Ende Februar kehrt die IndyCar-Series schon aus ihrer Winterpause zurück. Es ist der frühste Saisonstart seit über 20 Jahren.
Nach zwei Corona-Jahren plant die Serie wieder einen „normalen“ Kalender. Der Saisonstart findet in den Straßen von St. Petersburg statt, der Grand Prix of Long Beach Anfang April, man kehrt nach Toronto zurück und zum Finale geht es nach Laguna Seca. Eine Corona-Neuerung hat man dann aber doch übernommen. So findet weiterhin ein zweites Rennen auf dem Rundkurs im Indianapolis Motorspeedway (IMS), als Double-Header-Event mit der NASCAR, statt.
Eine größere Neuerung betrifft die Fernsehübertragung in den USA. Der Sender NBS SN, der in den letzten Jahren, erst als Versus, den Großteil der Rennen übertragen hat, ist Geschichte. Bis auf drei Rennen werden nun alle auf dem großen Network NBC übertragen. Das hat einen Einfluss auf die Startseiten der Rennen. Bis auf drei Ausnahmen, Indy-500 und die beiden Samstags-Rennen, ist der Beginn der Übertragungen auf 12:00/12:30 pm oder 15:00 pm ET terminiert. Mit den langen Vorberichten fällt aber auch der Start des Indy-500 in das 12:00 pm Fenster. Für mich ist das eine sehr gute Entwicklung.
Auf der technischen Seite gibt es keine Änderungen. Das IR-12-Chassis geht in seine 13. Saison und auch die 2,2l V6 Turbomotoren von Honda und Chevrolet sind bewährt. Das hält die Kosten in einem gewissen Rahmen und viele Teams können expandieren. Nur Team Penske ist auf drei Wagen geschrumpft und Carlin hat das Engagement in der IndyCar-Series beendet. Die technische Ausrüstung und wahrscheinlich auch der eine oder andere Mitarbeiter sind nun Teil von Juncos Hollinger Racing, die im Gegenzug wieder Vollzeit an den Start gehen werden. Für die 500 Meilen von Indianapolis sind auch schon fünf weitere Starter, darunter Juan Pablo Montoya und Tony Kanaan, bestätigt. Helio Castroneves fährt sogar die ganze Saison. Von Sebastien Bourdais hingegen müssen wir uns verabschieden. Insgesamt werden sechs Rookies, darunter mit Tatiana Calderon auch wieder eine Frau, an den Start gehen.
Teams
Chip Ganassi Racing
Für das Team geht wieder der Titelverteidiger an den Start. In diesem Jahr ist es aber nicht Scott Dixon, der natürlich weiterhin im Team ist, sondern Alex Palou. Der junge Spanier überraschte im Vorjahr alle und holte in seiner ersten Saison für Chip Ganassi direkt den Titel. Beeindrucken war seine Konstant über die Stadt- und Straßenkurse und auch über die Ovale hinweg. Er hat aber auch von der Schwäche Dixons profitiert. In den letzten Jahren waren wir gewohnt, dass er einige Rennen gewinnt und an schlechten Tagen um Platz 5 ins Ziel kommt. Im Vorjahr erreichte der Neuseeländer nur einen Sieg und dafür sieben Platzierungen außerhalb der Top-5. Traditionell hat Scott Dixon aber selten zwei schlechte Saisons in Folge. Chip Ganassi Racing geht also mit zwei absoluten Titelkandidaten in die Saison. Diesen Status hat sich Marcus Ericsson, trotz zweier Siege 2021, noch nicht erarbeitet. Er ist bisher jede Saison etwas besser geworden und so wäre der Schritt zum Titelkandidaten nur folgerichtig. Für Jimmie Johnson, der heuer auch die Ovale in Angriff nehmen wird, geht es weiter darum zu lernen und er hat im Vorjahr schon sehr viel gelernt. Mit Tony Kanaan kehrt für das Indy-500 ein weiterer erfahrener Lehrmeister in das Team zurück.
Team Penske
Das Team des Captain hatte 2021 eine eher schwächere Saison. Zwar kämpfte Josef Newgarden bis ins Finale um den Titel, aber von Simon Pagenaud und Will Power kam zu wenig. Man hatte das Gefühl, dass sie, zumindest zeitweise, ihren Biss verloren hatten und sich das Team insgesamt mit vier Wagen etwas verzettelt hat. Also wurde der Wagen von Simon Pagenaud gestrichen und der Franzose musste das Team verlassen. Das war die richtige Entscheidung, auch wenn er im Endklassement vor Power lag. Bei Will Power hatte man aber immer mal das Gefühl, dass er, wenn alles passt, weiterhin das ganze Feld in Grund und Boden fahren kann. Das fehlte Pagenaud. Scott McLaughlin hat in seiner Rookiesaison das gezeigt, was man erwarten konnte. Überraschend ist nur, dass er ausgerechnet auf den sehr unterschiedlichen Ovalen von Texas und Gateway mit den Plätze 2 und 4 seine positiven Akzente setzten konnte. In seiner zweiten Open-Wheeler-Saison muss er weiterhin lernen und dann wird er ein konstanter Kandidat für die Top-10.
Arrow McLaren SP
Das Team und Pato O’Ward hatten im letzten Jahr ihren absoluten Durchbruch. O’Ward gewann zwei Rennen, kämpfte bis ins Finale um die Meisterschaft und beendete die Saison im Endklassement auf Platz 3. Das war die Performance, die der junge Mexikaner in den Jahren davor schon angedeutet hatte. Wenn seine Entwicklung und die des Teams so anhält gehört er zu den absoluten Topfavoriten auf den Titel. Und es gibt eigentlich keinen Grund an einer weiteren positiven Entwicklung zu zweifeln. Felix Rosenqvist ist weiterhin sein Teamkollege und für das Indy-500 baut man auf die Erfahrung von Juan Pablo Montoya.
Andretti Autosport
Für die Bewertung der Vorsaison muss man das Team zweiteilen. Colton Herta gewann drei Rennen und beendete auf Platz 5 im Endklassement die Saison. Es fehlte nicht viel zum Titelkandidaten. Die Performance seiner Teamkollegen war dagegen zeitweise unterirdisch. Alexander Rossi schaffte nur drei Top-5-Ergebnisse; Ryan Hunter-Reay drei und James Hinchcliffe nur ein Top-10-Ergebnis. Endsprechend wurden Hunter-Reay und Hinchcliffe durch Romain Grosjean und Devlin DeFrancesco ersetzt. Grosjean hatte 2021 eine starke Debut-Saison, gekrönt mit zwei 2. Plätzen auf dem Rundkurs im IMS. Er bringt neuen Schwung ins Team und ist auf jeden Fall eine Verstärkung im Vergleich zum Vorjahr. Inwieweit auch DeFrancesco eine Verbesserung darstellt, muss sich zeigen. Außergewöhnlich dominant ist er in seiner jungen Karriere bisher nicht aufgetreten.
Rahal Letterman Lanigan Racing
Das Team kämpfte in den letzten Jahren mit Arrow McLaren SP (beziehungsweise SPM) um die erste Position nach den drei Topteams. Im Vorjahr hat man mit Graham Rahal und Takuma Sato den Kampf deutlich verloren. Rahal hat im Prinzip seine erwartbare Leistung erbracht. Bei Sato fehlten hingegen die Highlights. In Folge wurde der Japaner durch Jack Harvey, der sich in den letzten Jahren kontinuierlich mit seinem Team Meyer Shank Racing verbesserte. Den Beweis eines Toppiloten ist er aber bisher schuldig geblieben. Für mich ist die Verpflichtung von Christian Lundgaard deutlich spannender, der einen dritten Wagen Vollzeit pilotieren wird. Der Schwede ist 20 Jahre jung und überraschte positiv bei seinem einzigen IndyCar-Einsatz im Vorjahr.
Ed Carpenter Racing
Rinus VeeKay hatte eine sehr ordentliche erste Saisonhälfte 2021. Ein Fahradunfall und dem Aussetzen des Rennens auf der Road America war aber eine Zäsur der Saison. In den ersten achte Saisonrennen erreichte er sechsmal die Top-10, inklusive des Sieges beim Grand Prix of Indianapolis. In den letzten sieben Rennen schafft er es nicht mehr in die Top-15. Hoffentlich konnte er sich über den Winter erholen und kann nun an die erste Saisonhälfte 2021 anknüpfen. Das zweite Auto wird Conor Daly über die ganze Saison übernehmen. Teamchef Ed Carpenter kehrt nur für sein Heimrennen in Indianapolis in einem dritten Wagen zurück.
Meyer Shank Racing
Das Team will 2022 den nächsten Schritt machen. Man fing vor Jahren mit sporadischen Einsätzen von einem Wagen an und startet heuer mit zwei Wagen Vollzeit. Bei der Fahrerpaarung setzt man vorallem auf Erfahrung. Immerhin sammelten Simon Pagenaud und Helio Castroneves 5 Siege beim Indy-500 und eine IndyCar-Meisterschaft zusammen ein. Der Indy-Sieg von Castroneves für Meyer Shank Racing war 2021 die große Sensation. Für die 500 Meilen zählt der Routinier weiterhin zu den Favoriten. Auf den anderen Strecken ließ aber schon in den letzten Jahren für Team Penske den Speed vermissen. Über Pagenauds mangelnde Form bei Team Penske habe ich schongeschrieben. Ein Teamwechsel kann aber natürlich auch neue Energien freisetzen. Insgesamt ist Meyer Shank Racing das Team mit dem größten Unsicherheitsfaktor. Es würden mich weder regelmäßige Top-10-Plätze noch häufige Platzierungen außerhalb der Top-15 überraschen.
Dale Coyne Racing
Mit Romain Grosjean hat das Team mal wieder seinen Toppiloten verloren. Außerdem wurde die Zusammenarbeit mit Vasser Sulivan Racing beendet. Dale Coyne hat über Jahre aber immer wieder bewiesen, dass der allen Widrigkeiten zum Trotz ein konkurrenzfähiges Team auf die Beine stellen kann. Mit Takuma Sato holt er sich wieder einen sehr erfahren Piloten ins Team. Sein Teamkollegen ist der erst 20 jährige David Malukas. Der US-Amerikaner mit litauischen Wurzeln hat in den letzten Jahren in der Road-to-Indy überzeugt: Platz 4 in der Pro Mazda Championship und den Plätzen 6 und 4 bei den IndyLights. Insgesamt ist das eine sehr spannende Kombination.
AJ Foyt Enterprises
Dalton Kellet geht in seine dritte Saison mit dem Team. Bisher hat er keine Leistungen gezeigt, die ein Vollzeit-Cockpit rechtfertigen. Der amtierende IndyLights-Champion Kyle Kirkwood wird den zweiten Wagen pilotieren. Vor den IndyLights hat er 2019 die Indy Pro 2000 Championship und 2018 die U.S. F2000 Championship gewonnen. Insgesamt stand er bei 31 von 50 Rennen in diesen Klassen ganz oben auf dem Podium. Dazu kamen noch weitere 7 Podest-Platzierungen. Das ist eine sehr überzeugende Bewerbung für die IndyCar-Series. Auf den Stadt- und Straßenkursen wird Tatiana Calderón einen dritten Wagen übernehmen. Die Kolumbianerin durchlief diverse Nachwuchs-Formelserien und war vier Jahre lang Test- und Entwicklungsjahren bei Alfa-Romeo-Racing. Zu Einsätzen in der Formel-1 kam es natürlich nicht. Mal sehen in welche Fußstapfen sie in der IndyCar-Series treten wird. Eher Sarah Fisher und Danica Patrick oder Milka Duno.
Juncos Hollinger Racing
Nach dem Indy-500 2019 musste Juncos Racing seinen Betrieb erst einmal einstellen. Um so größer war die Freude, dass Team in Zusammenarbeit mit Brad Hollinger2021, bei den letzten drei Rennen mit Callum Ilott wieder am Start zusehen. Mit den Resten von Carlin plant das Team nun eine Vollzeit-Saison. Ilott durchlief die klassische Formel-Ausbildung und war auch jahrelang Testfahrer für Alfa-Romeo, Haas und Ferrari in der Formel-1.
Dreyer & Reinbold Racing
Wie jedes Jahr kehrt das kleine Team zum Indy-500 zurück. Sage Karam wird wieder einen Wagen pilotieren. Für Santino Ferrucci kommt sogar ein zweiter Wagen dazu. Im Herbst wurde auch über ein Engagement über das Indy-500 hinaus berichtet. Nach aktuellem Stand sind aber keine weiteren Einsätze geplant.
Weitere Nennungen für das Indy-500 sind nicht bestätigt. RC Enerson, im Vorjahr mit Top-Gun-Racing, würde gerne wieder teilnehmen. Mehr als den Wunsch gibt da aber nicht zu berichten. Auch JR Hildebrand ist noch auf der Suche nach Wagen. Paretta Autosport fehlen aktuell ein Chassis, das letztjährige war eine Leihgabe von Juncos-Racing, und die technische Unterstützung. Penske steckt alles verfügbare Personal in sein Porsche-LeMans-Projekt und ist nicht gewillt einen vierten eigenen oder Partner-Wagen zu unterstützen. Eigentlich sollten dort irgendwo aber noch die Wagen von Simon Pagenaud rumstehen. Immerhin hat Beth Paretta das Budget zusammen, einen Motorendeal mit Chevrolet, mit Simona deSilvestro eine Fahrerin, die zur Verfügung steht, und auch viele letztjährige Mitarbeiter wären wohl wieder mit dabei. Es wäre schon ein sehr großes Armutszeugnis, wenn wir die Damen im Mai nicht am Start sehen würden. Mit der #16 von Paretta Motorsport wäre das Feld mit 33 Meldungen schon einmal gefüllt.
Im Einzelnen setzt sich das Feld wie folgt zusammen:
Team | Hersteller | Nr. | Fahrer | Rennen |
---|---|---|---|---|
A.J. Foyt Enterprises | Chevrolet | 4 | Dalton Kellet | alle |
11 | Tatiana Calderon (R) | Stadt + Straßenkurse | ||
TBA | Ovale | |||
14 | Kyle Kirkwood (R) | alle | ||
Andretti Autosport | Honda | 26 | Colton Herta | alle |
27 | Alexander Rossi | alle | ||
28 | Romain Grosjean | alle | ||
Andretti Steinbrenner Autosport | Honda | 29 | Develin DeFrancesco (R) | alle |
Andretti Herta Autosport | Honda | 98 | Marco Andretti | Indy-500 |
Arrow McLaren SP | Honda | 5 | Pato O‘Ward | alle |
6 | Juan Pablo Montoya | Indy GP,Indy-500 | ||
7 | Felix Rosenqvist | alle | ||
Chip Ganassi Racing | Honda | 8 | Marcus Ericsson | alle |
9 | Scott Dixon | alle | ||
10 | Alex Palou | alle | ||
48 | Jimmie Johnson | alle | ||
TBA | Tony Kanaan | Indy-500 | ||
Dale Coyne Racing | Honda | 51 | David Malukas (R) | alle |
51 | Takuma Sato | alle | ||
Dreyer & Reinbold Racing | Chevrolet | 23 | Santino Ferrucci | Indy-500 |
24 | Sage Karam | Indy-500 | ||
Ed Carpenter Racing | Chevrolet | 20 | Conor Daly | alle |
21 | Rinus VeeKay | alle | ||
TBA | Ed Carpenter | Indy-500 | ||
Juncos Hollinger Racing | Chevrolet | 77 | Callum Ilott (R) | alle |
Meyer Shank Racing | Honda | 06 | Helio Castrones | alle |
60 | Simon Pagenaud | alle | ||
Rahal Letterman Lanigan Racing | Honda | 15 | Graham Rahal | alle |
30 | Christian Lundgaard (R) | alle | ||
45 | Jack Harvey | alle | ||
Team Penske | Chevrolet | 2 | Josef Newgarden | alle |
3 | Scott McLaughlin | alle | ||
12 | Will Power | alle |
Kalender
Detroit und Texas verlieren 2022 jeweils ein Rennen im Vergleich zum Vorjahr. Mit der Rückkehr der Straßen von Toronto und dem Iowa Speedway, als Double-Header, wächst der Kalender der IndyCar-Series auf 17 Rennen an. Das Verhältnis von Oval- zu Stadt- und Straßenrennen beträgt nun 5 zu 5 zu 7. Es könnten ruhig ein oder zwei Ovalrennen mehr sein. Das Problem ist aber die Zuschauer an die Strecke zu bringen und so den Event zu finanzieren. Unter dem Gesichtspunkt könnte es auch kritisch sein, dass die Rennen auf dem Texas und Iowa Speedway alle am Tag stattfinden.
Datum | Strecke | Art |
---|---|---|
27. Februar | Streets of St. Petersburg | Stadtkurs |
20. März | Texas Motor Speedway | Oval |
10. April | Streets of Long Beach | Stadtkurs |
01. Mai | Barber Motorsports Park | Rundkurs |
14. Mai | Grand Prix of Indianapolis | Rundkurs |
29. Mai | Indianapolis 500 | Oval |
05. Juni | Detroit/Belle Isle Park | Stadtkurs |
12. Juni | Road America | Rundkurs |
03. Juli | Mid-Ohio Sports Car Course | Rundkurs |
17. Juli | Streets of Toronto | Stadtkurs |
23. Juli | Iowa Speedway | Oval |
24. Juli | Iowa Speedway | Oval |
30. Juli | IMS Road Course | Rundkurs |
07. August | Streets of Nashville | Stadtkurs |
20. August | Gateway Motorsports Park | Oval |
04. September | Portland International Raceway | Rundkurs |
17. September | WeatherTech Raceway | Rundkurs |
TV-Situation
Auf die neue Situation in den USA bin ich schon eingegangenen und auch für den deutschsprachigen Raum gibt es Neuigkeiten. Nach Sky-UK und Sky-Italia hat sich auch Sky-Deutschland die Rechte an der IndyCar-Series gesichert. Damit solle das Motorsportprogramm auf Sky-F1 etwas aufgepolstert werden. Der Deal umfasst drei Saisons. Zur Form der Übertragung hat man noch keine Informationen herausgegeben. Wahrscheinlich läuft es auf die Schmalspur-Variante mit der 1 zu 1 Übernahmen es englischen World-Feeds hinaus. Wobei mir persönlich der englische lieber ist als ein schlechter deutscher Kommentar. Vielleicht gibt man sich aber in Kooperation mit England und Italien etwas mehr Mühe.
(c) Photos: IndyCar Media; Walt Kuhn, James Black, Matt Favrer, Joe Skibinski, Chris Owens, Chris Jones