im Hintergrund Bernie Ecclestone weiterhin die Fäden zieht und ehrlicherweise kein einziger Experte durchblick, wie genau das Firmengeflecht der Formel Eins eigentlich aufgestellt ist.

Es wird sich aber etwas ändern in Formel Eins, da bin ich mir ziemlich sicher. Die jetzige Krise wird erst mit Verspätung beim Verbraucher ankommen und wie Konzerne auf verkleinerte Gewinne und Dividenden reagieren, ist ja auch bekannt. Die Unsummen, die im Moment noch ausgegeben werden, kann man nicht aufrecht erhalten und bevor zum Beispiel Renault wegen des F1 Engagement auch nur einen Euro Verlust einfährt, werden sie einfach aufhören. Es würde mich nicht wundern, wenn man in den nächsten Monaten zu hören bekommt, dass noch viel mehr technische Bereiche innerhalb der Formel Eins eingefroren werden. Chassis, Aufhängung, der komplette Motor, vorgeschriebene Verwendung von günstigen Komponenten usw. Leichter wird es für die Teams in der Saison 2009 sicher nicht.

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11 Kommentare

aufmerksamer Leser 8 Oktober, 2008 - 19:46

Die Gefahr für die F1 stufe ich als sehr hoch ein.
Erster Wackelkandidat ist definitiv Williams, wer weiß wie lange deren Liquidität reicht, sollte die RBS den Sponsorenzahlungen nicht mehr nachkommen können. Trifft dieser Fall ein, dass die RBS nicht mehr zahlen kann, wird es schwer für Williams sich auf anderem Wege Kapital zu besorgen um Zahlungsfähig zu bleiben.
Sollte es weiterhin, wie zu befürchten, zu einer Rezession oder gar Depression kommen, kann es auch ganz schnell für die anderen Teams eng werden. Die Autogersteller sind in latenter Gefahr. Red Bull beispielsweise verdient im Moment zwar blendend, aber ich glaube nicht dass das auch in einem schwierigeren wirtschaftlichen Gesamtumfeld so bleiben wird.
Es stehen schwere Zeiten bevor. Selbst wenn nur 1 oder 2 Teams wegfallen bekommt Bernie ein Problem. Meines Wissens garantiert er vertraglich ein Starterfeld von mindesetens 18 Fahrzeugen.

Wolli 8 Oktober, 2008 - 19:59

wie die Amis Autos verkaufen sieht man schön an der DMAX Serie King of Cars.Da wollen Leute einen 30000$ Wagen und brauchen grademal 1000$ anzahlen,der Rest geht über Raten.Hauptsache,ein Auto verkauft^^

NoteMe 8 Oktober, 2008 - 21:00

Zwei Anmerkungen zu Deiner ansonsten sehr ausführlichen Zusammenfassung der Lage:

(1) Du hast die Credit Suisse bei BMW Sauber vergessen.

(2) Die Allianz ist auch gebeutelt, bisher durch die Tochter Dresdner Bank, mittlerweile als Teilhaber der neuen Commerzbank.

Was mich allerdings an den Forderungen nach kleineren Budgets und eingefrorener Entwicklung stört ist, dass man damit auch die Teams bestraft, die vernünftig gewirtschaftet haben (Was Frank Williams da macht, würde ich zB nicht als vernünftig bezeichnen.), sich sichere und stabile Partner aufgebaut und dadurch auch in einer solchen Krise Zugang zu Sponsorengeldern und entsprechend üppigen Budgets haben.

Ich bin für Selbstregulierung. Wer weniger Geld hat und keine Kredite bekommt, muss halt irgendwann die Ausgaben senken. Davon geht doch die Welt nicht unter. Das hindert auch keinen Multinationalen Konzern daran, weiter an der Formel-1-Weltmeisterschaft teilzunehmen. Und wenn einem die Situation nicht zusagt, muss man halt in Zukunft mehr Zeit (und Geld) in die Akquise neuer Sponsoren investieren!

Die Einfrierung der Motoren bestraft die besten Entwickler und schenkt den Versagern so zu sagen das Geld, was sie sonst hätten investieren müssen. Bei anderen Vorschlägen wäre es genauso.

Dieses System hat aber sehr wohl die Kraft, sich selbst zu regulieren. Ganz ohne Fesseln. Ganz ohne Peitschen.

DonDahlmann 8 Oktober, 2008 - 21:30

Zu 1: Ne, dran gedacht, aber ich halte BMW-Sauber für wirtschaftlich gesund. Wenn die Suisse abspringen solle, (was sie wohl nicht macht), wird das BMW nicht umbringen.

Ecclestone verspricht meines Wissens 20 Wagen, weitere Ausfälle kann er sich also nicht erlauben.

Selbstregulierung – da bin ich ja kein großer Freund von. Funktioniert ja nicht so wirklich, wie man gerade auf einem anderen Markt sieht. Wenn man den in den letzten drei Wochen der Selbstregulierung überlassen hätten, würde jetzt kein Geld mehr aus irgendeinen Automaten irgendwo auf der Welt kommen.

Die F1 steht noch auf gesunden Beinen. Die meisten Teams nehmen dank der Sponsoren sogar ein wenig Geld ein, was sich aber schnell ändern kann. 2009 dürfte für fast alle noch einigermaßen gesichert sein, sollte die Krise länger dauern (wovon ich mal ausgehe) sieht die Sache für 2010 aber schon anders aus. Vielleicht muss Ecclestone ja 2010 die GP2 mit der F1 zusammenlegen, damit er genügend Teams hat :)

Eagel-F1 9 Oktober, 2008 - 01:01

Jep, es sind 20 Autos. So stand es erst vor kurzem wieder bei MS-Total.

Insgesamt denke ich auch, dass es eben nicht immer mit selbstregulierung geht. Gestern bei Frau Maischberger haben alle „Experten“ eintönig gesagt, dass es im Moment Eingriffe braucht um das System überhaupt aufrecht zu erhalten.
Abgesehen davon stimme ich aber NoteMe zu. Dann muß halt mehr Zeit in die Auquise neuer Sponsoren gesteckt werden. Wenn es nun zu einer anhaltenden Weltwirtschaftskrise kommt wird es zwar schwieriger dies Budgets zu stemmen, aber sie werden ganz sicher gestemmt. Und sei es, dass noch mehr Abramowitschs und Mallyas dieser Welt in die F1 kommen. Von denen gibt es noch sehr viele. Im übrigen könnte ich mir vorstellen, dass wir in naher Zukunft mindestens 1 Team aus der arabischen Welt bekommen. Könnte mir gut vorstellen, dass ein Unternehmen ,ähnlich dem das Manchester City kaufte, sich auch für die F1 interessieren könnte.

hilti 9 Oktober, 2008 - 03:03

Bei Santander wäre ich mir nicht so sicher. In Spanien platzt auch gerade eine Immobilienblase.

JanW 9 Oktober, 2008 - 09:38
DonDahlmann 9 Oktober, 2008 - 09:33

Na, das ging ja schnell. Man trifft sich schon nach dem Rennen in China in 14 Tagen wegen der Krise

NoteMe 9 Oktober, 2008 - 14:02

Ob die Formel 1 eigentlich noch mal irgendwann mitbekommt, dass sie sich selbst den Teppich unter den Füssen wegzieht, wenn sie jetzt mit irgendwelchen Witzaktionen (grüne Rillen) oder Feigenblättchen (KERS) einen auf grünes Gewissen macht?

Ich 9 Oktober, 2008 - 15:59

Ich denke, neue Technologie wie KERS sollte man schon anders betrachten als wirklich lächerliche Aktionen wie die grünen Rillen. Aber es könnte doch sein, dass man bei der F1 Angst hat, dass der Motorsport in Europa früher oder später ganz verboten werden könnte, wenn man die herrschenden Ansichten zum Thema Klima völlig ignoriert.

xeniC 9 Oktober, 2008 - 19:06

Ich find grüne Rillen cool. ^^

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