Silverstone bot zwei interessante Läufe für die Fans von Prototypen. Der Lauf der WEC war an der Spitze aber eher eintönig.
Toyota hatte sich nach eigenem Bekunden dazu entschlossen, in Silverstone den 2012er Wagen einzusetzen. Zumindest das Chassis und das Aeropaket stammten aus dem letzten Jahr, was unter der Haube los war, konnte man natürlich nicht sehen. Audi hatte dagegen schon die 2013er Autos im Einsatz. In der Qualifikation sahen die R18 dann nicht sonderlich gut aus. Beide Toyota waren schneller, ein Rebellion schaffte es sogar, sich zwischen beide Audi zu schieben. Doch im Rennen sah die Sache dann wieder komplett anders aus. Nach nur zehn Minuten hatten die Ingolstädter die Spitze übernommen und es wurde deutlich, dass die Audi einen massiven Geschwindigkeitsvorteil hatten.
Obwohl der R18 deutlich an Abtrieb zugelegt hat, konnte man auf den Geraden sehen, wie er den Toyota selbst dann wegzog, wenn diese im Windschatten hingen. Der Toyota war wiederum auf der Bremse und in den engen Kurven besser, aber davon gibt es in Silverstone nur wenig. In den mittelschnellen Kurven war kaum ein Unterschied zwischen beiden Fahrzeugen festzustellen.
Verglichen mit den Rundenzeiten aus dem letzten Jahr, ist der Audi um circa 1,8 Sekunden pro Runde schneller geworden. Lagen die Toyota letztes Jahr in Reichweite, verloren sie in diesem Jahr deutlich an Boden. Am Ende wurde man sogar überrundet. Und das, obwohl die Audi nur erstaunlich kurze Stints fahren konnten. 2012 lag die durchschnittliche Stintlänge bei 28 Runden, 2013 waren es nur 22 Runden. Man hat also rund 20 Prozent mehr Energie verbraucht, zumindest macht es den Anschein. Das kann daran liegen, dass der höhere Abtrieb mehr Leistung erfordert, aber 20 Prozent erscheinen mir doch arg viel. Genauso kann es sein, dass Audi mit Absicht ein paar Runden früher gestoppt hat, vor allem, nachdem sie gesehen haben, dass die Toyota dem Tempo so oder so nicht würden folgen können. Grund für einen möglicherweise vorgezogenen Stopp könnte die Befürchtung sein, dass der ACO vor Le Mans meist noch mal eine Anpassung der BoP vornimmt.
Was die Standzeiten an der Box angeht, lagen beide Teams ziemlich gleichauf. Auffallend war, dass Toyota sehr vorsichtig mit den Reifen umging und erst im Verlauf des Rennens auf Doppelstints umstieg. Die Fahrer hatten im Rennen sichtbar mit Untersteuern zu kämpfen, was darauf schließen lässt, dass man die Vorderreifen bei den eher moderaten Temperaturen in Silverstone nicht auf Temperatur bekommen hat. Und das führt bekanntlich zu einem höheren Verschleiß. Auch die Rundenzeiten deuten an, dass Toyota in Sachen Setup nicht ganz auf der Höhe war.
Auf der anderen Seite konnte man bei den Audi beobachten, dass deren Reifenprobleme aus dem letzten Jahr behoben sind. 2012 konnte man oft sehen, dass die R18 im ersten Drittel eines Stint sehr schnell waren, dann aber einbrachen. In diesem Jahr konnten beide Wagen selbst gegen Ende eines Stints die schnellsten Rundenzeiten hinlegen. Der R18 hat also nicht nur knapp zwei Sekunden an Speed gefunden, man hat gleichzeitig auch den Reifenverschleiß verbessert. Dazu kommt, dass Audi gleich zu Beginn des Rennens auch Doppelstints mit den Michelin fahren konnte.
Die Verbesserungen sind also sichtbar, wie gut der neue Toyota ist, kann man nicht sagen, da hier die Vergleichswerte fehlen. Ausgehend von den Gesichtern in der Box der Japaner macht man sich offenbar größere Sorgen. In Spa wird Toyota einen der neuen Wagen einsetzen, da wird man vielleicht schon einen ersten Vergleich ziehen können. Man darf aber nicht vergessen, dass beide Hersteller im Blick auf die BoP noch mauern werden.
Ansonsten war in der LMP1 nicht viel los. Die Rebellion konnten nur kurz das Tempo der Spitze mitgehen, der Strakka fiel früh durch einen Unfall aus, sodass das Team aus der Schweiz mehr oder weniger alleine unterwegs war.
LMP2
In der kleinen Prototypenklasse ging es eng zu, teilweise war es vor allem um Platz Drei extrem spannend. Vorne hatte aber das Delta-ADR Team die Sache überraschend klar im Griff. Man konnte sich schnell an die Spitze setzen und einen kleinen Vorsprung heraus fahren. Nur das G-Drive-Team konnte, je nach Boxenstopps, zwischenzeitlich die Führung übernehmen. Es war dann aber schon etwas überraschend, wie gut der Oreca von Delta-ADR lief. Ein Vorteil mag aber gewesen sein, dass man tatsächlich etwas mehr Ruhe an der Spitze hatte, während der Rest des Feldes in Zweikämpfe verstrickt war. Von den Rundenzeiten her taten sich die führenden Teams nicht viel. Delta, G-Drive, beide OAK, Pecom und, etwas überraschend, das chinesische KCMG Team gaben sich da wenig. Wobei man bei KCMG sagen muss, dass dahinter auch wieder OAK stecken, die die technische Vorbereitung übernehmen.
Da die Kameras meist an der Spitze blieben, war es etwas schwer, die LMP2 zu verfolgen. Was aber eben daran lag, dass sich in den Top 3 der LMP2 wenig tat. Der Delta fuhr seine Rundenzeiten, dahinter lagen langen beide OAK, die zunächst auch nur die Zeit runterfuhren. Erst gegen Ende des Rennens kam wieder Bewegung in die Spitze, als der OAK mit Pla, Heinemeier-Hanson und Brundle noch eine Schlussattacke ritt, aber Delta konnte darauf reagieren und den Abstand konservieren. Der zweite OAK, der auf dem dritten Platz lag, bekam dann Probleme, was dazu führte, dass es im Kampf um Platz 3 zwischen dem unauffällig fahrenden Pecom, dem zweiten OAK, Greaves und dem KCMG noch mal spannend wurde. Zeitweise lagen P3 bis P5 innerhalb einer Sekunde. Es entwickelte sich bis zum Schluss ein typischer und sehr spannender Kampf um P3, in dem sich Pecom durchsetzen konnte.
Neu dabei waren die Lotus, die mit ihrer Eigenkreation, dem Lotus T128, antraten. Der Wagen ist im Rennbetrieb quasi ungetestet, dementsprechend stand das Auto auch mehr an der Box, als es am Rennen teilnehmen konnte. Auffallend war auch, dass dem Wagen noch einiges an Zeit zur Spitze fehlte. Die schnellste Runde des Lotus war rund vier Sekunden schlechter als die der besten LMP2. Da ist also noch einiges Arbeit zu erledigen.
GTPro
Auch in der GTPro gab es an der Spitze wenig zu vermelden. Beide Aston Martin waren in Silverstone massiv überlegen. Ausgehend von den gefühlt drei Millionen Waivern, mit dem der Wagen ausgestattet ist, war das auch nicht weiter verwunderlich. Die AMR zogen vorne ihre Bahn, mussten aber in Sachen Strategie immer die Ferrari im Auge behalten. Die waren zwar langsamer, konnten aber trotz des kleineren Tanks etwas länger draußen bleiben. Richtig gefährdet war der Sieg gegen die Konkurrenz aber nie.
Daran konnte auch der neue Porsche in seinem ersten Einsatz nichts ändern. Es wurde aber deutlich, dass der neue 991 sehr viel Potenzial hat. Man ist auf Anhieb an der Spitze dran, gegen die mittlerweile etwas kastrierten F458 sieht man schon mal gut aus. Beide Porsche kamen relativ problemlos über die Distanz. Man darf zudem nicht vergessen, dass auch Porsche die BoP für Le Mans im Augen haben wird. Im Moment durfte man 35kg ausladen, das will man vermutlich auch so beibehalten. Auch hier wird man in Spa sehen müssen, was die Porsche leisten können.
Auffällig war, dass die Ferrari von AF Corse leichte Probleme hatten. Der favorisierte Wagen mit Fisichella/Bruni kämpfte kleinen elektronischen Problemen und fiel schnell zurück. Am Ende fehlte aber auch nur eine Runde auf den siegreichen Aston Martin mit Turner/Mücke/Senna. Wie gut, dass AF Corse ein zweites heißes Eisen im Feuer hatte. WEC-Neuling Kamui Kobayashi konnte mit Toni Vilander immerhin P2 erreichen, nachdem ein Aston Martin kurzzeitig länger an der Box stand.
Klar ist, dass die FIA bei den Aston Martin noch etwas an der BoP schrauben muss, die sind in dieser Verfassung einfach zu dominant. Wenn in der GT-Klasse ein Wagen mit einer Runde Vorsprung gewinnt, ist das kein gutes Zeichen. Die Frage ist auch, ob sich AMR mit dem dominanten Rennen in Silverstone einen Gefallen getan hat.
GTAm
Auch hier dominierten die Aston Martin die Konkurrenz. Die Werkswagen lagen über die gesamte Renndistanz in Führung und am Ende gewannen Nygaard, Poulsen, Simonsen mit einer Runde Vorsprung. Immerhin wurde es dahinter spannend. Nachdem der zweite Aston etwas zurück gefallen war, setzte sich der Ferrari von 8Star auf Platz 2. Doch von hinten nahte die Labre Corvette mit Bonhauser, Canal und Rees, die den Ferrari in der letzten Stunde des Rennens schwer zusetzen. Es entbrannte ein schöner Kampf, den die Corvette am Ende für sich entscheiden konnte.
ELMS
Bei wirklich schlechtem Wetter startete die ELMS in ihr erstes Saisonrennen. Der typisch britische Landregen startete pünktlich zur Einführungsrunde und alle Starter waren noch auf Slicks unterwegs. Gleich beim Start verabschiedete sich ein LMPC in die Boxenmauer, was dann direkt für eine Safety-Car-Phase sorgte. Rund um den Kurs drehten sich einige Fahrzeuge, etwas Ruhe ins Feld zu bringen, war keine schlechte Idee. Nachdem das Rennen wieder gestartet und alle an die Box gefahren waren, konnte das Rennen losgehen. Allerdings hatte sich das Feld wegen unterschiedlicher Strategien (Intermediates/Regenreifen) schon stark auseinandergezogen. Es führte zunächst, etwas überraschend, der Monrand LMP2, der sich schnell ein paar Sekunden vom Rest absetzen konnte. Von hinten nahte allerdings Brandon Hartley im Wagen von Murphy Motorsport, der teilweise sieben Sekunden pro Runde schneller fuhr und den Abstand schnell verringerte. Der nun auch nicht gerade langsame Frank Mailleux konnte Hartley nicht aufhalten und dieser setzte sich gleich ab.
Aber der langsam fallende Regen sorgte auf Dauer für die in Silverstone bekannte Pfützenbildung und Hartley übertrieb es dann kurz vor seinem Boxenstopp etwas. Beim Einlenken in die Stowe flog er ins Kiesbett und grub sich so tief ein, dass die Streckenposten vier Runden benötigten, um den LMP2 wieder flott zu bekommen. Die Gesichter bei Murphy waren dementsprechend lang, aber immerhin zeigte Hartley bis zu seinem Patzer, wie gut er mittlerweile in der LMP2 klarkommt.
Dem Monrand Team war allerdings auch kein Glück beschert. Mailleux verlor seinen Morgan-Judd Eingangs Hangar, als er einen Porsche überholen wollte. Ungebremst flog er über die Wiese und schlug hart mit dem Heck in die Reifenstapel. Dem Franzosen passierte nichts, aber der Sieg war natürlich weg.
Zwischenzeitlich ging es dann recht bunt an der Spitze der LMP2 zu, wobei sich Jota, TDS und der Race Performance ständig unter Druck setzten. Die anderen Fahrzeuge hatten mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun. Chris Dyson wirkte im Greaves Wagen angesichts des britischen Wetter teilweise etwas überfordert und drehte sich öfter. Den DRK plagten kleinere technische Probleme, Signatech kam ebenso wie Boutsen nicht so recht vom Fleck. Soweit ich das sehen konnte, blieb kein LMP2 von einem Dreher verschont.
Nach etwas mehr als 90 Minuten hatte die Rennleitung genug, und da eh einige Fahrzeuge im Kies standen, schickte man das Safety Car erneut raus, das dann auch nicht mehr rein kam. Die Witterungsbedingungen waren zwar nicht schlechter geworden, aber es stand jede Menge Wasser auf der Fahrbahn, sodass die Autos teilweise hinter dem Sicherheitsfahrzeug abflogen. Zu diesem Zeitpunkt führte der TDS LMP2, da die Rennleitung sich aber dazu entschied, das Rennen bis zur 77-Prozent-Marke hinter dem Safety Car zu absolvieren, mussten die Franzosen noch mal zum Tanken an die Box. Und so stand am Ende das Jota-Team ganz oben auf dem Treppchen.
In der GT-Klasse ging es ebenfalls eng zu. Der favorisierte AF-Corse mit Perazzini, Cioci und Leo strandete irgendwann neben der Strecke, also gab es einen Kampf zwischen dem Proton Porsche (Ried, Tandy, Roda) und beiden RAM Ferrari. Tandy rockte teilweise mit überirdischen Rundenzeiten um den Kurs, die selbst Christian Ried im Interview erstauntes Kopfschütteln abrangen. Auch hier gab es etliche Dreher und Ausrutscher, die kaum einen Wagen verschonten, aber am Ende setzte sich der Proton Porsche durch.
Bilder: © ALEXANDRE GUILLAUMOT – DPPI MEDIA/WEC/FIA
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