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Super GT: Vorschau Round 3 Autopolis 300km

von geinou
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Ein Jahr nach den schweren Erdbeben in Kumamoto kehrt die Super GT nach Kyūshū auf den Autopolis Circuit zurück. Beim dritten Saisonlauf ist die Jagdsaison auf die bislang dominierenden Lexus eröffnet, da bei gleich drei LC500 erstmals das neue Gewichts-Handicap-System Verwendung findet.

Das Gebiet in und um Kumamoto wurde vergangenes Jahr im April von mehreren schweren Erdbeben getroffen, bei denen über 200 Menschen getötet und weitere über 3000 Personen verletzt wurden. Es war das schwerste Desaster seit der Dreifachkatastrophe im Jahr 2011. An Rennfahrern war nach dem Unglück gewiss nicht zu denken, zumal neben mehreren Zufahrstraßen auch der lediglich rund 30 Kilometer von der Stadt Kumamoto entfernte Autopolis Circuit mit unter anderem Rissen im Asphalt sowie einsturzgefährdeten Gebäuden ebenfalls schwer beschädigt wurde. Zwar wurde die Strecke mit dem Saisonfinale der Super Taikyu im November 2016 wieder eröffnet. Das Ergebnis der schweren Naturkatastrophe ist allerdings auch heute noch zu sehen, da wegen Einsturzgefahr respektive schwerwiegenden Beschädigungen das Gebäude mit dem gläsernen Royal Room sowie das ikonische Podium abgerissen und neu aufgebaut werden. Laut Angaben der Streckenbetreiber sollen diese Bauarbeiten bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Nach der einjährigen Pause kehrt mit der Super GT somit der erste nationale Top-Event in die Region zurück. Es wird Jahre dauern, bis alle Schäden in der Region beseitigt und die Opfer der Naturkatastrophe zu einem normalen Leben umschalten können. Deshalb erklärte GTA-Chairman Massaaki Bandoh auf einer Pressekonferenz vor zwei Wochen auf dem Fuji Speedway, dass der finanzielle Erfolg bei der Rückkehr nach Kyūshū keine Rolle spielt. Stattdessen möchte man den Menschen ein unterhaltsames Wochenende bieten, um die Sorgen und Härten des Alltags zumindest für ein Wochenende zur Nebensächlichkeit verkommen zu lassen. Wie auch bei allen anderen Super-GT-Rennen werden auch in der Autopolis zahlreiche Spendenboxen und mehr zur Unterstützung der Opfer der Naturkatastrophe aufgestellt.

Der hübsch in die Natur eingebundene Autopolis Circuit ist eine Rennstrecke nahe der Kleinstadt Kamitsue (Ōita-Präfektur in Kyūshū), direkt im Nationalpark von Aso Kujiyu. Kamitsue liegt rund 30 km nordöstlich von Kumamoto und ist mit 1258 Einwohnern (Stand 2003) relativ klein, was sich wie auch beim Twin Ring Motegi in einer schlechten örtlichen Infrastruktur wiederspiegelt. Um die Strecke herum sowie in Kamitsue gibt es nur wenige Hotels, weshalb die Besucher sich auf längere An- und Abfahrten einstellen müssen. Die Situation hatte sich nach der Eröffnung der Strecke 1990 zwar ein wenig gebessert. Das Ziel, die Formel 1 nach Autopolis zu holen, ist den Streckenbetreibern allerdings nie geglückt, obwohl man sogar in den Jahren 1990 und 1991 die Wagen von Benetton als Sponsor verzierte. Als bisher einzige international sehr große Rennserie fuhr die FIA Sportwagen-Weltmeisterschaft 1991 als finalen Saisonlauf ein 430km-Rennen in Autopolis, das Michael Schumacher und Karl Wendlinger in einem Mercedes-Benz C291 gewannen.

Seitdem machte die Strecke viele finanzielle Krisen durch, bis sie letztlich 2005 von Kawasaki gekauft wurde. Neben der Super Formula sind seit 2003 jährlich die Super GT (abgesehen von 2010 und 2016) sowie der D1 Grand Prix, die Super Taikyu und die MJF Superbike in Autopolis unterwegs. Die Strecke ähnelt wie viele der japanischen Kurse einer kleinen Achterbahnfahrt, schön eingebettet in die Natur mit einem hübschen Ausblick. 12 Kurven ergeben auf 4,674 km bei einer Renndistanz von 300 km 65 technisch anspruchsvolle Runden. Da die Strecke im Hochland der Insel Kyūshū angesiedelt ist, ist die Luft relativ dünn, zudem besitzt die Berg- und Talfahrt Höhenunterschiede von bis zu 52 Metern. Während der erste Teil des Kurses quasi bergab führt, geht es im zweiten Teil wieder etwas hinauf. Die Strecke gilt aufgrund ihrer Charakteristik als besonders anspruchsvoll für Reifen und Material.

Im Folgende eine Onboard-Aufnahme der fabelhaften Poleposition-Runde des GT300 Lotus Evora aus dem Jahr 2015:

 

GT500

Die Jagdsaison ist eröffnet! So ähnlich dürften wohl die Verantwortlichen bei Nissan sowie Honda denken, nachdem Lexus die beiden ersten Saisonläufe mit einem historischen Sechsfacherfolg in Okayama sowie einem 1-2-3 Podium am Fuji Speedway, der erste Triumph beim Heimspiel seit drei Jahren, dominierten. Selbstredend reist Toyotas Edelmarke auch in die Autopolis als die absoluten Top-Favoriten. Ihr letzter Sieg in Kyūshū geht jedoch auf das Jahr 2013 zurück, als sich TOM’s hauchdünn gegen den Marken-internen Konkurrenten Cerumo durchsetzte und die Meisterschaftsentscheidung nach Motegi vertagte. Mit der Autopolis hat somit nicht nur Lexus, sondern insbesondere auch Yuji Tachikawa, der mit seinem nunmehr achten Triumph am Fuße des japanischen Wahrzeichens die magische Grenze von über 1000 Meisterschaftspunkten in seiner Karriere überschritt sowie die oberste Position auf der ewigen Super-GT-Bestenliste mit insgesamt 18 Siegen übernahm, eine Rechnung offen. Spannender könnte die Ausgangssituation für den dritten Saisonlauf kaum sein, denn in der GT500-Fahrerwertung trennen sich ersten drei Position mit lediglich zwei Pünktchen.

An oberster Stelle stehen die Okayama-Sieger Ryo Hirakawa / Nick Cassidy (KeePer TOM’s LC500), gefolgt Kazuya Oshima / Andrea Caldarelli (Wako’s 4CR LC500), die mit zwei Silberplätzen erneut wie eifrige Eichhörnchen Punkte sammeln. An dritter Stelle liegen Fuji-Meister Yuji Tachikawa und Hiroaki Ishiura im Zent Cerumo LC500. Alle drei genannten Ensembles besitzen bereits ein kleines Polster von insgesamt 16 Zählern auf die vierplatzierten Heikki Kovalainen / Kohei Hirate (Denso Kobelco SARD LC500). Der Erfolg kommt jedoch nicht ohne Preis: So findet für die drei bestplatzierten Lexus LC500 erstmals das neue Gewichts-Handicap-System Verwendung, da sie als einzige die magische Grenze von 50 Kilogramm Erfolgsballast überschreiten.

Nachdem man 2016 auf das alte System (reines Gewicht, Meisterschaftspunkte x2 bis maximal 100 kg) wechselte, kehrte diese Saison eine modifizierte Kombination aus Gewichtszunahme und Benzinflussbegrenzer zurück. Bei ihrer Einführung im Jahr 2014 wurden ab einem Handicap von 50 Kilogramm die Zusatzgewichte durch einen Benzinflussbegrenzer ausgetauscht, der quasi als Äquivalent dienen sollte. Mit jedem weiteren Meisterschaftspunkt kamen bis zu 50 weitere Kilos hinzu, womit das Maximalgewicht 50 kg plus Benzinflussbegrenzer betrug. Das System stand in der Kritik, da die neue GT500-Generation deutlich anfälliger auf Übergewicht als noch die alten Autos reagierte. So waren insbesondere jene Boliden im Vorteil, welche sich auf der Übergangsschwelle von Gewicht und Begrenzer befanden. Anders ausgedrückt: Ein Wagen mit 49 kg Handicap war stärker benachteiligt als einer, der zwar einen Benzinflussbegrenzer spendiert bekam, aber noch keine Extrakilos sammelte. Für 2017 wurde besagtes System zwar modifiziert. Dabei verlor es aber an Transparenz, wodurch es für den Zuschauer unklarer ist, wie hoch das Handicap der jeweiligen Fahrzeuge nun tatsächlich ausfällt.

So werden weiter auf den Autos Sticker mit bis zu 100 kg Extragewicht aufgeklebt (ähnlich verhält sich auch die Angabe auf der offiziellen Webseite), welche allerdings lediglich einen symbolischen Wert besitzen und als Umrechnungshilfe respektive Klassifizierungsmerkmal dienen. Das Gewichts-Handicap errechnet sich auch 2017 weiterhin aus den gewonnen Meisterschaftspunkten, die x2 multipliziert werden. 20 Punkte entsprechen somit 40 kg. Auf dem Weg bis zur magischen Grenze von 50 Extrakilos hat sich dabei nichts getan, außer dass der Benzinfluss generell auf 95 kg/h beschränkt wurde und maximal bis zu 50 Extrakilos verbaut werden müssen. Kompliziert wird es hinterher. Was früher 51-67 kg gewesen wäre, beträgt je nach Punktekonto ab 2017 34-50 kg. In dieser Gewichtszone wird der Benzinfluss auf 92,4 kg/h beschränkt. Ähnlich verhält es sich im Bereich, der nach dem alten System 68-84 kg betragen hätte. Auch hier fällt das Gewichts-Handicap je nach Punktestand zwischen 34-50 kg aus, wohingegen der Benzinfluss dann nur noch 89,8 kg/h beträgt. Die finale Stufe ist der Bereich, der früher 85-100 kg gewesen wäre. Je nach Punktestand müssen dann 35-50 Kilogramm verbaut werden; der Benzinfluss beschränkt sich auf  87,4 kg/h. Zusammengefasst: Während das Maximalgewicht nicht höher als 50 kg ausfällt, wird sich der Benzinflussbegrenzer je nach Punktestand graduell verkleinern. Das alte System von „von bis zu 100 kg“ dient dabei als Orientierungswert, um das neue Handicap zu berechnen. Wie gehabt dürfen diejenigen Teams, die an alle vorgehenden Saisonrennen teilnahmen, für das vorletzte Rennen das halbe, für das Finale gar das gesamte Zusatzgewicht entfernen.

Auferlegtes Gewichts-Handicap0-50 kg51-67 kg
68-84 kg
85-100 kg
Fahrzeuggewicht0-50 kg
34-50 kg
34-50 kg
35-50 kg
Benzinflussbegrenzer95.0 kg/h
92.4 kg/h
89.8 kg/h
87.4 kg/h

Demzufolge haben die Top-3 der GT500-Tabelle die erste Handicap-Stufe erreicht. Sie alle bekommen für Autopolis den Benzinfluss von 95,0 kg/h auf 92,4 kg/h reduziert. In Sachen Zusatzballast wird der KeePer TOM’s LC500 45 kg mit sich herumtragen, während das Extragewicht beim Wako’s 4CR LC500 sowie beim Zent Cerumo LC500 43 kg respektive 41 kg beträgt. Ein geringerer Benzinfluss von 2,6 kg/h mag auf den ersten Blick als wenig erscheinen, bedeutet gleichzeitig aber auch weniger Motorleistung. Die Auswirkungen des neuen Systems sind selbstredend schwer hervorzusagen. Für Lexus selbst wird Autopolis somit jedoch zur weiteren Probe für ihren bislang dominanten GT500-Boliden, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Hochsommer-Trilogie, die ihr Ende mit den finalen 1000 km von Suzuka sieht. Der Einsatz des neuen Gewichts-Handicaps ist zudem die große Chance für die Konkurrenz, um die bislang starke Lexus-Mauer zu durchbrechen. Dies gilt natürlich auch für die Marken-internen Kontrahenten, die von den Titelverteidigern Heikki Kovalainen und Kohei Hirate auf dem vierten Tabellenrang angeführt werden. Der Denso Kobelco SARD LC500 des finnisch-japanischen Duos fällt mit 30 Zusatzkilos nämlich deutlich leichter aus. Ähnliches gilt auch für den au TOM’s LC500 (24 kg), der am Fuji eine etwaige Top-Platzierung wegen einer Durchfahrtsstrafe wegwarf. Dieses Wochenende sieht die Rückkehr von Kazuki Nakajima an die Seite seines Teamkollegen James Rossiter, nachdem der Japaner am Fuji wegen der Terminkollision mit dem Lauf des World Endurance Championship (WEC) in Spa-Francorchamps noch von Team-Manager Daisuke Ito ersetzt wurde. Das Gleiche gilt für Yuji Kunimoto, der von GT300-Pilot Kenta Yamashita an der Seite von Yuhi Sekiguchi im WedsSport Advan LC500 (12 kg) vertreten wurde.

Historisch betrachtet ist der Autopolis Circuit Nissans Spielplatz, die als beste Marke sieben der bisher zwölf ausgetragenen Rennen gewinnen konnten. Vier dieser Erfolge fuhr man seit 2011 ein. Lediglich 2013 setzte sich Lexus im letzten Jahr der „alten GT500-Generation“ erfolgreich gegen die Yokohamer durch. 2015 sah unter anderem ein spannendes Duell zwischen dem Motul Autech GT-R und Calsonic Impul GT-R, was die Werkspiloten Tsugio Matsuda und Ronnie Quintarelli für sich entschieden. Letztere waren es auch, die als Einzige der Lexus-Armada mit einem zweiten Startplatz sowie dem vierten Rang im Rennen Paroli bieten konnten. Neben des leichten aerodynamischen Nachteils offenbarte der Golden-Week-Klassiker vor zwei Wochen zusätzlich noch eine weitere Schwäche des 2017er GT500-Godzillas: Die Motorleistung. Mit weniger Power auf der Geraden musste das japanisch-italienische Duo tief in die Trickkiste greifen, um sich gegen die Lexus-Konkurrenz zu behaupten. Mit einem höheren Benzinfluss und lediglich 24 kg Erfolgsballast könnten trotz der zumindest in Okayama noch sichtbaren, aerodynamischen Schwäche die Champions von 2015 zum Gegenschlag ausholen. Bei frühsommerlichen Außentemperaturen von 27-30 Grad dürften zudem die Michelin-Pneus des Werks-Nissan deutlich besser als noch bei den beiden vorherigen Saisonläufen funktionieren.

Ähnliches gilt für den ebenfalls Michelin-bereiften S Road Craftsports GT-R (Satoshi Motoyama / Katsumasa Chiyo), die zusammen mit dem Epson Modulo NSX-GT (Bertrand Baguette / Kosuke Matsuura) noch keine Meisterschaftszähler sammeln und deshalb als einzige ohne Erfolgshandicap starten werden. Motoyama konnte während seiner illustren Karriere insgesamt viermal in der Autopolis gewinnen – zuletzt 2011, als er in einer beeindruckenden Fahrt vom zwölften auf den ersten Platz schoss. Nach zwei schweren Rennen in Okayama sowie am Fuji werden zudem Hironobu Yasuda / Jann Mardenborough (Calsonic Impul GT-R) sowie Daiki Sasaki / Joao Paulo de Oliveira (Forum Engineering Advan GT-R) versuchen, mit Hilfe ihres geringen Gewichts von lediglich sechs respektive zwei Kilogramm den Weg in die vorderen Punkteplätze wiederzufinden. Die Performance der beiden Bridgestone- sowie Yokohama-bereiften Boliden ist jedoch schwer einzuschätzen. Zumindest der Calsonic Impul GT-R machte während der Reifentests vor einigen Wochen jedoch eine positive Figur.

Als sogenanntes „dark horse“ reist Honda in die Ōita-Präfektur. Hintergrund ist ein Zugeständnis beim Mindestgewicht des NSX-GT, das erstmals seit 2016 von 1049 kg um 15 kg auf 1034 kg reduziert wurde. Die Honda-exlusive Balance of Performance (am Fuji erklärte GTA-Chairman Masaaki Bandoh, das man keine Pläne habe, eine allgemeine BoP in der GT500 einzuführen) ist nötig, da der mit einem Mittelmotor ausgestattete Wagen dem eigentlichen Reglement nicht entspricht. Nun also die bislang zweite Gewichtsreduktion des NSX-GT, dessen Mindestgewicht somit nur noch 14 Kilogramm schwerer als bei den Fahrzeugen von Lexus und Nissan ausfällt. In Kombination mit dem insgesamt geringen Erfolgsballast, das keinen Wagen der Honda-Flotte schwerer als 10 kg sieht, und der seit diesem Jahr besseren Aerodynamik, mustert sich die Marke somit zu einem der Geheimfavoriten auf die Podiumsränge, nachdem man in der Autopolis in den Jahren 2005 sowie 2007 erst zweimal gewinnen konnte.

Ein weiteres positives Zeichen: Bei den Reifentests Mitte April brannte der Raybrig NSX-GT (Naoki Yamamoto / Takuya Izawa) die schnellste Zeit in den Asphalt. Das Momentum nahm man mit zum Fuji Speedway, wo sie auf dem sechsten Rang die Honda-Armada anführten. Neben einem Stabilitäts- sowie Leistungsproblem stellt die größte Achillesferse des Honda NSX-GT dieses Jahr die Standfestigkeit dar. Zwar erlebte die Marke vor zwei Wochen nicht das gleiche Debakel wie noch zum Saisonstart, als während der Einführungsrunde drei Autos mit einem Defekt an der ECU stehen blieben. Doch auch am Fuji war für den Motul Mugen NSX-GT (Hideki Mutoh / Daisuke Nakajima) wegen eines Motorproblems bereits vorzeitig Feierabend.

 

GT300

Vorteil GT3? Die ersten beiden Saisonrennen sah eine Dominanz des europäischen GT-Konzepts. Insbesondere auf der High-Speed-Bahn des Fuji Speedway konnten die GT3-Renner ihre PS-Muskeln spielen lassen, indem sie die etwas leistungsschwächeren, dafür stellenweise deutlich wendigeren JAF-GT-Autos hinter sich ließen. Wegen der hohen Lage über dem Meeresspiegel dürften insbesondere die Turbo-angetriebenen Fahrzeuge im Vorteil sein, darunter die Sieger von 2015 im B-Max NDDP GT-R. Sollten Kazuki Hoshino / Mitsunori Takaboshi am Sonntag auf die oberste Stufe des Podiums klettern, dann wäre NISMOs Nachwuchsmannschaft das erste Team, was seinen vorherigen Triumph erfolgreich verteidigen konnte. So unberechenbar wie die GT300-Klasse der Super GT nämlich ist, umso unberechenbarer waren die letzten zwölf Rennen in Kyūshū, die allesamt von unterschiedlichen Fahrzeugmodellen gewonnen wurden. Für Hoshino / Takaboshi verlief der Saisonstart nicht sonderlich rund, weshalb sie lediglich 18 Extrakilos (das Handicap-System mit Benzinflussbegrenzer aus der GT500 findet keine Anwendung in der GT300) im Gepäck haben. Zudem hat der SRO, welche sich für die Japan-exklusive GT3-BoP in der Super GT auszeichnet, die Boost Pressure des GT3-Godzillas erhöht. 2015 feierte Nissan einen Doppelerfolg mit dem Gainer Tanax GT-R auf dem zweiten Rang. Für Ryuichiro Tomita / Hiroki Yoshida verliefen die ersten beiden Rennen des Jahres noch schlechter als für ihre Markenkollegen, weshalb sie lediglich 10 Kilogramm Übergewicht auf die Waage bringen. Zumindest auf dem Papier stehen die Chancen somit gut, dass Nissan als erste Marke einen Wiederholungserfolg mit dem gleichen Fahrzeugmodell erzielen kann.

Geheimfavoriten im Tubro-Sektor sind zudem die beiden BMW M6 GT3 von Team Studie sowie ARTA. Letztere waren bereits 2014 in der Autopolis siegreich, damals aber noch mit dem Honda CR-Z GT, der Ende 2015 ins Museum wanderte. Trotz dass die GT300-Mannschaft von Aguri Suzuki letztes Jahr noch um den Titel kämpfte, erlebte man, unter anderem wegen einiger technischer Probleme, einen suboptimalen Start in die neue Saison. Dieses Wochenende bekommen Shinichi Takagi und Sean Walkinshaw deshalb lediglich 12 Extrakilos verbaut. Noch leichter ist mit 6 Kilogramm der Studie BMW M6 GT3 von Jörg Müller und Seiji Ara, die am Fuji auf dem siebten Platz ins Ziel kamen. Subaru R&D Sport konnte in der Vergangenheit mit dem Vermac 408R sowie dem Legacy B4 zweimal die Hatz im Nationalpark von Aso Kujiyu gewinnen. Der Turboantrieb des Subaru BRZ R&D Sport sollte bei der dünnen Luft helfen, nachdem man in Okayama sowie am Fuji punktelos blieb. Vor zwei Wochen bekamen Takuto Iguchi / Hideki Yamauchi zudem einen neuen Frontsplitter spendiert, der laut eigener Angaben die Downforce-Performance des blauen Boxers erhöhen soll. Ideale Voraussetzungen somit für den wendigen Autopolis Circuit. Ähnlich suboptimal verlief der Saisonstart für die beiden Toyota Prius apr GT. Lediglich das Bridgestone-bereifte Duo Koki Saga / Rintaro Kubo konnte mit einem zehnten Rang in Okayama einen einzelnen Meisterschaftszähler erzählen. Auf dem Papier sollte der kurvenreiche Autopolis Circuit den JAF-GT300 entgegen kommen. Anders als noch vorherige Saison hat apr jedoch mit Abstimmungsproblemen ihrer beiden Hybrid-Renner zu kämpfen.

Im Gegensatz zu den „reinrassigen“ GT300 fallen das Innenleben sowie der Motor der JAF-GT-MC (Mother Chassis) standarisiert aus. Ihre große Stärke liegt in den verschiedenen äußerlichen wie auch aerodynamischen Modifikationen, womit sie deutlich flexibler als die vom Werk fertig gelieferten GT3-Maschinen sind. 2015 brannte Hiroki Katoh im Syntium Apple Lotus eine absolute Fabelrunde für die Poleposition in den Asphalt. Auch im Rennen führte der Lotus Evora für lange Zeit das Rennen an, fiel nach dem Wechsel auf Gentleman-Fahrer und Teamkollege Kazuho Takahashi jedoch zurück. Der Speed mag auch an der Handicap-Situation gelegen haben, zumal der Autopolis-Lauf wegen eines einmaligen Terminwechsels mit dem Thailand-Gastspiel erst im Oktober stattfand. Heuer reist das Ensemble ohne einen einzigen Meisterschaftszähler in die Autopolis, womit man frei von jeglichen Handicap-Einschränkungen ist.

Der Golden-Week-Klassiker verlief für die Titelverteidiger von VivaC Team Tsuchiya alles andere als geplant. Am Ende blieb man abgeschlagen auf dem 15. Rang zählerlos. Dieses Wochenende kehrt Kenta Yamashita an die Seite von Takamitsu Matsui zurück, nachdem er am Fuji als Vertretung für den WEC-verhinderten Yuji Kunimoto in der GT500 einsprang. Lustig: Das Team nahm trotz des Wechsels Yamashitas Namen nicht vom Auto. Stattdessen wurde dieser mit den Schriftzeichen für „yasumi“ ergänzt – „im Urlaub“. Mit lediglich 16 kg Erfolgsballast zählt der VivaC 86 MC zu einem der leichtesten Fahrzeuge im Feld, was womöglich ausschlaggebend sein könnte, um nicht den Anschluss im Kampf um die Meisterschaft zu verlieren.

Ähnlich der GT500-Klasse fällt dieser auch in der GT300 nach den ersten beiden Saisonrennen extrem spannend aus. An vordererster Front befinden sich derzeit die Fuji-Sieger Yuichi Nakayama / Sho Tsuboi (JMS P.MU LMcorsa RC F GT3), welche den ersten Super-GT-Erfolg für den GT3-Boliden von Lexus zelebrierten und dieses Wochenende mit satten 46 Extrakilos starten müssen. Lediglich ein Pünktchen dahinter befinden sich Haruki Kurosawa / Naoya Gamou (Leon Cvstos AMG), gefolgt von den Markenkollegen Nobuteru Taniguchi / Tatsuya Kataoka (Goodsmile Hatsune Miku AMG), deren zweiter Saisonsieg von zwei unglücklichen Reifenschäden zerstört wurde. Letztere sind somit auf Revanche aus, nachdem sie demonstrierten, dass der bunte Itasha-Mercedes für jeden Rennstrecken-Typus gewappnet ist. Generell scheint Mercedes derzeit die Marke zu sein, die es zu schlagen gilt. So befinden sich zusammen mit dem auf dem vierten Tabellenrang liegenden Gainer Tanax AMG GT3 (Björn Wirdheim / Katsuyuki Hiranaka) gleich drei „Silberpfeile“ der Stuttgarter Automarke in den Top-5. Diese liegen im Sandwich von Lexus sowie Porsche, die mit dem D’station Porsche (Tomonobu Fujii / Sven Müller) sowie dem Gulf Nac Porsche 911 (Jono Lester / Kyosuke Mineo)  auf dem fünften sowie sechsten Tabellenrang vertreten sind. Letztere gingen vor zwei Wochen vom Silberrang ins Rennen, fielen wegen einer falschen Reifenwahl aber letztlich auf den zehnten Platz zurück. Keiner der zur Volkswagen-Gruppe gehörenden Marken konnte bislang in der Autopolis obsiegen. Dazu gehört auch Porsche, die für die kommenden drei Rennen jedoch „frischen Wind“ erhalten. Wegen mehrerer Terminüberschneidungen mit dem ADAC GT Masters wird Sven Müller im D’station Porsche nämlich von André Couto ersetzt, der diese Saison überraschenderweise kein Vollzeit-Cockpit ergattern konnte. Der portugiesisch-macauische Pilot dürfte sich noch mit strahlenden Augen an den Autopolis-Lauf vor zwei Jahren erinnern, als er mit dem Silberrang im Gainer Tanax GT-R vorzeitig den GT300-Titel gewann.

Wie bereits eingangs erwähnt wurde erneut an der Balance of Performance geschraubt. Keine Änderungen gibt es abermals bei den Autos nach JAF-GT300-Reglement (Mother Chassis eingeschlossen) zu vermelden, welche direkt von der GT Association vorgenommen wird. Hingegen nahm die SRO, welcher extra für die Super GT eine Japan-exklusive BoP für GT3-Fahrzeuge erstellt, einige Änderungen vor. Hierbei müssen nahezu alle Boliden an Gewicht zunehmen. Einzige Ausnahmen sind die Nissan GT-R NISMO GT3 (bleibt bei 20 kg), die gleichzeitig auch noch eine Erhöhung der Boost Pressure sehen, sowie die Lexus RC F GT3, die um 10 kg auf nun 20 Extrakilos abspecken dürfen. Dafür wurde der Luftmengenbegrenzer der beiden Lexus um zwei Millimeter auf nun 40 mm erhöht. Am schwersten sind die Mercedes-Benz AMG GT3 von den Anpassungen betroffen, die um ganze 35 kg auf nun 40 kg zunimmt. Der Ferrari 488 GT3, der nach dem schweren Unfall in Okayama doch nicht rechtzeitig für den Golden-Week-Klassiker am Fuji Speedway repariert werden konnte, in der Autopolis aber nun endlich sein Comeback feiert, erhält einen Gewichtszuwachs von 25 kg auf nun insgesamt 30 Kilogramm. Um 20 kg schwerer werden zudem die Audi R8 LMS, die nun 35 Extrakilos mit sich herumschleppen. Um jeweils 15 kg nimmt der Bentley Continental GT3 (der am Fuji ohne Extragewicht belegt wurde), die Porsche 911 GT3-R (auf 25 kg) sowie die Lamborghini Huracán (auf 40 kg) zu. Um 10 kg wurde die Balance of Performance der beiden BMW M6 GT3 auf insgesamt 30 kg erhöht. Der einzige Mercedes-Benz SLS AMG GT3 nimmt derweil um 5 kg auf nun insgesamt 15 Kilogramm zu.

Ab diesem Wochenende sind alle Teams der GT300-Klasse dazu verpflichtet, Sicherheitsnetze an beiden Seiten des Fahrersitzes anzubringen, wodurch die Sicherheit der Piloten erhöht werden soll.

 

TV-Zeiten Autopolis

Wie gehabt wird NISMO-TV das Rennen am Sonntag ab 6:45 Uhr deutscher Zeit live auf YouTube mit englischen Kommentar streamen. In Japan überträgt der Pay-TV-Sender J Sports 3 am Samstag ab 6:20 Uhr die Qualifikation live. Am Sonntag steigt J Sports 4 um 6:30 Uhr in die Übertragung ein. Der Rennstart erfolgt eine halbe Stunde später um 7:00 Uhr deutscher Zeit. Laut den japanischen Metrologen sind frühsommerliche Temperaturen zwischen 27-30 Grad zu erwarten. Insgesamt stehen 65 Runden auf dem Programm.

Copyright Photos: GT Association

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