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F1: Der James Allen Strategie Report – Malaysia 2012

von Vorsicht
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Auch zum Rennen in Malaysia dürfen wir wieder den Strategiereport von James Allen exklusiv in Deutschland veröffentlichen.

Sehr herzlichen Dank an „NoteMe“ aus dem Chat, der den Strategy Report für uns übersetzt hat!

Der Grand Prix von Malaysia lieferte einen aufregenden Ausblick auf die Rennen und Strategien der Formel 1 Saison 2012.

Möglicherweise zeigte sich bereits hier der Schlüssel zur Weltmeisterschaft: die Fähigkeit, unter allen Bedingungen und mit verschiedensten Reifen gleichermaßen schnell zu sein. Das Rennen in Sepang offenbarte, noch mehr als der Auftakt in Melbourne in der Woche zuvor, dass alle Teams noch an dieser Balance feilen müssen. Da wäre einerseits Lewis Hamilton, zum zweiten Mal in dieser Saison auf Pole Position, dem es unter allen Bedingungen gleichermaßen an Schnelligkeit fehlte. Sauber hingegen war sowohl auf abgefahrenen Intermediates als auch auf den Slicks der harten Mischung schnell. Und Williams‘ Pastor Maldonado war auf Intermediate-Reifen nicht besonders schnell, wusste aber nach dem Wechsel auf Slicks zu überzeugen.

Die Zuschauer erlebten ein fantastisches Rennen, das Sergio Perez hätte gewinnen können, und vielleicht, wie wir im weiteren anhand der Daten ausführen werden, selbst mit seinem Fahrfehler sechs Runden vor Ende, hätte gewinnen müssen.

Noch am Rennmorgen waren sich die Vorhersagen einig: Würde der Sonntag trocken bleiben, so wären die harten Reifen unter Rennbedingungen die schnellere Wahl und böten bis zu 0,2 Sekunden pro Runde Vorteil. Im Rennen bewahrheitete sich diese Prognose – zudem war es entscheidend, statt einem gebrauchten eine neues Reifenset zu verwenden. Der Kampf um den Sieg sollte dies auf abtrocknender Bahn schlussendlich bestätigten.

Perez und Sauber – knapp daneben ist auch vorbei

Sergio Perez und sein Sauber waren in zwei entscheidenden Phasen des Rennens die schnellste Fahrer-Auto-Reifen-Kombination dieses merkwürdigen Nachmittags: einerseits im langen zweiten Stint auf abgefahrenen Intermediates, besonders aber im letzten Teil des Rennens auf profillosen Slicks. Sergio Perez warf seinen in Reichweite liegenden, historischen ersten Sieg nicht nur durch seinen Fahrfehler weg, vielmehr trug auch Saubers anfangs mutige Strategie dazu bei, die zum Ende des Rennens zunehmend vorsichtiger wurde.

Als der Regen nach dem Start stark zunahm, rief Sauber Perez bereits in Runde 3 zum Boxenstopp und schickte ihn mit Regenreifen zurück auf die Bahn. Er war damit der erste aussichtsreiche Teilnehmer in der Box, die Konkurrenz folgte seinem Beispiel erst zwei Runden später. In dieser kritischen Phase war Perez auf seinen Regenreifen drei oder mehr Sekunden schneller als die Konkurrenz auf Intermediates. Nachdem diese in Runde 5 auch auf Regenreifen wechseln musste, fand er sich auf dem dritten Platz wieder.

Mit diesem mutigen Schritt hatte Sauber das Feld für einen erfolgreichen Nachmittag bereitet, aber in Folge wurden sie zunehmend vorsichtiger.

Vor der zweiten Runde der Boxenstopps lag Perez vor Alonso. Seinen zweiten Stopp, von Regenreifen auf Intermediates, setze er dann zwei Runden nach Button und eine Runde später als Alonso. Die Strecke trocknete zunehmend ab und so wurde schon zum Ende der dreizehnten Runde, als das Safety Car die Strecke verlies, der Intermediate zur besseren, weil schnelleren, Wahl. Sauber hingegen ging auf Nummer sicher und lies Perez eine weitere Runde auf Regenreifen draußen, wodurch er sogar kurzfristig die Führung übernehmen konnte.

Kritisch betrachtet kostete diese Entscheidung Perez aber eine Position gegen Alonso. Als Perez in Runde 15 aus der Box kam, lag er noch knapp vor Alonso, musste sich aber erst mit den Intermediates zurechtfinden. Alonso dagegen hatte schon seine erste Runde auf Intermediates abgespult und konnte Perez nach ein paar Kurven überholen.

Gegenüber Hamilton gewann Perez im Reigen der Boxenstopps eine Position, weil dieser nach seinem Stopp in der Box warten musste, um nicht mit dem ebenfalls stoppenden Massa zu kollidieren.

Alonso konnte in Folge seinen Vorsprung auf Perez auf bis zu sechs Sekunden ausbauen. Mit zunehmend verschlissenen Intermediates kam der Sauber-Pilot aber wieder näher und verkürzte den Rückstand in Runde 39 auf nur noch 1,3 Sekunden. Zu diesem Zeitpunkt überzeugte Ricciardo, der als erster auf Slicks gewechselt hatte, mit deutlich schnelleren Zeiten. Es war ganz klar an der Zeit, seinem Beispiel zu folgen.

Die Strategen an der Sauber-Box hingegen zögerten wieder – sollten sie ihren unerfahrenen Piloten so früh auf Slicks hinausschicken? Gleichzeitig mussten sie auch ein Auge aufs Wetter behalten, denn in der Umgebung drohten weitere Schauerzellen Richtung Strecke zu ziehen. Sie verloren das Heft des Handelns aus der Hand, Ferrari hingegen reagierte und holte Alonso zum Stopp herein. Als Führender musste er auf die aufziehende Gefahr reagieren, die das schnellere Autos hinter ihm repräsentierte.

Durch diesen zweiten Fehler verlor Perez kostbare Zeit und fand sich nach seinem Stopp sieben Sekunden hinter Alonso wieder. Sauber hatte auf einen neuen Satz harte Reifen gesetzt, Alonso hingegen einen gebrauchten Satz Medium-Reifen aufgezogen. Diese Entscheidung Ferraris war besonders bemerkenswert, weil viele Strategen im Fahrerlager vor dem Rennen nicht sicher waren, ob die Medium-Reifen überhaupt die 16 Runden durchhalten würden, die zwischen Alonsos Stopp und der Zielflagge noch zu absolvieren waren.

Auf dem Papier würden sie immerhin schneller auf Betriebstemperatur kommen. Tatsächlich waren es die harten Reifen auf Sergio Perez‘ Sauber, die früher auf Temperatur kamen und ihm sofort schnellere Zeiten ermöglichten. Perez lief ohne große Mühe wieder auf Alonso auf, und mit DRS und schnelleren Reifen auf seiner Seite war es nur eine Frage der Zeit, dass er in den letzten sechs Runden zum Überholen ansetzen würde.

Dann aber verlor Perez kurz die Konzentration als sein Team ihm ins Cockpit funkte, dass er seine zweite Position auf jeden Fall absichern sollte – und ihm unterlief ein Fehler, der ihn vier Sekunden kostete. Es gab Stimmen, die Sauber als langjährigem Kunde von Ferrari-Motoren und engem politischem Verbündeten des Teams aus Maranello unterstellten, sich auf ein „Arrangement“ mit der Scuderia eingelassen zu haben, was Sauber und Ferrari am Sonntagabend aber abstritten. Und es sieht unterm Strich auch eher so aus, als wollte Sauber einfach nicht die Chance auf das beste Resultat der letzten fünf Jahre wegwerfen.

Trotz allem zeigte der letzte Stint etwas, was uns für den Rest der Saison optimistisch stimmt. Nach gerade einmal sechs Runden war die härtere Mischung gegenüber dem Medium-Reifen im Vorteil. Genau so eine Situation wollte Pirelli mit den Mischungen für dieses Jahr erreichen, und damit eröffnen sich viele interessante strategische Optionen.

Mit den geringen Abständen zwischen den einzelnen Teams und den vielen verschiedenen Strategien sollte 2012 ein großartiges Rennjahr werden!

Toro Rosso – taktisch gerissen

Giorgio Ascanelli, aktuell technischer Direktor bei Toro Rosso, war einst Ayrton Sennas Renningenieur bei McLaren und gilt als einer der abgekochtesten alten Füchse der Boxengasse. Diesem Ruf wurde er auch Sonntag gerecht, als er gleich mehrere klassische Manöver vollführte:

Zuerst lies er Jean Eric Vergne trotz strömenden Regens auf Intermediates draußen. Seine einzige Aufgabe war, auf der Strecke zu bleiben, während die Konkurrenz in der Box auf Regenreifen wechselte, und genau das schaffte er. Als der Renndirektor das Rennen schließlich unterbrach, wie Ascanelli es erwartet hatte, war Vergne auf dem siebten Platz. Der folgende Neustart hinterm Safety Car zwang alle Autos auf Regenreifen, und Vergne bekam sie aufgezogen, ohne Zeit an der Box zu verlieren! Dieser taktische Kniff war der Schlüssel zu Vergnes Zielankunft auf dem achtem Platz.

Auch bei seinem anderen Fahrer blieb Ascanelli nicht tatenlos. Als die Strecke zunehmend abtrocknete, entschied er, dass Ricciardo als erster auf profillose Slicks wechseln sollte. Dieser Schritt war nachvollziehbar, da er auf Platz 17 hing und einen Kniff brauchte, um nach vorn zu kommen. Andererseits gab es keinen Grund, Vergnes deutlich bessere Position zu riskieren. Also setzte Ricciardo alles auf Slicks und machte drei Positionen gut – nicht genug, um in die Punkte zu kommen, aber den Versuch auf jeden Fall wert.

Chancen und Risiken – darum dreht sich alles in der Formel 1 Rennstrategie.

The UBS Race Strategy Report is written by James Allen with input and data from strategists from several teams.


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2 Kommentare

NoteMe 28 März, 2012 - 21:57

Hey Vorsicht,

ich würde mich an der Übersetzung versuchen. Ich arbeite mich mal durch die ersten paar Absätze, damit ich Dir eine Leseprobe anbieten kann.

Wenn Du Interesse hast, kannst Du mich unter der hier hinterlegten Email erreichen,

Ciao,

NoteMe

hwk 31 März, 2012 - 21:33

danke für die Übersetzung. Nach der Arbeit sich ein so langen englischen text reinzuziehen macht nicht immer sonderlich viel Spass..

also danke an NoteMe.

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