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IRL: Saisonvorschau 2010

von Vorsicht
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Im Schatten des Formel 1 Auftaktes startet an diesem Wochenende auch die IRL auf dem neuen Stadtkurs von São Paulo in die Saison 2010. Lange war die Serie im Abstieg begriffen – in diesem Jahr soll endlich wieder alles besser werden.

Man muss es leider so deutlich sagen: Von der einst so stolzen Rennserie, die jahrelang als Spitze des amerikanischen Motorsports galt ist außer dem Indy 500 nicht mehr viel übrig. Von der NASCAR wurde man längst überrundet; Schon lange vorbei sind auch die Zeiten als die CART-Serie von manchen Zuschauern als spannendere Alternative zur Formel 1 gesehen wurde, und hochtrabende Expansionspläne nach Europa und Asien hegte. Der jahrelange Kleinkrieg zwischen CART und IRL hat dem Sport schwer zugesetzt, und im Endeffekt allen geschadet: Die CART (bzw. Champ Car) gibt es seit zwei Jahren nicht mehr, und auch die „wiedervereinigte“ IRL kommt im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit einfach nicht vom Fleck. Immerhin: Für 2010 konnte man mit der Modemarke IZOD einen neuen Titelsponsor gewinnen, dem man zutrauen kann, die Serie auch außerhalb des Kernmarktes zu promoten. Vor allem ein jüngeres und „cooleres“ Publikum will man erreichen. Voll greifen soll das Konzept erst 2011 und 2012 – in diesem Jahr müssen aber die Weichen für die Zukunft gestellt werden.

So nebenbei sollte man aber auch heuer eine anständige Rennsaison abliefern. Die Ausgangslage dafür: Bei den Fahrern bietet 2010 eine recht ansprechende Mischung aus erfahrenen Piloten bei den guten Teams und ein paar interessanten Neulingen, die versuchen werden, aus ihren Cockpits bei den Mittelfeld-Mannschaften das beste zu machen. Aber der Reihe nach: Die Spitzenteams der vergangenen Jahre, Ganassi und Penske setzen auf Kontinuität, und behalten die erfolgreiche Besetzung aus 2009 bei. Für Ganassi greift also weiter Meister Dario Franchitti (wegen Sponsorverpflichtungen nicht mit der #1 sondern der #10 unterwegs) ins Geschehen ein, der sicher heiß darauf sein wird, zu beweisen, dass sein Titel nicht nur dem Benzinpoker im letzten Rennen zu verdanken ist. Auch Scott Dixon (#9) wird wieder einen der beiden Target-gesponsorten Renner pilotieren. Bei Penske genießen wieder Heilo Castroneves (#3) und Ryan Brsicoe (#6) das Vertrauen des Teams. Neu: Der nach seinem schweren Crash in Sears Point genesene Will Power (#12) darf diesmal die ganze Saison lang sein Talent in einem dritten Penske-Auto unter Beweis stellen. Wenn die Teams ihre Form vom vergangenen Jahr konserviert haben, wären das dann wohl auch die fünf Titelkandidaten für 2010.

Neuigkeiten gibt es beim einstigen dritten Topteam – Andretti Green Racing heißt nun Andretti Autosport. Nur wenig neu ist an der Fahrerbesetzung: Danica Patrick (#7) bleibt der Mannschaft nach langwierigem Vertragspoker treu, und muss beweisen, dass sie der Doppelbelastung NASCAR/Indycar standhalten kann, und das Interesse an der IRL noch nicht ganz verloren hat. Die Tests im Barber Motorsports Park verliefen schon mal nicht sehr viel versprechend. Immer ein ernster Titelkandidat, sofern das Auto heuer wieder vorne mit dabei ist, ist dagengen Tony Kanaan (#37). Wenig überraschend ist auch Marco Andretti (#26) wieder im Team dabei. 2010 sollte er aber schön langsam das Talent wieder auspacken, dass er in jüngeren Jahren gezeigt hat, sonst könnte es auch im Team von Papa mit dem Stammplatz etwas eng werden. Verstärkt wird Andretti Autosport bei acht der 17 Rennen vom IZOD-gesponsorten Ryan Hunter-Reay (#37), der den vierten Wagen von Hideki Mutoh (heuer #06 bei Newman/Haas/Lanigan) übernimmt.

Sonst zu beachten: „Difficult Dan“ Wheldon (#4), immerhin Meister und Indianapolis-Sieger 2005 wird bei Panther Racing versuchen, an alte Erfolge anzuknüpfen. Takuma Sato (#5) hat den Traum von der Formel 1 wohl aufgegeben und wird 2010 bei KV Racing starten. Bei den Testfahrten war er schon mal gut dabei – zu wünschen wären dem Japaner Erfolge in der IRL allemal. Immerhin konnte er an guten Tagen bei BAR auch mit F1-Weltmeister Button durchaus mithalten. Fan-Favorit Paul Tracy (#15) wird aller Voraussicht nach beim Indy 500 und den Rennen in Kanada für KV Racing starten, für eine ganze Saison reichen die Finanzen wohl wieder nicht. Justin Wilson (#22) ist von Dale Coyne zu Dreyer & Reinbold gewechselt. Fans aus der Schweiz dürfen sich auf Simona de Silvestro (#78) freuen. Die letzte Formel Atlantic-Meister der Geschichte ist mit finanzieller Unterstützung des Online-Rollenspiels „Stargate World“ für die gesamte Saison bei HVM Racing untergekommen. „Der nächste Montoya“ (sagt Jimmy Vasser) Mario Moraes (#32), der zum Ende der Saison 2009 ein paar tolle Rennen abgeliefert hat wurde gestern für die gesamte Saison bei KV-Racing bestätigt.

Auf der Suche nach einem Stammplatz ist dagegen immer noch Graham Rahal. Der Sohn von Rennlegende Bobby Rahal hat Ende 2009 die Sponsorgelder von McDonald’s verloren – dass sich kein Ersatz findet, ist für eine Serie, deren Ziel es ist, wieder mehr junge US-Racefans anzulocken trotzdem fast unverzeihlich. Immerhin kam am Mittwochabend die Meldung, dass Rahal in St. Petersburg und in Alabama für Sarah Fisher Racing (!) starten soll, um die Suche nach einem anderen Team zu überbrücken. Spitzenplätze werden so zwar schwierig sein, aber immerhin bleibt der Fuß in der Tür – und bei Straßen- und Rundkursrennen sind in der IRL ja manchmal auch Überraschungen drin.

Bei den Strecken hat sich 2010 nicht besonders viel getan: Der Stadtkurs in São Paulo ist neu im Programm (mehr dazu gleich), außerdem will man erstmals auch ein Rennen im Barber Motorsports Park in Alabama fahren, auf dem man bisher schon ein paar Mal getestet hat. 2010 schmerzlich vermisst: die Milwaukee Mile. Der Traditionskurs wird heuer leider nicht befahren, nachdem die Promoter der Strecke in finanzielle Probleme geraten sind.

Die Idee, in São Paulo einen Stadtkurs für die Indycars zu bauen, scheint vor allem der Notwendigkeit entsprungen zu sein, die zahlreichen brasilianischen Fahrer und Sponsoren (man denke an die „Apex Brazil Green Flag“, die immer nach den Gelbphasen geschwenkt wird) mit einem Heimrennen zu versorgen. Lange Zeit war auch nicht klar, in welcher brasilianischen Stadt gefahren wird. Im späten Herbst wurde auf indycar.com kurzfristig eine Meldung verbreitet, laut der das Rennen in Rio stattfinden sollte – inklusive Statements von Fahrern und Offiziellen der Stadt. Die wurde dann allerdings nach wenigen Stunden wieder zurückgezogen, die Veröffentlichung auf einen Hackerangriff geschoben. Erst im Dezember war dann klar, dass die IRL auf dem Stadtkurs in São Paulo fahren würde. Es handelt sich also in São Paulo nicht so sehr um einen tollen Kurs, auf dem die Indycar unbedingt fahren wollte – die Strecke ist eher eine Auftragsarbeit. Noch dazu eine, die innerhalb kürzester Zeit fertiggestellt werden musste. Man sollte sich also nicht allzu viel erwarten. Immerhin ist die Idee, durch’s Sambadrom zu fahren nicht ganz unoriginell. Es gibt auch schon eine Simulation des Kurses, die IRL-Broadcaster Versus auf Youtube gestellt hat:

Auf den ersten Blick sieht das alles nicht besonders einfallsreich, und für einen Stadtkurs auch ziemlich schnell aus. Die diversen 90 Grad Kurven am Ende der langen Geraden sollten aber zumindest das Überholen ermöglichen. Und wer weiß: Diese auf den ersten Blick einfallslosen Strecken überraschen ja auch gerne mal mit spannenden Rennen. Ein paar Bedenken drängen sich bei der Sicherheit auf: Grade im Sambadrom, wo die Zuschauer auf beiden Seiten der Strecke ziemlich nahe am Wegesrand sitzen, muss man hoffen, dass keine Teile von der Strecke abheben. Auch sonst wirken die Auslaufzonen nicht gerade üppig. Mal sehen, ob das in der Realität dann besser gestaltet ist.

Auch abseits der Rennstrecke wird die Saison 2010 interessant: Einigen Wirbel hat kürzlich die Vorstellung des „Delta Wing“ verursacht, einer ziemlich ungewöhnlichen Mischung aus Batmobil, Rakete und Tempo Hanseat, mit der die Indycar ab 2012 an den Start gehen könnte. Bis zum Sommer will man sich endgültig entscheiden, ob man das mittlerweile acht Jahre alte Dallara-Chassis mit dem radikal neuen Entwurf von Ganassi-Designer Ben Bowlby ersetzt, oder ob man doch auf bewährtere Konzepte zurückgreift: Zur Wahl stehen sonst noch Vorschläge von Swift, Lola, Dallara selbst, sowie – seit Anfang dieser Woche – von BAT Engineering. Eine Übersicht der Entwürfe gibt es hier. Derzeit scheint der Großteil der Teambesitzer den Delta Wing zu bevorzugen, während die IRL-Führungsriege angeblich zum Dallara-Entwurf tendiert. Dass die Indycar den Auswahlprozess so offen gestaltet, lässt zumindest darauf hoffen, dass man auch den Fans ein wenig Gehör schenken wird. Außerdem will man sich im Laufe des Jahres auch auf ein Motor-Regelment für 2012 festlegen – dazu wurden in letzter Zeit aber erstaunlich wenig neue Entwicklungen bekannt.

Wie man hier in Deutschland die neue Saison verfolgen kann, ist leider immer noch etwas unklar. Seit Beginn dieser Woche ist zumindest bestätigt, was viele schon befürchtet hatten: Bei sky kann man zwar „das Besondere“ sehen, aber leider nicht mehr die IRL. Auch sonst scheint sich kein Sender zu finden, der die Indycars in sein Programm hieven will. Bleibt mal wieder das Internet. Immerhin hat die IRL da ein recht gutes Angebot parat: Auf indycar.com werden in der „Indycar Race Control“ alle Rennen live und aus mehreren Kameraperspektiven übertragen. Das Service ist gratis (man muss sich allerdings registrieren), hat aber auch einen kleinen Haken: Außer den Onboard-Perspektiven wird nur eine „Leader Cam“ übertagen, die sich auf die Spitzengruppe konzentriert. Den TV-Feed von Versus, der einen guten TV-Kommentar, Wiederholungen und Interviews bietet, sucht man vergebens. Im vergangenen Jahr wurde deshalb noch ein weiteres Service angeboten, mit dem Zuseher aus Ländern, in denen die Indycar nicht übertragen wurde für 3$ (wenn ich mich recht erinnere) eine Liveübertragung des Rennens erwerben konnten – den Inhalt kenne ich leider nicht, aber es würde mich schon sehr wundern, wenn es sich dabei nicht um den TV-Feed von ESPN International gehandelt hätte. Ob es das in diesem Jahr auch wieder geben wird, war aber leider nicht zu eruieren – eine diesbezügliche Anfrage an die Indycar bleib bisher unbeantwortet.

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2 Kommentare

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[…] ja, sofern jemand vergleichen will: Hier ist unsere Saisonvorschau für […]

Indycar 2011: Der Stand der Dinge /  RacingBlog 21 Dezember, 2010 - 10:49

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