Nach dem Rückzug von Porsche und Audi aus der LMP1 hat der WEC reagiert. Ab dem nächsten Jahr wird es einen Winterkalender geben. Einige Strecken fallen aus dem Kalender.
Der ACO ist aus seiner Sommerpause erwacht und hat in Mexiko die ersten Schritte verkündet, wie man die strauchelnde WM neu beleben möchte. Nach dem Rückzug von Porsche musste der ACO reagieren, um die Serie zu retten. Viel wurde vor der Pressekonferenz spekuliert. Ob es eine Hinwendung zur DPi-Formel der IMSA geben wird, ob Peugeot vielleicht doch schon 2019 einsteigt oder ob der Kalender verändert wird. Letzteres konnte der ACO dann als erstes bestätigen. Dass die Franzosen ob des Rückzugs von Audi und Porsche schwerstens beleidigt sind, war allerdings die erste Erkenntnis der Pressekonferenz.
In seiner schriftlichen Mitteilung sprach der ACO von „bestimmten Herstellern“, die sich zurückgezogen hätten, ohne die Deutschen auch nur zu erwähnen. Nun sei man in der Lage, die notwendigen Änderungen einzuleiten und die richtige Schritte für die Zukunft zu machen. Als wenn der ACO etwas hätte verändern wollen. Noch in Le Mans sprach man davon, das bestehende Reglement bis 2020 zu behalten und die Privat-LMP1 in der Einstufung so zu belassen, wie sie sind. Die Hybrid-Klasse sei unantastbar. Davon war in Mexiko nichts zu hören.
Kalender:
Die WEC wechselt in der Saison 2018/19 auf einen Winterrhythmus. Laut ACO soll der Kalender im ersten Winter so aussehen:
Datum | Strecke |
---|---|
05. / 06. April | Prologue - Paul Ricard |
04. / 05. Mai | Spa |
16. / 17. Juni | 24h Le Mans |
13. / 14. Oktober | Fuji |
03. / 04. November | Shanghai |
Februar 2019 | TBC |
15. / 16. März 2019 | 12h Sebring |
03. / 04. Mai 2019 | Spa |
15. / 16. Juni 2019 | 24h Le Mans |
Die erste Saison hat also zwei Le-Mans-Rennen, aber ab 2019 startet die Saison im Oktober und endet dann 2020 mit den 24h Rennen von Le Mans. Diese Umstellung wurde schon lange diskutiert und macht Sinn, um die WM besser vermarkten zu können. Le Mans als Highlight in der Mitte der Saison hat nie funktioniert. Dass man dafür eine Saison etwas „krumm“ gestalten muss, also dass es 2018 keinen Meister geben wird, ist der Preis dafür.
Auffallend ist vor allem, dass Silverstone, der Nürburgring, COTA und Bahrain fehlen. Silverstone und der Ring waren zwei Rennen, die sehr gute Zuschauerzahlen hatten. Warum die Strecke in England rausfällt, ist nicht klar. Der Ring fällt der Sommerpause zum Opfer und passt nicht mehr in den Kalender. COTA stand schon länger auf der Kippe. Bahrain ist zwar nicht genannt, könnte aber den Termin im Februar bekommen. Allerdings soll sich auch Abu Dhabi für das Rennen interessieren.
Die lange Pause zwischen Le Mans 2018 und dem Rennen in Fuji ist allerdings unschön. Von Juni bis Oktober tut sich in der WM nichts. Aber anders geht es halt nicht. Überhaupt scheint es so, als seien die beiden Rennen in Spa und Le Mans vor allem Toyota zu Liebe im Programm. Denn Gerüchten zufolge wollte Toyota 2018 sowieso nur bis Le Mans mitmachen.
Von einem „Winterkalender“ zu reden ist allerdings auch etwas übertrieben. Das eine Rennen im Februar ist zwar nett, aber es fehlen Rennen im Dezember und Januar. Eventuell tut sich in dieser Hinsicht aber noch etwas, das hängt auch davon ab, wie sich die LMP1 entwickelt. Einige Fans haben auf einen Auftritt der WEC bei den 24h von Daytona gehofft. Dies wird aber nicht passieren. Zum einen weil der ACO das Rennen in Le Mans als einziges 24h-Rennen im Kalender haben will, zum anderen will sich die IMSA das Saisonhighlight nicht nehmen lassen.
Die Rückkehr des 12h-Rennens von Sebring ist natürlich das Highlight des neuen Kalenders. WEC und IMSA teilen sich allerdings den Samstag mit zwei getrennten 12h-Rennen. Die IMSA startet nach unserer Zeit um 4 Uhr (!) am Samstagmorgen und läuft dann bis 16 Uhr. Um 18 Uhr startet die WEC ihr Rennen, das dann logischerweise bis Sonntagfrüh um 6 Uhr dauert. Man hat also quasi die 26h von Sebring vor sich. Ob es allerdings eine wirklich gute Idee ist, die WEC in Sebring vor Ort um Mitternacht starten zu lassen, ist dann wieder eine Frage. Warum startet man nicht am Sonntag um 12 Uhr Ortszeit?
Ansonsten aber kein schlechter Schritt der WEC, wenn sie noch ein weiteres Rennen im Winter hinbekommen.
LMP1:
Auch in Sachen LMP1 hat der ACO Änderungen bekannt geben, die aber etwas schwammig blieben. Es wird nur noch eine LMP1-Klasse geben. Also keine LMP1-H mehr. Das Reglement der Hybriden bleibt aber bis zum Ende der Saison 2019 bestehen. Stattdessen gibt man das Reglement der Non-Hybride frei und wird die privaten LMP1 mit den LMP1-H per EoT auf (fast) ein Niveau bringen. Fast deswegen, weil der ACO klar sagt, dass die Hybriden auch in Zukunft im Schnitt von Verbrauch und Leistung leicht bevorteilt werden sollen. Das bedeutet: Die Hybriden können längere Stints als die Privaten fahren, die aber in Sachen Rundenzeiten an die Hybriden herangeführt werden sollen. Wie man die Fahrzeuge ohne Hybrid auf Zeiten um die 3:18 Minuten bringen will, ist dann eine andere Frage. Eventuell bremst man den Toyota auch einfach etwas ein. Und eine EoT ist das auch nicht, das ist eine einfache BoP, die der ACO aber so nicht nennen mag.
Die Frage nach der EoT mit den Hybriden wird sich eventuell sowieso erledigen, sollte das Gerücht stimmen, dass Toyota nach dem Rennen in Le Mans 2018 den Stecker zieht. Eine Entscheidung über das weitere Engagement der Japaner soll im Oktober fallen.
Die nächste Frage ist natürlich: Wird es überhaupt genug LMP1 geben? Halbwegs bestätigt ist der Kolles-LMP1, das war es aber auch. Gerüchte besagen, dass das Jackie Chan Team Interesse an zwei LMP1 hat. Genannt werden ebenfalls das Morand Team und das russische SMP Team. Als Chassis-Lieferanten kommen im Moment Ginetta (arbeitet mit Williams Advanced Engineering zusammen) in Frage, während SMP angeblich bei Dallara zwei Chassis in Auftrag gegeben hat.
Bisher tauchte auch der Name Perrinn immer mal wieder auf. Das vom ehemaligen Williams-Mitarbeiter Nicolas Perrin entwickelte Chassis hatte angeblich einen Deal mit Dacia (ja, Dacia), der sich aber nicht materialisierte. Jetzt will man eventuell 2019 in Le Mans als Garage-56-Team antreten.
Es gibt also bisher maximal zwei Chassis, wobei der Dallara für SMP exklusiv sein sollte. Ungeklärt ist die Situation bei den Motoren. Kolles hat den Nissan-Motor im Heck, der könnte auch noch woanders auftauchen.
Von der US-DPi-Klasse will der ACO weiterhin nichts wissen. Allerdings schafft man sich mit der privaten LMP1 eine Art eigene DPi. Dass sich eventuell US-Hersteller wie Acura oder Mazda dazu hinreißen lassen könnten, einen Motor für ein privates LMP1 nach Europa zu liefern, ist zumindest denkbar. Anfragen dürfte es aus Europa sicher geben.
Der Vollständigkeit halber: In der LMP2 und GTE ändert sich nichts. Da muss man auch nichts machen. Die LMP2 läuft gut, die GTE bekommt mit BMW im nächsten Jahr prominenten Zuwachs. GM bringt vermutlich ab 2019 die Mittelmotor-Corvette, Porsche und Ferrari werden bleiben. Ebenfalls bis 2019 bestätigt ist das Engagement von Ford.
Fazit:
Man merkt, dass der ACO durch den Porsche-Rückzug auf dem falschen Fuß erwischt wurde. Die Änderungen am Kalender wirken, obwohl man schon länger darüber nachgedacht hat, sehr überstürzt. Dies zeigt allein schon das TBC für die Strecke im Februar. Dass man Sebring wieder im Kalender hat, ist sicher ein Gewinn.
In der LMP1 steht der ACO vor einem Trümmerfeld. Die Aussage, dass man die privaten LMP1 mit den Hybriden auf ein Niveau bei den Zeiten bringen will, wirken nicht durchdacht und mit heißer Nadel gestrickt. Man will LMP2-Teams dazu bewegen, in die LMP1 aufzusteigen. Gleichzeitig ist die halbherzige Ergänzung, dass die Hybriden bei den Stintlängen Vorteile haben werden eine einzige Offenbarung, um Toyota wenigstens noch 2018 am Start zu haben. Was 2019 passieren wird, weiß beim ACO offenbar auch niemand.
Bilder: ACO, Audi, Porsche, Perrinn
6 Kommentare
Ich finde der Kalenderentwurf wirkt so, dass der ACO die beiden Übergangsjahre 18 und 19 zu einer einzigen Saison zusammenfassen will. Diese Idee finde ich (im Gegensatz zu einigem anderen, was der ACO da veröffentlicht hat) sehr gut. Auch der sehr wahrscheinliche Ausstieg von Toyota nach Le Mans würde durch die lange Pause danach und den kommenden Highlights Sebring und noch ein Le Mans so etwas weniger unschön aussehen.
Generell sehe ich die Idee des Winterkalenders für die Zeit danach aber nach wie vor sehr kritisch und halte es für die falsche Entscheidung. Grund dafür ist, dass sich bei einem Saisonabschluss in Le Mans absolut gar keiner mehr für die WM interessiert. Man erinnere sich mal an die letzten Rennen in Le Mans: 2015 Sieg des Formel-1 Fahrers Hülkenberg, 2016 die Tragödie des Toyota-Ausfalls, 2017 der Fast-LMP2-Sieg. Wen bitte interessiert nach Le Mans der Ausgang der Meisterschaft? Le Mans überstrahlt einfach alles, auch eine WM und das wird auch noch lang so bleiben (wahrscheinlich für immer..)
In kleinerem Maßstab stelle ich das auch bei der IMSA und früher schon der ALMS fest. Das PLM als Einzelevent überstrahlt teilweise den Meisterschaftsausgang. Hier ist es aber nicht ganz so krass wie bei Le Mans weil das PLM nicht so eine Strahlkraft wie LM hat und es in der IMSA mit Sebring, Daytona, Long Beach, Watkins Glen auch noch viele weitere Highlights bietet. (Das war ein weiteres Problem der WEC, man wollte nunmal kein anderes Highlight als LM haben…)
Technisch die privaten LMP1 auf den Stand der Hybriden zu bringen, halte ich für kein so großes Problem, wenn man es denn auch wirklich will. Um Leistungsmäßig mithalten zu können brauchen die Privaten bzw. Nicht-Hybriden einfach mal ordentlich Power. Irgendwas in Richtung 800 PS… Die Topspeeds wären zum Beispiel durch mehr Flügel/Abtrieb zu erreichen. Das wäre ebenfalls nötig, weil ein Privatteam oder ein Chassishersteller budgetbedingt niemals an die Aero-Effizienz der großen Werke herankommt. Dazu etwas weniger Gewicht, damit sie auch beim Reifenverschleiß und langsamen Kurven an die Performance der Werke zu kommen.
Ich bin mal gespannt was passieren wird. Ein finanzielles Gesundschrumpfen der LMP1 ist unbedingt notwendig und wenn man mal ehrlich ist seit dem Porsche-Einstieg 2014 auch absehbar gewesen. So toll der Sport auch war, es konnte nicht lange gutgehen.
Und jetzt noch (auch wenn es nicht passieren wird) mein Wunsch/Traum für die Zukunft:
DPi in Le Mans (natürlich mit als „LMP1“). Performance-mäßig noch etwas aufbohren, damit die knapp über 3:20 fahren und gleichzeitig die gewöhnlichen P2 etwas einbremsen damit die bei 3:30 liegen. Die Zweiteilung der P2 und DPi wird ja in der IMSA wohl auch passieren. In der WEC würde ich für Privatteams neben den LMP2 Chassis auch noch andere Chassies zulassen, die Hersteller müssten nach wie vor ein Spec-Chassis kaufen.
Ihr habt euch bei den Zeitzonen vertan.
Das IMSA-Rennen geht von 10:00 Uhr bis 22:00 Uhr Ortszeit am Samstag- bei uns also 15: 00Uhr bis 03:00 Uhr (USA bereits Sommerzeit)
WEC würde demnach sonntags von 05:00 Uhr bis 17:00 Uhr gehen.
Ich bezweifle aber, dass das so kommen wird. Das Zeitfenster ist viel zu eng, um alle IMSA-Kommandostände und Tanksäulen abzubauen und die WEC Equipments aufzubauen. Man kann ja auch nicht vorher anfangen abzubauen, falls noch am Ende ein paar Liter Sprit fehlen und die Teams müssen ja auch die Zeitenmonitore behalten – gerade bei den unübersichtlichen Regeln der IMSA bzgl. Wave-By.
Die Idee mit dem geänderten rhytmus ist nicht verkehrt.
Die Frage ist nur, muss Le Mans der Abschluss sein oder könnte es auch der Nürburgring sein?
Im Febrauar wird man wohl im nahen Osten fahren, wobei Mitte Februar könnte man auch schon in Spanien oder Monza fahren.
@Elfer: Ja, das ist eine verlängerte Saison. Und ja, Le Mans überstrahlt alles. Daher ist die Idee, es an den Schluss zu legen gut. Dann hat man einen schönen Vorlauf. Dass dieser Vorlauf eher die Fans interessieren wird, ist aber klar. Da die Werksteams wegfallen, wird es weniger geben, die sich für die Serie interessieren. Es sei denn, es finden sich Werkshersteller für die Motoren der privaten LMP1 Teams. Klappt in den USA ja auch.
Was die IMSA angeht: Da sehe ich mehr Highlights. 24h Daytona, Sebring, Long Beach, Watkins Glen und PLM. Die haben einen sehr homogenen Kalender.
@TR Ah, da ist schon Sommerzeit. Danke für den Hinweis. Aber mal schauen, was sie da noch machen.
Dass BoP für Balance of Performance steht, weiß ich grad so, aber eine Erklärung für EoT wäre schon gut im Artikel.
@Erik: EoT steht für „Equivalence of Technology“. Die EoT bezog sich nur auf das Kräfteverhältnis zwischen Benzin und Diesel in der LMP1. Wegen der unterschiedlichen Brennwerte, bzw. Energiedichten, musste man beide Motorenarten aufeinander abstimmen. Ein Diesel hat zum Beispiel etwas mehr Drehmoment usw. Im Grunde ist die EoT eine andere Form der BoP. Zwischen den Hybriden und Non-Hybriden will der ACO eine „Gleichheit“ herstellen, was die Rundenzeiten angeht. In Sachen Verbrauch werden die Hybride aber einen Vorteil bekommen. Beispiel: Zwar werden die LMP1 ohne Hybrid in Le Mans auch auf Zeiten von 3.20min kommen, müssen aber früher an die Box und verlieren dadurch gegen über den Hybriden auf die Distanz. Ob man das jetzt BoP oder EoT nennt, ist egal.
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