Mercedes siegte in São Paulo, aber das Thema des Rennens war abermals das Verhalten von Max Verstappen.
Formel Eins Fahrer sind Egomanen. Das ist keine neue Erkenntnis und die Geschichte der Formel Eins ist voll mit Berichten über Teamkollegen, die einander nicht Butter auf dem Brot gönnen. In der jüngsten Vergangenheit gab es viele Beispiele. Vettel gegen Webber in Singapur und der „Multi 21“ Vorfall. Alonso gegen Hamilton in der Saison 2007, Schumacher gegen Barrichello. Die Zeiten, in denen jemand wie Peter Collins seinem Team- und WM-Konkurrenten Fangio im letzten Rennen sein Auto überließ, damit der Weltmeister werden konnte, sind lange vorbei. „I would not have been proud of beating him through his bad luck“ war der Kommentar des Briten.
Die Position von Max Verstappen bei Red Bull ist ebenso unbestritten wie sein Talent. Der Niederländer gehört zu den schnellsten Piloten im Feld und dass er besser ist, als Sergio Perez beweist er jedes Wochenende. Perez kann aber Zweiter in der WM werden und damit würde Red Bull etwas erreichen, was das Team noch nie geschafft hat. Beide WM-Titel und den Vize-Titel in der Fahrer-WM. Dennoch weigerte sich Verstappen den sechsten Platz an Perez abzugeben. Per Funk teilte er seinem verärgerten Team mit, dass er das vorher beschlossen und angekündigt habe und auch nicht darüber diskutieren würde.
Der Grund für seine Weigerung ist unbekannt, Verstappen gab nur kryptisch an, dass mit einem Vorfall in der Vergangenheit zu tun habe. Offenbar geht es dabei um die Qualifikation in Monaco in diesem Jahr. Perez hatte die beste Zeit und im letzten Run zur Pole versenkte der Mexikaner sein Auto wie weiland Schumacher in der Rascasse. Verstappen scheint sich ziemlich sicher zu sein, dass Perez dies mit Absicht gemacht habe, wofür es keine Hinweise gibt und was ich angesichts des Charakters von Perez auch für nicht sehr wahrscheinlich halte. Es gibt allerdings auch das Gerücht, dass Verstappen sauer war, dass Red Bull ihn als letzten auf die Bahn geschickt hat. Das Risiko, dass irgendein Fahrer einen Unfall in Monaco hat und damit die letzte schnelle Runde unmöglich macht, ist in Monaco bekanntlich besonders groß. Die Aktion gestern war dann die Rache von Verstappen.
Red Bull war zunächst sprachlos, nordete beide Piloten in einem Not-Meeting vor den Interviews ein und beeilte sich auf allen Kanälen mitzuteilen, dass Verstappen seinem Teamkollegen in Abu Dhabi natürlich helfen würde. Perez war weniger diplomatisch und sagte klar, dass ihn das Verhalten von Verstappen enttäuschen würde. Dass er überrascht war, hat er nicht gesagt.
Das hat was mit seinem Charakter zu tun und Racingblog Autor Thomas hat das so zusammengefasst.
„Allerspätestens seit gestern sollte es zu Verstappens Charakter keine Fragen mehr geben. Jeder, der ihn seit seinem ersten F1-Rennen, und auch schon vorher beobachtet hat, muss wissen, wer und was alles hinter ihm steht. Das Konstrukt aus ihm, seinem Vater, Red Bull (und Piquets?) kommt, wie Phil meinte, schon fast einem Sektenkult nahe. Verstappen wurde von klein auf von einem mindestens psychisch gewalttätigen Vater erzogen. Jemanden. der verurteilt wurde, nachdem er jemandem den Schädel gebrochen hatte. Und der gewalttätig gegenüber seinen Partnerinnen war/ist.
Und trotzdem hat Max seinen Vater in seiner Entourage. Und die rassistischen Piquets sind auch suspekt, auch wenn Max da sicher in einer undankbaren Rolle ist. Aber er hat auch nur relativiert nach den Äußerungen und gesagt, dass Nelson Piquet Hausverbot zu geben ja einem Diskurs auch nicht hilft. Worüber will man mit Rassisten reden? Ich verstehe es nicht. Übrigens war er auch einer der Fahrer, die sich damals nicht hinknien wollten. Was passend ist. Hier ist jemand, der Stroll einen Mongo und retard genannt hat und trotzdem immer noch gefeiert wird. Als ob alle blind und taub waren bis gestern.
Max ist natürlich ein Produkt seines Umfelds und seiner Erziehung, aber er ist eingebildet, narzisstisch und lernresistent und wird von seinem Umfeld bis heute darin bestärkt. Man kann nur hoffen, dass er irgendwann mal lernt zu reflektieren und dass es jemanden geben wird, der Max einfangen kann. Ansonsten wird er das gleiche Monster wie sein Vater.“
Verstappen ist eine kontroverse Figur, vor allem wenn es um Zweikämpfe geht. Hamiltons Karriere ist jetzt auch nicht gerade frei von Kontroversen, aber kaum jemand hat weniger Kollisionen in 15 Jahren Formel Eins, als der Brite. Mittlerweile hat der ehemalige Weltmeister aber auch auf Stur geschaltet, sobald es zum Zweikampf mit Verstappen kommt. Das Resultat: Kollision in Silverstone und Monza im letzten Jahr, Kollision im Rennen in Brasilien. Es gibt auch unter F1-Fahrern eine Grenze und Verstappen überschreitet diese Grenze seit Jahren immer wieder.
Das Rennen
Die große Überraschung des Rennens war Mercedes, die sowohl das Sprintrennen als auch das Hauptrennen dominierten. Die wären vermutlich auch in der Qualifikation schneller gewesen, aber hier trickste ausgerechnet das Haas Team alle aus. Bei drohendem Regen setzte Haas Magnussen auf Soft und sendeten beide als Erste auf Strecke. Das sollte sich auszahlen, denn der Regen setzte in der schnellen Runde von Magnussen ein. Der Däne lieferte eine fehlerfreie Runde und sicherte sich und dem Team die erste Pole. Die Freude konnte kaum größer sein und das Team feierte dementsprechend. Teamkollege Schumacher kam dagegen nur auf den letzten Platz und damit dürften die Argumente für einen Verbleib im Team außerordentlich dünn werden.
Dass Magnussen die Pole nicht in einen Sieg umsetzen würde, war klar. Immerhin kam am Ende des Sprints noch P8 in Ziel. Das Sprintrennen war außerordentlich spannend und ausnahmsweise mal keine Prozession. Verstappen, von P2 gestartet, duellierte sich mit George Russell, der sich vom Niederländer nicht einschüchtern ließ und ihn passierte. Verstappen musste dann auch noch Carlos Sainz und Lewis Hamilton passieren lassen.
Der Grund für die ungewöhnliche Schwäche von Red Bull lag im Reifenverschleiß des Autos. Die spezielle Kombination aus dem Asphalt in Sao Paulo und wechselnden Temperaturen lag dem Auto nicht besonders gut und man kämpfte mit Graining. Ein Problem, das vor allem Mercedes nicht betraf. Verstappen machte sich das Leben zu dem noch schwerer, nachdem er, mal wieder, mit Lewis Hamilton kollidierte. Im Senna-S versuchte Verstappen in der ersten Links außen vorbeizugehen, aber der Brite war minimal vorne, als es in die folgende Rechtskurve ging. Aus den oben erwähnten Gründen war Hamilton wenig beeindruckt und behielt seine Linie. Die Kollision zerstörte den Frontflügel von Verstappen, Hamilton konnte weiterfahren.
Die Rennleitung bestrafte Verstappen dann auch noch mit einer 5-Sekunden-Strafe, was allerdings meiner Meinung nach übertrieben war. Das war ein Rennunfall und hätte auch so behandelt werden sollen. Aber es würde mich auch nicht wundern, wenn die Rennleitung es mittlerweile bei Verstappen besonders genau nimmt. Jedenfalls warf das den Weltmeister weit zurück und am Ende kam nur P6 raus.
Ferrari fiel als Gegner zwar nicht komplett aus, hatte aber mal wieder Probleme. Sainz, in Sprint auf P2 gewertet, musste fünf Plätze zurück und startete nur auf P7. Leclerc erreichte zwar P5, kollidierte im Rennen aber früh mit Lando Norris und drehte sich in die Reifenstapel. Erstaunlicherweise konnte er nach einem Wechsel des Frontflügels weiterfahren und lieferte dann ein sensationell gutes Rennen ab, dass ihn noch auf P4 brachte.
Ironischerweise profitierte Leclerc von dem Unfall, weil er dann auf den Medium einen sehr langen Stint fahren konnte. Das, und die überlegene Pace des Ferrari im Mittelfeld, brachten ihn wieder in Punkte. Das Safety Car kam ihm ebenfalls zugute und brachte ihm einen freien Stopp, der ihn ebenfalls nach vorn spülte. Es soll aber seine Leistung im Rennen nicht schmälern. Er lag unverschuldet am Ende der sechsten Runde auf dem letzten Platz und am Ende nur ein paar Sekunden hinter seinem Teamkollegen auf P4.
Hinter den Ferrari und noch vor den Red Bull landete Fernando Alonso nach einer mal wieder hervorragenden Fahrt. Von P17 gestartet, wühlte sich der Spanier durchs Feld, wobei er wie Leclerc vom Safety Car profitierte. Das soll seine Leistung im Rennen aber nicht schmälern. Es gibt wenige Fahrer im Feld, die ein solches Rennen hinbekommen und Alonso ist einer davon. Aston Martin wird sich auf seine Ankunft nach Abu Dhabi freuen. Ocon, der einen Platz vor Alonso gestartet war, kam nur auf P8. Da beide McLaren im Rennen ausfielen (Ricciardo wegen Blödheit, Norris aufgrund eines defekten Motors) hat Alpine nun P4 in der Team-WM praktisch sicher.
Mercedes war aber die gesamte Zeit in Front. Russell führte das Rennen an, Hamilton sortierte sich dahinter ein, bis er zum Zwischenfall mit Verstappen kam. Das warf den Briten auf P8 zurück. Das wäre noch vor ein paar Wochen das Ende seiner Ambitionen für ein Podium gewesen, aber der seit Austin deutlich verbesserte Mercedes erlaubte des Briten seine alte Position zu erreichen. Auch hier half dann der bessere Reifenverschleiß des Mercedes. Hamilton konnte mit den Medium im Mittelstint deutlich bessere Zeiten abliefern und war auch nicht besonders glücklich, als ihn Mercedes zum Stopp beorderte. Aber die Strategie von Mercedes im letzten Stint auf die Soft zu setzen, stellte sich dann als absolut richtig raus.
Mann des Wochenendes war aber George Russell. Der Brite feierte im Mercedes seinen ersten Sieg und der war auch mehr als verdient. Er war über das gesamte Wochenende schneller als Hamilton und er erlaubte sich auch keinen Fehler, was ja in diesem Jahr durchaus mal vorgekommen ist. War das eine Wachablösung bei Mercedes? So weit würde ich nicht gehen, aber es war zumindest ein erster Schritt. Russell wird, wenn ihm Mercedes das nötige Auto liefert, erst noch beweisen müssen, wie konstant er diese Ergebnisse abliefern kann.
Nächste Woche geht es in Abu Dhabi weiter mit dem letzten Rennen der Saison. Und da dürfte der Zoff bei Red Bull vermutlich das Thema des Wochenendes sein.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Aston Martin, McLaren F1, Alfa Romeo, Alpine, HaasF1, Williams F1