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Ein großartiges Rennen der Formel Eins in Silverstone liegt hinter uns und wird ausgiebig besprochen. Wir reden über Austin Dillons Schutzengel beim Sommertermin der NASCAR in Daytona, dessen spektakulärer Unfall in der letzten Runde einigen Diskussionsstoff hinterlässt. Die Irrungen und Wirrungen der Indycar beschäftigen uns dann auch noch und mit einer Vorschau auf das Wochenende setzen wir zur Landung an.
Teilnehmer dieser Ausgabe (mit Chat-Namen): Don (DonDahlmann), Thomas (ThomasB), Flo (FloAusN), Kristian (KristianStooss) und Andi (argl).
Podcast-Feed (mp3-Format): http://www.racingblog.de/feed/mp3/
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12 Kommentare
Eine Anmerkung zur Formel-1 Aerodynamik:
Das derzeitige Problem ist, dass der Frontflügel über den sogenannten Y-250 Wirbel(sitzt ca. an der Stelle wo das FIA-Segment aufhört) den Unterboden gegen einströmende Luft abdichtet. Da der Frontflügel besonders durch das „Hinterherfahren“ leidet und seine abdichtenden Wirbel nicht mehr so wie gewünscht abgeben kann, leidet auch der Rest vom Fahrzeug. Ebenfalls stimmt die Aerobalance am Fzg. nicht mehr. Erlaubt man nun mehr Abtrieb über den Unterboden und weniger durch beide Flügel (Front und Heck) zu generieren so hat man zwei Vorteile: 1. durch den Abtrieb vom Unterboden rückt der Schwerpunkt des aerodynamischen Abtriebs (Druckpunkt) automatisch näher an den Gewichtsschwerpunkt (Schwerpunkt) -> leichter abzustimmendes Fahrzeug.
2. der Unterboden erzeugt viel weniger Luftwirbel, da der Diffusor am besten mit laminar anliegender Luft („glatte Luft ohne Wirbel“) arbeitet, dies verringert den aerodynamischen Verlust des Hinterherfahrenden.
Hoffe ich habs verständlich erklärt.
@ Exas:
Vielen Dank für die gute Erklärung. Kann man Abtrieb via Unterboden (Ground Effect) auch ohne die aufwändige seitliche Abdichtung mit Schürzen erreichen? Und damit auch die extreme Empfindlichkeit bei „Seal Leaks“ der Ground Effect-Wagen abmildern?
Ja, das geht defenitiv. Der Diffusor muss einfach größer dimensioniert werden. Der Vorteil der Schürzen lag in ihrer Effizienzsteigerung der Diffusorwirkung. Jüngstes Beispiel dafür sind ja auch die „Blown-Diffusors“ siehe RB.
@ Exas:
Dann ist für mich die Sache klar:
Standard-Unterboden/Diffusor in der grossen Variante. Front- und Heckflügel soweit beschneiden dass sich deren Einfuss auf die Aerodynamik auf reines Ausbalancieren beschränkt. Durch den Standard-Unterboden wird der erreichbare Abtrieb für alle festgelegt und kann sich in Bereichen abspielen wo der mechanische Grip wieder deutlich mehr Einfluss auf die Performance hat. Hinterherfahren in Dirty Air wäre wieder deutlich machbarer.
Wäre halt frühestens in ein paar Jahren mit einem wieder mal komplett neuen Reglement zusammen mit den 18-Zoll-Reifen und dem Ende von DRS denkbar. Leider.
@ argl:
Genau richtig, wobei zur Zeit ein „Standardunterboden“ eigentlich ja schon der Fall ist, der ist ziemlich reglementiert.
Wobei trotzdem das Problem der Luftwirbel bleiben wird, das ist einfach zu lukrativ um den Diffusor nochmals besser zum arbeiten zu bringen / besser auszunutzen (prozentual).
Was die Teams einmal gelernt haben vergessen die ja nicht.
Hallo,
guter und informativer Podcast diese Woche. Was ich mir noch gewünscht hätte wäre ein Gedenken an Gustav gewesen.
Das Thema Formel 1 ist in der Tat sehr komplex. Ich halte von einer höheren Kurvengeschwindigkeit durch effizientere Aerodynamic eig nicht. Die breiteren Reifen und mehr Mechanischer Grip wäre für mich die bessere Lösung. Dass die Formel 1 als nicht so spannend empfunden wird. Hat für mich aber andere Gründe. Es kann nicht dominanz der Mercedes sein, das gab es früher auch schon. In den Schumacherer Jahren gab es auch selten Überholmanöver und trotzdem haben die Leute zugeschaut.
Die Strategiegruppe setzt hier an dem falschen Punkt in meinen Augen an. Das Hauptproblem sind zum einen die Parkplatzähnlichen Strecken. Ich erinenre nur an Hamilton letztes Jahr in Brasilien. Vor einem Jahr nuoch hätte er seinen WM Titel im Kiesbett begraben müssen. Es müssen einfach Ausrutscher und Unfälle passieren. Blechschäden, Ausfälle etc … (Ich hoffe ihr versteht mich richtig, keine Verletzungen wie Bianci oder Simonsen). aber das gehört zum Motorsport dazu und das wollen Leute auch sehen. Ihr hattet das ja kurz bei der Indy Car und NASCAR thematisiert.
In der F1 ist dieses Jahr eine Überreaktion nach dem Bianci Unfall zu beobachten. Es wird inflationär mit Riten Flaggen um sich geschmissen. Das erinnert stark an die Saison 1994 nach dem Senna Unfall, wo man Schikanen ohne Ende in die Kurse eingebaut hat. Erinniert ihr euch noch an die Schikane in Eau Rouge?
Dann natürlich noch die unsäglichen Strafen und geheule der Fahrer über den Funk. Es ist einfach lächerlich.
Pirelli ist natürlich auch ein Thema. Die Reifen sind dieses Jahr einfach zu hart, was Pirelli ja uach durch die Reifenwahl aufzeigt. Es muss einfach so sein, dass der Weicher Reifen einen Peak hat hat und abfällt. Mehrere Stretegie Optionen müssen möglich sein. Powerstints wie zu Schumacher Zeiten oder auf den härteren Reifen länger fahren, aber konstanter.
Wenn man Geld sparen will, kann man die Full Wets auch zu Hause lassen, da vorher so oder so das SC kommt.
Ich persönlich würde mir die F1 mit LMP1 Fahrzeugen wünschen. Das wäre mal was. Leider gibt es ja bei den SPortwagen nur Langsreckenrennen mit Fahrerwechsel. Eine Sprintserie wäre mal feines.
@Exas: Jein. Ein Unterboden samt Diffusor wird nicht unbedingt immer nur laminar durchströmt. Bestes Beispiel sind hier die Frontdiffusoren der LMP1, bzw. des Audi R18. Dieser weißt ab ca. 60% Vortex-Generatoren auf. Diese haben das Ziel die Reynoldszahl bewusst extrem zu erhöhen, damit hier keine laminare sondern turbulente Strömung anliegt. Dies hat den Vorteil, dass eine turbulente Strömung erst später abreist als eine laminare Strömung und somit vor allem gegen Ende der trailing edge eines Diffusors so mehr Abtrieb gewonnen werden kann. Auch hatten zu Zeiten des Doppeldifusors die Heckdiffusoren Vortex-Generatoren um eben hier bewusst einen Übergang zwischen laminarer hin zu turbulenter Strömung zu erreichen.
So etwas wird auch bewusst bei einem Frontflügel benutzt. Bestes Beispiel war hier der Frontflügel des 2012er Red Bulls, welcher gerade im Nachgang bewusst Vortexe erzeugt hat, welche dann über Löcher vor den Lufteinlässen in Richtung Unterboden gelenkt wurden. So etwas wird in der F1 in der Regel an den seitlichen Rändern eines Frontflügels auf der Unterseite verwendet um bewusst Vortexe um die vorderen Räder zu lenken. Diese sind auch der Hauptgrund für diese extreme aerodynamische Sensibilität eines F1. Durch Vortexe und Luftschleppen des Vordermanns, können die Vortex-Generatoren des Frontflügels nicht mehr genau so arbeiten wie sie es tun sollten und die Vortexe verlaufen nicht mehr wie gewünscht um die vorderen Räder herum Richtung Unterboden. Dadurch entstehen nicht mehr die gewünschten Zonen mit Unterdruck unter bzw. leicht hinter dem Frontflügel, was zur Folge hat, dass zum einen der Frontflügel nicht mehr genügend Abtrieb erzeugen kann und dieser Abtrieb auch etwas weiter hinten anliegt. Die Druckpunkte verschieben sich also, was zur Folge hat dass ein Moment um die vordere y-Achse entgegen des Uhrzeigersinns entsteht und somit die Aerodynamische Balance etwas nach hinten schiebt, was das Untersteuern hervorruft.
Eine Lösung um dieses Problem zu umgehen wären daher vollverkleidete Radhäuser und ein andere Reglement bzw. des Unterbodens um die Teams dazu zu lenken ihre Aerodynamik vor den vorderen Rädern weniger auf eine ausgeklügelte Verteilung von Vortex-Generatoren zu vielen Bereichen mit laminarer Strömung (denn durch die Verwirbelungen des Vordermanns )auszurichten sondern vielmehr auf eine laminar Überströmung des Autos, welche aus aerodynamischer Sicht wesentlich unempfindlicher ist als eine Unterströmung. Die Frage ist nur, in wie weit so was von den Teams und Herstellern gewollt ist, denn dadurch würden sich die Autos optisch gesehen mehr in Richtung LMP1 entwickeln.
Kleiner interessanter Fakt noch: Das Verhältnis eines F1 bzgl. lift to drag liegt bei ca. 3,5-4:1, während dass des besten LMP1-Autos im Le Mans Trim mittlerweile bei 6,5:1 liegt.
@ Flo aus N:
Meines Wissens nach reißt eine Strömung bei 7-8° Öffnungswinkel sowieso ab, aber die turbulente Strömung erzeugt einen zusätzlichen Druckverlust innerhalb des Diffusors, was da in der Gesamtrechnung zu mehr Anpressdruck führt. Ebenfalls sind die Wirbel energiereicher und „dichten“ somit besser den Unterboden ab.
Stimme dir aber völlig zu, dass nur mit einem Konzeptwechsel das eigentliche Problem des „Hinterherfahrens“ gelöst werden kann.
Das dürfte Euch dann interessieren https://blog.simscale.com/blog/2015/06/formula-1-aerodynamics-qa-with-nic-perrin/
@ Exas:
Dieser Druckverlust und „Energiereicher“ hängen direkt miteinander zusammen. Durch den turbulator steigt die Reynoldszahl stark an, was zu einer höheren Strömungsgeschindigkeit führt. Der Vorteil hier bei ansteigenden Angriffwinkeln auf der Unterseite rührt daher, dass turbulente Strömung hier erst später zu Grenzschichtablösungen führen als laminare Strömung. Dieses abreißen hängt aber auch nicht primär mit dem Angriffswinkel zusammen, sondern eher von von d(rad) / d(s) sprich der Winkeländerung über den Weg.
Das Hauptproblem ist halt, dass über der Wagenlänge diese Reynoldszahl immer weiter abnimmt, es sei denn die Vortexe kommen wieder mit dem Fahrzeug direkt in Berührung und sich dann wieder der laminaren Strömung Stück für Stück annähern und in gewissen Bereichen bewusst Grenzschichtablösungen erzeugen. Dies ist so gewünscht um die darüber liegende laminare Luft um Bereiche zu leiten. Kommt nun aber meine Luft bereits turbulent auf die Unterseite meines Frontflügels, veränderen die Vortexgeneratoren diese Strömung aber nicht mehr so wie gewollt und verursachen z.B rund um das sich drehene Rad eben nicht mehr die gewollten Grenzschichtablösungen, was wiederum die laminare Luft beeinträchtigt, welche z.B über Luftleitbleche Richtung Unterboden gelenkt werden soll.
Grundsätzlich betrifft dies aber hier die Unterseite des Frontflügels, welche wesentlich sensibler für solche Mechanismen ist als die Oberseite. Daher müsste man das Fahrzeug und Reglementskonzept grundlegend Richtung mehr laminarer Überströmung ändern wie bei einem geschlossenen LMP1. Der nette Nebeneffekt wäre auch, dass ein solches Fahreug wesentlich weniger Wirbelschleppen und Vortexe verursacht, welche wiederum dass sich hinter einem befindliche Fahrzeug weniger stören. Man würde damit also 2 Fliegen mit einer Klappe schlagen. Eine Möglichkeit hierzu wäre es die Breite der hinteren Seitenkästen auf die maximale Breite festzulegen und die Tiefe des vorderen Frontflügels bis unter die Querlenker zu erhöhen, während ich vor den Vorderrädern Verkleidungen a la Formula E anbringen müsste.
Eine Verbreiterung des Heckflügels und das Streichen der ganzen Turbulatoren im Diffusor würde hier auch helfen.
@ Flo aus N:
sehr ausführliche Antwort, danke dafür.
Ich denke einige Leser hier im Blog würde das als Artikel sicherlich auch interessieren ;)
@ Exas:
Da schliesse ich mich an, ein fachlich fundierter Vorschlag in Form eines Artikels für die nächste Generation F1-Regeln wäre eine tolle Sache!
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