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Analyse: Wer steckt eigentlich hinter dem Motorsport Network?

von DonDahlmann
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Die Meldung, dass die US-Plattform Motorsport Network die deutsche Plattform Motorsport-Total kauft, kommt einerseits überraschend, andererseits ist sie Teil einer merkwürdigen Expansion.

Das größte deutschsprachige Online-Motorsportmagazin, die Motorsport-Total-Plattform, wurde durch das Motorsport Network aus den USA gekauft. Die US-Firma hat von der Muttergesellschaft, der SportTotal AG von Peter Lauterbach, die Sport Media Group gekauft, zu der auch die Seite formel1.de gehört. Während letztere weiter besteht, wird Motorsport-Total in der deutschen Seite von Motorsport.com aufgehen. Das ist schon eine kleine Überraschung, war die Sport Media doch profitabel aufgestellt und hat eine marktbeherrschende Stellung.

Wenn man sich die Zugriffszahlen der größten reinen Online-Motorsportmagazine anschaut, also jene, die verschiedene Serien im Angebot haben und nicht monothematisch sind, sieht es auf dem deutschen Markt so aus:

Motorsport-Total – ca. 3,8 Mio Besucher
Formel1.de – ca. 2,13 Mio Besucher
Speedweek – 1,20 Mio Besucher
Motorsport-Magazin – 1,12 Mio Besucher
(zum Vergleich: wir haben hier in guten Monaten 170.000 Besucher)

Für die deutschsprachige Seite von Motorsport.com habe ich keine Zahlen gefunden, vermute aber, dass sie zwischen der Speedweek und Formel1.de liegt. Man kann leicht erkennen, dass sich durch die Übernahme der Markt enorm verändert. Motorsport Network beherrscht damit den deutschsprachigen Markt mit weitem Abstand.

Es ist nicht der erste Übernahme von Motorsport Network in den letzten zwei Jahren. Die US-Firma ist gerade dabei, weltweit in allen wichtigen Märkten Übernahmen zu tätigen.

Laut meinen Recherchen hat Motorsport Network folgende Unternehmen in den letzten Jahren aufgekauft:

Mai 2015 – worldcarfans.com (größte Seite in Finnland)
Mai 2016 – Amalgam Holdings (größte Memorabilien- und Merchandising-Firma für F1 etc.)
Oktober 2016 – Haymarket (autosport.com, F1 Racing, LAT Fotoarchiv)
November 2016 – MotorsTV
Februar 2017 – Forix (größte F1 und Motorsport Datenbank)
März 2017 – Motorsport Media Network (größte Motorsport-Seite in Australien)
März 2017 – Auto-News.de (über die Tochter Motor1.com)
April 2017 – Sutton Images (Foto Archiv)
August 2017 – James Allen
September 2017 – Sport Media Group

Dazu kommen weitere Übernahmen wie das Foto Archiv von Schlegelmilch, eine spanische Motorsport-Agentur und das Archiv des technischen Experten Giorgio Piola. Nicht vergessen darf man die Beteiligung an der Formula-E-Serie, die man Anfang 2017 vollzogen hat.

Wenn man sich das anschaut, stellt man fest, dass das Motorsport Network sukzessive und strategisch die Marktführerschaft in den wichtigsten Motorsport-Märkten aufgekauft hat. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es im Laufe der Zeit immer wieder Merger und Zusammenlegungen gibt. Das betraf bisher aber nur regionale Märkte und geschah nicht international.

Diese neue Bewegung ist interessant, merkwürdig wird es aber, wenn man sich die Entwicklung von Motorsport Network anschaut. Das Unternehmen gibt es zwar, unter verschiedenen Namen, seit Mitte der 90er Jahre, aber bis vor drei Jahren war man im Grunde nur eine unbekannte Seite, die von der eher schlecht beleumundeten Agentur GMN beliefert wurde. Die Agentur hat man mittlerweile auch gekauft. Erst seit 2015, also seit gerade mal zwei Jahren, macht sich das Motorsport Network auf dem Markt breit.

Da kommt also ein völlig unbekannter Player und kauft alles auf, was in der unabhängigen Motorsport-Berichterstattung Rang und Namen hat. Aber wer steckt eigentlich hinter dem Motorsport Network?

Der Mann hinter der Expansion

Eine kurze Recherche ergab: Das ist gar nicht so leicht herauszufinden. Joe Saward hat das 2014 mal versucht, kam aber auch nicht weit. Ein Name taucht in den Unterlagen aber immer wieder auf: Mike Zoi. Dabei handelt es sich um einen russisch-amerikanischen Geschäftsmann, der laut Bloomberg an mehreren Unternehmen beteiligt ist.

Viel Geld soll Zoi mit Ener1 Group LLC und Enersoft Inc gemacht haben. Ener1 Group verdient Geld durch Investitionen im Bereich neue Antriebstechnologien (Akkus etc.), Enersoft kümmert sich um Videoübertragung. Dann gibt es noch den EnerFund, ebenfalls ein Investment Fond für neue Technologien.

Das Motorsport Network ist aber wiederum nur eine Unterfirma der T1T Lab LLC, über die ich kaum Unterlagen gefunden habe. T1T hat aber die gleiche Adresse wie die US-Redaktion von Motorsport.com: 5972 NE 4th Avenue Miami, FL 33137.

Es handelt sich also um ein relativ undurchsichtiges Geflecht an Firmen. Wobei man aber erwähnen muss, dass Zoi seit 2015 alle Unternehmen, die mit Motorsport zu tun haben, unter der Firma Motorsport Network LLC bündelt. Daneben gibt es allerdings noch die Motor1.com LLC, die offenbar eigenständig läuft. Auch muss man erwähnen, dass derartige Firmenkonstrukte zwecks Steuervermeidung bekanntermaßen normal sind.

Zoi kauft nur Netzwerke auf, die einerseits die größte Reichweite in einem Land haben, andererseits profitabel sind. Die SportTotal AG und Haymarket waren und sind meines Wissens profitabel. Ebenso die Fotoarchive von Sutton, Schlegelmilch und LAT. Für die australische Webseite und Amalgam dürfte ähnliches gelten. Einzig MotorsTV galt als defizitär, hat aber zum einen Sendelizenzen und ist vor allem in UK relativ stark.

Über die jeweiligen Kosten der Übernahme gibt es keine Aussagen. Ich weiß aber, dass die Übernahme der Seite Formel1.de durch Motorsport-Total vor einigen Jahren einen mittleren einstelligen Millionen Betrag gekostet hat. Alle Übernahmen zusammen gerechnet, vor allem die von Haymarket, dürften, sehr konservativ geschätzt, deutlich mehr als 70 Millionen Euro gekostet haben. Zu den Kosten des Kaufs kommen natürlich noch jene, um die Redaktionen zu bezahlen.

Da stellt sich natürlich die Frage, wie man die Kosten wieder reinbekommen will. Werbung ist sicher eine große Einnahmequelle. Eine weitere dürften die Einnahmen durch Abos sein. Da das Motorsport Network mittlerweile in vielen Ländern eine marktbeherrschende Stellung innehat, sollte es leichter sein, die Leser in Abos zu zwingen. Aber reicht das? Oder hat Zoi so viel Geld und damit den langen Atem, dass er zehn, fünfzehn Jahre warten kann, bis das Geld wieder eingespielt ist?

Journalistisch gesehen ist die Konzentration schwierig. Durch den Aufkauf von Autosport.com hat das Motorsport Network die Instanz in Sachen F1-Berichterstattung gekauft. Durch den Kauf der Sport Media Group selbiges in Deutschland. Wobei natürlich die „Auto, Motor und Sport“, die dpa und der SID hier in der Berichterstattung ebenfalls noch eine größere Rolle spielen.

Aber was die Verbreitung von News im Online-Bereich angeht, hat das Motorsport Network langsam eine erdrückende Position erreicht. Es fällt jetzt schon auf, dass eine einfache Google-Suche nach einer News dazu führt, dass auf der ersten Seite fast ausschließlich Publikationen der Motorsport-Network-Gruppe zu sehen sind. Viel Auswahl hat man auf den ersten Blick also nicht.

Auch in der Berichterstattung kann sich etwas verändern. Statt mehrerer Redakteure verschiedener Publikationen, die vor Ort berichten (und unterschiedliche Sichtweisen vermitteln), kann das Netzwerk jetzt auf weniger Journalisten setzten. Das kann der Vielfalt der Berichterstattung schaden. Es fällt zum Beispiel auf, dass die Journalisten der Autosport.com ihre Artikel wortgleich bei Motorsport.com veröffentlichen.

Für den deutschen Markt bedeutet die Übernahme, dass unabhängige Seiten wie diese in Zukunft vielleicht noch wichtiger werden. Wir sind gut vernetzt und bei vielen Rennen in Deutschland auch vor Ort. Da wir werbefrei sind, haben wir auch keine Abhängigkeiten und können schreiben, was wir denken. Das soll auch so bleiben.

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2 Kommentare

janw 25 September, 2017 - 11:46

Interessantes Thema gut recherchiert. Danke, Don!

Jens 26 September, 2017 - 16:16

Sehr interessanter Artikel, mir war neulich noch aufgefallen, dass Artikel sowohl bei motorsport.com, als auch gleichlautend bei motorsport-total zu lesen waren. Diese Konzentration ist wirklich ziemlich erdückend, was den Motorsport-Newsbereich angeht.

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