Das zweite Saisonrennen auf dem Michigan International Speedway ist das letzte Tag-Rennen im Endspurt des „Race to the Chase“, bevor in den nächsten Wochen nur noch unter Flutlicht gefahren wird. Nach Bowyers Schwierigkeiten in Watkins Glen ist der Kampf um den letzten Chase-Rang wieder enger geworden: Vier Fahrer haben noch gute Chancen auf Platz 12.
Der Michigan International Speedway ist im Prinzip der jüngere ältere Zwilling des Auto Club Speedways in Kalifornien. Das Oval ist zwei Meilen lang und weist mit 18° Banking noch einmal vier Grad mehr auf als die Strecke in Fontana. Michigan bietet durch sein größeres Banking etwas mehr Spannung und viele unterschiedliche Fahrlinien: Oben an der Mauer, unten an der weißen Linie und dann noch ein bis zwei weitere „grooves“ in der Mitte der Piste. All das lässt sich auch beliebig miteinander kombinieren, je nachdem in welchem Abschnitt der Turns der Wagen „loose“ oder „tight“ reagiert.
Leider sorgt das häufig dafür, dass alle Wagen zu gut funktionieren und sich das Feld ähnlich wie in Pocono und Fontana nach ein paar actionreichen Runden schnell auseinander zieht. Die Rennen auf dem Michigan International Speedway haben aber einen Vorteil gegenüber dem Auto Club Speedway: Sie dauern statt 500 Meilen nur deren 400! Da aber die kalifornische Strecke im nächsten Jahr nur noch ein Datum im Kalender erhalten wird, bleibt uns einer der potentiellen Gähner in Zukunft erspart. Oft kommt es auf dem Michigan International Speedway auch zu Benzinkrimis, wodurch unter anderem Dale Earnhardt Jr 2008 und Brian Vickers 2009 ihre Rennen gewinnen konnten.
Die etablierten Kräfte haben an Schwung verloren und Roush-Fenway holte zuletzt auf
In den letzten Jahren war Red Bull Racing stark auf dem 2-Meilen-Oval unterwegs, doch nach dem krankheitsbedingten Ausfall von Vickers ist die Performance stark abgefallen. Man merkt deutlich, wie sehr der erfahrene Kalifornier dem Team zurzeit fehlt. Für das nächste Jahr konnte Red Bull mit Kasey Kahne einen echten Top-Fahrer an Land ziehen, der dem Team ordentlich Daten liefern sollte, wenn auch nur für eine Saison. 2012 übernimmt Kahne ja bekanntlich die #5 von Mark Martin bei Hendrick Motorsports. Dieses Wochenende wird für Red Bull also ein wichtiger Indikator sein, wie weit man derzeit hinter der Spitze zurückhängt und wo Verbesserungsbedarf besteht.
Das Rennen im Juni konnte Denny Hamlin wie vermutet in seiner starken Vorsommer-Phase gemeinsam mit Kurt Busch beliebig dominieren. Sowas passiert in Michigan häufig: Ein Siegkandidat kristallisiert sich heraus und jagt gemeinsam mit einem oder zwei Verfolgern davon, um dann 123 der 200 Runden in Führung zu liegen. Hamlin und Joe Gibbs Racing füllten damit die Lücke, welche Roush-Fenway Racing vor einiger Zeit auf den Intermediate-Ovalen hinterließ. Nach Greg Biffles Sieg in Pocono und einem guten Mannschaftsergebnis in Watkins Glen vermute ich die Fords nun aber wieder in unmittelbarer Nähe der Spitze des Feldes, während Hendrick Motorsports und JGR derzeit ziemlich schwächeln.
Vor allem Carl Edwards lag die Strecke in den vergangenen Jahren sehr gut, denn in seinen zwölf Michigan-Cup-Rennen kam er sieben Mal in die Top5. Die anderen fünf Rennen waren bis auf zwei Ausnahmen Top10-Resultate. Zusätzlich dazu hat er gerade eine kleine Serie am Laufen, denn in den letzten fünf Rennen kam er drei Mal in den Top5 an und zwei Mal in den Top10. Nach dem Wiedererstarken von Ford ist also besonders mit Edwards zu rechnen. Bei Biffle und Matt Kenseth halte ich dagegen eher die Top10 für realistisch.
Im Chevy-Lager haben Tony Stewart und Jeff Gordon gute Chancen auf den Rennsieg
Tony Stewart hält ebenfalls seine Sommer-Serie aufrecht, denn seit Dover kam er nur zwei Mal nicht in den Top10 ins Ziel, davon stehen auch aus fünf Rennen Top5-Ergebnisse zu Buche. Nach einem Sieg im Jahr 2000 war Stewart in Michigan regelmäßig Top5-Kandidat und sollte auch an diesem Wochenende als einer betrachtet werden. Wenn Hendrick Motorsports wieder den Anschluss an die Spitze finden kann, dann sehe ich das am ehesten durch Jeff Gordon geschehen. Die letzten drei Michigan-Rennen brachten Gordon Top4-Ergebnisse und auch er fuhr seit Dover nur zwei Mal nicht in die Top10. Jimmie Johnson hat dagegen aus seinen 17 Michigan-Starts nur zwei Top5-Resultate mitgenommen und die Strecke scheint dem Kalifornier überhaupt nicht zu liegen – der sechste Platz im Juni war schon ein Ausnahme-Resultat der #48.
Auch Juan Pablo Montoya dürfte sein Rundkurssieg ordentlich Schwung mitgegeben haben und ihn für das weiterhin bestehende Ziel, den ersten Ovalsieg, gehörig motiviert haben. In Michigan bezweifele ich aber den großen Sprung, denn sein bestes Ergebnis war im letzen Jahr ein sechster Platz, ansonsten kam er auf dieser Strecke auch erst seit 2009 regelmäßig in die Top20. Für die Top10 sollte man auch noch Richard Childress Racing auf dem Programm haben, die fahren in diesem Jahr bekanntlich wieder unauffällig aber sehr konstant ihre Runden. Besonders auf Jeff Burton sollte man achten, der kann seit fünf Rennen über eine Top10-Serie verfügen.
Am Sonntag sollte man aber durchaus auch mit einem Außenseitersieg rechnen
Eine Übersicht der bisherigen noch aktiven Sieger offenbart weitere Kandidaten für eine Fahrt in die „victory lane“: Bill Elliott gewann auf dem Michigan International Speedway zwar schon sieben Cup-Rennen, doch ein weiterer ist gegen Ende seiner Karriere mit dem Teilzeitprogramm der Wood Brothers ziemlich unwahrscheinlich geworden. Mark Martin konnte schon fünf Siege einfahren, wovon aber nur einer bei Hendrick Motorsports zu Stande kam. Bobby Labonte folgt hinter Martin mit drei Erfolgen, wird aber in dieser ebenfalls desaströsen Saison beim Hin- und Herwechseln zwischen TRG Motorsports und Phoenix Racing keinen Blumentopf mehr gewinnen. 2011 dürfte sehr interessant werden, wenn Labonte in der #47 von JTG-Daugherty Racing sitzt, die technische Unterstützung von Michael Waltrip Racing erhält.
Jeff Gordon, Matt Kenseth, Kurt Busch, Ryan Newman, Greg Biffle und Carl Edwards sind in Michigan schon jeweils zwei Mal in die „victory lane“ gefahren, während Kasey Kahne, Tony Stewart, Dale Earnhardt Jr, Brian Vickers und der Frühjahrssieger Denny Hamlin erst einen Sieg auf dem Konto haben. Hier sieht man ganz deutlich, dass die Seriensieger in der letzten Zeit nicht unbedingt in der Überzahl waren, das sah in den 80er- und 90er-Jahren noch ganz anders aus. Es kann also am Sonntag durchaus passieren, dass wir einen ganz anderen Fahrer triumphieren sehen, den ich hier gar nicht aufgeführt habe. Die letzten vier Rennen gewannen zum Beispiel David Reutimann, Jamie McMurray, Greg Biffle und Juan Pablo Montoya, die hatten auch nicht viele Experten auf der Rechnung. Wer also weiterhin Hendrick, Gibbs und vielleicht auch Roush schlagen kann, der wird am Wochenende der strahlende Sieger sein.
In der Fahrerwertung ist es nach dem Ausfall von Clint Bowyer wieder enger geworden, denn mit Mark Martin, Bowyer, Ryan Newman und McMurray streiten sich derzeit vier Piloten innerhalb von 100 Punkten um den zwölften und letzten Chase-Platz. Für Dale Earnhardt Jr (-121) und Kasey Kahne (-133) käme ein letztes Aufbäumen bei noch vier ausstehenden Qualifikationsrennen für die Playoffs vermutlich zu spät. Bei den Top35 der Owner-Wertung hat sich wenig getan, Patrick Carpentier, der am Wochenende wieder im Auto von Bill Jenkins sitzen wird, konnte in Watkins Glen den Abstand auf Kevin Conway ein wenig verkürzen. Boris Said und David Stremme wollen die #26 in Zukunft nicht mehr fahren, da Teambesitzer Jenkins wohl die Fahrer-Gehälter seit einiger Zeit nicht mehr bezahlt. Nach den Meisterschaftstabellen folgt noch die Auflistung der wichtigsten Ausstrahlungsdaten.
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Das Cup-Rennen startet am Sonntagabend das letzte Mal für die nächsten Wochen um ca. 19:15 Uhr, ESPN überträgt ab 18 Uhr. Das Qualifying gibt es am Freitagabend ab 21:30 Uhr auf SPEED zu sehen. Die Nationwide Series fährt ebenfalls in Michigan und zwar schon am Samstagabend, ESPN geht ab 19 Uhr auf Sendung. Die Trucks sind an diesem Wochenende in Darlington unterwegs, SPEED überträgt das Nachtrennen von Samstag auf Sonntag um 1 Uhr.
2 Kommentare
Ich hab jetzt leider nicht die Zeit den ganzen Bericht durchzulesen, aber ich muß dich an einer Stelle korrigieren:
Michigan ist NICHT der jüngere Zwilling vom California Speedway (alias Auto Club Speedway). Der California wurde 1997 eröffnet, Michigan bereits 1968, also fast 30 Jahre früher.
Das sieht jetzt vielleicht aus wie Erbsenzählerei, aber 30 Jahre Unterschied ist schon einiges. Und besonders für neue Fans sind richtige Fakten wichtig.
Was auch noch erwähnenswert ist: einige der besten Fahrer starten weit hinten. Denny Hamlin startet als 33., Jeff Gordon sogar nur als 36. Dafür hat Kasey Kahne die Pole Position …
@ NASCARaddicted:
Danke für den Hinweis, du hast natürlich Recht. Ich verbuche das mal als Aufmerksamkeits- oder Schusseligkeitsfehler, weil es in der letzten Vorschau noch stimmte!
Siehe hier: http://www.racingblog.de/2010/06/11/nascar-vorschau-michigan-juni-2010/ :D
Ist nun korrigiert…
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