Home LMS24 H Le Mans 24H von Le Mans 2019: GTE Am – Ein böses Ende

24H von Le Mans 2019: GTE Am – Ein böses Ende

von DonDahlmann
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Die „Amateure“ in der GTE hatten ein teilweise schwieriges Rennen. Die Favoriten strauchelten früh. Und am Ende wurde der Sieger disqualifiziert.

Bevor wir zum Rennen kommen, die unschönen Nachrichten. Die Freude von Keating über den Sieg endete am Montagabend. Erst kam raus, dass der Ford #68 aus der Pro wegen eines zu großen Tanks (0,83 Liter) disqualifiziert wurde. Ford gab an, dass man „keine Zeit gehabt hätte“ auf die letzte BoP-Änderung vom 14.06 zu reagieren. Was Quatsch war, denn die Verkleinerung des Tanks erfolgt mittels Volumenbälle, die dann passend in den Tank gegeben werden. Erstaunlicherweise hatte man das nicht gemacht. Warum auch immer.

Das den Keating erwischte, war dann aber schon erstaunlich. Der Ford wurde doppelt bestraft. Zunächst kam die Meldung dass er die Minimum Tankzeit nicht eingehalten hatte. Vorgeschrieben sind 45 Sekunden, der Keating Ford soll in 44.4 Sekunden betankt worden sein. Das Resultat war eine 55.2 Sekunden Zeitstrafe. Da der Vorsprung des Ford 44,9 Sekunden betragen hat, verlor er den Sieg und rutschte auf P2. Der Sieg geht an den Project 1 Porsche.

Danach folgte der zweite Schock. Auch der Tank des Keating Ford GT war zu groß. Um sage und schreibe 0,1 Liter. Es folgte die komplette Disqualifikation. Es gab für den ACO da keine andere Möglichkeit. Regeln sind Regeln und die geben bei derartigen Verstößen keinen Spielraum. Komisch ist die ganze Sache aber schon Denn zum einen wird der Wagen ja von Riley und nicht allein von Ganassi vorbereitet, zum anderen ist der Tank in der Am eh einen Liter größer. Es ist kaum zu verstehen, warum Riley den gleichen Fehler wie Ganassi gemacht hat. Aber Verstoss ist Verstoss, die Strafe ist gerechtfertigt.

Trotz der Strafe hier der Rennverlauf mit dem Ford samt Analyse

Es sah alles nach einem Porsche-Festival in der GTE-Am aus. Die Dempsey-Proton Mannschaft hatte zwei starke Fahrzeuge am Start und auch der Gulf-Porsche machte einen flotten Eindruck. Das bestätigte sich schnell in der Quali, in der die Porsche die ersten drei Plätze belegen konnten. Ganz vorne war, etwas überraschend, die #88 mit Satoshi Hoshino. Matteo Cairoli und Giorgio Roda. Erst danach folgte die #77 mit Matt Campbell, Christian Ried und Julien Andlauer. Auf P3 lag dann der Gulf-Posche #86, auch eingesetzt von Proton, mit Mike Wainright, Ben Barker und Thomas Preining. Erst danach folgte der erste Ferrari von JMW #84. Der in der Meisterschaft führende Projekt 1 Porsche lag weiter hinten.

Aber es sollte nicht das Rennen der starken Porsche sein. Schon vor dem Rennen hatte es den ersten Ausfall gegeben. Tracy Krohn hatte die #99, ebenfalls von Dempsey-Proton eingesetzt, am Mittwoch vehement auf der Mulsanne Geraden in die Leitplanken gesetzt. Der mittlerweile 65jährige Krohn hatte den Unfall selbst verursacht und musste über Nacht zur Sicherheit in der Klink verbleiben. Die Ärzte gaben am Donnerstag zwar ihr ok und auch das Auto war über Nacht wieder aufgebaut, aber dann kam die FIA. Die zauberte einen Pasus aus den Regeln, der besagt, dass man einem Fahrer für eine Woche parken kann, wenn dieser eine bestimmte G-Belastung ausgesetzt war. Man kann diese Regel anwenden, muss es aber nicht, wie man öfter in der F1 und anderen Klassen sieht. Aber offenbar wollte die FIA ganz bewusst Krohn nicht mehr im Rennen haben.

Das war ehrlich gesagt nicht die schlechteste Idee. Krohn gilt als Unsicherheitsfaktor im Feld, auch wenn seine Unfälle. seitdem er nicht mehr in der LMP2 antritt, seltener geworden sind. Aber die FIA wollte Krohn, der sechs Stunden hätte fahren müssen, dann lieber doch sicher neben der Strecke wissen. Da es keinen Ersatzfahrer gab, war die #99 aus dem Rennen.

Im Rennen lief es für die Porsche weiter zäh. Die #88 gab die Führungsposition nach dem ersten Stopp an die #77 ab und verschwand dann etwas tiefer im Feld. Satoshi Hoshino fuhr dann einen Stint und er hatte keine gute Zeit. Einmal drehte er sich, weil eine „Slow Zone“ übersehen hatte und voll in die Eisen gehen musste. Dann kollidierte er mit der Corvette #64 in den Porsche Kurven und schickte Marcel Fässler in ein einen brutalen Unfall. Zwar gab die Rennleitung Fässler die Schuld, aber Hoshino war nach dem Unfall geschockt. Er teilte dem Team mit, dass er sich außer Stande sehen würde, das Rennen zu beenden. Damit war dann auch klar, dass Hoshino die minimum Fahrzeit von sechs Stunden nicht erreichen würde und das Team war damit aus dem Rennen.

Die #77 übernahm dann die Spitze und hielt diese auch bis in Runde 47. Doch dann folgte ein geplatzter Reifen und eine etwas längere Reparatur, die den Porsche tief ins Mittelfeld zurückwarf. Da das Feld so eng zusammen liegt und in den anderen Autos auch keine Schlafwandler saßen, hatte die #77 einen langen Kampf vor sich. Hinzu kamen die diversen Safety Cars, die den Porsche immer wieder zurückwarfen, obwohl man mit das schnellste Auto hatte.

Jetzt wäre eigentlich die Zeit der Ferrari gekommen. Der „Spirit of the Race“ und der JMW hatten aber beide mit kleineren Problemen zu kämpfen und verloren dabei einiges an Zeit. Ebenso erging es dem Clearwater und dem Weathertec Ferrari. Die konnten das Tempo zwar gut gehen, aber die jeweiligen Bronze-Fahrer verloren dann doch einiges an Zeit. Nur der Project 1 Porsche mit Jörg Bergmeister, Patrick Lindsey und Egidio Perfetti arbeitete sich nach einem zähen Start langsam nach vorne, wurde aber immer wieder aufgehalten, weil man in engen Zweikämpfen steckte.

In diese Lücke sprintete dann der Ford GT von Keating Motorsports. Ben Keating und sein Partner Bill Riley, dessen Riley Motorsports Team den Einsatz in Le Mans leitete, hatten den Ford GT aus den Händen von Ford loseisen können und man hatte mit Jeroen Bleekemolen und Felipe Fraga zwei Top-Piloten an Bord. Der Bronze-Fahrer war Ben Keating selber. Aber der hat durch den Einsatz mit der Viper (auch schon in Le Mans) jede Menge Rennerfahrung und ist mit Sicherheit nicht langsam.

Der Ford zeigte im Rennen eine klasse Pace. In Quali und beim Test war man nur im Mittelfeld unterwegs. Und kamen dann während des Rennens die ersten Meldungen auf, dass man in beiden Sitzungen massiv gemauert habe. Angeblich habe man die Flügel auf maximalen Abtrieb gestellt und den Wagen etwas angehoben. So habe man die BoP ein bisschen ausgetrickst. Neu sind solche Tricks allerdings nicht und auch die Konkurrenz arbeitet mit ähnlichen Mitteln. Der eigentliche Vorteil des Ford GT lag aber in zwei Dingen begründet.

Zum einen im Pech der Porsche, vor allem bei der #77. Zum anderen traten die Ferrari noch mit nicht mit der im letzten Jahr vorgestellten EVO Variante an. Die ist wegen Super-Season für die Am noch nicht zugelassen und kommt erst zum ersten Rennen der neuen Saison im September. Das halt ein bisschen bei der BoP getrickst hat, hat natürlich nicht geschadet.

Es lieg für den Ford allerdings wirklich gut im Rennen. Man hatte keinerlei technische Probleme, keine Kollisionen und hielt sich aus allem raus. Hinzu kam ein wenig Glück mit dem Safety Car, so dass der Ford schon in der Nacht über einen satten Vorsprung von über 2 Minuten verfügte. Den hatte man auch rausgefahren, weil bis Sonntagmorgen ausschließlich die beiden Profis am Steuer waren. Keating kam erst gegen 06.00 Uhr zu seinem ersten Einsatz.

Eine riskante Strategie, denn Keating musste ja noch seine sechs Stunden voll bekommen. Er blieb dann drei Stunden im Auto, musste dann aber raus, weil er sonst die maximal erlaubte Fahrzeit überschritten hätte. Den restlichen Vormittag absolvierte er dann nach der Pause mit weitern Stint und rutschte so knapp über die 6-Stunden Grenze. Die letzten Stints übernahm dann wieder Bleekemolen.

Erstaunlicherweise hatte Keating in seinen Stint aber kaum Zeit verloren. Und das, obwohl er in seinen Stifts es mit Jörg Bergmeister im Project 1 Porsche #56 zu tun bekam. Tatsächlich verringerte der Porsche den Abstand immer wieder, aber Keating konnte auch kontern. Seine Zeiten waren wirklich nicht schlecht und er erlaubte sich absolut keinen Fehler. Dennoch stieg der Druck und der Abstand reduzierte sich ein wenig.

Und dann kamen die letzten zwei Stunden und es kamen ACO/FIA. Der Ford hatte vorne links an der Schürze einen leichten Schaden. Wo der her kam, war nicht klar, aber es sah so aus, als sei er entweder mit einem der vielen Streckenbegrenzungen in Kontakt gekommen oder man hat irgendwann eine Berührung mit einem Gegner gehabt. Die Riley Mannschaft nahm die große Duct-Tape Rolle in die Hand und reparierte den kleinen Schaden nach fachmännisch amerikanischer Art. Doch nachdem man schon stundenlang damit unterwegs war, fiel der Rennleitung auf, dass das so nicht geht.

Warum, war nicht klar. Es flatterte nichts rum, die Schürze war stabil, die Frontlichter samt Tagfahrlicht funktionierten. Da hat man schon ganz andere abenteuerliche Konstruktionen in Le Mans gesehen. Wehren konnte sich die Mannschaft nicht. Aber helfen lassen. Chip Ganassi schickte kurzerhand ein paar Mechaniker vorbei, die der Riley Mannschaft unter die Arme griffen. Aber eine Minute des Vorsprung waren dahin. Und es sollte noch schlimmer kommen.

Denn Keating war nach dem Stopp etwas forsch aus der Box gefahren und hatte die Räder durchdrehen lassen. Ein „No Go“ in Le Mans, wir sind hier ja nicht bei der IMSA. Die Folge war eine Stop and Go Strafe, also einmal an die Box, anhalten und sofort weiterfahren. Das kostete Keating aber weitere 40 Sekunden und als er wieder auf die Strecke kam, lag sein Vorsprung bei gerade mal 5 Sekunden vor dem Project Porsche, der von Bergmeister gesteuert wurde.

Erstaunlicherweise gelang es Keating den Abstand zu halten. Was wirklich erstaunlich war, denn Bergmeister ist immerhin Werksfahrer bei Porsche. Als dann Bleekemolen das Steuer übernahm, baute dieser den Vorsprung dann wieder auf 44 Sekunde aus. Doch der Sieg wurde halt wieder aberkannt.

Somit gewinnt der Project 1 Porsche. Und das auch wegen seines Rennens verdient. Für die Vergehen des Fords kann man ja nichts. Auf P2 landete der JMW mit Segal, Baptista und Lu. P3 ging an den Weathertec Ferrari mit MacNeil, Vilander und Smith. Project 1 gewinnt auch die WM, was aber auch ohne den Sieg schon klar war. Eine fantastische Leistung für das deutsche Team, dass seine erste Saison in der WEC bestritten hat.

Das ganze ist am Ende aber dennoch unschön. Ich habe keine Ahnung, ob die Sache mit dem Tank ein Versehen, reine Dummheit oder ein geplanter Beschiss war. Die Sache mit der Tankanlage ist allerdings wirklich schwer zu erklären. Ein Versehen mag einem nicht in den Sinn kommen. Auf der anderen Seite weiß man, dass ACO und FIA da sehr sensibel sind. Siehe letztes Jahr, als man den G-Drive wegen eines ähnlichen Verstosses nach dem Rennen disqualifizierte. Jeder, der an der genormten Tankanlage rumfummelt, ist es dann tatsächlich selber schuld.

Bilder: FIA WEC / Screenshots

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