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Formel Eins: Analyse GP Monza 2010

von DonDahlmann
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Ferrari hat sich zurück gemeldet, Hamilton eine sichere WM-Führung weggeworfen und bei Red Bull hat man offenbar magische, sich selbstheilende Bremsen.

Wirklich viel los war auf der Strecke in Monza ja nicht, aber es war trotzdem ein sehenswerter Grand Prix. Überholmanöver gab es zwar, aber die entscheidenden Momente konnte man an der Box beobachten. Ein „strategischer Leckerbissen“ war das Rennen, und das aber auch nur für die wirklich Eingeweihten. Denn es war schwer zu verstehen, warum manche Entscheidungen getroffen wurden, oder warum es Vettel gelang mit einer Strategie nach vorne zu fahren, die so gar nicht hätte funktionieren sollen. Am Ende brachten die unterschiedlichen Herangehensweisen aber ein Ergebnis zusammen, dass die WM so richtig spannend macht. Die geht nun in den Überseerennen erst richtig los.


Dass Ferrari in Monza um den Rennsieg fahren würde, konnte man spätestens am Samstagmorgen erkennen. Luca di Montezemolo wollten einen Sieg und offenbar war Ferrari in der Lage dem nach zu kommen. Zwar war man nicht so viel schneller, wie man sich das gewünscht hatte, aber die paar Zehntel die man rausholen konnte, reichten am Ende für die Pole. Ärgerlich war nur der Umstand, dass Massa nicht den zweiten Platz erreichte. Das Button zunächst in Führung ging war dann fast vorprogrammiert, auch wenn der Start den Briten schon sensationell gut war. Die Innenseite des Grids war nicht schmutzig, gleichzeitig hatte er die bessere Linie zur ersten Schikane. Die entscheidende Frage war dann halt, wie man Alonso am McLaren vorbei bekommen würde. Die Antwort lautete natürlich: An der Box.

Und McLaren machte Ferrari das Geschenk, sich unter Druck setzen zu lassen. Statt zu warten bis Ferrari zum Reifenwechsel kommt, zog man die eigene Strategie durch. Ein seltener Fehler von McLaren. Zum einen war klar, dass Alonso ohne Button vor ihm etwas schneller unterwegs sein würde, zum anderen ist die Outlap zumindest in den ersten beiden Sektoren langsamer, weil die Reifen nicht auf Temperatur sind. So lange beide vorne ähnliche Zeiten fuhren, gab es keinen Grund, die Reifen so früh zu wechseln. Zur Verteidigung von McLaren muss man aber auch sagen, dass ihnen der zweite Wagen zum Vergleich gefehlt hat. Ein Hamilton auf Platz 4 mit einem früheren Stopp, hätte die Sache klarer gemacht. Ferrari musste also nur warten, bzw. in dem sie Mannschaft zum Wechsel bereit stellten, McLaren zum Handeln täuschen. Dazu kam auch noch, dass der Stopp von Ferrari 7 Zehntel schneller war, als der von Button. Und man sollte nicht vergessen, dass McLaren auch ein Auge auf Massa haben musste. Der Rest war dann zwar kein Kinderspiel, aber doch eindeutig.

Der zweite Aufreger des Wochenendes war der plötzliche Leistungsabfall des Motors von Sebastian Vettel, als Webber vorbei ging. Christian Horner meinte nach dem Rennen, dass Vettel entweder ein Abreissvisier in der Ansaughutze hatte, oder dass die Bremse nach dem Fahren über die Kerbs kurz fest gehangen habe. Beide Erklärungen sind relativ dünn. Ein Abreissvisier verschwindet nicht so einfach, das die Bremsen festgehen und sich wieder lösen kann passieren, bleibt dann aber meist ein Problem, dass immer wieder auftaucht, weil entweder etwas mit Scheibe, den Belägen oder der Entlüftung nicht stimmt. Das passierte aber nicht.

Magischerweise tauchte das Problem auch genau dann auf, als Webber im Diffusor von Vettel hing und klar schneller war. Ich vermute, dass eine verkappte Anweisung war, allerdings nicht im Sinne von Teamorder. Offenbar hatte man Vettel von Anfang an auf einen sehr langen Stint gesetzt, während Webber mit den Führenden an die Box kommen sollte. Es machte daher Sinn, Webber vorbei zu lassen, um beiden Strategien die größtmögliche Chance zu geben. Was sich am Ende, zumindest für Vettel, ja auch ausgezahlt hat. Bei Webber ging es in die Hose, weil er hinter Hülkenberg fest hing. Mit dem vierten Platz hat Red Bull auch das bestmögliche Ergebnis gezogen, ohne den Fehler von Hamilton wäre es nur ein fünfter Rang geworden. Webber verpasste ein besseres Ergebnis allerdings auch, weil er den Start versemmelte. Natürlich hätte Red Bull auch einfach sagen können, dass man Webber nach vorne geschickt hat, weil man zwei Strategien hatte, aber das hätte vielleicht 100.000 Dollar gekostet und zu dem wären die Gerüchte, von wegen das Red Bull sich auf Webber als WM-Kandidat festgelegt habe, dann erst recht explodiert.

Mercedes machte es genau umgekehrt. Man startete, wie immer, sehr gut. Rosberg war nach der ersten Runde schon „Best of the Rest“ und blieb es auch bis zum Ende des Rennens. Der Deutsche hatte schon nach der Quali angedeutet, dass man im Renntrimm besser aussehen würde, was aber nur beim ihm passierte. Schumacher blieb das ganze Wochenende schwach und wirkte relativ lustlos. Zwar lieferte er sich einen schönen und fairen Zweikampf mit Webber und Kubica, aber dann verschwand er nach hinten. Selbst wenn er nach dem Start noch weiter vorne gewesen wäre, seine Zeiten waren im gesamten Verlauf des Rennens so schwach, dass er vermutlich eh zurück gefallen wäre. In Monza wurden mal wieder Gerüchte laut, dass Mercedes darüber nachdenkt, Schumacher zu ersetzen. Die Namen Sutil und Glock fielen relativ häufig, aber ich glaube weiter nicht daran, dass man Schumacher wieder los werden möchte, zumal es auch nicht sicher ist, ob die genannten Fahrer schneller wären. Sein Comeback ist zwar nicht sonderlich toll, aber ich bin weiterhin der Meinung, dass man das Jahr 2011 abwarten muss.

Ein tolles Rennen fuhr Nico Hülkenberg, bei dem mir seit einigen Rennen auffällt, dass er immer besser in Schwung kommt. Seine anfängliche Quali-Schwäche hat er offenbar in den Griff bekommen, auch wenn Barrichello hier und da noch ein Zehntel schneller ist. Im Rennen ist konstant unterwegs und macht kaum Fehler. Das er in Monza sich mehrfach verbremste – geschenkt, dass ist Alonso auch passiert und der hatte nicht Webber im Rücken. Ich bin ziemlich sicher, dass Hülkenberg, sollte Williams ein passables Auto 2011 auf die Strecke bringen, noch häufiger auffallen wird. Was man Williams auch zu Gute halte muss: Statt wie sonst in der Saison abzubauen, hat man in diesem Jahr zugelegt. In der Quali boxt man regelmäßig einen Renault oder Mercedes raus und wäre man nicht so schlecht in die Saison gestartet, würde man durchaus Chancen haben um Platz 5 der Team-WM kämpfen zu können. Wenn man weiter so gut unterwegs ist, wird man zumindest Force India noch Platz 6 streitig machen können.

Bei den Indern lief am Wochenende alles schief, Luizzi mit Defekt in der Quali, Sutil drehte sich im Rennen in der ersten Runde und blieb dann später hinter Alguersuari stecken. Das Motto „schnell vergessen“ dürfte auch bei Sauber herrschen. Kobayashi hatte vor dem Start schon einen Getriebedefekt, de la Rosa verschwand im Hinterfeld. Allerdings hatten die Schweizer auch schon vorher mit einem schlechten Abschneiden gerechnet.

Am Ende des Tages ist das Ergebnis für die WM perfekt. Der Ausfall von Hamilton hat die Spitze eng zusammengeführt und war ein Segen für Alonso und Vettel. Die sind beide jetzt wieder nur einen Sieg von der WM-Spitze entfernt und Vettel hat die drohende Teamorder zugunsten von Webber auf das nächste Rennen verschoben. Die kommenden Rennen werden also allein vom Setting her genügend Dramatik bringen. Irgendwann wird die Spitze auf zwei oder drei WM-Aspiranten zusammenschmelzen, obwohl es ja auch lustig wäre, wenn in Abu Dhabi noch alle 5 Chancen hätten.

Red Bull hat mit Spa und Monza die „schwachen“ Strecken nun hinter sich gelassen. Aber so klar sehe ich sie auf den verbleibenden Kursen nicht in der Favoritenrolle. Zum einen wird man sehen müssen, ob die veränderten Flex-Test der FIA Red Bull nicht doch zu der ein oder anderen Umbaumaßnahme gezwungen hat. Das wird aber frühestens in Suzuka zu sehen sein. Zum anderen schläft McLaren ja nun auch nicht. Was Ferrari angeht, bin ich skeptisch, ich glaube Monza war ein Ausreißer nach oben. Ein kurzer Überblick:

– Singapur: McLaren hat letztes Jahr hier die Pole und den Sieg geholt, es ist also nicht so, dass ihnen die Strecke nicht liegt. Die Strecke ist schwer mit anderen zu vergleichen. Valencia, wo Red Bull dominierte, ist schneller, Ungarn hat mehr schnelle Kurven. Wird sehr eng zwischen McLaren und Red Bull.

– Suzuka: Eindeutig Red Bull Land. Da wird es vermutlich für die anderen Teams nur darum gehen, Schadensbegrenzung zu betreiben.

– Korea: Vom Layout her ebenfalls eher für Red Bull, vor allem die vielen, mittelschnellen Kurven sollten dem Wagen liegen. Wegen der vielen Unwägbarkeiten, vor allem beim Asphalt, kann man hier nichts sagen.

– Brasilien: Nicht so gut für Red Bull, wie man im ersten Moment meinen würde. Es gibt keine richtige schnelle Kurve, die lange Bergaufgerade dürfte dem Mercedes Motor mehr liegen.

– Abu Dhabi: Die beiden langen Geraden sprechen für McLaren und Ferrari, vor allem der letzte Sektor dürfte aber Red Bull gehören.

Oder anders gesagt: Die WM könnte noch einige Wendungen nehmen.

Noch zwei kurze Meldungen aus Monza:

1. Während des Rennens stand ein Krankenwagen in der Box. Grund: Yamamoto war zu früh los gefahren und hatte einen Mechaniker übersehen. Offenbar hatte der Lollipop-Mann auch Mist gebaut. Der Mechaniker ist zwar verletzt, aber wohl soweit ok. Der Vorfall kostet HRT zu dem 20.000 Dollar wegen „unsafe release“.

2. Tony Fernandes hat auf der BBC faktisch bestätigt, dass man 2011 mit Motoren und Getrieben von Renault unterwegs sein wird. Im gleichen Interview kündigte er auch an, ein eigenes GP2 Team unter der Marke „Lotus“ für 2011 aufbauen zu wollen. Und man wird ab 2011 den Namen „Team Lotus“ verwenden, statt wie bisher den Zwitter „Lotus Racing“. Man hat offenbar die Rechte entweder von der Chapman Familie gekauft oder geleast.

Foto: NASCAR Media / Logan Riely/Getty Images

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4 Kommentare

Christian Alonso 13 September, 2010 - 14:45

Ich finde die Analyse einfach Spitze. Ich habe das Rennen leider nicht gesehen, bin jetzt aber wieder voll informiert darüber :)

malefue 13 September, 2010 - 17:47

lotus scheint allgemein richtig engagiert zu sein, bei den anderen neuen teams bin ich mir da nicht so sicher, da riecht einiges eher nach publicity-teilnahme. schön zu sehen, dass in den letzten jahren mehr neulinge es schaffen, sich komplett zu etablieren. von force india haben das ja nicht viele erwartet, von red bull eigentlich auch nicht(getränkekonzern und autos, haha! usw.).
wie sieht das im übrigen mit stefan gp aus, gehen die jetzt durch mit ihrem neuen motorsportzentrum-plan?

Formel1-GP 13 September, 2010 - 23:47

5 Fahrer im Bereich von einem Sieg, das werden spannende 5 Rennen. Mal sehen wer sich als erster vom WM Kampf verabschiedet…
Ich glaub immer noch Vettel wird Weltmeister! ;-) Die nächsten Strecken sollten dem RB6 besser liegen und Mark Webber hat nur einen Null-er geschrieben, ich glaub Webber scheidet noch min. einmal aus.

Stefan GP 16 September, 2010 - 02:34

die renndistanz in monza ist doch ein witz, absolut dumm von der fia das da keine 15 runden draufgepackt werden…

jedes f1-rennen sollte eine mindestdauer von 1:45 Std. haben.

die renndistanzen in monza und spa sind ein schande für jeden racing-fan.

@ Don
wo kann man sich deswegen offiziel per mail bei der fia bzw. f1 beschweren?

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