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IndyCar: Ende gut in Baltimore

von Vorsicht
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Baltimore feierte letztlich einen gelungenen Einstand. Dabei hatte es am Freitag noch Zweifel gegeben, ob das Rennen überhaupt stattfinden würde.

75.000 Fans auf den ausverkauften Tribünen, ein – zumindest im zweiten Teil – spannendes Rennen mit einigen Überholmanövern und ohne schwere Zwischenfälle. Es war wahrscheinlich das erfolgreichste Wochenende, dass die IndyCar Series in diesem Jahr abseits des Indy 500 absolviert hat. Unter der erfreulichen Oberfläche gab es aber auch diesmal wieder Einiges an Kritik: Die Strecke war beim Eintreffen der Teams noch nicht fertig, die Trainings am Freitag mussten deshalb verschoben werden. Und auch die Rennleitung brachte sich beim Rennen wieder ins Gespräch. Sportlich ebenso erfreulich wie unerwartet: Will Power ist es in den vergangenen Rennen gelungen, die Lücke in der Meisterschaft zu schließen – der Australier hat drei Runden vor Schluss nur noch 5 Punkte Rückstand. Den Fans steht also doch noch ein spannender Herbst ins Haus.

Am Start des Rennens stand allerdings beinahe eine Katastrophe: Graham Rahal war auf der Außenbahn gut weggekommen, und konnte sich in der ersten Kurve kurzzeitig vor Polemann Will Power setzen (der ihn in der darauffolgenden Kehre wieder überholte). Was eingangs des uneinsichtigen T1 allerdings noch keiner der Fahrer wusste: Auf der anderen Seite fuhr noch ein Sicherheitsfahrzeug der INDYCAR auf der schon freigegebenen Strecke in die entgegengesetzte Fahrtrichtung. Hätte sich das Fahrzeug um etwa zwei Sekunden später aus dem Staub gemacht, wäre es unweigerlich zur Kollision gekommen – mit potenziell furchtbaren Folgen sowohl für die Insassen des SUV, als auch, vor allem, für Rahal, der wenig Chancen gehabt hätte, einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden. Wie knapp es wirklich war, war auf den TV-Bildern nur zu erahnen. Mittlerweile sind aber auf Youtube Videos aufgetaucht, die das wahre Ausmaß zeigen. Zum Glück ist nochmal alles gut gegangen – die Serie muss aber alles unternehmen, um ähnliche Szenen in Zukunft zu vermeiden.

Überhaupt: So sehr das Rennen im Bezug auf Promotion, Stimmung und Besucherzahl ein Erfolg war – was die Vorbereitung neuer Rennevents betrifft, muss sich bei der IndyCar Series ganz dringend etwas tun. Schon 2010 gab es Chaos beim ersten Event in Sao Paulo, als man erst am Freitag bemerkt hat, dass die Start- und Zielgerade zu glatt für die Autos war. Das könnte man als einmaligen Ausrutscher abtun, oder einer brasilianisch-improvisatorischen Mentalität zuschreiben. Nun gab es aber in Baltimore sehr ähnliche Probleme: Teile der Strecke stellten sich wegen Bahngleisen als unpassierbar heraus, man musste auf auf der langen Geraden eine provisorische Schikane einbauen. Außerdem wurden Freitagnacht noch schnell Teile der Oberfläche neu asphaltiert. Ein Wunder, dass sowohl die Schikane, als auch der sonstige Streckenbelag gehalten haben.

Man sollte das aber nicht nur zum Anlass nehmen, stolz auf die eigene Improvisationsfähigkeit zu sein. Vielmehr muss man endlich lernen, Strecken rechtzeitig vor Beginn des Events von Experten homologieren zu lassen. Besagte Profis würden dabei wohl auch feststellen, dass man an manchen Stellen deutlich mehr für die Sicherheit tun müsste.

Aber auch, wenn man das nicht so einfach abtun darf: In diesem Jahr ist zum Glück nichts passiert. Und das Rennen entwickelte sich nach einer eher langatmigen ersten Hälfte zu einem ziemlich spannenden Event. Daran war auch die Rennleitung nicht ganz unschuldig. Nach einem verunglückten Überholversuch von Ryan Briscoe an Ryan Hunter-Reay bildete sich im der Haarnadel von Turn 3 nämlich ein Stau. Es folgte eine Gelbphase. Und Unklarheit darüber, wie die Autos hinter dem Pace Car sortiert werden sollten. Bei der Rennleitung griff man nach etwas Wartezeit zu einer salomonischen Lösung: Die Wagen sollte sich ganz einfach wieder so aufreihen, wie vor der Gelbphase. Weil aber einige Fahrer dem Stau deutlich schneller entkommen waren als andere, dauerte es eine Weile, bis das Feld die gewünschte Reihenfolge eingenommen hatte.

Diese Zeit nutzte eine ganze Gruppe von Piloten aus dem Mittelfeld, allen voran Oriol Servia und Tony Kanaan, um ihren letzten Boxenstop zu absolvieren. Nicht so allerdings die Spitze rund um Power und Graham Rahal, die fälschlich von einer kürzeren Caution ausging, und auf der Strecke blieb.

Als die Gelbphase dann länger und länger dauerte, war die Spitzengruppe mit einer stets schwerer werdenden Aufgabe konfrontiert: Nämlich der, innerhalb nur weniger Runden mit leichten Autos (aber alten Reifen) ausreichend Vorsprung herauszufahren, um vor jener Gruppe zu bleiben, die bereits gestoppt hatte. Das sollte am Ende nur Will Power gelingen, der mit ein paar schnellen Runden seinen Spitzenplatz besiegeln konnte.

Nicht so gut lief es für Graham Rahal. Der zeigte ebenfalls ein starkes Rennen, in dem er die meiste Zeit über der zweitschnellste Pilot im Feld war – und zum Teil Will Power sogar gefährlich wurde. Am Ende reichte es wegen der verkorksten Strategie dennoch nur für Rang zehn. Entsprechend unzufrieden äußerte er sich nach dem Rennen auch über die Entscheidung Länger der Gelbphase. Was er im Interview allerdings auch sagte: Director of Competition Brian Barnhart hatte schon vor dem Rennen angekündigt, notfalls so lange zu warten, bis die korrekte Reihenfolge wieder hergestellt sei. Es hätte für die Truppe von Ganassi also nicht überraschen müssen, dass dann auch wirklich länger gelb war.

Ein prima Rennen zeigte einmal mehr Oriol Servia, der auf die richtige Strategie setzte, und mit Rang zwei die verdiente Belohnung für sich und das Team von Newman-Haas holte.

Star des Rennens war aber Tony Kanaan. Noch im Warm-Up sorgte er für die Schrecksekunde des Wochenendes, als auf der Start- und Zielgeraden bei 270 km/h plötzlich seine Bremsen versagten. Zum Glück fuhr Helio Castroneves gerade in einem passenden Abstand vor ihm her, so dass ihn Kanaan als eine Art Bremsblock verwenden konnte. Der darauf folgenden Crash lässt dennoch die Haare zu Berge stehen. Ein Glück, dass alle Beteiligten (und vor allem der Streckenposten, den Kanaans fliegender Wagen fast getroffen hätte) dabei unverletzt geblieben sind.

Zum Rennen musste Kanaan dann vom Ende des Feldes aus mit dem Ersatzwagen antreten – mit einer beherzten Fahrt und der richtigen Strategie schaffte er am Ende dennoch Platz drei.

Dahinter landeten die beiden Target-Ganassi von Dario Franchitti und Scott Dixon, die eine gute, aber keinesfalls herausragende Leistung zeigten. Franchitti hätte auch etwas weiter vorne landen können, hätte er nicht bei einem Restart-Überholversuch an Graham Rahal einmal eine Kollision vermeiden müssen.

Schlecht für den Schotten, aber gut für die Meisterschaft. Dort führt Franchitti jetzt nämlich nur noch mit fünf Punkten Vorsprung auf Will Power. Auch, wenn die noch verbleibenden Strecken (eine Rundstrecke und zwei Ovale) eher gegen Power sprechen – die Entscheidung ist doch noch einmal völlig offen.

Allerdings nur zwischen Power und Franchitti. Scott Dixon wird seinen Rückstand in Höhe von nun 77 Punkten wohl nur unter ganz besonderen Umständen gutmachen können. Oriol Servia auf Rang vier kann überhaupt nur noch Meister werden, wenn Power und Franchitti bei allen folgenden Rennen ausfallen, er jeden der drei Läufe gewinnt, und auch Scott Dixon noch massives Pech hat.

Ähnlich sieht es in der Mario Andretti Trophy für die Rundstrecken aus: Diesen (mäßig prestigereichen) Titel können ein Rennen vor Schluss nur noch Power und Franchitti gewinnen – wobei der Australier mit seinem Sieg in Baltimore nun eine 14 Punkte-Führung eröffnet hat.

Weiter geht es in zwei Wochen mit einem etwas bittersüßen Auftritt: Dem letzten Vorhang der IndyCar Series im japanischen Motegi – der noch dazu wegen der Erdbeben-Schäden nicht auf dem Oval, sondern auf dem Rundkurs stattfinden wird. Der melancholischen Grundstimmung entsprechend wird der Lauf unter dem Titel „The Final Indy Japan 300“ beworben. Eine Vorschau auf das Event folgt in der kommenden Woche.

Fotos: INDYCAR

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1 Kommentare

NASCARaddicted 6 September, 2011 - 21:54

also die Videos bei Youtube mit dem Safety Truck sind einfach unglaublich. So etwas DARF NICHT passieren.

Ich hoffe jemand bei der Rennkontrolle bekommt dafür einen heftigen Tritt in den Hintern …

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