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Best Of 2017 – Thomas

von ThomasB
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Zum Jahreswechsel schauen die Racingblog-Autoren auf das vergangene Jahr zurück und stellen ihre persönlichen Highlights und Enttäuschungen zusammen.

Porsche 911GT3 R, Walkinshaw GT3: Earl Bamber, Kevin Estre, Laurens Vanthoor

Mein persönliches Jahr 2017 war geprägt von Veränderungen. So habe ich mich, wenn ich diesen Einblick gewähren darf, schulisch/beruflich komplett umorientiert und studiere nun ein Fach, von dem ich zu Anfang des Jahres niemals gedacht hätte, das es mich interessieren würde. Doch ich habe schnell gemerkt, dass mir diese Veränderung wirklich gut getan hat und ich sie auch ehrlich gesagt nötig hatte. Wie vielleicht einige gemerkt haben, konnte ich dadurch die letzten Rennen der Supercars nicht mehr ausführlich begleiten, weil mir einfach die Zeit fehlte, aber „that’s life“.

Veränderung war auch in vielen Rennserien das Stichwort 2017: In der Formel 1 gab es ein vor allem aerodynamisch neues Reglement, in der IMSA feierten die neuen DPi-Prototypen ihre Premiere, die NASCAR führte ein neues Playoff-System ein, und selbst in der DTM gab es mit Double File Restarts oder kleineren Boxencrews einschneidende Änderungen. Auch WEC und WTCC stehen kurz vor einem Neuanfang und mit Konzepten wie dem Halo oder dem Aeroscreen stehen im Bereich der Openwheeler bedeutende Neuerungen in den Startlöchern.

Kommen wir aber nun zum eigentlichen Thema: dem Best Of 2017.

Unsere Best Ofs enden ja traditionell mit Wünschen für das kommende Jahr und wenn ich in meine Wunschliste von 2016 schaue, steht da zum Beispiel „spannende Rennen und möglichst wenig schwere Unfälle.“ Im Großen und Ganzen ist dieser Wunsch tatsächlich erfüllt worden. Die Supercars zum Beispiel boten eine der spannendsten Meisterschaften der letzten Jahre, mit einem Saisonfinale, das dramatischer nicht hätte verlaufen können. Auch die Saisons der IMSA, IndyCar oder WRX (drei Meisterschaften, die kaum unterschiedlichere Konzepte haben könnten) boten tollen Motorsport.

Doch es gab auch 2017 einige schwere Crashs, bei denen man das Schlimmste befürchten musste, doch selbst bei denen gab es meistens relativ schnell Entwarnung. Wenn man sich die Massenkarambolagen der Supercars (Symmons Plains), der Blancpain GT (Monza) oder des GT World Cup (Macau) noch einmal ansieht, oder vor allem auch die Unfälle von Sébastien Bourdais und Scott Dixon in Indianapolis, kommt man zu dem Schluss, dass auch in diesem Jahr sehr viel Glück dabei gewesen ist. Und das sind nur ein paar von vermutlich Dutzenden Beispielen in diesem Jahr.

Ein weiterer Punkt auf der Wunschliste lautete „konsequente Entscheidungen von Rennleitungen.“ Auch das hat in diesem Jahr sehr gut geklappt. (*Gelächter abwarten*)

Bestes Rennen

Jetzt wo ich Eure Aufmerksamkeit habe, kann ich ja mit der ersten Kategorie anfangen. Das oder besser gesagt die besten Rennen 2017 konnte man allesamt bei den Supercars bewundern. Da wäre zum Ersten das Bathurst 1000, das nach über sieben Stunden voller Dramen mit David Reynolds und Luke Youlden die verdienten Sieger hervorbrachte. Zum Zweiten das Samstagsrennen in Pukekohe, das durch das neue Format grandiosen Tourenwagensport bot, und zu guter Letzt das Saisonfinale in Newcastle, das einem den Atem raubte und ungläubig zurückließ.

 

Bestes Finish

Das australische Motorsportjahr beginnt direkt mit zwei Highlights: den 12h von Bathurst und dem Adelaide 500. Wer diese Rennen, und besser gesagt das Rahmenprogramm, verfolgt hat, dem wird der Name Jordan Cox bekannt vorkommen. Der junge Australier nimmt mit einem Honda Civic der fünften Generation in der „Improved Production“ teil. Dort ist er in der Klasse der Fahrzeuge bis zwei Liter Hubraum unterwegs, macht aber den deutlich besser motorisierten Toyota Celicas oder Holden Commodores mit ihren V6- beziehungsweise V8-Aggregaten Konkurrenz. Während er auf den Geraden unterlegen ist, ist Cox in winkligen Passagen und auch beim Anbremsen auf langsame Kurven in seinem Civic unschlagbar. In Adelaide kämpfte er im zweiten Rennen gegen Chris Brown in einem Toyota AE86 um den Sieg, die letzten Runden waren schlicht und einfach großartig.

Nerd Level over 9000:


Bester Fahrer

Don machte Fernando Alonso in seiner Top-Ten-Liste der F1-Fahrer zur Nummer 1, für mich ist er auch kategorie-übergreifend der beste Fahrer des Jahres. Im Team-Radio meckert er vielleicht etwas oft, aber das ist halt sein Temperament. Ihm merkt man dafür die Leidenschaft für den Sport an, Aufgeben kommt für ihn auch mit unterlegenem Material (fast) nie infrage. Das hat er in der Formel 1 nicht nur in diesem Jahr bewiesen.

Zu was er mit konkurrenzfähigem Material fähig ist, zeigte seine Performance in Indianapolis. Dass ihm ausgerechnet ein Motorschaden ein Top-Ten-Ergebnis beim IndyCar-Debüt zunichtemachte, musste 2017 wohl einfach passieren. Zudem zeigt er, als einer von wenigen Fahrern der Formel 1, offen Interesse an anderen Formen von Motorsport – eine Eigenschaft, die ich bei vielen Fahrern vermisse. Andere lästern zum Beispiel einfach über die IndyCar oder posten drei Jahre alte Formel-E-Videos auf Instagram und fragen dann, ob Nick Heidfeld okay ist. Ich hoffe, dass Alonsos Vorhaben, sich als erster seit Graham Hill die Triple Crown des Motorsports aufzusetzen, von Erfolg gekrönt ist. Es würde ihn endgültig zu einer Legende machen.

Bestes Team

Für mich ist das beste Team 2017 Furniture Row Racing. Das Team um Martin Truex Jr. holte in diesem Jahr zum ersten Mal den Titel in der NASCAR Cup Series. Und nach insgesamt acht Saisonsiegen ist das auch mehr als verdient. Das Team ist eines der wenigen in der NASCAR, welches nicht in oder um Charlotte residiert, weshalb gerade die Ostküstenrennen jedes Mal einen großen Kraftakt von der Truppe aus Denver verlangen. Ein ganz gutes Bild, welchen Aufwand FRR betrieb, um in diesem Jahr um die Meisterschaft zu fahren, kann man sich in Episode 76 von Dinner with Racers machen, in der Truex‘ Crew Chief Cole Pearn nicht nur einen tollen Einblick in die Abläufe und Chemie im Team gewährt, sondern auch von seinem eigenem Werdegang erzählt und wie er als Kanadier ausgerechnet in der NASCAR gelandet ist.

Überholmanöver des Jahres

Das America’s Tire 250 der IMSA in Laguna Seca neigte sich dem Ende zu. Nach einem insgesamt sehr sehenswerten Rennen kämpften Duncan Cameron im Action Express Cadillac und Renger van der Zande im VisitFlorida Racing Ligier um den Gesamtsieg. Die Uhr zeigte noch etwas mehr als zwei Minuten Rennzeit an, als der Niederländer vor der berühmten Corkscrew alles auf eine Karte setzte und sich mit einem tollen Manöver den ersten Platz sicherte:

Und dann gab es noch das:

Duell des Jahres

Das Duell des Jahres ist für mich der Kampf um den Supercars-Titel zwischen Jamie Whincup und Scott McLaughlin. McLaughlin, gerade einmal 24 Jahre jung, verlangte dem Seriensieger Whincup alles ab. Kämpften die beiden auf der Strecke gegeneinander, lief es immer hart, aber nie unfair ab. Am Ende scheiterte McLaughlin wohl einfach an seiner Unerfahrenheit, und so ging der Titel erneut an Whincup, der nun bei sieben Meisterschaften steht. Dass in der Meisterschaft fast bis zum Schluss insgesamt sogar fünf Fahrer um den Titel fuhren, macht schon jetzt wieder Lust auf die neue Saison.

Überraschung des Jahres

David Reynolds‘ Sieg beim Bathurst 1000 ist wohl eine der größten Überraschungen des Jahres. Das kleine Team aus Melbourne hat sich seit dem Wechsel von Mercedes auf Holden stetig verbessert, und hat mit David Reynolds einen ebenso talentierten wie charismatischen Fahrer in seinen Reihen. Der Triumph in Bathurst ist der größte Erfolg der Truppe um Betty Klimenko. Dass Co-Driver Luke Youlden neben seinen Endurance-Einsätzen bei den Supercars eigentlich „nur“ noch Fahrercoaching oder Autotests für Magazine macht und nun im 18. Anlauf das 1000 gewinnen konnte, passt einfach ins Bild.

Enttäuschung des Jahres

Für mich als Sympathisanten der F1-Traditionsteams sind es Williams und McLaren. Von beiden habe ich, und sie selber wahrscheinlich auch, vor der Saison mehr erwartet als die Plätze fünf und neun in der Konstrukteurswertung. Williams hatte es mit einer Fahrerpaarung zu tun, die auf der einen Seite zu unerfahren war, während sich die andere gedanklich vermutlich schon im Ruhestand befand. Bei McLaren war es mal wieder der Honda-Motor, der auch im dritten Jahr leider mehr schlecht als recht funktionierte. Dafür konnte Alonso oft glänzen, der quasi immer über dem Limit des Möglichen unterwegs war, aber auch Stoffel Vandoorne konnte hin und wieder sein Talent unter Beweis stellen.

Langweiligstes Rennen

Wie in jedem Jahr eine schwierige Kategorie, aber irgendwie sind immer Formel 1 und NASCAR dabei. Bei mir ist es ein Unentschieden zwischen den GPs von Brasilien und Italien. Einige NASCAR-Cup-Rennen sind sicher auch ganz vorn dabei.

Glückspilz des Jahres

Beim Sandown 500 der Supercars wird die Startaufstellung in zwei Qualifikationsrennen ausgefahren, die am Vortag stattfinden. Beim ersten dieser Läufe müssen sich die Co-Driver beweisen, weshalb diese Rennen zwar oft sehr ereignisreich sind, dafür aber auch für haarsträubende Szenen sorgen. Todd Hazelwood war in Tim Blanchards Wagen unterwegs, als er von Teknos Jonathon Webb getroffen wurde, in die Reifenstapel krachte und nach mehreren Überschlägen schließlich auf der Fahrerseite landete. Weder Webb noch Hazelwood verletzten sich dabei und auch unter den Zuschauern kam glücklicherweise niemand zu Schaden. Hazelwood startete nicht nur kurze Zeit später wieder beim Super2-Lauf, sondern wurde am Ende des Jahres auch noch Meister und wird im nächsten Jahr mit Matt Stone Racing bei den Supercars starten.

Race-Control-Moment des Jahres

Alles, was im Rahmen der Formula E in Hongkong passierte.

Schwätzer des Jahres

Lucas di Grassi

Spruch des Jahres

„That poor guy… He’s built up his courage to rob someone – he robs a Kiwi and a scotsman.“

(Dario Franchitti erzählt in Dinner With Racers (Episode 59), wie er und Scott Dixon nach dem Qualifying zum Indy 500 bei Taco Bell überfallen wurden.)

Inspiration des Jahres

Einer der unschönsten Momente des Jahres war sicherlich der Unfall von Billy Monger im April in Donington, bei dem er beide Beine verlor. In den Tagen und Wochen darauf folgte eine bemerkenswerte Reaktion der Motorsport-Gemeinschaft: Fans, Teams und Fahrer aus aller Welt sammelten insgesamt über 900.000€ (mehr als das Dreifache des Nötigen) für seine Familie, um seine Operationen und die Reha zu bezahlen. Fahrer aus den verschiedensten Serien klebten sich den Hashtag #BillyWhizz auf den Helm oder ans Auto.

Vor allem aber wie Monger selbst mit diesem Rückschlag umging, war und ist immer noch inspirierend. Er hatte noch nicht einmal das Krankenbett verlassen, da wollte er schon wieder Rennen fahren. Im Juli war er bereits wieder in einem Fun-Cup-Rennwagen von Team BRIT unterwegs. Das Team um im Dienst verwundete und traumatisierte Soldaten will eine Inspiration für Menschen mit körperlichen Behinderungen, posttraumatischen Belastungsstörungen oder anderen psychischen Krankheiten sein und hat übrigens das Ziel, 2019 in Le Mans anzutreten. Für 2020 steht dies auch auf Mongers Plan. Ich wünsche ihnen bei ihren Vorhaben alles nur erdenklich Gute.

Das Gleiche gilt natürlich für unsere Leser. Vielen Dank für Euer Interesse und Feedback! Ich hoffe, Ihr hattet erholsame Weihnachten, und wünsche Euch einen guten Rutsch ins neue Jahr und viel Erfolg, bei allem, was Ihr Euch für 2018 vorgenommen habt.

Bilderquelle/Copyright: BTCC; IndyCar; NASCAR; Porsche Motorsport; Williams F1

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