Home IRL Am Ende alles gut? – Die Indycar-Saison 2009

Am Ende alles gut? – Die Indycar-Saison 2009

von Vorsicht
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Teamsterben, TV-Chaos und zum Teil langweilige Rennen: Die zweite Saison der wiedervereinigten Indycars stand unter keinem guten Stern. Am Ende gibt es trotzdem ein wenig Anlass zur Hoffnung.

08SP3929-9402Schon vor Beginn der Saison war klar, dass es schwierig werden würde: Auch die Indycar wurde von der Wirtschaftskriese getroffen, was sich vor allem auf die Sponsorensuche auswirkte. Rennommierte Teams wie Rahal-Letterman mussten die Serie deswegen verlassen, mehr Teams als sonst konnten nur Teile der Saison bestreiten. Zusätzlich fehlte im ersten Teil der Saison Publikumsliebling Helio Castroneves, dem vorgeworfen wurde, bei seiner Steuererklärung etwas zu kreativ gewesen zu sein. Letztlich wurde er dann doch freigesprochen, und konnte in die Serie zurückkehren. Auch, wenn Castroneves also bald wieder da war, und mit ihm einige andere Fahrer, die doch noch Sponsoren gefunden hatten – die Probleme wurden einfach nicht weniger.

Bis Mitte der Saison wurde die Serie nämlich von einem Leid gequält, die im US-Rennsport sonst eher selten vorkommt: Es gab viel zu wenige Überholmanöver, und das auch auf Ovalen, die sonst für spannende Rennen sorgen. Verschärft wurde die spürbare Langeweile noch dadurch, dass Ganassi und Penske auf den Ovalen quasi Privatveranstaltungen abhielten. Andere Teams konnten kaum über die Renndistanz mithalten, auch AGR war die ganze Saison über völlig außer Form – bei einem Team, für das US-Boy Marco Adretti, Publikumsmagnet Danica Patrick und Symathieträger Tony Kanaan ist das natürlich ein Problem, das die ganze Serie betrifft.  Während AGR auch den Rest der Saison nicht zur gewohnten Stärke zurückfinden konnte, schaffte die IRL zumindest in Sachen Rennspannung in der zweiten Saisonhälfte den Turnaround. Wer die unglaublich engen Rennen in Kentucky und Chicagoland gesehen hat, wird sich kaum vorstellen können, dass sich die Fahrer noch ein Monat davor bei den Fans für die lahmen Rennen entschuldigt hatten. Fast könnte man sagen, dass diese Rennen ins umgekehrte Extrem umschlugen: Die Autos fuhren zum Teil in derart knappen Abständne zueinander, dass der geringste Fehler katastrophale Folgen gehabt hätte. Auch daran gab es natürlich prompt Kritik – die ebenfalls ihre Berechtigung hat. Am gesunden Mittelmaß wird die IRL in der Zukunft noch arbeiten müssen.

Dass die Rennen wieder spannender wurden, haben leider nur mehr wenige Zuseher bemerkt – die Indycar leidet nämlich seit dem Wechsel von ESPN zu Versus unter massiven Quotenproblemen. Schon zu Beginn der Saison konnten den Sender viel weniger Amerikaner empfangen, als den bisherigen Partner ESPN. Und dann kam es noch viel schlimmer: Am 31. August entfernte der amerikanische Satellitenanbieter DirecTV Versus aus seinem Programm. Begründung: Wie immer das liebe Geld. Versus verlangte eine 20 prozentige Erhöhung der Überrtagungsgebüren, die DirecTV dem Sender bezahlt, um ihn ausstrahlen zu dürfen. Dort entgegnete man, die Quoten seien dafür viel zu schlecht, man sei nicht bereit, für einen Sender, den kaum jemand ansieht, noch höhere Beträge als bisher zu überweisen. Auch Versus war nicht zu Kompromissen bereit und somit konnten ab 1. September plötzlich 14 Millionen Amerikaner weniger die IRL sehen. Nicht, dass diese Menschen alle eingeschalten hätten: Das letzte Rennen vor der Versus-Abschaltung verfolgten auch nur 271.000 Personen. Das folgende Rennen in Motegi ist zwar wegen der ungünstigen Übertragungszeit kein geeigneter Masstab: Die insgesamt nur 165.000 Zuschauer müssen die IRL-Verantwortlichen trotzdem alarmiert haben.

Kritik gibt es auch zunehmend an den IRL-Autos, die wahlweise als hässlich, alt oder unsicher beschrieben werden. Während ich sie eigentlich ganz ansehnlich finde, und auch die Sicherheit recht passabel scheint, wenn man sich so die Unfälle ansieht, die Piloten in diesen Autos schon überstanden haben, muss man doch zugeben: Etwas alt sind sie wirklich schon . Daher planen die Indycar-Offiziellen die Einführung neuer Autos – zunächst war von der Saison 2011 die Rede, mittlerweile spricht man von 2012 – auch weitere Verspätungen sind nicht ausgeschlossen. Erste Vorschläge für das Chassis gibt es bereits, und die, die sie gesehen haben, sprechen davon, dass es sich um einen radikalen Wandel handeln soll: Angeblich sollen die Entwürfe (bitte festhalten!) aussehen, „wie eine Mischung aus Motorrad und Sportwagen“. Ob man Konkurrenz im Chassis-Bereich zulassen will, ist noch unklar, angeblich ist auch Indycar-intern noch keine Entscheidung gefallen. Motorenseitig hofft man, zusätzliche Hersteller zu finden. Auf Einladung der Indycar trafen sich Anfang der Saison Vertreter von Honda, Audi, FIAT, Porsche und Volkswagen zu diesbezüglichen Gesprächen.

Auch finanziell sieht es für die Indycar nicht gerade rosig aus. Zwar habe ich keine genauen Zahlen gefunden, jedenfalls müssen diese schlecht genug gewesen sein, um die Vorstände der Indianapolis Speedway und der IRL zu eine drastischen Schritt zu bewegen: Am ersten Juli wurden Nachfolger für Tony George in der Leitung der besagten Firmen bestimmt – anders ausgedrückt: George wurde
entlassen. Man munkelt vor allem davon, dass ihm die explodierenden Investitionen in die wiedervereinigte Indycar-Serie zu Verhängnis geworden sein sollen. Aber auch im Kronjuwel der Firmen gab es Kratzer: Der Indianapolis Speedway musste in den vergangenen Monaten massiv Mitarbeiter abbauen, und Dienstleitungen, die man bsiher selbst erbracht hatte (etwa Motels und Restaurants an der Strecke) an externe Firmen auslagern.

Die Fahrer

Um aber nicht nur Schlechtes schreiben zu müssen, wieder zurück zum sportlichen Teil: Neben einigen Langweilern gab es in dieser Saison ja auch ein paar echte Leckerbissen. Abgesehen von den Thrillern in Chicagoland und Kansas, über die man wegen der Sicherheitsbedenken aber auch geteilter Meinung sein kann, zählt dazu sicher auch das Finale in Homestead, als die drei Topfahrer der Saison, „Comeback-Man“ Franchitti, „Lazarus“ Briscoe und „Iceman“ Scott Dixon (der tatsächlich in IRL-Kreisen so bezeichnet wird) alle noch Chancen auf den Titel hatten. Während Dixon und Briscoe auf eine Gelbphase für einen schnellen Splash&Dash-Stop spekulierten, sparte Franchitti als einziger Benzin, hoffte auf das erste IRL-Rennen der Geschichte ohne gelbe Flaggen – und gewann. Nach einem eher charakterbildenen NASCAR-Jahr also die perfekte Rückmeldung an der Spitze der Indycar Series. Außer den drei Meisterschaftskandidaten setzten in der Saison 2009 noch Helio Castroneves und dessen Ersatzmann Will Power Glanzlichter: Castroneves fand nach seiner erzwungenen Pause sofort wieder an die Spitze des Feldes zurück, Will Power stellte durch hervorragende Leistungen als Castroneves-Ersatzmann seinen Teamchef Roger Penske vor das Luxusproblem, mehr gute Fahrer als Autos zu haben. Ein „Lösung“ gab es erst durch einen schweren Unfall Powers in Sears Point, der den Australier für den Rest der Saison außer Gefecht setzte. Im kommenden Jahr startet Penske dann gleich ganzjährig mit drei Wagen.
Ebenfalls auf sich aufmerksam machen konnten Justin Wilson, der in Watkins Glen dem Team von Dale Coyne den allerersten Sieg der seit 1992 andauernden Firmengeschichte schenkte und Mario Moraes – für mich der targische Held des Jahres. Nur wenige Wochen nach dem überraschenden Tod seines Vaters schaffte er den vierten Platz auf dem Infineon Raceway in Sears Point und eine Woche später in Chicagoland mit Platz drei seine erste Podestplatzierung. Dass ihn sein Teamchef Jimmy Vasser schon als „neuen Montoya“ bezeichnet, mag aber doch noch etwas hoch gegriffen sein.

Zwar nicht durch eigene sportliche Leistungen, aber durch wahrlich Zehnkampf-verdächtige Anstrengungen ihres Marketingteams wird die Saison der Danica Partick in Erinnerung bleiben. Das ganze Jahr über hielt sie sich mit Spekulationen über einen Wechsel in die NASCAR in den Nachrichten. Vor wenigen Tagen kam dann die unspektakuläre Meldung, sie habe für weitere drei Jahre bei Andretti Autosport unterschrieben. Immerhin war die Nachricht von einem etwas spektakuläreren Bild begleitet, auf dem Patrick in einem Overall zu sehen war, den die Logos von Chevrolet und der Nascar Nationwide Series zierten. Das Bild wurde zwar schnell wieder von ihrer Homepage entfernt, doch nachdem das Internet bekanntlich nicht vergisst, hier trotzdem der Link dazu.

Lichtblicke?

Neben dem marketingtechnisch wichtigen Verbeleib von Danica Patrik gab es für die IRL zum Ende der Saison noch eine weitere positive Nachricht: Der Bekeidungshersteller IZOD wird bis 2015 als Titelsponsor der Serie auftreten, und jährlich 10 Millionen Dollar überweisen. Die dadurch entstandene Sicherheit wird es, so sagt man, auch den Teams erleichtern, neue Sponsoren zu finden. Zudem möchte IZOD die Indycar massiv in die eigene Vermakrtung einbauen, womit auch ein Imagewechsel der bisweilen etwa großväterlichen Rennserie hin zu einem  „jungen und coolen Publikum“ einher gehen soll. Was auch immer man davon halten mag: Zumindest  hat die Indycar jetzt ein Werbekonzept.

Im deutschen Fernsehen herrscht derweil Unklarheit darüber, ob man die Versuche der Serie, wieder Boden unter die Füße zu bekommen irgendwo mitverfolgen kann: Der Vertrag mit Sky ist Ende dieses Jahres abgelaufen, für die kommende Saison gibt es noch keine klaren Ansagen. Gerüchte sprechen aber davon, dass sich Sky wohl nicht mehr um die Serie bemühen wird – wir werden in Zukunft also wohl ohne die fachkundigen Anmerkungen von Jacques Schulz oder die, äh,  Kommentare von Roos/Heidfeld auskommen müssen. Bleiben also an seriösen Möglichkeiten noch Sport 1 (vulgo: DSF) und Eurosport. Beim DSF hat man derzeit an manchen Tagen eher zu viele Rechte, außerdem steckt man in finanziellen Dauernöten. Eurosport hätte zwar Tradition, vermutlich Platz, Expertise und Interesse. Aber ob sich eine Ausstrahlung in deren „paneuropäischem“ Programm mit der Rechtesitution in anderen Ländern vereinen lässt, ist fraglich. Und dass man extra für die Indycars ein Deutschland-Fenster auf Eurosport aufmacht, kommt mir leider ebenfalls illusorisch vor. Letztlich gilt wohl für die Übetragung das gleiche, wie für die Serie selbst: Man soll die Hoffnung nie aufgeben.

Bilder der Saison 2009

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