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NASCAR: Analyse Kansas Oktober 2012

von KristianStooss
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Wow, was für ein Rennen! Rekordhaltige 14 Cautions sorgten dafür, dass ein Fünftel der Distanz unter gelber Flagge absolviert wurde. Der „neue“ Kansas Speedway bot ordentlich Action und sah am Schluss trotz der vielen Wirren einen verdienten Sieger: Matt Kenseth führte das Feld 78 Mal über die Ziellinie und gewann das Rennen, obwohl auch er nicht von den Rangeleien verschont blieb. Die Aufholjagd des Tages lieferte unterdessen Jimmie Johnson, während etliche Fahrer mit den labilen Reifen von Goodyear zu kämpfen hatten.

Dieses Rennen kann man einfach nicht im konventionellen Sinne zusammenfassen, deshalb versuche ich das auch gar nicht erst! Die Menge an Verschiebungen im Feld durch die Rekordanzahl von 14 Gelbphasen erinnerte eher an ein Rennen in Talladega, welches dieses Jahr irgendwie zwei Wochen zu früh an der Reihe gewesen zu sein schien. Schauen wir uns lieber an, warum der Sonntag so chaotisch verlief und freuen uns mit denjenigen Fahrern, welche davon profitierten. Auf der anderen Seite sollen aber auch die Pechvögel des Rennens nicht zu kurz kommen. Wie viele gute NASCAR-Geschichten in dieser Saison beginnt auch diese mit einer Neuasphaltierung: Der Kansas Speedway bekam nach dem Meisterschaftslauf im April ein Facelifting verpasst, in dessen Zuge man ebenfalls ein leicht steileres, progressives Banking einführte. Wie bekanntlich so oft tat sich dann Goodyear äußerst schwer damit, einen haltbaren Reifen an die Strecke zu bringen, weil ganz einfach die Daten fehlten.

Sowas sorgt dann – wie zu sehen war – einerseits für äußerst spannende Rennen, andererseits aber auch für harte Unfälle, wenn einer der Pneus aufgrund der hohen Belastung platzt. AJ Allmendinger, Aric Almirola und Casey Mears können davon nach dem Sonntag ein Liedchen singen. Für alle drei Fahrer kamen die Reifenschäden sehr ungelegen: Bei Mears kann ich mich daran erinnern, dass er schon in der letzten Woche in Charlotte ähnlich ausgeschieden ist. Vielleicht sollte man bei Germain Racing mal etwas konservativer an den Radsturz herangehen. Allmendinger war in Kansas noch stärker unterwegs als am letzten Wochenende und musste das Rennen auf Platz 6 liegend beenden. Almirola zeigte ein überraschend gutes Rennen und verleibte sich nach Kenseth die meisten Führungsrunden (69) ein. Insgesamt war er aber in drei Dreher/Unfälle verwickelt, wobei ihn der letzte dann nach einer starken ersten Rennhälfte auch zum Aussteigen zwang.

Dreher gab es am Sonntag aber noch viel mehr, was wohl daran lag, dass die Reifen nicht so viel Gummi auf die Strecke bringen konnten, wie zunächst erhofft. Das resultierte dann darin, dass der Kansas Speedway sehr rutschig war und bevorzugt auf einer Linie gefahren wurde. Trotzdem – und das tat dem Rennen wirklich gut – konnte man prima überholen. Die Dreherkönige des Tages waren neben Almirola eindeutig Tony Stewart und Kyle Busch, welche in mehr als eine Caution verwickelt waren. Doch das hatte nicht nur mit den Goodyears zu tun. Auch private Fehden wurden im Übermaß ausgefochten: Tony Stewart schob z. B. Jeff Burton in die Mauer, Landon Cassill bekam den Kotflügel von Danica Patrick zu spüren, Marcos Ambrose legte sich mit Trevor Bayne an und Kyle Busch sowie Ryan Newman gönnen sich eventuell sogar noch eine Fortsetzung – zumindest drohte Busch seinem dies Konkurrenten im Interview nach dem Ausfall in gewohnter Manier an.

Die anderen Scharmützel verliefen bis auf die Fehde zwischen Landon Cassill und Danica Patrick weniger dramatisch. Danica kämpfte nach Meinung von Cassill bei einem Restart wohl etwas zu verbissen um Platz 30 und wurde vom Ex-Hendrick-Junior mit einem kleinen Rempler wieder daran erinnert, dass sie nicht alleine auf der Strecke unterwegs ist. Patrick war sich natürlich keiner Schuld bewusst und holte ihrerseits aus, um „ein Zeichen zu setzen“. Blöderweise beachtete sie dabei „eine wichtige Regel des Stockcar-Sports“ (Zitat Cassill, der danach weiterfahren konnte) nicht und katapultierte sich bei dem Abschussversuch selbst ins Aus. Naja…

Zu den Fahrern, die sich ohne Fremdeinwirkung oder Reifenprobleme drehten, gehören neben Kyle Busch und Tony Stewart noch Bobby Labonte, Greg Biffle, Sam Hornish Jr und nicht zuletzt Jimmie Johnson, der sich allerdings in gewohnter Manier nicht mit einem Positionsverlust abgeben wollte und schließlich zurückschlug. Der Clou war dabei, dass die #48 nach dem Mauerkuss schon nicht mehr so ganz unter die NASCAR-Templates passte und von der Crew in liebevoller Kleinarbeit mit einem Vorschlaghammer und viel Klebeband restauriert wurde. Trotzdem kämpfte Johnson sich mit dieser Mühle von Platz 28 noch bis auf Rang 9 nach vorne, Respekt! Seinem Dreher ging übrigens eine Führung über markante 44 Runden voraus, bis Johnson von einer unglücklich fallenden Gelbphase während der laufenden Green-Flag-Pitstops erwischt wurde und weit zurückfiel. Im Hinterfeld verfügte sein Chevy dann offenbar nicht mehr über genügend Grip.

Ebenfalls von der Caution erwischt wurden Mark Martin, Denny Hamlin und Martin Truex Jr, die allerdings ihre Positionen wenig später während einer sehr unübersichtlichen Periode zurückgewannen, in denen Gelbphase auf Gelbphase folgte. Zwischen den Runden 122 und 188 fielen nicht weniger als acht Cautions, während denen ganze 42 Umläufe unter gelber Flagge absolviert wurden. Alleine drei Gelbphasen folgten wirklich direkt auf eine grüne Flagge, was dieses Wirrwarr ganz gut verdeutlicht.

In Runde 188 wurde dann schließlich auch das Finale eingeläutet, welches Mark Martin, Clint Bowyer, Paul Menard, Denny Hamlin und Kasey Kahne in den Top5 unter die Räder nahmen. Der spätere Sieger Matt Kenseth hatte sich bis hierhin konsequent innerhalb der Top5 aufgehalten, auch schon einige Runden geführt und muss bei einem der Boxenstopps ein paar Positionen verloren haben. Kurze Zeit später kam er dann wieder nach vorne, weil eine Gelbphase gut 50 Runden vor Schluss – und damit knapp innerhalb des Spritfensters – einen Benzinkrimi auszulösen drohte. Diese Caution fiel wieder mitten in die Green-Flag-Pitstops und zeigte erneut Hamlin und Martin die lange Nase.

Dass sich dann doch nur ein halbes Fuel-Mileage-Finale ergab, hatte das Feld Sam Hornish Jr zu verdanken, welcher knapp 20 Runden vor dem Ende die letzte Gelbphase auslöste und damit seinen Kollegen die Möglichkeit gab, noch einmal nachzufassen. Bei Denny Hamlin machte man hier den riesigen Fehler, auch noch vier neue Reifen aufziehen zu lassen, was Hamlin letztendlich ein Top10-Resultat kostete. So viele Positionen konnte er auf der Strecke mit wenig Grip, welche nur zaghaft Gummi annahm, nicht mehr aufholen.

Vorne zeigte sich dann der Ford von Matt Kenseth am wenigsten gefräßig, was dem scheidenden Ford-Fahrer Saisonsieg Nr. 3 nach Daytona und Talladega einbrachte. Unverdient war die Fahrt in die Victory-Lane nach den meisten Führungsrunden natürlich überhaupt nicht. Doch auch Kenseth benötigte etwas mehr Glück als üblich, um einigen haarigen Situationen nahezu unbeschadet zu entgehen – so geriet er z. B. in die Schussbahn von Almirola bei einem seiner Abflüge.

Vorne landeten durchweg die Fahrer, welche sich nahezu schadlos hielten: Hinter Kenseth markierte Martin Truex Jr direkt den nächsten zweiten Platz in Kansas, nachdem er im April schon auf dieser Position ins Ziel kam. Schade, dass es für Truex nicht zum Sieg gereicht hat. Ebenso Paul Menard, welcher ein unauffälliges Rennen auf einem starken dritten Rang beenden konnte. Kasey Kahne und Tony Stewart komplettierten die Top5, wobei ich absolut keine Ahnung habe, wie Smoke nach seinem Dreher noch wieder so weit nach vorne fahren konnte. Clint Bowyer (6.) beendete sein Heimrennen in den Top10 und Regan Smith (7.) vertrat einen Dale Earnhardt Jr absolut würdig. Hoffentlich konnte er sich damit für ein 2013er-Cockpit empfehlen. Die Gerüchteküche sieht ihn ja derzeit ausgerechnet für JR Motorsports in der Nationwide Series fahren.

Ganz viel Glück hatte Brad Keselowski, der mehrere Abflüge aus nächster Nähe miterlebte und seinen Wagen jedes Mal irgendwie davor rettete, ebenfalls als qualmender Schrotthaufen in die Garage geschleppt zu werden. Die Quittung war Platz 8, worüber er zwar nicht glücklich, aber wenigstens erleichtert war. In der Meisterschaft führt Keselowski weiterhin knapp vor Jimmie Johnson (-7), welcher bei seiner eigenen Schadenbegrenzung aufgrund eines Bonuszählers für die Führungsrunden punktgleich mit der blauen #2 ins Ziel fuhr. Denny Hamlin (-20) verlor ein paar Pünktchen, während Clint Bowyer (-25) leicht aufholen konnte. Kasey Kahne (-30) markiert als Fünfter in der Meisterschaft derzeit das Ende der Riege der realistischen Titelkandidaten, denn Martin Truex Jr (-43) ist bei nur noch vier verbleibenden Rennen schon weit ab vom Schuss.

Am nächsten Wochenende wird Martinsville zeigen, welche Piloten in die heiße Schlussphase bestehend aus Texas, Phoenix und Homestead einziehen. Wer dann mehr als 20 oder 30 Punkte Rückstand auf die Spitze hat, ist quasi schon aus der Entscheidung draußen. Derzeit sieht jedenfalls alles nach einem Zweikampf zwischen Brad Keselowski und Jimmie Johnson aus…

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

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