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GT3-Report: Ein Meister der Konstanz

von Philipp Körner
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Die Titelentscheidung der International GT Open erfolgte erst im letzten Lauf der Saison auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya. Schlussendlich setzten sich die Favoriten zwar knapp durch, aber den Grundstein dafür hatten sie bereits Monate vorher gelegt. Außerdem fand das Hampton Downs 500 der Australian Endurance Championship in der Nacht von Samstag auf Sonntag statt.

International GT Open

Die zwölfte Saison der europäischen GT-Meisterschaft war sicherlich eine der besten bisher. Neben dem engen Titelkampf sorgten stabil-große Felder für etliche sehenswerte Rennen, die man dank der YouTube-Streams bequem verfolgen konnte. Eine entscheidende Rolle nahmen dabei klassische Kundensportteams ein, welche in den GT Open eine passende Heimat gefunden haben. Besonders Imperiale Racing, das unweit von Sant’Agata Bolognese beheimatet ist, und die Spanier von Teo Martín Motorsport zeigten auf, dass die Qualität des Championats durchaus hoch ist. Dementsprechend schwierig war auch das Einstiegsjahr der beiden werksunterstützten Lexus-Mannschaften von Farnbacher Racing und Emil Frey Lexus Racing. Die Vertreter des Luxusablegers von Toyota konnten zwar zusammen sechs Siege feiern, aber leisteten sich zu viele Nullnummern über die Saison hinweg.

Offiziell gab man das Gastspiel in den GT Open als weiteres Entwicklungsjahr für den RC F GT3 aus, aber Titelambitionen waren zweifelsohne vorhanden. Mangels großflächiger Pro-Konkurrenz waren selbige vielleicht auch größer, als man im Nachhinein zugeben wird. Aktuell stehen alle Zeichen auf Abschied von der kleinsten europäischen GT3-Bühne. Da Emil Frey Lexus Racing bereits ein Debütwochenende in der Blancpain GT Series absolviert hat, scheint ein Engagement dort wahrscheinlich zu sein. Zudem könnte man auch die Intercontinental GT Challenge in Angriff nehmen. Für große Freude würden zweifelsohne auch neue Nordschleifen-Auftritte sorgen – im besten Fall mit der siegreichen Mannschaft von Farnbacher Racing. Nach diesem vorgezogenen Fazit folgt noch ein Blick auf die letzte Sprintveranstaltung des GTO-Jahres.

Top 3 der Samstagsqualifikation:
1) #54 Emil Frey Lexus Racing RC F GT3
(Costa/Frommenwiler)
2) #23 Imperiale Racing Lamborghini Huracán GT3 (Postiglione/Engelhart)
3) #63 Imperiale Racing Lamborghini Huracán GT3 (Venturini/Mapelli)

Rennen eins

Bei sonnigen 20°C begaben sich insgesamt 25 Autos Richtung Start. Dieser sollte sich als sehr hektisch erweisen und sah einen heftigen Abflug des einzigen Gallardo REX GT3. Beim bunten Kreuz- und Querfahren durch die Auslaufzonen der ersten Sektion kamen sich nämlich mehrere Autos in die Quere, wodurch der Lamborghini in die Wand abgelenkt wurde. Durch den Abstand zur Strecke verzichtete man auf eine SC-Unterbrechung. Mittlerweile hatte der #63 Imperiale Racing Lamborghini die Führung übernommen, der in den Händen von Marco Mapelli dem Feld langsam enteilte. Sein Co-Pilot Giovanni Venturini führte zu diesem Zeitpunkt in der Fahrerwertung und verfolgte gespannt, was sein Teamkollege auf den Asphalt brachte.

Hinter ihm befand sich aber schon der größte Meisterschaftskonkurrent in der Form des #65 BMW Team Teo Martín M6 GT3 (Bouveng/Rueda), welcher ebenfalls einen großen Sprung nach der Freigabe gemacht hatte. Der Pole-Lexus von Emil Frey zirkulierte nur noch auf Position vier. In den ersten 20 Minuten des 70-minütigen Laufs überholte er zunächst Engelhart im #23 Imperiale Racing und kurz danach sogar den BMW von Victor Bouveng. Bei noch 51 ausstehenden Rennminuten wurde das Safety Car zum ersten Mal auf den Kurs gerufen, da ein Pro-Am-Bentley ungünstig am Streckenrand zum Stehen kam. Dies stellte den Abschluss für ein spannendes erstes Rennsegment dar, welches sportlich mehr als überzeugen konnte.

Nach der Wiederfreigabe war das Feld zwar eng zusammen, aber die Spitzenkonstellation blieb bis zum Öffnen des Boxenstoppfensters bestehen. Durch die Fahrerwechsel und das ausgiebige Handicap-System der GT Open wurde das Tableau zum wiederholten Male wild gemischt. Während Titelanwärter Venturini noch auf Position eins lag, tauchte plötzlich der #488 Spirit of Race Ferrari 488 GT3 (Ramos/Mac) auf Rang zwei auf, der im Laufe der Saison immer mal wieder für eine Überraschung sorgen konnte. Platz drei nahm Fran Rueda im #65 Teo Martín BMW ein, wodurch er die Titelchancen aufrechterhielt. 23 Minuten vor Ablauf der Zeit nahm das Rennen jedoch eine dramatische Wende, die auch massive Auswirkungen auf den Titelkampf hatte.

Zuerst wurde der Nummer 65 eine 5-Sekunden-Strafe für ein kleines Vergehen auferlegt. Die sollte auf die Rennzeit aufaddiert werden. Wenige Sekunden später versiegte der Antrieb des #54 Emil Frey Lexus, was die letzten Titelhoffnungen kollabieren ließ. Nach der kurzen Neutralisierung deswegen folgte vorne eine relativ ereignislose Schlussphase. Dafür lieferte man sich im Mittelfeld wiederholt gröbere Scharmützel. Da Fran Rueda kein fünfsekündiges Polster mehr fand, gelang immerhin dem #55 Farnbacher Racing Lexus RC F GT3 (Dominik Farnbacher/Mario Farnbacher) der Sprung auf das Podium.

Top 3 des Samstagsrennens:
1) #63 Imperiale Racing Lamborghini Huracán GT3
(Venturini/Mapelli)
2) #488 Spirit of Race Ferrari 488 GT3 (Ramos/Mac)
3) #55 Farnbacher Racing Lexus RC F GT3 (Dominik Farnbacher/Mario Farnbacher)

Durch den Tagessieg sicherte sich Venturini eine sehr gute Ausgangslage für den finalen Lauf. Die hatte er jedoch auch nötig, da er nun dem Handicap-System unterworfen war. Dementsprechend war der siebte Rang in der Sonntagsqualifikation schon das Höchste der Gefühle. Die verbliebenen Rivalen im #65 Teo Martín BMW belegten zwar Platz zwei, mussten aber auf eine Topplatzierung gepaart mit Punktlosigkeit des aus Vicenza stammenden Venturini hoffen. Auf diesem Weg hätte man auch die Teammeisterschaft nach Madrid geholt.

Top 3 der Sonntagsqualifikation:
1) #51 BMW Team Teo Martín M6 GT3
(da Veiga/da Costa)
2) #65 BMW Team Teo Martín M6 GT3 (Bouveng/Rueda)
3) #5 SF Racing Ferrari 488 GT3 (Songyang/Caldarelli)

Rennen zwei

Der 60-minütige Saisonabschluss fand bei ähnlichen Bedingungen wie am Vortag statt. Beim breit aufgefächerten Start glänzten vor allem die Lexus, welche fast im Parallelflug nach vorne schossen. António Félix da Costa war der einzige Pilot, der die japanischen Renner hinter sich halten konnte, wodurch er schlussendlich auch die Führung verteidigte. Position zwei nahm nun Philipp Frommenwiler im Frey-RC F GT3 ein, der von Mario Farnbacher im Schwester-Lexus Begleitschutz erhielt. Rueda im #65 BMW fiel vom virtuellen Podium und klammerte sich gerade so an Platz vier fest. Im engen Mittelfeld-Wirrwarr ereignete sich wie am Samstag ein heftiger Unfall, als der #25 FF Corse Ferrari in die Mauer der Gegengerade krachte. Pilot Johnny Mowlem blieb glücklicherweise unverletzt und musste mitansehen, wie das Safety Car auf die Strecke gerufen wurde.

Nach den circa neun Minuten umfassenden Bergungsarbeiten gewann da Costa einen relativ gesitteten Restart. Da Rueda immer noch außerhalb des Podiums lag, hatte der zu diesem Zeitpunkt sechstplatzierte Venturini den Vorteil klar auf seiner Seite. Rueda sah sich demnach unter Zugzwang und baute vermehrt Druck auf. Diesem gab Mario Farnbacher schließlich nach und er machte einen Fehler, wodurch er zwei Plätze verlor. Andrea Caldarelli, der das Treiben vor sich genau analysierte, nutzte die Lücke aus und überholte Rueda, weshalb dieser im Endeffekt keine Position gewinnen konnte. Nach diesem sehenswerten Austausch von Nettigkeiten öffnete sich das Boxenstoppfenster samt seiner ausgiebigen Verschiebungen.

So fiel der Venturini-Verbündete Mapelli bis auf Platz 13 zurück, was den nun drittplatzierten #65 Teo Martín BMW in Meisterschaftsreichweite brachte. Dem eingewechselten Piloten Bouveng musste nur noch ein Sprung auf Platz zwei gelingen. In der Hinterhand hatte man dafür zudem den Schwester-BMW, der immer noch in Führung lag. Auf eine derart krasse Teamorder wollte man aber vorerst verzichten. In den anschließenden zehn Minuten gelangen Mapelli überragende Überholmanöver, wodurch er immer weiter Richtung Top 10 vordrang. Zeitgleich schienen die beiden Teo-Martín-BMW ins Schwimmen zu geraten. Kurz nachdem Mapelli in die Top 10 gesprungen war, verlor der #51 BMW die Führung an Albert Costa im #54 Emil Frey Lexus.

Obwohl der Teamorder-bedingte Platztausch nun verständlicher erschien, gab es ein großes Problem. Bouvengs kollabierende Pace hatte Engelhart im #23 Imperiale Racing Huracán GT3 auf den Plan gerufen, der ihn mehrmals attackierte. Eine übermotivierte Attacke des Deutschen kam schlussendlich allen Theorien zuvor und ließ den BMW durch das Kiesbett der letzten Kurve rollen. Für die auslösende Kollision erhielt die #23 später eine gerechte 5-Sekunden-Strafe. Doch selbst das konnte Venturini alles egal sein, denn Mapelli hat währenddessen eigenständig den Sprung auf den ausreichenden siebten Platz geschafft.

Top 3 des Sonntagsrennens:
1) #54 Emil Frey Lexus Racing RC F GT3
(Costa/Frommenwiler)
2) #51 BMW Team Teo Martín M6 GT3 (da Veiga/da Costa)
3) #55 Farnbacher Racing Lexus RC F GT3 (Dominik Farnbacher/Mario Farnbacher)

Circuit de Barcelona-Catalunya-Notizbuch

  • Der etwa 20 Kilometer von Barcelona entfernte Kurs wird immer mehr zu einem positiven Schicksalsort für Lamborghini. Dort sicherte man sich vor einigen Wochen bereits die Fahrer- und Teamwertung der Blancpain GT Series.
  • Die GTO-Meisterschaft ist die zweite in Folge für Lamborghini. 2016 triumphierte das Orange 1 Team Lazarus, das heuer in der BGTS antrat.
  • Fahrermeister Venturini steht sinnbildlich für das Jahr der individuellen Champions in GT3-Sprintserien. Durch eine Umstellung der Besatzungen hatte er Mapelli erst im Laufe der Saison an die Seite gestellt bekommen.
  • Wie in der Einleitung angedeutet profitierte der junge Italiener hauptsächlich von seiner Konstanz. Er hat jedes Rennen in den Punkten abgeschlossen, was hinsichtlich der Abschlusskonstellation entscheidend gewesen ist.
  • In der Pro-Am-Division reüssierten die McLaren-Piloten Rob Bell und Teambesitzer Shaun Balfe. Der Schlüssel zur Meisterschaft war hier ein starker Saisonschlussspurt.
  • In der AM-Wertung krönten sich die Portugiesen António Coimbra und Luis Silva. Jedoch war man die einzige wirklich dauerhafte Nennung.
  • Heuer umfasst das International-GT-Open-Jahr noch ein weiteres Wochenende. Zusätzlich zum nun abgeschlossenen Sprint-Championat findet das GT Open Valencia 1000 vom 01. bis 02. Dezember statt. Das Zwei-Tages-Event auf dem Circuit Ricardo Tormo kann von aktuellen GT3-Boliden (Modelljahre 2015 bis 2017) und Vertretern der GT Sport Challenge bestritten werden. Letztere besteht aus älteren GT3-Rennern sowie Cup-Boliden aus der Supertrofeo, der Ferrari 488 Challenge und dem Porsche Supercup. Das 1000-Kilometer-Rennen wird eine maximale Dauer von sieben Stunden haben. Mehr Informationen diesbezüglich sollten in den kommenden Wochen folgen.
  • Der (vorläufige) 2018er Kalender umfasst weiterhin sieben Standorte in ganz Europa:
    14. – 15. April 2018: Autódromo do Estoril
    05. – 06. Mai 2018: Circuit Paul Ricard
    09. – 10. Juni 2018: Circuit de Spa-Francorchamps
    07. – 08. Juli 2018: Hungaroring
    01. – 02. September 2018: Silverstone Circuit
    22. – 23. September 2018: Autodromo Nazionale Monza
    20. – 21. Oktober 2018: Circuit de Barcelona-Catalunya

Was sonst noch geschah

Das positive Momentum des Hampton-Downs-Umbaus ist fast gänzlich verloren gegangen. Am Sonntag traten gerade mal 13 Boliden den 500-Kilometer-Lauf an. Zwar verunfallten einige Autos in den regnerischen Trainingssitzungen teils schwer und mussten zurückgezogen werden, aber auch unabhängig davon war die Nennliste zu kurz. Nachdem im Shootout noch zwei Porsche dominieren konnten, wendete sich das Blatt im Rennen in Richtung Mercedes. Bereits im Laufe des ersten Boxenstoppzyklus positionierte sich der #63 Eggleston Motorsport Mercedes AMG GT3 (Hackett/Storey) für eine dominante Fahrt in Richtung Sieg, die nie sonderlich gefährdet schien. Alles in allem verlief das Rennen relativ ereignislos und war nicht gerade eine gute Werbung für das Championat.

Dies passt leider gut zu den aktuellen Wochen der Australian GT. Nachdem die australische Motorsportbehörde CAMS das Joint Venture mit den Supercars (sprich: Managementübernahme durch die Supercars) platzen ließ, verlor man auch noch den Startplatz beim Adelaide 500. Dort wird der Audi-R8-LMS-GT3-Markenpokal stattdessen seine Zelte aufschlagen. Für den regulären GT3-Sport in Australien stehen wohl ungemütlichere Zeiten bevor.

Am kommenden Wochenende…

…legt der größere internationale GT3-Motorsport nochmal eine Pause ein. Dafür kommen aber noch einige Highlights auf uns zu. Neben dem Debüt der 24 Stunden von Austin sorgt vor allem der FIA GT World Cup in Macau für große Vorfreude. Für den Schaulauf auf dem Guia Circuit haben sich 20 Nennungen von sieben Herstellern gefunden, die in einer eigenen Vorschau genauer beschrieben werden.

Nächste Rennen mit GT3-Beteiligung:
03. – 05. November 2017: V de V (Circuito do Estoril)
10. – 12. November 2017: 24H Series (24 Stunden von Austin auf dem Circuit of the Americas); Australian Endurance Championship (Highlands Motorsport Park); Super GT (GT300; Twin Ring Motegi)
17. – 19. November 2017: FIA GT World Cup (Guia Circuit / Macau)

[Fokus auf Veranstaltungen des Report-Portfolios; wird fortlaufend ergänzt]

Bilderquelle / Copyright: International GT Open

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