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Lirim Zendeli: Das Formel-4-Talent aus dem Herzen des Ruhrgebiets

von André Wiegold
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In der Formel 4 dominiert der Bochumer Lirim Zendeli aktuell das Geschehen. Mit sechs Siegen in zwölf Rennen führt er die Gesamtwertung an. Der Deutsche mit albanischen Wurzeln, der mitten im Ruhrgebiet ausgewachsen ist, hat einen beeindruckenden Start in seine Motorsportkarriere hingelegt.

Geboren wurde Lirim Zendeli im Oktober 1999 in Bochum. Im Alter von zehn Jahren kam das junge Talent erstmals mit dem Motorsport in Kontakt. Im Ruhrgebiet gibt es viele verschiedene Kartbahnen, auf denen Zendeli seine ersten Schritte gemacht hat. „Zuerst bin ich in Dortmund gefahren“, erinnert sich der US-Racing-Fahrer gegenüber racingblog.de. „Danach hat sich mein Interesse am Motorsport kontinuierlich gesteigert.“ Eigentlich war Zendeli, wie so viele junge Menschen im Ruhrgebiet, vom Fußball angetan. Er spielte damals für DJK Arminia Bochum, stand aber dann vor der Entscheidung, wohin ihn sein Weg führen soll.

„Der Kartsport wurde für mich dann immer größer“, erklärt der Deutsche. „Mein Problem beim Fußball war, wenn das Team nicht mitspielt, dann kannst du noch so gut sein, da gehst du komplett unter. Im Motorsport ist es zwar auch nicht anders, wenn beispielsweise der Motor oder das Team nicht mitspielt. Du bist aber der einzige, der das Auto steuert und noch etwas herausholen kann.“ Außerdem würde Zendeli die Geschwindigkeit lieben. Er sagt: „Ich bin wahrscheinlich mit einem Auto in der Hand geboren worden. Im Kartsport sind die Geschwindigkeiten zwar nicht so hoch, aber man muss bedenken, dass ich damals gerade einmal zehn, elf Jahre alt gewesen bin. Mit über 100 Kilometern pro Stunde über die Strecke zu jagen, hat mich dann mehr gepackt als der Fußball.“

Anfangs war es für Zendeli nur ein ganz besonderes Hobby, das ihm viel Freude bereitet habe. Damals hat er an Meisterschaften in Essen und Dortmund teilgenommen und diese prompt gewonnen. Deshalb seien schon die ersten Menschen auf sein Talent aufmerksam geworden, resümiert Zendeli. Er sagt: „Dann hat mein Vater mir mein erstes Kart gekauft. Es hatte rund 15 Pferdestärken und war gar nicht so langsam. Damals sind wir damit in Hagen rumgefahren, aber nicht weitergekommen.“ Aufgrund von Recherchen sei Zendelis Vater dann auf das Team von Michael Schumacher aufmerksam geworden, das jetzt von Ralf Schumacher geleitet wird.

Der erste Aufstieg war getan: Zendeli saß plötzlich in einem Kart mit 35 Pferdestärken. „Das Ding ging mit über 120 bis 130 Kilometern pro Stunde über die Strecke“, erklärt der Formel-4-Pilot. „Das war mein erster richtiger Kart-Test und der Beginn meiner Motorsportkarriere, weil der Chef von mir total überzeugt war.“ Zendeli habe gleich bei seinen ersten Runden, beinahe den Rundenrekord geknackt. Anschließend musste sich Zendeli im Kartsport hocharbeiten. Über kleinere Challenges ging es dann ins ADAC Kart Masters, das der Jungspund im Jahr 2014 gleich auf Platz eins beendete. „Ich habe neun von zehn Rennen gewonnen“, blickt Zendeli zurück. „In einem Rennen wurde ich Zweiter. Es war also beinahe eine perfekte Saison für mich.“ Im Jahr zuvor hatte er in der Deutschen Junioren Kartmeisterschaft den fünften Platz geholt.

2015 musste Zendeli eine Zwangspause einlegen. Der Deutsche saß nur bei einigen Formel-4-Tests am Steuer eines Rennwagens. Doch auch dort hat er überzeugt, denn schon im Jahr 2016 wurde Zendeli bei Mücke Motorsport in der deutschen Formel-4-Meisterschaft unter Vertrag genommen. Eine klare Richtung hatte Zendeli nicht eingeschlagen, da er nicht „gewusst“ habe, wie ein Rennfahrer überhaupt in die Formel 1 kommen würde. Die Planung hat deshalb sein Vater übernommen, der sich intensiv mit der Materie auseinander gesetzt hat. Im Auto wusste Zendeli aber auf sich aufmerksam zu machen: Schon im ersten Jahr sicherte er sich im Qualifying Top-3-Resultate. In Zandvoort ist er sogar auf dem zweiten Gesamtplatz gelandet. Damit war er beim Rennen in den Niederlanden der beste Rookie.

Das Jahr 2017 war hingegen eine Saison zum Vergessen. Zendeli sagt: „Wir hatten mit vielen technischen Problemen zu kämpfen. Da ging es gar nicht voran bis zu den letzten zwei Rennwochenenden. Ich bin deshalb auch zeitweise nur auf Platz 20 herum gegurkt. Ich habe teilweise im Qualifying bis zu 1,5 Sekunden von den anderen Fahrern bekommen.“ Ein Neustart musste her und deshalb entschied sich Zendeli zu einem Tapetenwechsel.

„Ich habe den Rennfahrer Anthony Charouz aus Tschechien kennengelernt“, sagt Zendeli. „Sein Sohn war bei Renault Formel-1-Testfahrer. Bei ihm bin ich dann einen Formel-Renault-Test gefahren.“ Die Formel Renault 3.5 wurde jedoch abgeschafft, weshalb die Boliden des ehemaligen Teams nur noch zu Testzwecken eingesetzt werden. Charouz Racing Systems tritt aktuell in der Formel 2 an. „Im kommenden Jahr will er auch in der Formel 3 an den Start gehen“, verrät Zendeli. „Ich soll da dann fahren, weil ich beim Formel-Renault-Test wirklich sehr gut dabei war. In Bahrain habe ich sogar in einigen Kurven Pietro Fittipaldi gezeigt, wo der Hammer hängt.“

Mit Charouz hat Zendeli für die Saison 2018 einen Vertrag ausgehandelt. Er startet für US Racing, dem Team von Ralf Schumacher und Gerhard Ungar, mit dem Charouz eng kooperiert, in der Formel 4. Zendeli wird außerdem einige Formel-Renault- und Formel-3-Tests absolvieren. „Ich weiß nicht, ob ich es dieses Jahr schon machen darf, aber theoretisch ist ich auch ein Formel-2-Test möglich“, verrät Zendeli. „Das steht aber leider noch nicht ganz fest.“

„Ich muss dafür aber abliefern, die Meisterschaft gewinnen und Sponsoren anlocken“, so Zendeli. „Als Meisterschaftssieger müssten sich ja eigentlich einige Türen öffnen.“ Das Ziel sei es, im Jahr 2019 in die Formel 3 auszusteigen und dort mit Charouz Racing Systems anzutreten, sollte das Team sich für den Einstieg entscheiden. „Dafür müssen aber alle Bedingungen stimmen“, stellt Zendeli klar.

Mit Unterstützung zum Erfolg

Der Motorsport verschlingt eine Menge Geld und wenn ein Fahrer nicht die nötigen finanziellen Mittel mitbringt, benötigt er gute Unterstützer. Zendeli hat auf seinem Weg starke Partner gefunden. Neben seinen lokalen Sponsoren wird der junge Rennfahrer auch durch die Speed Academy der Deutschen Post unterstützt. In der Saison 2018 sind insgesamt acht Piloten in dem Programm vertreten – darunter David Beckmann und Luca Engstler.

Insgesamt schüttet die Speed Academy pro Jahr 200.000 Euro Fördergelder aus, für das die Piloten aber durch ein hartes Auswahlprogramm gehen müssen. Nur wer auf und abseits der Strecke die Leistungen erfüllt, bekommt einen hohen Anteil des Geldes. Dafür werden die Fahrer von einer Experten-Jury bewertet, zu der unter anderen Motorsportgrößen wie Norbert Haug, Jens Marquart, Timo Glock und Rene Rast gehören. Ein weiterer berühmter Juror ist Formel-1-Reporter Kai Ebel. Der nächste Bewertungszeitraum ist für Mitte August terminiert. Die Finale Beurteilung findet Ende Oktober 2018 statt.

Im Jahr 2017 hatte sich Zendeli bereits in der Speed Academy gegen seine Konkurrenz durchgesetzt und sich einen beachtlichen Anteil des Fördergeldes gesichert. Im Jahr 2018 will er erneut als bester Pilot die Academy abschließen. Aus sportlicher Sicht läuft es für den Deutschen sehr gut. Immerhin steht er in der Formel 4 in der Gesamtwertung aktuell auf Platz eins. Natürlich muss sich Zendeli aber auch abseits der Strecke zeigen. Dazu gehört, mit Sponsoren und Medien in Kontakt zu kommen. Erst vor wenigen Wochen hat er sein Medientraining bei der Academy absolviert.

„Du fährst dir selbst dein Geld ein“, erklärt Zendeli. „Und das ist schon ein ziemlich cooles System. Die Speed Academy braucht natürlich nicht mich, um sich zu vermarkten. Ich brauche sie, um mich zu zeigen. Für mich ist es absolut positiv, wenn so hochkarätige Menschen mich bewerten.“ Aber auch in Bochum hat Zendeli schon einen wichtigen Partner gefunden. Der Rechtsanwalt Dr. Thomas Durchlaub von der Kanzlei Haas und Partner begleitet Zendeli schon lange auf seinem Weg an die Motorsportspitze.

„Er hat im Jahr 2016 angefangen, mir zu helfen“, resümiert Zendeli. „Er hat gesehen, dass es einen talentierten Rennfahrer aus Bochum gibt und hat sich sofort dafür interessiert.“ Die Unterstützung geht laut dem US-Racing-Piloten über ein normales Sponsoring hinaus. Dr. Durchlaub sei mit „Herzblut“ in die Sache eingestiegen und würde sich immer für Zendeli stark machen. „Er investiert nicht nur in eine Person, sondern auch in die Vision“, sagt der junge Rennfahrer. „Er sieht viel in mir und steckt da sehr viel rein. Er macht es nicht nur für sich, sondern auch für mich, weil er sich für meine Geschichte interessiert. Für ihn und seine Kanzlei ist es außerdem ein guter Weg, sich zu vermarkten.“

Zendeli dominiert die Saison 2018

In der Formel-4-Saison 2018 ist Zendeli das Maß aller Dinge. In zwölf Rennen kam er insgesamt sechsmal auf Platz eins ins Ziel. Mit einem dritten und zwei vierten Plätzen war ein Großteil seiner Rennen extrem erfolgreich. „Eigentlich hätte ich sieben Rennen gewinnen müssen“, klärt der Deutsche auf. „Am Lausitzring ist in der letzten Runde auf Platz eins liegend mein Motor ausgegangen. Das sieht jetzt alles zwar sehr dominant aus, aber ich liege nur 24 Punkte vor dem Zweiten.“ Ohne den Ausfall wäre Zendeli seiner Konkurrenz jetzt schon deutlich weiter enteilt.

„Das tut richtig weh“, sagt Zendeli. „Außerdem baut es einen enormen Druck auf mich auf.“ Mit sieben Siegen wären die nächsten Rennen für ihn sehr entspannt gewesen. Nun muss Zendeli aber alles tun, um seine Führung in der Meisterschaft zu verteidigen. „Ich habe so viel Gas gegeben und sechs Pole-Positions herausgeholt“, so der US-Racing-Pilot. „Ich habe sechsmal gewonnen und letztendlich bin ich nur 24 Punkte vorne.“

Die guten Leistungen führt Zendeli hauptsächlich auf sein neues Team US Racing zurück. „Hier wird sehr professionell gearbeitet“, erklärt der Formel-4-Tabellenführer. „Ich hatte vergangenes Jahr schon das Potenzial, vorne mitzuhalten, aber ich konnte es leider nicht ganz ausschöpfen. Am Ende des Jahres hatte ich trotz der Ausfälle gar nicht so einen großen Rückstand.“ In der Saison 2018 habe ihm US Racing vom ersten Freien Training an ein „siegfähiges“ Auto zur Verfügung gestellt – und das sei der Schlüssel zum Erfolg.

„Wenn der Fahrer nicht fahren kann, kann dir das beste Auto nicht helfen“, erklärt Zendeli. „Wenn das Auto nichts kann, dann kann der Fahrer auch nicht das Maximum herausholen. Ein Auto macht richtig viel aus. Wenn das eine nicht stimmt, stimmt das andere auch nicht.“ Ein Fahrer müsse immer ein Fahrzeug haben, das zu seinem Fahrstil passt. Sobald sich der Fahrer an das Auto gewöhnen muss, könne er nie 100 Prozent leisten. In der Saison 2018 passe das Auto perfekt zu seinem Fahrstil. „Ich weiß nicht, wie oft ich meinen Ingenieuren nach den Sitzungen gesagt hab, dass das Auto wie auf Schienen läuft“, freut sich Zendeli.

In den ersten sechs Qualifyings landete Zendeli immer auf der Pole-Position – eine beeindruckende Leistung vom Fahrer und vom Team. „Meine Kinnlade hing wirklich fast am Boden, so begeistert war ich vom Auto“, sagt Zendeli. „Im Qualifying stand das Fahrzeug immer perfekt da. Es war gut und ich konnte all meine Automatismen abspulen. Das ist einfach nur unglaublich.“ Das Zusammenspiel aus dem Team, dem Auto und dem Fahrer sei in der Saison 2018 das große Erfolgsrezept des jungen Bochumers.

Die Formel 4 auf der großen Bühne

Das nächste Formel-4-Rennen findet vom 20. bis 22. Juli im Rahmen des Grand Prix von Deutschland am Hockenheimring statt. Für Zendeli ist das eines der wichtigsten Rennen seiner Karriere, weil sich der junge Deutsche vor dem Formel-1-Publikum beweisen darf. Er hofft natürlich, auch im Fahrerlager der Königsklasse auf sich aufmerksam machen zu können. Damit einher geht aber auch wieder eine Menge Druck, der auf den Schultern von Zendeli lastet.

„Ich rechne mit 200.000 Zuschauern an diesem Wochenende“, erklärt er. „Ich habe das Jahr sehr gut angefangen. Es wäre nicht gut, wenn ich jetzt nachlasse und deshalb muss ich liefern. Es gibt immer einen Grund, sich Druck zu machen. Hier ist es aber etwas ganz Besonderes.“ Eine Stärke von Zendeli sei aber, dass er – sobald er das Visier herunter klappt – alles vergessen kann und einfach fährt. „Dann bin ich einfach wieder der Rennfahrer“, stellt er klar. Nach dem Formel-1-Wochenende muss Zendeli in der Formel 4 noch zweimal ran: Am Nürburgring und noch einmal beim Finale am Hockenheimring.

Zendeli scheint das Zeug dafür zu haben, sich in der Motorsport-Welt zu etablieren. Wie weit die Reise geht, kann jetzt natürlich noch nicht abgeschätzt werden. Sein Traum sei es, Berufsrennfahrer zu werden und es in die Formel 1 zu schaffen. Zendeli könne sich aber auch vorstellen, eines Tages in der DTM oder einer ähnlichen Rennserie an den Start zu gehen. Eins ist sicher: Der Bochumer hat Talent und es lohnt sich sicher, ein Auge auf den Rennfahrer aus dem Herzen des Ruhrgebiets zu werfen.

Bilder: Lirim Zendeli (Ampfing, Klettwitz)

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