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Deutscher Motorsport und Social Media

von DonDahlmann
7 Kommentare

Die meisten Branchen, in denen es um viel Geld geht oder die sehr viel Publikumskontakt haben, sind mittlerweile ziemlich Social-Media-affin. Eine Ausnahme ist der deutsche Motorsport. Ein Rant.

Die Antwort der ITR (DTM) auf meine Akkreditierungsversuche in den letzten Jahren war immer sehr eindeutig. „Nein, wir akkreditieren keine Blogger.“ Da half es auch nicht, wenn die Anfrage über einen großen Sponsor der DTM lief oder eine Agentur dahinter steckte. Das „Nein“ blieb, egal was man sagte. Weder half der Hinweis auf die regelmäßige Berichterstattung, noch auf die ca. 2 Millionen PIs/Jahr auf dieser Seite. „Wir.Akkreditieren.Keine.Blogger.“ Fertig. Zauberte man den DJV-Presseausweis nebst Nachweis der Online-Berichterstattung aus dem Hut, war die Anmeldung dann komischerweise kein Problem. Das Problem mit der DTM mag extrem sein, sagt aber viel darüber aus, was in Deutschland in Sachen „Motorsport, Social Media & Blogs“ falsch läuft. Das ist eine ganze Menge und ich muss mir mal Luft machen.

So richtig verstanden scheint kaum jemand zu haben, welche Massen sich mittlerweile über Blogs und andere, reine Online-Portale bewegen. Die Autoindustrie ist im letzten Jahr zwar aufgewacht und hat damit begonnen, Blogger in ihre Media-Planung einzubeziehen. Das betrifft aber ausschließlich den Bereich „Hersteller“ und dort schon mal nicht alle Marken. Und die allerwenigsten haben eine echte Strategie, sondern stochern ein wenig im Nebel rum bzw. lassen von Agenturen stochern, die keine Ahnung haben. Schaut man selbst bei den großen Herstellern in den Bereich „Motorsport & Social Media“, wird es sehr schnell sehr traurig. Der einzige (!) Hersteller, der mich regelmäßig in Sachen Motorsport zu verschiedenen Ereignissen und Events kompetent anspricht, ist Nissan Deutschland.

Und offenbar glauben viele Hersteller, Teams und Zulieferer in Deutschland, dass das Internet wieder weg geht. Oder nicht wichtig ist. Manche Hersteller haben mittlerweile Präsenzen eingerichtet, aber im Social Web geht es ja nicht nur darum, präsent zu sein, sondern vor allem um Kommunikation. Daher ist es nicht wichtig, dass man was schreibt, sondern auch, wie oft man auch antwortet. Bei Twitter gibt es zum Beispiel eine sogenannte „Repley-Quote“ (RP), also wie oft man pro 100 Tweets reagiert bzw. eine Reaktion bekommt. Alles unter 20 ist eine Katastrophe. (Nur so zum Vergleich, ich hab auf Twitter eine RP-Quote von 79). [Gemessen mit Twtrland,]

DTM / ITR
Twitter: Nein
Facebook: https://www.facebook.com/DTM?fref=ts

DTM / Audi
Twitter: Jein, globale, nur englischsprachige Präsenz unter https://twitter.com/audi__sport (RP 8)
Facebook: Jein, globale, nur englischsprachige Präsenz unter https://www.facebook.com/AudiSport?v=feed

DTM / BMW
Twitter: Jein, globale, nur englischsprachige Präsenz unter https://twitter.com/BMWMotorsport (RP 62)
Facebook: Jein, globale, nur englischsprachige Präsenz unter https://www.facebook.com/BMWMotorsport?fref=ts

DTM / Mercedes
Twitter: Nein
Facebook: Nein
(Anmerkung: Das F1 Team twittert, das wird von den Engländern gemacht)

ADAC GT Master
Twitter: Ja, deutschprachig https://twitter.com/gtmasters (RP 12)
Facebook: Ja, deutschsprachig https://www.facebook.com/ADAC.GT.Masters

VLN
Twitter: Ja, deutschsprachig https://twitter.com/vln_de (RP 3)
Facebook: https://www.facebook.com/vln.de

Da rechnet sich die ITR jedes Jahr Fantasiezahlen über die eigene Reichweite aus den IVW-Auflagen zusammen und hat nicht mal einen deutschsprachigen Kommunikationskanal im Bereich Social Media. Die Verzweiflung einiger Fans ist mittlerweile so groß, dass sie eigene „inoffizielle“ Accounts bei Facebook und Twitter angelegt haben.

In die kleineren Serien will ich gar nicht erst gehen. Bei den Zulieferen sieht es keinen Deut besser aus. Egal ob Reifen, Kupplung oder Stoßdämpfer – es herrscht meist die Devise „Gehen sie weiter, es gibt nichts zu sehen“. Die Ausnahme: ZF, die in diesem Jahr den Mut hatten, mal was in der Richtung zu machen und dies auch in Zusammenarbeit mit dieser Seite gemacht haben.

Bei den in Deutschland basierten Teams sieht es meist nicht viel besser aus. Nur mal so als Beispiel: Reiter Engeneering, eines der größten deutschen Einsatzteams, hat zwar einen Twitterkanal (super URL, btw), diesen aber im Mai 2011 (!) das letzte mal genutzt. Manthey macht gar nichts, Molitor und Stuck ein wenig (wobei die Söhne noch eigene Accounts haben), Mühlner vor Rennen, Vita4one hat zumindest eine Facebookseite.

Ich kann das, gerade bei den Teams, nicht nachvollziehen. Wäre ich ein möglicher Sponsor, der Geld für eine Saison zahlt, dann würde eine Frage auch lauten „Und was ist ihre Onlinestrategie?“. Teams kämpfen jedes Jahr um jeden Cent auf dem Sponsorenmarkt, aber Online-Promotion, der Aufbau einer digitalen Fanbase usw. findet einfach nicht statt. Selbst die katholische Kirche ist da weiter.

Daher muss man sich auch nicht wundern, dass weder Hersteller, noch Zulieferer, Veranstalter oder Teams Blogs, Twitteraccounts, Instagram oder sonstiges auch nur annähernd auf dem Schirm haben. Und selbst wenn sie mal denken „Och, mit diesem Internet kann man ja auch noch mal was mache“, endet es meist nicht so gut. So stellte ich im letzten Jahr fest, dass eine ganze Horde Autoblogger-Kollegen von einem großen Reifenhersteller zu einem VLN-Rennen eingeladen wurden, das Racingblog aber nicht. Ich war nicht beleidigt, dass die Redaktion keine Einladung bekommen hatte, nur überrascht. Im Nachhinein erfahren, dass man diese Seite bei der Recherche „übersehen“ hatte. Ich arbeite auch als Berater für Firmen, ich habe schon mehrfach Webanalysen für DAX-Unternehmen (Wo sind einflussreiche Blogs, Foren usw.) selber gemacht bzw. geleitet. Würde ich Blogs mit großer Reichweite übersehen, ich würde zu Recht Ärger mit meinem Kunden bekommen. Aber, auch das ist so eine Erfahrung, weder Agenturen, noch Unternehmen haben jemals eine wirkliche Webanalyse nebst Monitoringtool außerhalb der Google Suche unter dem Begriff „Auto“ gemacht.

Das ärgert mich aus zwei Gründen: Zum einen als Profi, der mit Social Media sein Geld verdient, zum anderen als Blogger und Online-Journalist (mit DJV-Ausweis), dessen Arbeit offenbar nicht ernst genommen wird. So lange ein paar Redakteure in Tageszeitungen dpa/sid-Meldungen ab- und umschreiben, scheint es den meisten deutsche Firmen aus dem Motorsportsektor zu reichen. Dabei sind es die Seiten der Fans, die im Netz für die Verbreitung der Inhalte sorgen. Professionell geführte Kommunikation sieht anders aus. Eine Online-Strategie auch.

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7 Kommentare

Marc 12 Januar, 2013 - 08:59

Super Artikel! Und danke für deine Einsichten… es ist echt traurig!
Als positives Beispiel möchte ich mal den Twitteraccount vom Lotus F1 Team hervorheben, die auch echt neben der Saison für gute Unterhaltung mit Aktionen und Bildern sorgen…!

Flo 12 Januar, 2013 - 12:15

Da muss ich aber kurz für die VLN in die Bresche springen, die VLN hat eine sehr aktive Facebook-Seite mit vielen Hintergrundinfos und Videos.

http://www.facebook.com/vln.de

Sonst ein super Artikel. ;-)

Max 12 Januar, 2013 - 13:41

Dem Tenor des Artikels stimme ich im Grundsatz zu, aber ich hätte eine bessere Recherche erwartet von jemandem der „…als Berater für Firmen…“ schon diverse Webanalysen für DAX-Unternehmen gemacht und / oder geleitet hat.

ITR und VLN (wie schon erwähnt) haben sehr wohl einen Facebook-Account und die FB-Seite von BMW ist mit deutsch und englisch zweisprachig – auch wenn das ausführende Agentur das nicht so macht, wie es eigentlich sein sollte…

DonDahlmann 12 Januar, 2013 - 15:02

Danke für die Hinweise, da ist mir eine alte Version rein gerutscht, wo vor allem der ITR Link fehlte. VLN nach getragen.

nona 12 Januar, 2013 - 17:53

Entspricht in etwa meinen Erfahrungen (allerdings liegt mein Tätigkeitsgebiet so’n bisschen woanders). Es mag vielleicht an Altersstrukturen liegen – so einige Herrschaften z.B. bei DTM/ITR sind ja nun durchaus auch schon älteren Kalibers. Mancher weigert sich dann einfach beharrlich, z.B. so neumodischen Technikkrimskrams wie etwa „Telefon“ anzuschaffen und kabelt stattdessen lieber Telegramme. :)
Auch aus Sicht des Fans kann ich das so erkennen. Etwa zwei Steinwürfe von mir entfernt ist ein Rennstall ansässig, das man als Fan durchaus kennen darf. Homepage ja, inklusive annähernd sämtlicher Email-Adressen der Teammitglieder (im Klartext, sehr clever – wieviel Spam da wohl drauf kommt?), dafür wenig Infos. Twitter nein. Facebook nein. Sonstiges nein (man könnte ja auch z.B. bei Youtube oder Flickr o.ä. sein, um den Medien und Fans schöne Hochglanzphotos zur Verfügung zu stellen). Das „Mutterteam“ dazu: Twitter und Facebook ja, aber wenig gepflegt und scheinbar nur als Verlautbarungskanal, nicht für Antworten. Homepage dünn. Immerhin ein Newsletter, holla…

Paytv h3 12 Januar, 2013 - 18:22

Die Europäischen Serien und Teams sollten es so machen, wie die Amerikaner bei der Nascar. Dort hatte man die Angst, dass die Fanbase bald ausstirbt und hat deswgen mit Twitter neue Fans hinzubekommen.
Wenn man das so auch in Europa machen würde, würde es a. mehr Fans in Deutschland geben (manchmal kommt es mir so vor, als ob nur ich und die anderen User hier im Blog beispielsweise heute das 24 Stunden Rennen von Dubai verfolgt haben. Ich könnte auch noch zig andere Beispiele dafür nennen, aber das wäre zu lang).
Und b. würde man für eine Nähe zwischen Fan und Team sorgen.
Ich muss zugeben, obwohl ich einen Twitter Account hab, bin ich dort nicht so oft um mir Informationen zu beschaffen. Da gehe ich lieber auf solche Blogseiten wie hier, wo über die gesamte Serie und nicht nur über ein Team was steht.

Digger 14 Januar, 2013 - 15:54

Kleine Anmerkung: Mercedes hat sehr wohl eine DTM-Seite: http://www.facebook.com/MercedesBenzDTM

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