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IMSA: Bericht 24 Stunden von Daytona 2020 – Eng, spannend, großartig

von DonDahlmann
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Es war ein Rennen der Rekorde. Und in fast allen Klassen ging es bis in die letzte Stunde um den Sieg.

Langstreckenrennen schweben oft zwischen zwei Extremen. Entweder sind sie langweilig, weil die Favoriten sich gleich in den ersten Stunden einen gehörigen Abstand verschaffen und dann das Rennen nur runter fahren. Oder sie sind bis zur letzten Stunde extrem spannend, weil sich immer wieder etwas verändert, Fehler gemacht werden oder weil Autos und Fahrer so gleichwertig sind, dass sich niemand einen Vorteil verschaffen kann. Die 2020er Ausgabe der 24 Stunden von Daytona war so ein Rennen, in dem es bis zum Schluss spannend blieb.

Die Voraussetzungen für so ein spannendes Rennen war vorher schon gegeben, aber vor allem in der Prototypen-Klasse hatte man das so nicht erwartet. Die Cadillac galten, wie immer in Daytona, schon vor dem Rennen als die großen Favoriten. Die letzten Ausgaben wurden, abgesehen von 2016, alle von Cadillac befeuerten DPi gewonnen, davon dreimal alleine durch Wayne Taylor Racing. Aber ein paar Fragezeichen gab es doch, denn niemand wusste so recht, wie die Acura sich schlagen würden. Die Mazda galten vor dem Rennen als schnell, aber nicht zuverlässig genug.

Die ersten Stunden des Rennens zeigten daher ein wenig überraschendes Bild. Vorne blies der Polesetter, der Mazda #77 zur Attacke, konnte sich aber nicht wirklich frei fahren. Vor allem der Whelen #31 blieb dem weißen Mazda im Genick und versuchte mehrfach die Spitze zu erobern. Dahinter mühte sich der Acura #6 ab, der sich eine längere Zeit auf P3 halten konnte.

Aber schon die ersten Stopps zeigten, dass es zwischen den Prototypen in Sachen Verbrauch einige Unterschiede gab. Die Mazda stoppten beim ersten Mal nach 20, beim zweiten Mal nach 21 Runden. Die beiden starken Cadillac von WTR und Whelen kamen jeweils zwei bis drei Runden später. Die Acura stoppen ebenfalls nach 20 oder 21 Runden. Eine schnelle Rechnung ergab, dass die Cadillac mit den längeren Stints am Ende rund zwei Stopps gegenüber den Mazda und den Acura einsparen würden. Das macht in Daytona rund zwei Minuten Vorteil aus.

Das Bild änderte sich aber nach dem vierten Stopp. Plötzlich konnten die Mazda auch 23 Runden fahren, was den Vorteil der Cadillac zunichte machte. Aber die hatten dann doch einen gewaltigen Trumpf im Ärmel. Nach knapp vier Stunden änderten die Cadillac ihre Pace und legen mit abnehmenden Streckentemperaturen plötzlich merklich zu. Das galt insbesondere für die #10 von Wayne Taylor, aber auch für die bis dahin eher blass gebliebene #5, den JDC Mustang Wagen. Der Mazda hatte plötzlich nicht nur Mühe vorne zu bleiben, er fand sich, wegen der verschobenen Boxenstrategien, öfter auf P2 wieder.

Nach knapp viereinhalb Stunden gab es die zweite Caution. In Daytona wurde es auch langsam dunkel und es ging in die lange Nacht. Dass diese Caution die letzte für sieben Stunden sein würde, hatte wohl niemand erwartet. Tatsächlich legten die Führenden 280 Runden, also ziemlich genau ein Drittel der Gesamtdistanz, unter Grün zurück.

Normalerweise zieht sich das Feld in so einer langen Grünphase sehr weit auseinander. Nicht so in diesem Jahr. Auch bei den Prototypen blieb man einigermaßen eng zusammen. Aber die 280 Runden zeigten auch, wo die Vorteile der Cadillac lagen. Sie konnten, bei sehr kühlen Temperaturen, die Stintlängen bei 23 Runden
halten und dabei auch noch zulegen. Die Mazda schafften die 23 Runden zwar auch, verloren pro Stint aber ein paar Sekunden. Das summierte sich bis zur nächsten Caution auf fast eine Runde.

Die Acura gingen in der Nacht komplett unter. Lief es bei warmen Temperaturen noch einigermaßen, passte in der Nacht nichts zusammen. Die #7 hatte wegen eines unverschuldeten Unfalls mit dem zweiten Mazda schon früh mehr als 25 Runden Rückstand. Die #6 war das heiße Eisen im Feuer, aber der Acura verlor immer mehr an Boden. Die Fahrer beklagten ein fast unfahrbares Auto. Bei den Inboard-Aufnahmen konnte man hören, wie stark der Acura aufsetzen. Teilweise musste die Penske-Mannschaft die Stints verkürzen, weil die Fahrer erschöpft waren.

Acura und Roger Penske werden nach dem Rennen sehr unzufrieden sein. Man kann einen Teil der Schuld durchaus auf die BoP schieben, die die Acura etwas zu langsam eingestuft hatte. Aber es war auch offensichtlich, dass man sich mit der Abstimmung verhauen hatte. Sichtbar wurde das ausgerechnet durch die verunfallte #7. Deren Abstimmung hatte man in der langen Reparaturpause anpassen können und Auto war danach besser unterwegs. Aber halt weit abgeschlagen.

Vorne hatte sich aber Wayne Taylor Racing als Favorit durchgesetzt. Die Mazda kamen nicht ganz ran und der zu Beginn so schnelle Whelen Cadillac von Action Express fiel in der nach langsam immer weiter zurück. Das war ein bisschen mysteriös, war der Wagen doch zunächst schneller, als der WTR. Die Aufklärung erfolgte spät im Rennen, als man bekannt gab, dass man zeitweise den zweiten Gang verloren hatte. Bis man die Sache reparieren konnte, hatte man zwei Runden verloren.

Aber auch für WTR war die Sache nicht so klar. Kobayashi handelte sich in den ersten Stunden eine Durchfahrtsstrafe ein, da er in der Box 3 km/h zu schnell war. Später fuhr er mitten im Stint zur Verwunderung aller einmal durch die Box. Ein Stopp war nicht geplant, eine Strafe gab es auch nicht. Es stellte sich dann raus, dass es ein Elektronikproblem gab, dass der Japaner aber selber lösen konnte.

Um ein Haar wäre der Sieg aber dennoch gefährdet gewesen. Nach einer Caution ungefähr vier Stunden vor Schluss hatte Ryan Briscoe am Ende der Boxengasse Pech mit der roten Ampel, die 50 Meter vor ihm auf Rot umsprang, was er dann übersah. Die Folge: Stopp ’n Go plus 60 Sekunden. Der in Führung liegende WTR musste also rein, verlor nicht wie befürchtet eine Runde. Das Glück war dann mit WTR. Die nächste Caution folgte und der Wagen war wieder in den Top 4. Den Rest erledigte das Team dann auch Strecke. Amt Ende siegten Ryan Briscoe, Scott Dixon, Kamui Kobayashi und Renger van der Zande mit einer knappen Minute Vorsprung.

Dem Mazda blieb am Ende „nur“ Platz zwei. Aber damit war man durchaus zufrieden. Die Überraschung war ja, dass die Mazda überhaupt beide 24 Stunden problemlos überstanden hatten. Da war P2 durchaus ein Sieg. Auf P3 kam der JDC Mustang Cadillac. Die waren vom Speed her nicht auf der Höhe des WTR oder Whelen, mauserten sich im Rennen aber vor allem dann, wenn Loic Duval das Steuer übernahm. Die JDC-Mannschaft war damit auch hochzufrieden.

LMP2
Vor dem Rennen dachte man, dass die eigentliche Frage wäre, ob Dragonspeed oder Starworks das Rennen gewinnen würden. Die Mannschaft von PR1 hatte zumindest ich ein bisschen schwächer eingestuft. Aber man liegt auch mal falsch. Die #52 mit Ben Keating, Simon Trümmer, Nick Boule und Gabriel Aubry überraschte die Konkurrenz mit einer extrem schnellen Fahrt.

Den Anfang machte Ben Keating mit einem furiosen Doppelstint, bei dem er dem Rest des Feldes einen Abstand von fast einer Runde aufbrummte. PR1 hatte sich dazu entschieden Keating und damit einen der schnellsten Fahrer im Team, zuerst einzusetzen. Die anderen Teams ließen zunächst die langsameren Gentlemen Driver ans Steuer. Das machte man auch deswegen, weil man hoffte, dass es in den Ersten, ja meist hektischen Stunden, zu vielen Gelbphasen kommen würde. Dem war aber nicht so.

Die beiden Favoriten, Dragonspeed und Starworks, machten sich in der Nacht auf die Verfolgung und kamen, je nach Fahrerbesetzung, auch wieder etwas ran, aber die #52 setzte sich auch dank Gabriel Aubry immer wieder ab. In der Nacht verabschiedete sich der Starworks Wagen mit technischen Problemen aus dem Kauf um den Sieg und fiel etliche Runden zurück. Der Dragonspeed ging zeitweise in Führung, aber bis in die letzten Stunden war es völlig unklar, wer gewinnen würde.

Die Entscheidung brachte dann ein technisches Problem am PR1 LMP2, der bei einem langen Stopp drei Runden an der Box verlor. Zwei davon holte man zwar dank der Cautions wieder auf, aber das reichte nicht für den Sieg. Auf Platz drei landete der Era Motorsport Wagen. Zwar weit abgeschlagen (auch hier technische Probleme) aber für den ersten Auftritt in der LMP2 und in Daytona ist das ein sehr gutes Ergebnis.

GTLM
In der GTLM gab es ein Rennen, dass man so auch nicht aller Tage sieht. Man ist gewohnt, dass es in der GTLM eng zugeht, weil die IMSA die BoP ziemlich gut im Griff hat. Aber was am letzten Wochenende geboten wurde, war wirklich sensationell.

Dass die Porsche die Favoritenrolle inne hatten, war klar. Der neue RSR-19 ist zwar in der IMSA neu, wird aber von Porsche schon seit dem Sommer in der WEC eingesetzt. Sie traten gegen den nicht so neuen BMW und die brandneuen Corvette an. Dazu der Risi-Ferrari mit dem EVO-EVO F488. Daher war es kein Wunder, dass die Porsche das gesamte Rennen in der Spitzengruppe verbrachten. Überraschend war allerdings, wer sich als hartnäckigster Gegner herausstellte.

Viele (ich auch) hatten auf den Risi-Ferrari getippt, der aber am Wochenende nie in Schwung kam. Schon im Training fehlten rund sieben Zehntel, das besserte sich auch nicht in der Quali. Die IMSA hatte vor der Quali am Donnerstag dem Ferrari noch minimal Ladedruck weggenommen, was Risi dann als Grund angab, warum es in diesem Jahr so schlecht lief. Wobei man auch sagen muss, dass der Ferrari fast die ganze Zeit in einer Runde mit dem Rest des Feldes war. Aber mehr ging auch nicht vorwärts. Ein Reifenplatzer rund zwei Stunden vor Schluss zerstörte dann Teile der Heckpartie und Risi hatte dann keine Lust mehr.

Statt des Ferrari war es überraschenderweise der BMW #24, der den Porsche das Leben schwer machte. Die Mannschaft bestehend aus John Edwards, Augusto Farfus, Chaz Mostert und Jesse Krohn waren ohne Unterstützung des Schwesterautos, da die #25 schon sehr früh technische Probleme hatte. Aber der übrig gebliebene BMW beschäftige die Porsche dann fast über die gesamte Distanz.

Es war schon ein Wahnsinn, was da über Stunden abging. Egal, wie die Streckenverhältnisse waren, egal ob mittags, nachts oder vormittags, egal wer am Steuer saß – die drei Autos klebten meist zusammen. Wobei sich bei Porsche die #911 und die #912 im Kampf mit dem BMW abwechselten. Keiner der Fahrer erlaubte sich einen groben Schnitzer, einen Dreher oder sonstiges. Alle drei Autos waren einfach auf einem Niveau.

Wobei die Inboards kleine Unterschiede zeigten. Der BMW ging vor allem auf den Geraden gut und hatte einen leicht besseren Topspeed zwischen Turn 7 und der Schikane. Auf der etwas längeren Gerade nach der Schikane bis Turn 1 kam der Porsche dann im Windschatten wieder etwas ran. Deutlich besser war man allerdings im Infield, wo der große M8 nicht ganz so gut zurechtkam.

Zwischenzeitlich sah es nicht gut für den BMW aus, als dieser zu einem Wechsel der Bremsen an die Box kommen musste. Der Stopp war geplant, warf die #24 aber 60 Sekunden zurück. Die Münchner rettete dann eine Caution.

Die Entscheidung fiel dann 80 Minuten vor Schluss. Der BMW hatte einen etwas verschobenen Stopp-Rhythmus, der ihm am Ende einen deutlich kürzen letzten Stopp verschaffte. Damit war klar, dass der BMW am Ende rund 10 Sekunden schneller stoppen würde. Dazu kam, dass der BMW bei steigenden Streckentemperaturen seine Rundenzeiten verbessern konnte. Die Porsche versuchten den BMW mit einem frühen Stopp unter Druck zu setzen, aber BMW konterte gelassen eine Runde später und gewann so das Rennen. Ein wirklich sehr hart erkämpfter Sieg,

Die Corvette spielten keine große Rolle. Die #4 hatte früh Probleme und konnte die Rundenzeiten an der Spitze nie mitgehen. Besser lief es für die #3, die über lange Strecken an der Spitze dran war und um das Podium kämpfte. Aber der neuen CR.8 fehlte es auf den Geraden etwas an Topspeed, sodass man immer wieder Zeit verlor. Aber dennoch ein solides Debüt für das Auto. Die Corvette wird sicher noch stärker werden im Verlauf der Saison.

GTD

Ich will nicht sagen, dass es in der GTD nicht spannend war. Das sicher nicht. Aber die Sache war am Ende doch ziemlich eindeutig, was die Marken anging. Zunächst führte allerdings der Pfaff Porsche, den wir in unserem Podcast schon als Favoriten markiert hatten. Über Stunden konnte der GT3 die Meute hinter sich halten und sogar einen guten Vorsprung herausfahren. Aber dann plagten den Porsche in der Nacht immer wieder technische Probleme, was ihn weit zurückwarf.

An seine Stelle traten dann die beiden Lamborghini von Paul Miller und Magnus Racing. Zu diesen gesellte sich dann im Verlauf des Rennens der WRT Audi, der mit einem verschobenen Boxentiming immer wieder die Führung übernehmen konnte. Ähnlich lief es zwischen den beiden Lambos, aber die späten Caution sorgten dafür, dass sich die Stopps wieder synchronisierten.

Alle drei schenkten sich über die 24 Stunden nichts und wie in der GTLM erlaubten sich die Fahrer auch keinerlei Fehler. Es war ein faszinierendes Duell, auch wenn man leider davon nicht viel im TV sah. In den Kampf um die Spitze mischte sich dann auch der Wright Porsche ein, der aber nicht ganz das Tempo hatte. Diese vier waren es auch, die sich in der langen Grünphase in der Nacht vom Rest absetzen konnten und zwei bis drei Runden Vorsprung rausfuhren.

So schön der Kampf zwischen den VW-Marken war, so schade war es auch, dass weder die Acura, noch die Lexus oder die Aston Martin eine Rolle spielten. Die Briten waren mit beiden Autos schon nach ein paar Stunden raus (Unfall), aber der Aston machte auch nie den Eindruck, als sei er konkurrenzfähig. Gleiches gilt für die beiden anderen Marken. Hier muss sich die BoP-Komission der IMSA schon ein paar Fragen gefallen lassen. Während man in der GTLM richtig lag, passte in der GTD einiges nicht zusammen. Sicher, der Lexus mit Kyle Busch war nie ein Siegkandidat, aber das Schwesterauto schon. Auch die Acura gingen komplett unter, obwohl sie stark besetzt waren und handelten sich drei Runden Rückstand ein.

Die Boxenstrategie entschied sich dann am Ende für den Paul Miller Wagen, der auch insgesamt am Wochenende den besten Eindruck machte. Magnus verlor nur hauchdünn, der WRT war zwar schnell, aber auch hier fehlte das berühmte letzte Quäntchen für den Sieg.

Bilder: IMSA

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