Wie seine Mutterserie hatte auch die Formel 2 ein übliches Monaco-Wochenende, inklusive Brechstangen-Attacken, die nur allzu oft nicht funktionierten.
Im Qualifying experimentierte die Formel 2 erstmals mit einer in zwei Gruppen aufgeteilten Session, die man in etwa mit dem indycar-Qualifying vergleichen kann – allerding nur in einer Runde. Soll heißen, die jeweils Schnellsten aus den beiden Gruppen würden in der ersten Reihe Platz nehmen, ganz unabhängig davon, mit welchen Zeiten dies passierte.
Dieses System, das man einsetzte, damit sich die Piloten auf dem engen Kurs nicht zu sehr in die Quere kamen, führte zu einer bunt durchgewürfelten Startaufstellung. In der ersten, klar schwächeren Gruppe setzte sich Callum Ilott haarscharf vor Mick Schumacher durch. Doch die Polezeit wurde in der zweiten Runde von Nyck De Vries erreicht. Der zweite Platz und somit Rang 3 in der Startaufstellung ging an Luca Ghiotto. Beide waren übrigens schneller als Ilott. Dahinter positionierten sich Latifi, Sette Camara, Gelael und Hubert.
Hauptrennen
Callum Ilotts Wagen blieb nach der Formationsrunde stehen und die großartige Ausgangslage war dahin. Nach einer dadurch ausgelösten zweiten Formationsrunde konnte das Hauptrennen eröffnet werden. De Vries hielt die Führung vor Ghiotto. Dahinter erwischte Mick Schumacher einen schlechten Start. Sergio Sette Camara und Anthoine Hubert gingen vorbei. Hinter Schumacher wurde Sean Gelael blockiert und verlor mit seinem Teamkollegen ein paar Plätze.
Doch Mick Schumacher, der auf den Supersoft-Reifen ins Rennen ging, war gleich aggressiv unterwegs und übertölpelte in Mirabeu den GP3-Champ Hubert, der auf den gelben Pneus in das Rennen gegangen war und sich auch gleich gegen Nobuharu Matsushita wehren musste. Pflichtboxenstopps sind in der F2 in den ersten sechs Runden nicht erlaubt und so kam Hubert erst im siebten Umlauf an die Box um sich von der langsameren Mischung zu befreien. Mit ihm holten sich auch Boschung, Gelael und Mazepin einen neuen Satz. Die Crew des Franzosen verpatzte aber den Boxenstopp und Gelael verließ die Box als Erster.
In der nächsten Runde absolvierten Schumacher, Latifi und Deletraz ihren Pflichtstopp und kamen allesamt vor dem Indonesier wieder auf die Strecke.
Die anderen Spitzenpiloten, die noch auf der Strecke waren, verfolgten eine andere Strategie und planten ihre Stopps später im Rennen.
Schumacher, der an der Spitze der Frühstopper unterwegs war, konnte zwar schneller fahren, lief aber in Runde 20 auf Tatiana Calderon auf. Der Deutsche wurde hinter der Kolumbianerin ungeduldig und versuchte ein überhastetes Manöver in Rascasse. Er drehte Calderon und sie blockierte in dem engen Eck dadurch die gesamte Strecke. Der Rest des Feldes musste dahinter stehenbleiben.
Als die rote Flagge ausgerufen wurde, brach das schiere Chaos aus. Die Streckenarbeiter halfen den gestrandeten Rennwagen zurück in die Boxengasse, Reifen wurden gewechselt. In dem ganzen Gewusel ging unter, dass die Autos, die vorher auf der Strecke stehen geblieben waren, plötzlich mit einer Runde Rückstand geführt wurden, weil die Führenden auf dem Weg zur Box eine mehr hingelegt hatten. Ein massiver Fehler der Rennleitung. Eigentlich hätten die Fahrer, die aufgrund der Kollision auf der Strecke stehen blieben, sich vor dem Restart ans Ende des Feldes reihen müssen – ohne Rundenrückstand. Nach dem Rennen gaben die Rennkommissare ihren Fehler zu, das Resultat ließen sie aber unverändert.
Denn es blieb für den Rest des Tages ein zweigeteiltes Rennen in dem diejenigen, die noch nicht an der Box waren, sich die ersten neun Positionen ausmachen sollten.
Schumacher erhielt für sein Vergehen später eine Durchfahrtsstrafe und beendete das Hauptrennen auf Platz 12. Zu den Fahrern, die eine Runde hinten waren, zählte auch der Meisterschaftsführende Nicholas Latifi. Er versuchte sich nach einem Ausbremsmanöver gegen Hubert in die Punkte vorzuarbeiten, aber sein Überholversuch um Platz 10 gegen Gelael schlug fehl und die beiden kollidierten. Hubert holte sich die letzte Punkteposition, Gelael einen gebrochenen Frontflügel und Nicholas Latifi eine Durchfahrtsstrafe.
Ähnlich frustrierend endete das Wochenende auch für Jack Aitken. Der Brite, der für Campos an den Start geht und vor dem Wochenende in der Meisterschaft auf Rang 3 lag, startete auf dem 17.Platz. Er konnte sich aber durch ein sauberes Rennen auf den zwölften Rang vorarbeiten nur um ein paar Runden vor dem Ende vom Überrundeten Mahaveer Raghunathan mit einem „Bump and Run“-Manöver in der Haarnadel aus dem Rennen genommen zu werden.
In den letzten zehn Runden fuhren die Fahrer, die auf der Fühurungsrunde lagen, an die Box. Matsushita kam durch die Stopps an Sergio Sette Camara vorbei auf die dritte Position.
Drei Runden vor Schluss warf Juan Manuel Correa seine sechste Position am Ausgang der Schwimmbad-Schikane in die Barrieren, wodurch Louis Deletraz sich vorerst Platz 8 und somit die Pole Position für das Sprintrennen sichern konnte.
Nyck De Vries brachte seinen ungefährdeten Sieg vor Luca Ghiotto über die Linie. Beim Zweitplatzierten währte die Freude allerdings nur kurz: Die Lenkung am UNI-Virtuosi-Wagens wurde für illegal befunden, der Italiener somit folgerichtig disqualifiziert und alle weiteren Rennfahrer, die das Ziel erreichten, rückten eine Position auf. Matsushita wurde Zweiter und Sergio Sette Camara kam doch noch auf das Podium. Auf den weiteren Plätzen landeten Dorian Boccolacci, Guanyu Zhou und der Gaststarter Artem Markelov, der bei MP Motorsport Jordan King ersetzte. Der beste der Fahrer, die von dem Fehler der Stewards getroffen wurden, war Louis Deletraz auf der siebten Position. Anthoine Hubert kam auf die Reverse-Grid Pole. Die letzten Punkte sicherten sich Ralph Boschung und Nikita Mazepin.
Sprintrennen
Hubert setzte am Start seine Startposition perfekt um und blieb vor Deletraz, während Zhou an Markelov vorbei den dritten Platz holte.
Nach drei Runden wurde dann das Safety Car auf die Strecke gerufen. Calderon hatte dem Überholenden Luca Ghiotto in Mirabeau die Tür zu gemacht und verabschiedete sich in die Streckenbegrenzung. Zwei Runden später gab es den Restart. Doch in Runde 7 war wieder Ghiotto in eine Kollision verwickelt. Der Italiener, der nach der Disqualifikation am Vortag von ganz hinten gestartet war, nahm in einem überambitionierten Manöver Raghunathan und sich selbst aus dem Rennen.
Es sollten nicht die einzigen Ausfälle bleiben: Ralph Boschung, der auf dem siebten Rang unterwegs war, rollte nach neun Runden mit einem technischen Problem aus, sein Teamkollege Giuliano Alesi wurde in Runde 19 von Sean Gelael abgeschossen, als dieser sich in der Schikane verbremste.
Ansonsten tat sich in dem Sprintrennen über den Großteil des Laufes nicht besonders viel. Erst auf den letzten Runden wurde es richtig dramatisch. Dem Führenden Anthoine Hubert gingen langsam die Reifen aus und der Schweizer Deletraz versuchte sich mit einem Hauch von Mansell gegen Senna vorbeizumanövrieren. Hubert verbremste sich zweimal in die Hafenschikane, schaffte aber jeweils noch die Kurve. Und gerade als der Sieg schon in trocknen Tüchern zu sein schien, rutschte der Franzose leicht aus der letzten Kurve. Deletraz setzte sich neben Hubert, ihm gingen aber die Meter aus und der Arden-Pilot Anthoine Hubert feierte seinen ersten Formel-2-Sieg.
Hinter dem Duo landete Guanyu Zhou auf dem Podium. Die weiteren Punkteränge belegten Dorian Boccolacci, Artem Markelov, Sergio Sette Camara, Vortagessieger Nyck De Vries und Nikita Mazepin.
Fazit
Nach drei makellosen Rennwochenenden ist die Erfolgssträhne von Nicholas Latifi in Monte Carlo gerissen. Doch nicht nur für ihn. Mit Luca Ghiotto und Jack Aitken hatten die bisherigen Top-3 der Meisterschaft alle ein punkteloses Wochenende. Nyck De Vries war der große Nutznießer und ist spätestens jetzt nach seinem zweiten Erfolg in Serie voll im Titelkampf angekommen. Ein kleiner Befreiungsschlag gelang auch Sergio Sette Camara mit seinem ersten Podium seit Bahrain. Dasselbe gilt übrigens auch für Nobuharu Matsushita. Der Japaner hat zwar an den ersten drei Wochenenden immer mal wieder gezeigt, dass er schnell unterwegs sein kann, seine Resultate waren aber nicht dementsprechend. Mit Platz 2 in Monaco konnte er erstmals in dieser Saison ein Topresultat ins Ziel bringen.
Mit dem nächsten F1-Wochenende in Kanada, macht die Formel 2 eine Pause und wird wieder in Frankreich vom 21. bis 23. Juni am Start sein.
Bilder: Formula 2