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Formel Eins: Was folgt nach dem Wechsel von Hamilton zu Ferrari

von DonDahlmann
3 Kommentare

Es ist der wohl spektakulärste Wechsel eines Fahrers seit über einem Jahrzehnt. Mercedes steht damit vor einem Problem.

Der Wechsel von Lewis Hamilton zu Ferrari ist schon eine Bombe. Zum einen, weil alle Welt damit gerechnet hat, dass Hamilton seine Karriere in den nächsten ein bis zwei Jahren bei Mercedes beenden wird. Zum anderen, weil Frédéric Vasseur der wohl spektakulärste Wechsel eines Fahrers seit Ewigkeiten gelungen ist. Fans und Journalisten stehen Kopf und tatsächlich wirft der Wechsel etliche Fragen auf.

Die Erste lautet: Was macht Mercedes 2025? George Russell wurde als Nachfolger von Hamilton eingekauft und seine erste Saison war bemerkenswert gut. Doch im letzten Jahr lief es für ihn überhaupt nicht. Hamilton stahl ihm die Show und schlug ihn an allen Belangen. Russell machte nicht den Eindruck eines zukünftigen Teamleaders oder als jemand, der die entscheidenden Rennen gewinnen kann. Sein Fahrfehler in Singapur, als er einen möglichen Sieg wegwarf, mag als Sinnbild herhalten. Die Frage ist, ob er einfach nur mal ein schlechtes Jahr hatte, so wie Hamilton 2010, als er von Jenson Button bei McLaren geschlagen wurde. Oder ob Russell zu den F1-Fahrern gehört, die halt mal gute Wochenenden haben, aber nicht die Konstanz, die man benötigt, um Weltmeister zu werden.

Es ist klar, dass Russell, egal, wie die Saison 2024 für ihn läuft, bei Mercedes bleiben wird. Aber wen holt Mercedes dazu? Die Auswahl ist dünn. Carlos Sainz ist ein Kandidat, aber Mercedes wird schon aus Imagegründen keinen Fahrer nehmen, den Ferrari nicht für gut genug erachtet.

Fernando Alonso muss man erwähnen. Aber der Spanier wäre 43, bzw. er wird 2025 dann 44 Jahre alt. Klar, er ist immer noch einer der besten in der F1, aber wird das auch noch in zwei Jahren der Fall sein? Und will Mercedes einen Fahrer, der ganz klar am Ende seiner Karriere ist? Möglich wäre es, dass ihn übergangsweise nimmt, bis sich der Markt öffnet und andere Fahrer erhältlich wären. Auf der anderen Seite weiß man, dass Alonso kein einfaches Teammitglied ist. Seine Reibereien mit den Teamkollegen sind legendär. Dass es bei Aston Martin so ruhig, hängt wohl nur damit zusammen, dass Lance Stroll kein echter Gegner für den zweifachen Weltmeister ist.

Lando Norris wäre natürlich auch eine Variante, aber der hat gerade vor ein paar Tagen frisch bei McLaren unterschrieben. Doofes Timing. Mercedes hat ausreichend Geld, um jeden Fahrer aus jedem Vertrag herauszukaufen und McLaren nimmt bekanntlich gerne Geld entgegen. Und mit Piastri hat man einen Piloten, der Norris durchaus ebenbürtig ist. Die Frage ist aber auch, ob Norris überhaupt gehen will. Mercedes muss 2024 erst mal beweisen, dass man McLaren schlagen kann und man müsste Norris durch einen gleichwertigen Fahrer ersetzen, was angesichts der Lage auf dem Fahrermarkt schwierig erscheint.

Aus dem eigenen Nachwuchs hat Mercedes Mick Schumacher, der in den höchsten Tönen für seine Arbeit im Simulator und bei der Abstimmung gelobt wird. Man könnte ihn ins Team befördern. Das würde Mercedes sehr viel Geld sparen, aber Schumacher hat bisher in seiner Karriere nicht gerade viel bewegt und stellt ein Risiko für Mercedes dar. Ebenso im eigenen Kader ist der hochgelobte Andrea Kimi Antonelli. Der hat in den Feeder-Serien so ziemlich alles gewonnen und startet dieses Jahr in der F2. Gelingt ihm da ein Durchmarsch, wäre der Italiener vielleicht eine Option für Mercedes. Aber vermutlich würden sie ihn lieber erst mal bei Williams parken.

Was einen zu Alex Albon bringt, den man nicht vergessen sollte. Der Thailänder ist im Williams stark unterwegs, aber hat halt das Problem, dass seine Vergangenheit bei Red Bull wie ein Schatten auf seiner Karriere liegt. Die Sorge von Mercedes wäre, dass Albon unter Druck erneut nicht sein volles Potenzial abliefert. Auf der anderen Seite: Er ist günstig, schnell und verfügbar.

Ansonsten gäbe es noch folgende Optionen:

Pierre Gasly und Esteban Ocon. Ocon hat noch einen Vertrag bis Ende 2024 und stammt aus dem Mercedes Förderprogramm. Meines Wissens ist er zwar Alpine gebunden, Mercedes hätte aber eine Option auf ihn, wenn sie wollten. Ich halte Gasly allerdings für den insgesamt schnelleren und zuverlässigeren Piloten. Ocon hat immer wieder Wochenenden, an denen er untergeht, Gasly hat zudem die bessere Rennpace.

Daniel Ricciardo: Wurde Verstappen aus dem Team gefahren und von Ocon unter Druck gesetzt. Hatte keine Chance gegen Norris und Tsunoda ist an guten Tagen auch nicht langsamer. Aber als sichere Bank, der Russell absichert, keine schlechte Option. Wäre da nicht seine Quali-Schwäche, die sich Mercedes nicht erlauben kann.

Sergio Perez: Dessen Vertrag läuft Ende 2024 aus und er bringt sehr viel Know-How von Red Bull mit. Könnte ebenfalls als sichere Nummer Zwei fungieren, aber auch hier ist dann wieder die Quali-Schwäche des Mexikaners etwas, was Mercedes nicht gebrauchen kann.

Nico Hülkenberg: Der Deutsche hat seine Qualitäten, keine Frage. Und nicht wenige, mich eingeschlossen, würden ihn gerne mal in einem Top-Auto sehen. Aber sein Problem war schon immer, dass er unter Druck und vielen entscheidenden Situationen Fehler gemacht hat. Aber er ist, abgesehen von Schumacher, der einzige deutsche Pilot im Feld und man weiß von ihm, dass er ein exzellenter Entwickler ist und die Schwächen von einem Auto sehr genau aufzeigen kann.

Liam Lawson: Hatte einen guten Einstand bei Alpha Tauri, aber die paar Rennen machen noch keinen Werksfahrer aus ihm. Siehe Nyck de Vries. Das Risiko dürfte Mercedes zu groß sein.

Das Problem für Mercedes ist, dass man aber eigentlich einen absoluten Superstar im Team benötigt. Allein aus Gründen des Marketings. Alonso hat als einziger einen Namen, der dem von Hamilton nahe kommt, ist aber keine sichere Bank aufgrund seines Alters. Norris würde immerhin die jungen Fans anziehen, aber weder Albon noch Schumacher haben das internationale Format, dass die Marketing- und PR-Leute gerne hätten.

Der Wechsel ist auch für Hamilton und Ferrari nicht ohne Risiken. Bei Ferrari ist die Sache klar. Jetzt hat man die Schlagzeilen und selbst wenn Hamilton gegen Leclerc komplett untergeht, kann man das aufs Alter von Hamilton schieben. Denn die Chance, dass der Brite in einem Auto, dass Leclerc mit Sicherheit eher für sich entwickeln lassen wird, gegen den Monegassen schlecht aussehen könnte, sind relativ groß. Kann der Brite Leclerc noch auf einer Quali-Runde schlagen?

Für Hamilton ist die Sache nicht so einfach. Der Wechsel zu Ferrari kann komplett schiefgehen und seine Ambitionen auf einen achten WM-Titel endgültig scheitern lassen. Wenn er gegen Leclerc schlecht aussieht, werden alle sagen, dass er ausgebrannt ist und bei Mercedes hätte bleiben sollen. Das wird seinem Ruf als Fahrer insgesamt keinen Schaden zufügen, aber einen Schatten über das Ende seiner Karriere werfen.

Aber für die Fans ist das natürlich alles gut. Die Kombination Leclerc/Hamilton ist elektrisierend und endlich bekommt man mal zwei bekannte, absolute Topfahrer in einem Team. Das hat es seit der Kombi Senna/Prost nicht mehr gegeben. Und Hut ab vor Frédéric Vasseur dass er den Deal hinbekommen hat.

Bilder: Daimler AG, Pirelli

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3 Kommentare

Marcel Kuba 2 Februar, 2024 - 09:08

Von den bekannten Sieg-Fahrern dessen Vertrag dieses Jahr ausläuft ist Perez die einzige sinnvolle Idee. Aber warum sollte Dr. Marko das zulassen? Eher Perez eine Verlängerung um ein Jahr plus Option anbieten anstatt die Gefahr eingehen, dass Sergio Red Bull in einem Wettbewerbsfähigem Mercedes 2025/2026 Punkte und evtl. Siege wegnimmt.

Mercedes und Toto Wolff werden nach der Marketingtechnischen Blamage von gestern schon einen Namen präsentieren müssen, der in der jüngeren F1-Historie Bedeutung hat:

Alonso: zu alt, die bekannte Vergangenheit mit dem Mercedes-Konzern,
Verstappen: brauchen wir nicht drüber zu reden,
Hamilton: ist ja nun weg,
Schumacher: der Sohn knappe 10 Jahre nach dem Vater als Mercedes-Stammfahrer, zumindest für 2025. Kommt sicherlich weltweit nicht an die Nachricht von gestern dran, aber wäre auch nicht soweit weg davon. Ich würde es ihm gönnen.

Marcel Kuba 2 Februar, 2024 - 09:33

Was man bei meiner Überlegung nicht außer acht lassen sollte: Der Zeitpunkt der Verkündung so früh im Jahr. Normalerweise werden solche Sachen im Spätsommer meistens um den GP in Monza herum verkündet.
Hamilton wird den neuen Wagen im Simulator gefahren sein, die Daten kennen. Was wenn im das nicht gefallen hat, das dritte Jahr in Folge? Der 24er Mercedes wird die Basis für den 25er Mercedes sein. Was wenn Elkann ihm die Daten des 24er Ferrari gezeigt hat uns diese wesentlich überzeugender sind?
Mercedes kämpft ehrlich gesagt seit zwei Jahren auch nur darum nicht hinter Ferrari auf Platz drei der WM zu fallen. McLaren und prinzipiell auch Aston Martin sind eher auf dem Weg Mercedes Konkurrenz zu machen.
Ich würde mir als Siegfahrer wie Alonso, Perez, Sainz eher die Frage stellen warum Hamilton es so eilig hat bekannt zu geben dass er Mercedes verlässt, anstatt nur auf den Namen des Teams, die zurückliegenden Erfolge und das Geld zu schauen. Wer sagt dass das Team nicht zur Mitte dieses Jahrzehnts wieder steht steht wo sie auch Anfang des letzten Jahrzehntes standen? Auf Platz vier bis fünf in der WM.

Oliver Rüssel 2 Februar, 2024 - 11:56

Aus Mick Schumachers Sicht muss er das Cockpit bekommen. Sollte dem nicht so sein, dann war es das für ihn, meines Erachtens nach, in der F1.

Ich vermute allerdings auch, dass sich Mercedes primär auf andere erfahrenere Fahrer konzentrieren wird. Perez könnte ich mir tatsächlich vorstellen, Alonso eher nicht. Sainz sehe ich auch nicht im Mercedes sitzen.

Neben Hamilton und Verstappen fehlt es derzeit eh an Leuchtgestalten in der F1. Ich frage mich gerade persönlich, ob es einem Sebastian Vettel womöglich wieder im Gasfuß juckt und er an ein Comeback nachdenkt. Das wäre dann auch eine mögliche Alternative für Mercedes.

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