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24 H von Le Mans 2023: Vorschau LMGTE Am

von Nils Otterbein
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Das GTE-Reglement befindet sich in diesem Jahr in seinen letzten Zügen, bevor man nächstes Jahr durch das bekannte GT3-Reglement abgelöst wird. Dennoch lässt man es mit 21 Wagen und vier verschiedenen Herstellern nochmal ordentlich krachen und verspricht viel Spannung!

Zahlenmäßig war der Unterschied zwischen 40 Prototypen auf der einen Seite und „nur“ 21 GTE auf der anderen Seite schon lange nicht mehr so deutlich durch den Wegfall der GTE-Pro Kategorie. Im nächsten Jahr steht mit der GT3 Einführung in der WEC zu erwarten, dass das Verhältnis wieder etwa 50/50 sein wird.

Was dieses Jahr auffällt: Zahlenmäßig gibt es keine Ferrari-Dominanz mehr. Waren letztes Jahr noch über die Hälfte des GTE-Am Feldes mit einem 488 Evo unterwegs, sind es dieses Jahr nur noch sieben Fahrzeuge, was sicher auch mit dem LMH-Einsatz von AF Corse zusammenhängt. Porsche setzt zum GTE-Abschied nochmal acht Wagen ein. Aston Martin ist mit fünf Fahrzeugen zahlenmäßig immer noch gut dabei, obwohl man den Motorsport außerhalb der Formel 1 fast nicht mehr bestreitet. Als Favorit gilt jedoch die privateingesetzte und ehemalige Werkscorvette.

Wie üblich wird es in der Klasse viel um die Strategie bzgl. der Fahrzeiten gehen. Entscheidend ist oft das schwächste Glied in der Kette, sprich der klassische Amateur. Die Frage lautet oft: Wer setzt wann seine Bronze- und Pay-Driver ein? Manche Teams lassen die Pay-Driver gerne nach ein bis zwei Stunden ins Auto, wenn sich die Hektik etwas gelegt hat. Manche warten vier Stunden und länger. Wie üblich wird es ein Rennen werden, was sich im Verlauf des Samstags in einzelne Gruppen aufgliedern wird. Entscheidend wird für die Schlussphase sein, wie viel Fahrzeit der Gentleman-Driver der jeweiligen Besatzungen noch als Fahrzeit benötigt. Schauen wir uns das Feld mal nach den vier Herstellern sortiert an:

Porsche

Zahlenmäßig ist man bei Porsche nach längerer Zeit mit acht Wagen sogar der Klassenprimus. Wenn man bedenkt, dass die werkseingesetzten Manthey-Fahrzeuge nicht mehr im Rennbetrieb befindlich sind, dürften alle verkauften RSR-19-Versionen am Start sein. Allen voran ist hier die Proton-Mannschaft, bzw. Dempsey-Proton rund um Christian Ried zu nennen, die mit dem Einsatz des Porsche 963 in der LMH-Klasse erst nach Le Mans beginnen wird und damit die vorhandenen Kapazitäten nutzt.

Die Speerspitze dürfte wie jedes Jahr bei Porsche die #77 mit Christian06 Ried, Julien Andlauer und Mikkel Pedersen sein. Pedersen ist zwar erst seit zwei Jahren im Team, hat sich aber durchaus schon bewährt. Die Frage wird eher sein, welche Leistung Christian Ried zeigen wird, der zwar viel Erfahrung mitbringt, aber zuletzt eher durch Dreher und Ausritte aufgefallen ist. Ich erinnere hier vor allem an die Einführungsrunden in Spa. Eigentlich erstaunlich, dass man mit dieser Startnummer die Klasse noch nie gewinnen konnte. Irgendwas ist mit dem Auto immer passiert.

Eine Umbesetzung nahm Proton in der #88 vor. Hier fährt Harry Tincknell nun mit Brendon Iribe und Oliver Millroy, während seine sonstigen Kollegen Ryan Hardwick und Zacharie Robichon in die #16 wechseln, um sich dort mit Jan Heylen das Steuer zu teilen. Dieses Trio ist in dieser Besatzung schon aus der IMSA bekannt, wo sie in den letzten Jahren den Porsche von Wright Motorsports gefahren sind, ebenfalls mit der Startnummer 16. Sicherlich bedeuten die Umstrukturierungen keine fahrerische Verschlechterung, aber ohne Risiko sind solche Rochaden in einer laufenden Saison natürlich nie.

Das vierte Proton Fahrzeug startet mit der begehrten 911. Hier findet man auch Richard Lietz, der wie erwartet nach der Beendigung des Manthey Projekts in der Riege der Porsche Piloten etwas niedriger unterwegs ist. Hier stellt sich die entscheidende Frage, wie sich Michael Fassbender nach seinem schwachen Le Mans Debüt im letzten Jahr steigern konnte.

Neu im Porsche-Aufgebot steht die Iron Lynx Mannschaft. Es dürfte ein vorerst einmaliger Ausflug für das Team bleiben, da man nächstes Jahr bekanntlich das LmdH Projekt mit Lamborghini stemmen wird. Das stärkste Trio dürfte hier das Iron Dames Trio mit der #85 sein. Eine Pole von Sarah Bovy würde nach den gezeigten WEC-Leistungen nicht überraschen. Allerdings fällt in der Besatzung in diesem Jahr Rahel Frey durch den ein oder anderen Fehler auf. Mit dem derzeitigen fünften Rang in der Meisterschaft zeigt das Trio allerdings, dass sie zu den besten zwei bis drei Porsche-Besatzungen gehören. Dazu setzt die italienische Mannschaft die #60 mit Claudio Schiavoni, Matteo Cressoni und Alessio Picariello ein.

Als weiterer Porsche ist noch GR Racing dabei, denen man aber mit Barker/Pera/Wainwright kein top Resultat zutrauen sollte. Project 1 fährt in diesem Jahr eine Kooperation mit AO-Racing aus den USA, weshalb man neben Matteo Cairoli auf P.J. Hyett und Gunnar Jeannette setzt, die den Saisonauftakt in Sebring fuhren. Den Sieg aus 2019, als man noch von drei Werksfahrern unterstützt würde, dürfte die Mannschaft aus der Nähe von Osnabrück damit nicht einfahren können. Aber: Wie auf dem Bild zu erkennen ist: Man zeigt Zähne!

Ferrari

Wie schon eingangs erwähnt, musste man bei Ferrari einen kleinen Aderlass hinnehmen. AF Corse setzt dieses Jahr „nur“ drei Fahrzeuge unter eigener Nennung ein. Die bislang stärkste Besatzung ist die #83 unter Richard Mille Nennung mit Luis Perez Companc/Lilou Wadoux/Alessio Rovera. Vor allem die junge Französin gilt als große Entdeckung dieser Saison, nachdem sie vor zwei Jahren noch im französischen Alpine Markenpokal unterwegs war und letztes Jahr schon starke Leistungen im LMP2 Team von Richard Mille zeigen konnte. Dazu ist die #54 mit Thomas Flohr/Francesco Castellacci und dem Werksfahrer Davide Rigon ebenfalls gut einzuschätzen, da Flohr zu den besseren Bronze-Piloten zählt. In der #21 gab es personell erneut einen Wechsel, nachdem Julien Piguet für Le Mans Diego Alessi ersetzt, der wiederum ab Portimao Stefano Costantini ersetzt hat. Piguet ist noch ein recht unbeschriebenes Blatt. Simon Mann und Ulysse de Pauw gehören jedoch zu den stärkeren Personalien.

Bei Kessel Racing konnte die Besetzung in der #57 vor allem mit dem dritten Rang in Sebring überzeugen unter der Besatzung Takeshi Kimura/Scott Huffaker und Daniel Serra. Mit JMW Motorsport aus England ist erneut die erfahrene Mannschaft dabei, die vor Jahren einen Klassensieg einfahren konnten. Hier setzt man u.a. Thomas Neubauer ein, der sich durch gute Leistungen für BMW am Nürburgring einen Namen gemacht hat.

Die wohl spannendste Teampersonalie bei Ferrari ist Walkenhorst Motorsport. Nach dem Titel in der Asien Le Mans Series wollte man seinen Startplatz unbedingt nutzen. Jedoch hat der Einsatz des nicht mehr eingesetzten BMW M8 nicht funktioniert, weshalb die Mannschaft erstmals und wohl auch einmalig auf das italienische Produkt setzt. Mit Chandler Hull, Andrew Haryanto und Jeff Segal hat man ein erfahrenes Trio verpflichten können. Im Nachhinein etwas Schade, dass BMW keine Werksfahrer für den Auftritt freigegeben hat. Sonst wäre das umso interessanter geworden.

Aston Martin

Bei den motorsportlichen Entwicklungen der britischen Kultmarke abseits der Formel 1 darf man durchaus überrascht sein, dass man zum Farewell der GTE-Klasse nochmal fünf Vantage am Start hat. Sportlich dürfte man gegen die Konkurrenz jedoch eher geringe Chancen haben.

Mit TF Sport ist zwar mit zwei Wagen immer noch eine Mannschaft dabei, die 2020 und 2022 gewann, aber ohne unterstützende Werksfahrer dürfte es schwierig werden. Der große Lichtblick war der dritte Rang bei den 6 Stunden von Spa für das Trio Ahmad Al-Harty, Michael Dinan und Charlie Eastwood. Hinzu kommt als Gaststarter mit der #72 das Trio Arnold Robin/Maxime Robin und Valentin Hasse-Clot.

Mit GMB Motorsport ist ein Team aus Dänemark erstmals auf der Entry List vertreten. Das Team, das sonst in der ELMS an den Start geht, setzt neben Gustav Dahlmann und Jens Reno Möller auf den erfahrenen Marco Sörensen, der einige Jahre in der Pro-Klasse den „Dänenbomber“-Vantage verstärkt hat. Hinzu kommt mit D´Station Racing ein erfahrenes Duo mit Satoshi Hoshino, Tomonobu Fuji und Casper Stevensen. Hier wird man vor allem darauf aus sein, das Ziel zu erreichen. Hoshino ist seit Jahren in den europäischen Rennserien unterwegs, konnte mit D’Station 2020 aber auch einen Sieg in der Asian-LMS erreichen. Fuji war zweimal Dritter in der Super GT (T300) fährt aber nur noch sporadisch.

Eine veritable Umstrukturierung musste Northwest AMR in der #98 vornehmen. Paul Dalla Lana, der das Team vor allem finanzierte, zog sich nach den 6 Stunden von Spa überraschend vom aktiven Motorsport zurück. Mit Axcil Jeffries und vor allem Nicki Thiim wäre die Besatzung sicher ein Podiumskandidat gewesen, wenn Dalla Lana lediglich die Mindestzeit im Wagen gesessen hätte. Nach dem Abgang des Kanadiers waren aber auch Thiim und Jeffries ihre Cockpits los, weshalb die Mannschaft mit Ian James, Daniel Mancinelli und Alex Riberas auf einen Teil des IMSA-Aufgebots von Aston Martin setzen musste. Damit wird man allenfalls eine Außenseiterrolle im Rennen spielen können.

Corvette

Machen wir es zum Abschluss kurz und knapp: Die einzige Corvette C8 in der Klasse ist dennoch der große Favorit auf den Sieg. Nach den Erfolgen der Besatzung Ben Keating, Nick Catsburg und dem überraschend starken Nicolas Varonne aus Argentinien hat man in der Tabelle fast doppelt so viele Punkte wie die Zweiplatzierten. Wenn Ben Keating seine erstaunlich guten Leistungen als Privatier fortsetzen kann und Nicolas Varonne bei seinem Le Mans Debüt keinen Leistungseinbruch erlebt, muss man die privat eingesetzte und ehemalige Werkscorvette als Favorit sehen.

Bilder: fiawec.com (https://www.fiawec.com/en/photos-videos/13)

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