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Super Formula: Vorschau Round 6 Okayama

von geinou
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Schlussspurt in der Super Formula: Bei noch zwei ausstehenden Rennen spitzt sich der enge Meisterschaftskampf weiterhin zu. Lediglich drei Punkte trennen die drei Hauptanwärter Nick Cassidy, Naoki Yamamoto sowie Hiroaki Ishiura, wenn an diesem Wochenende die Motoren in Okayama aufheulen. Zugleich jagt Japans höchste Formelserie nach dem Streckenrekord von Ayrton Senna aus dem Jahr 1994. Das Wetter könnte dem Ganzen jedoch einen Strich durch die Rechnung machen.

Die New York Times-Redakteurin Motoko Rich betitelte den diesjährigen japanischen Hochsommer als „Summer of Misery“, nachdem das schwerste jemals in Hokkaido gemessene Erdbeben der Stärke 6.7 auf der Richterskala am Donnerstag mindestens 17 Menschenleben forderte, just zwei Tage nachdem Taifun Jebi in der Kansai-Region ein Bild der Zerstörung hinterließ. In Japan lediglich als „Taifun Nummer 21“ betitelt, war Jebi der stärkste Sturm seit 25 Jahren, der die Vulkaninsel traf. Beide Naturkatastrophen sind lediglich ein Teil des „Summer of Misery“, nachdem Überschwemmungen, Landrutsche sowie die größte Hitzewelle seit 1945 seit Juli bereits über 300 Menschenleben forderte. Angesichts solcher Zahlen fällt es auch den Super-Formula-Piloten schwer, zum Tagesgeschäft zurückzukehren. Der japanische Motorsport tut unter anderem mit Spendenaktionen viel für die Opfer von Naturkatastrophen. Auch dieses Wochenende dürfte deshalb sicherlich im Zeichen der jüngsten Ereignisse stehen.

2015 feierte Okayama nach siebenjähriger Abstinenz seine Rückkehr in den Super-Formula-Kalender. Obgleich das Comeback stark bejubelt wurde, fanden in der Vergangenheit in den Jahren 2007 sowie 2008 lediglich zwei Rennen auf dem ehemals TI Circuit genannten Kurs statt. Die Abkürzung „TI“ stand für „Tanaka International“, abgeleitet vom Besitzer der Strecke sowie des ansässigen Golf-Clubs, Hajime Tanaka. Ursprünglich als private Rennstrecke für Wohlerhabenere 1990 gegründet, gasierte zwischen 1994 sowie 1995 zweimal die Formel 1 zur Austragung des Pazifik-Grand-Prix auf dem Kurs. Zur Umbenennung der Strecke in Okayama International Circuit führte zum einen der Aufkauf der finanziell angeschlagenen Streckenbetreiber sowie die Zusammenlegung der im Aida-Bezirk liegenden Städte Aida, Mimasaka, Ōhara, Sakutō, Higashiawakura sowie Katsuta (aus dem Katsuta-Bezirk) in die heute mit einer Bevölkerung von rund 30.000 Menschen bekannte Stadt Mimasaka. Die Strecke selbst liegt mit dem Auto rund 25 km entfernt im Gebirge des Hattoji. So schön diese Lage auch ist, sie ist gleichzeitig auch das größte Problem der Anlage. Aufgrund dieser ungünstigen Infrastruktur ist das Erreichen des Kurses hauptsächlich nur per PKW möglich, obgleich bei Großveranstaltungen wie der Super GT ein limitierter Shuttle-Service angeboten wird. Das Ansteuern des Gebirges für die Teams ist ebenfalls ein relativ anstrengender Akt. Aus diesen Gründen sind die heutigen Rennveranstaltungen in Okayama (Super GT, Super Formula, Super Taikyu, MFJ Superbike) vergleichsweise geringer besucht.

Ungünstige Lage hin oder her: Der Okayama International Circuit zählt zu einem der besten Rennstrecken Japans. Dass der Kurs in die Natur eingebettet ist, passt zur Charakteristik der Pisten in Nippon und macht sie nicht nur optisch, sondern auch fahrerisch zu wahrhaftigen Leckerbissen. Die 3,703 km lange Strecke besitzt insgesamt elf Kurven, von denen einige nach bekannten Persönlichkeiten des Motorsports wie Sterling Moss oder Frank Williams benannt sind. Die größtenteils engen Kurven kommen dem SF14-Boliden mit seiner hohen Kurvengeschwindigkeit sehr gelegen. Gleichzeitig können die Autos ihre Geschwindigkeit auf der Start- und Zielgeraden, im Moss-S, der Atwood-Kurve sowie gefolgt von der langen Gegengerade ausspielen. Die besten Überholmöglichkeiten liegen direkt in der ersten Kurve sowie in der Haarnadel nach der Gegengerade. Zusätzlich ist der letzte Streckenabschnitt ebenfalls für (Überraschungs-) angriffe geeignet.

Im Folgenden eine Onboard-Runde mit Yuhi Sekiguchi aus dem Vorjahr:

 

2015 umrundete Polesetter Hiroaki Ishiura den Okayama International Circuit mit 1:12.429 am schnellsten – 2,211 Sekunden langsamer als Aryton Senna im Jahr 1994 (1:10.218). Der Streckenrekord der brasilianischen Formel-1-Legende soll an diesem Wochenende fallen. Erstmals kommen auf der ehemaligen Grand-Prix-Bahn nicht nur die weichen Optionsreifen zum Einsatz. Zugleich hat die Japan Race Promotion (JRP) den zweimaligen Einsatz des Overtake-Systems (OTS) im dritten Qualifikations-Teil (Q3) genehmigt, um just jenen Streckenrekord zu brechen. Pro Aktivierung, erhöht sich der Benzinfluss um 10% für 20 Sekunden. Das Wetter könnte dem Ganzen jedoch einen gehörigen Strich durch die Rechnung ziehen. Sowohl für Samstag wie auch Sonntag sagen die japanischen Meteorologen nämlich ein sehr hohes Regenrisiko voraus. Zuletzt öffneten sich die Wolken über den Okayama International Circuit im Jahr 2016, als monsunartige Regenfälle die Rennleitung zu einer vorzeitigen Absage des Rennens nach acht Runden hinter dem Safety Car sowie der Vergabe von halben Meisterschaftspunkten zwang. Noch im gleichen Jahr gastierte die Super Formula ein zweites Mal in Okayama. Der verkürzte Frühjahrslauf wurde in Form von zwei Sprintrennen im Sommer nachgeholt – ein Format, das bis 2017 Bestand hielt. Für das diesjährige Gastspiel entschied sich die JRP wieder zum herkömmlichen Ein-Rennen-Format über die Standard-Distanz von 250 Kilometer (68 Runden) wie beim Comeback 2015 zurückzukehren. Damaliger Sieger war Hiroaki Ishiura, der mit seinem allerersten Super-Formula-Triumph gleichzeitig auch den Grundstein zum ersten seiner bislang zwei Titeln legte.

Die drohende Regenfront könnte selbstredend nicht nur einen Einfluss auf die Streckenrekordjagd haben. Auch der enge Meisterschaftskampf könnte gehörig auf den Kopf gestellt werden. Fuji-Triumphant Nick Cassidy übernahm mit dem Bronzerang in Motegi erstmals in seiner noch jungen Super-Formula-Karriere die Tabellenführung (27 Punkte) vor Naoki Yamamoto (24 Punkte) sowie Titelverteidiger Hiroaki Ishiura (24 Punkte), der auf dem Zwillingsring seinen ersten Saisonsieg einfuhr. Obgleich unter normalen Umständen der Kampf um die japanische Formel-Krone zwischen diesen drei Protagonisten entschieden werden dürfte, so sind mit noch insgesamt 25 zu vergebenen Punkten (der Sieger beim Finale in Suzuka erhält drei Bonuszähler) auch Ryo Hiroakawa (14 Punkte) sowie Yuhi Sekiguchi (11 Punkte) und Kazuki Nakajima (11 Punkte) in zumindest mathematischer Lauerstellung. Alle drei Piloten müssten allerdings auf Patzer der Hauptanwärter hoffen. Dass solche Comebacks möglich sind, bewies unter anderem Naoki Yamamoto im Jahr 2013, als er trotz eines relativ großen Punkterückstands noch André Lotterer den Titel abluchste. Der Mugen-Pilot profitierte dabei allerdings von der WEC-bedingten Abwesenheit Lotterers sowie einer zwar eindeutigen, dennoch kontrovers diskutierten Tie-Breaker-Entscheidung.

Besagter Naoki Yamaoto ist es auch, der nach seinen beiden Saisonsiegen in Suzuka sowie SUGO an Federn lassen mussten. Gegenüber den japanischen Medien gestand er selbstreflektierend, dass seine Fahrten am Fuji (Platz acht) sowie in Motegi (Platz sieben) eines Meisterschaftsaspiranten nicht würdig gewesen seien. Die Wende soll nun in Okayama sowie auf seiner Spezialstrecke in Suzuka folgen, wo er bereits viermal obsiegen konnte. Achillesferse ist die Balance des Autos, die laut eigener Aussage zu instabil sei: „Bei den Setuparbeiten muss man sich auf einen der beiden Reifenmischungen spezialisieren. Es ist schwer einen Mittelweg zu finden. Hiroaki Ishiura ist hingegen mit beiden Mischungen schnell. Daran müssen wir arbeiten.“ Anders hingegen das Bild bei Nick Cassidy und Hiroaki Ishiura. Letzterer meldete sich nach einer eher verpatzten ersten Saisonhälfte (Nullrunde im Sportsland SUGO) mit dem Silberrang am Fuji Speedway sowie seinem ersten Saisonsieg am Twin Ring Motegi eindrucksvoll im Titelkampf zurück. Nick Cassidy stieg hingegen über die vorhergesagte Leistung seines Teams Kondo Racing mit gleich zwei Podiumsresultaten sowie seinem Premierenerfolg am Fuße des japanischen Wahrzeichens hinaus. An Okayama dürfte der Neuseeländer ebenfalls gute Erinnerungen haben, schließlich erklomm er dort 2017 erstmals das Super-Formula-Podium.

Trotz zwei Nullrunden befindet sich Serienrückkehrer Ryo Hirakawa nach seinem Silberrang in Motegi mit 14 Punkten in Lauerstellung. Besagter Erfolg könnte durchaus das Ergebnis gewesen sein, was den Knoten des letztjährigen Super-GT-Champions platzen ließ. Um jedoch einen weiteren Schritt gen Titelkampf zu gehen, muss Impul kleinere Strategiefehler sowie ihre persönliche Quaifying-Schwäche aussortieren. Insbesondere Teamkollege Yuhi Sekiguchi ist davon betroffen, der nach mehreren Patzern sowie fragwürdigen Strategieentscheidungen mit bereits zwei punktlosen Resultaten in diesem Jahr unter Wert geschlagen wurde. 2017 unterstrich der Japaner seine Meisterschaftsambitionen mit einem Sieg sowie einem zweiten Platz in Okayama. Wenn er an diesem Wochenende die Leistung aus dem Vorjahr abrufen kann, könnte er sich zumindest für das große Suzuka-Finale in Lauerstellung bringen. Kazuki Nakajima blieb 2017 beim Gastspiel auf der ehemaligen Grand-Prix-Strecke hingegen punktelos. Zumindest in der Super Formula verlief 2018 für den diesjährigen Le-Mans-Sieger eher durchwachsen. Sein bestes Resultat war ein dritter Platz im Sportsland SUGO, nachdem er beim Saisonauftakt in Suzuka lediglich ein einzelnes Pünktchen einfahren konnte.

Den Motegi-Lauf musste der zweifache Champion wegen einer Termin-Überschneidung mit dem World Endurance Championship (WEC) im britischen Silverstone hingegen schwänzen. Für ihn sprang Joao Paulo de Oliveira ein, dessen Super-Formula-Comeback von einem Getriebeproblem behindert wurde. Ähnliches gilt für Kamui Kobayashi, der wie Nakajima vergangenen Monat in Silverstone unterwegs war, aufgrund der Disqualifikation beider Toyota-LMP1-Boliden jedoch mit leeren Händen wieder ins Land der aufgehenden Sonne reiste. 2017 verpasste der KCMG-Pilot das Podium mit einem vierten sowie fünften Rang nur knapp. Nachdem ein abermaliger Fauxpas beim Boxenstopp den etwaigen ersten Super-Fomula-Triumph Kamui Kobayashis im Sportsland SUGO verhinderte, dürfte der ehemalige Formel-1-Pilot entsprechend der seiner letztjährigen Okayama-Leistung motiviert ins Wochenende gehen.

Abseits der Titelaspiranten dürfte insbesondere Docomo Team Dandelion Racing zu den Siegesfavoriten in Okayama zählen. Vor allem Nobuharu Matsushita dürfte auf Revanche aus sein, nachdem er in Motegi souverän seine Führung vor Hiroaki Ishiura in der ersten Rennhälfte verteidigte, ehe eine falsche Strategieentscheidung sowie die fehlende Balance auf den Medium-Reifen ihn auf den vierten Platz zurückwarfen. Hondas letzter Sieg in Okayama datiert auf das Jahr 2016 zurück, als Stoffel Vandoorne beim Nachholtermin den ersten seiner beiden Super-Formula-Triumphe einfuhr. Auf das Platzen seines persönlichen Knotens wartet derweil Nirei Fukuzumi. Nach einem Glanzstart in Suzuka, als lediglich ein technischer Defekt sein nahezu sicheres Podiumsresultat zunichtemachte, folgten Monate des Frusts. Weder in Europa in der Formel 2, wegen der er insgesamt drei Super-Formula-Rennen auslassen musste, sowie beim Comeback in Motegi vor drei Wochen lief es nicht sonderlich rund für den von Red Bull gesponsorten Japaner.

Ausgerechnet vor den Augen Dr. Helmut Markos, der erstmals ein Rennen der ehemals Formula Nippon genannten Rennserie besuchte, konnte er nach einer verpatzten Qualifikation sowie gleich zwei Kollisionen im Rennen mit dem 17. Rang nicht überzeugen. Vor rund einer Woche machte mit Tadasuke Makino hingegen ein anderer japanischer Honda-Nachwuchsfahrer Schlagzeilen, der nach einer phänomenalen Fahrt in Monza seinen Formel-2-Premierenerfolg feierte. Fukuzumi gab offen zu, dass ihn das etwas wurmte, er sich aber auf seine eigenen Dinge konzentriere müsse, um weiterhin am persönlichen Formel-1-Traum festzuhalten. Hierfür muss er jedoch auf der Strecke überzeugen. Ein etwaiges gutes Resultat in Japan könnte just der Auftrieb sein, den er laut eigener Angaben so dringend benötige.

Im Falle eines trockenen Rennens müssen selbstredend beide Reifenmischungen von Serienausstatter Yokohama verwendet werden. Es ist der erste Einsatz der weichen Pneus, welche wie bereits in Motegi sowie der Autopolis für zusätzliche Würze auf der tendenziell eher schwierig zu überholenden Strecke sorgen könnten. Aufgrund der flinken Rundenzeiten sowie des relativ hohen Zeitverlusts in der Boxengasse (rund 25 Sekunden) erscheint eine Ein-Stopp-Strategie am sinnigsten. Bei einem normalen Rennverlauf liegt das Benzinfenster zwischen Runde 10 und 59. Unklar ist jedoch, wie schnell die Soft-Reifen abbauen werden. Wegen der kleinen Auslaufzonen besteht zudem, ähnlich dem Sportsland SUGO, stets die Gefahr einer Safety-Car-Phase. Der drohende Regen würde solch strategische Überlegungen natürlich gänzlich auf den Kopf stellen.

 

TV-Zeiten Okayama

Wie gehabt wird die internationale Premium-Streaming-Plattform Motorsport.tv auch den sechsten Saisonlauf live im Internet übertragen. Für den englischsprachigen Kommentar zeichnet sich dieses Mal Eurosport-Urgestein und Le-Mans-Experte Mark Cole aus, da Stammkommentator Tom Gaymor wegen einer Terminüberschneidung anderswertig verpflichtet ist. In Japan wird der Pay-TV-Sender J SPORTS 3 ab 8 Uhr die Qualifikation live übertragen. Am Sonntag wird J SPORTS 3 die Übertragung ab 6:30 Uhr beginnen. Der Rennstart erfolgt eine halbe Stunde später um 7:00 Uhr deutscher Zeit. Der japanische Free-TV-Sender BS Fuji wird das Rennen ausnahmsweise zeitverzögert um 10 Uhr deutscher Zeit ausstrahlen.

Copyright Photos: Japan Race Promotion

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