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Super GT und DTM in Hockenheim: Ein neuer Anfang für die Kooperation

von geinou
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Vergangenes Wochenende trafen Super GT und DTM erstmals beim Finale in Hockenheim in einem gemeinsamen Rennen aufeinander. Für die beiden Serienchefs aus Japan und Deutschland war das ein neuer Anfang der Kooperation. In die Zukunft möchte man dennoch vorerst mit kleinen Schritten gehen.

Auch wenn das Wetter nicht ganz mitspielte und den japanischen Gästen ein gewaltiges Handicap aufbürdete – das erste gemeinsame Aufeinandertreffen von DTM und Super GT kann als wichtiger und erfolgreicher Schritt bezeichnet werden. Dass der kompetitive Faktor des Hockenheim-Wochenendes nicht im Vordergrund stehen würde, zeichnete sich bereits im Vorfeld ab. Zu unerfahren waren die drei GT500-Teams von Honda, Lexus und Nissan mit dem DTM-Einheitsreifen von Hankook; zu groß war der Nachteil nicht ebenfalls DRS und Push-to-Pass nutzen zu können. Selbstredend war letzteres für die DTM-Mannschaften erlaubt, schließlich fand im badischen Motodrom das Saisonfinale statt – und zumindest die Teamwertung stand noch auf dem Spiel. Beide Gimmicks zu verbieten wäre somit ein gewaltiger Einschnitt ins Reglement gewesen, der schlichtweg nicht möglich war.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zwischen ITR-Vorstand Gerhard Berger und GTA-Chairman Masaaki Bandoh kommentierte der DTM-Boss das erste gemeinsame Rennen als ein Erfolg für die gemeinsame Kooperation: „Seit Jahren, zurückgehend auf Hans-Werner Aufrecht, haben wir hart und gemeinsam daran gearbeitet, zwei Kontinente zusammenzuführen. Was wir dieses Wochenende geschafft haben, mit sechs Herstellern vor den Fans zu erscheinen, ist wirklich großartig.“ Auch Super-GT-Boss Masaaki Bandoh freute sich sichtlich über das Wochenende, bedankte sich bei allen Herstellern, der ITR für die Zusammenarbeit, aber auch den zahlreichen Fans, die nach Hockenheim pilgerten. „Dieses Mal konnten wir mit allen drei Herstellern aus Japan erscheinen. Das ist ein neuer Anfang für unsere Kooperation.“ Bereits vor den ersten Streckenaktivitäten (siehe unser Artikel hierzu) erklärten die fünf Super-GT-Gaststarter – Jenson Button, Nick Cassidy, Ryo Hirakawa, Ronnie Quintarelli und Tsugio Matsuda – die Unterschiede zwischen DTM und GT500, welche Herausforderungen auf sie warten und weshalb insbesondere der Hankook-Reifen eine gewaltige Umstellung bedeutete. Der größte Knackpunkt war allerdings Wetter. Wäre es an allen Tagen trocken geblieben, so wären die japanischen Gäste vermutlich deutlich kompetitiver gewesen. „Leider hat das Wetter an diesem Wochenende nicht mitgespielt“, kommentierte Gerhard Berger das Geschehen. „Mit mal trockenen, mal nassen Bedingungen konnten sich die Japaner nicht auf die Setup-Arbeit konzentrieren, weshalb sie es sich an diesem Wochenende so schwertun.“ Anders als in der DTM herrscht in der Super GT mit gleich vier aktiven Herstellern ein wahrer Reifenkrieg. Pro Rennen stehen mehrere Mischungen zur Verfügung; während der Saison finden häufig Testfahrten statt, um den optimalen Gummi zu finden. „Wenn der Reifen nicht passt, dann wechseln wir ihn einfach“, erklärte Nick Cassidy. Hinzu kommt, dass die GT500-Pneus deutlich mehr Grip besitzen. Rekordchampion Ronnie Quintarelli betonte insbesondere die Vorderreifen, die unglaublich viel Haftung haben. „In Japan pushen wir eigentlich den gesamten Stint über“, erklärte mir Ryo Hirakawa in einem persönlichen Gespräch. „Mit dem DTM-Reifen ist das nicht möglich. Es ist einfach anders. Aber das macht es auch interessant.“

Abgesehen von einem Test im März, um den Hankook-Gummi auf dem Fuji Speedway zu erproben, bekamen die Super-GT-Teams lediglich zwei jeweils einstündige Probefahrten am Donnerstag vor dem Wochenende, um sich auf die Reifen und Streckengegebenheiten einzuschießen. „Sie hatten wenig Zeit, um sich perfekt vorzubereiten. Wäre es trocken geblieben, dann wären sie wohl kompetitiver gewesen. Trotzdem sind wir froh, gegeneinander fahren zu können“, so Berger. Der ehemalige Formel-1-Fahrer verwies dabei vor allem auf den Regenreifen, der wegen seines immensen Härtegrads nur wenig Grip besitzt und auch bereits von einigen DTM-Fahrern kritisiert wurde. Liegt der Unterschied zwischen trockenen und nassen Streckenbedingungen in Japan bei rund 8 Sekunden, ist dieser im Deutschen Tourenwagen Masters fast 20 Sekunden. „Wir bekommen den Regenreifen einfach nicht auf Temperatur“, erklärte Jenson Button nach dem Rennen am Sonntag, das er auf dem 16. Platz beendete. „Ich habe den Reifen angefasst und er ist so kalt wie der Boden.“ Einen Tag zuvor zeigte der amtierende Super-GT-Champion, was möglich war, als er sich mit seinem Honda NSX-GT in einem packenden Rennen auf den neunten Platz vorkämpfte. Grinsend berichtete er: „Das hat unglaublich viel Spaß gemacht.“ Für Gerhard Berger war das Ergebnis, welches gut für zwei Meisterschaftspunkte gewesen wäre, ein positives Zeichen: „Jenson seine Rundenzeiten haben sich Stück für Stück verbessert. Leider hatten die anderen beiden Autos ein paar Probleme. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir am Fuji ein anderes Bild sehen werden, da sie die gesammelten Daten und Erfahrungen mitnehmen werden.“ Im persönlichen Gespräch bekräftige Ronnie Quintarelli die Aussage: „Für Fuji werden wir allein vier Nissan-Autos haben, um unterschiedliche Dinge zu probieren. Ich hoffe, dass wir alle zusammenarbeiten können.“

Das sogenannte Dream Race am Fuji Speedway Ende November dürfte somit das erste richtige Kräftemessen zwischen Super GT und DTM sein, auch wenn nach den Regeln der Deutschen gespielt wird, da abermals der Hankook-Einheitsreifen zum Einsatz kommt und zwei Sprintrennen mit einer jeweiligen Länge von 55 Minuten plus eine Runde gefahren werden. DRS und Push-to-Pass sind hingegen nicht erlaubt, was angesichts des Highspeed-Charakters der ehemaligen Grand-Prix-Strecke die richtige Entscheidung ist. So erklärte TOM’s-Chefingenieur Tsutomo Tojo, dass der Hochgeschwindigkeitsunterschied überraschenderweise nicht allzu unterschiedlich war. Der aufklappende Heckflügel brachte allerdings rund 15 km/h extra. Bei der Einstellung der Fahrzeuge müssen die DTM-Teams folglich nicht primär auf den Top-Speed achten, während die GT500-Boliden auf Kurven- sowie Maximalgeschwindigkeit ausblanciert werden. Laut Tojo soll insbesondere der Honda NSX-GT der DTM-Balance am nahestehen sein. Den DRS-Nachteil bemängelte mir gegenüber Ryo Hirakawa: „Ich bin mit dem Ergebnis (Platz 13) zwar zufrieden. Aber ich kann mich nicht glücklich schätzen. Ich wollte mehr gegen die DTM-Autos fahren, aber ich konnte kein Auto auf der Strecke überholen, selbst wenn ich an sie herankam.“ Anders als in Hockenheim werden die DTM- und GT500-Autos am Fuji mit ihrem jeweils eigenen Benzin betankt werden. Zugleich verriet Gerhard Berger, dass derzeit über einen fliegenden Start nachgedacht wird, wie er auch in der Super GT üblich ist. Der stehende Start wurde insbesondere Nissan zum Verhängnis, als am Samstag vor der Einführungsrunde die Antriebswelle des GT-R brach. Tsugio Matsuda verriet mir, dass der Defekt vermutlich auf die vielen Startübungen zurückzuführen sei, die man seit Donnerstag durchführte.

Sieben DTM-Fahrzeuge werden den Trip nach Japan zum Dream Race begehen. Im Vorfeld nominierte Audi bereits den zweifachen DTM-Champion René Rast, Mike Rockenfeller sowie die beiden ehemaligen Super-GT-Champions Loic Duval und Benoît Tréluyer. Letzterer ist nicht der einzige Gaststarter: BMW nominierte neben der Motorsportlegende Alessandro Zanardi, der erstmals DTM-Luft in Misano vergangenes Jahr schnupperte, auch Kamui Kobayashi, der 2018 für Lexus in der Super GT antrat. Der ehemalige Formel-1-Fahrer ist mit BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt seit seinen Tagen in der selbsternannten Königsklasse befreundet, als dieser als Manager für die Toyota Motorsport GmbH in Köln tätig war. Für den Toyota-Werksfahrer, der wohl auch wegen der guten Beziehungen der beiden Automobilhersteller die Freigabe für Fuji erhielt, wird es der erste Einsatz in einem DTM-Boliden sein. Mit Marco Wittmann wurde mittlerweile auch der siebte und somit finale Fahrer des DTM-Kontingents ernannt. R-Motorsport Aston Martin verzichtet derweil aus finanziellen Gründen auf einen Start am Fuji Speedway, um sich laut Dr. Florian Kamelger besser auf die Saison 2020 vorzubereiten. Masaaki Bandoh bedauert die Entscheidung, kann sie gleichzeitig aber auch verstehen. Teamchef Kamelger wird dennoch nach Japan reisen, um am Treffen des Steuerungskomitee teilzunehmen. Denn an den technischen Class-1-Regularieren muss weiterhin gearbeitet werden.

„Wir haben noch ein paar Kleinigkeiten, die wir aussortieren müssen“, erklärte Gerhard Berger. Das große Ziel? Mehr Interesse an Class 1 von anderen Ländern bzw. weiteren Motorsportserien. „Wir befinden uns auf einem guten Weg, sind allerdings nicht in Eile. Ich finde, dass es gefährlich ist, gleich zwei Schritte zu gehen. Stattdessen wollen wir alles schrittweise angehen.“ Masaaki Bandoh unterstützt dieses Vorgehen: „Erstmals haben wir sechs Marken, die mit den gemeinsamen Class-1-Regularieren fahren werden. Anfänglich haben wir darüber gesprochen, wie wir die Kosten senken können. Dieses Ziel haben wir erreicht. Als nächstes möchten wir global denken – und das weltweite Interesse von weiteren Herstellern wecken. Ich träume von einem World Cup in der Zukunft.“ Das heißt allerdings nicht, dass eine der sechs Marken permanent in Japan oder Europa antreten wird. Beide Serienchefs wichen dieser Frage aus. Stattdessen unterstrich Gerhard Berger das Ziel, auch zukünftig weitere Rennen gemeinsam bestreiten zu wollen. Ob das allerdings bereits 2020 passieren könnte, ist unklar. „Nach Fuji werden wir schauen, was wir nächstes Jahr eventuell machen können. Wir wollen mit Class 1 ein solides Fundament errichten und nicht zu viele Dinge zu schnell tun.“ Ob weitere gemeinsame Rennen dabei Kombination mit einem Meisterschaftslauf oder als separates Event wie am Fuji stattfinden, ist dem DTM-Boss dabei vorerst egal: „Beide Möglichkeiten sind in Ordnung.“ Masaaki Bandoh erklärte, dass gemeinsame Events insbesondere aus marketingtechnischer Sicht Sinn ergeben, auch um das technische Reglement zu promoten. Der Gastauftritt der Super-GT-Stars sorgte insgesamt für ein erhöhtes Interesse am Hockenheim-Finale, welches sich nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch bei den TV-Einschaltquoten widerspiegelte. Ernsthafte Verhandlungen für einen weiteren neuen Hersteller in der DTM gebe es laut Gerhard Berger derzeit keine: „Unser jetziges Ziel war es, das gemeinsame Reglement zu erstellen, welches wegen der unterschiedlichen Gegebenheiten wie der längeren Renndistanz in Japan sowie der größeren Tankmenge kleinere Unterschiede aufweisen wird. Vom nächsten Jahr an können wir dann schauen, was der nächste Schritt sein wird. Natürlich reden wir darüber. Aber es ist noch zu früh, um sagen zu können, dass wir uns in engen Verhandlungen befinden.“

Das nächste gemeinsame Rennen von Super GT und DTM findet somit am 23.-24. November statt. Dann allerdings ohne Jenson Button. Wie der Formel-1-Weltmeister von 2009 in Hockenheim erklärte, läuft sein Vertrag mit Honda nach dem Super-GT-Saisonfinale in Motegi Anfang November aus. Zugleich wird der Brite vom 19. bis 24. November mit seinem eigenen Trophy Truck an den Baja 1000 teilnehmen. Ob er 2020 noch mal in Japan antreten wird? „Ich möchte nächstes Jahr was anderes probieren. Ich war nun zwei Jahre lang in der Super GT. Es war eine fantastische Zeit. Was ich als nächstes machen werde, weiß ich noch nicht“, verriet der amtierende GT500-Champion am Sonntag in Hockenheim. Damit wird Teamkollege Naoki Yamamoto voraussichtlich alleine am Fuji unterwegs sein, nachdem er den Gastauftritt in Hockenheim wegen Vorbereitungen für einen Start im freien Training beim Formel-1-Grand-Prix in Suzuka verpasste. Neben sieben DTM-Gästen werden alle 15 GT500-Teams am Fuße des japanischen Wahrzeichens unterwegs sein. Masaaki Bandoh zeigte sich jedenfalls schon kampfeslustig: „Mit den Erfahrungen von Hockenheim werden wir deutlich besser für Fuji vorbereitet sein.“

Copyright Photos: Eigenes Archiv, ITR

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