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24h von Le Mans: Die „kleinen“ Teams

von DonDahlmann
3 Kommentare
Le Mans 2015

Die ganze Welt hat am letzten Wochenende den Kampf zwischen Audi und Porsche beobachtet. Aber in Le Mans kämpfen auch ganz andere Teams, denen es nicht um den Sieg geht.

In Le Mans von „kleinen“ Teams zu reden, ist jetzt vielleicht nicht so ganz richtig. Unter 500.000 Euro gibt es da keinen Einsatzwagen, aber im Vergleich zu dem, was die Werksmanschaften ausgeben, ist das halt relativ wenig Geld. Und die meisten Team sind sehr professionell oder haben eine Werksunterstützung. Aber es gibt sie noch, die kleinen Teams. Im Fernsehen sieht man sie nur selten. Oder nur dann, wenn sie im Kies stehen oder abfliegen. Vor Ort erlebt man auch die Teams viel näher, die nicht in den Bildern auftauchen. Bei 56 Startern hat man schnell im Blick, wer da unterwegs ist, und wenn dann plötzlich, nach ein paar Runden, einer fehlt, schaut man dann doch mal nach, wo das Team geblieben ist. Oder man schaut im Paddock vorbei und wird dort freundlich begrüßt – und nicht an die Presseabteilung verwiesen. Also möchte ich mal auf ein paar Teams eingehen, die in der allgemeinen Berichterstattung etwas untergehen.

LMP1
CLM/byKolles
24H_LeMans_Race_2015_274Man fragt sich ja schon, warum Colin Kolles sich das antut. Gegen die Rebellion hat er keine Chance, da fehlt ihm das Geld. Die Finanzen von Kolles sind… nun ja, undurchsichtig. Aber irgendwie bekommt er immer das Geld zusammen. Das Chassis ist ein aufgebohrter LMP2, reichlich verfeinert und durchaus hübsch, aber die Welt hat das Ex-Lotus-Chassis noch nie bewegt. In Le Mans fiel der CLM vor allem damit auf, dass er nicht auffiel. Er war einfach zu selten auf Strecke. Den Grund dafür verriet Pierre Kaffer: Der AER-Motor verbrannte eine Hochdruckeinspritzpumpe nach der nächsten. Bis zum späten Samstagabend hatte man schon vier verbraucht, zwei hatte man noch übrig. Der CLM stand stundenlang an der Box, meiste qualmte er irgendwie, es wurde geschraubt, die kaputten Pumpen teilweise repariert, eine bekam man von Rebellion „geliehen“. Und so schafften es Simon Trummer, Pierre Kaffer und Tiago Monteiro tatsächlich, am Sonntag die Zielflagge zu sehen. Mit 135 Runden Rückstand lag man unter 70% Regel, was die Punktevergabe angeht, aber egal. Man ist ins Ziel gekommen. (Und wurde nachträglich wegen Untergewicht von der Wertung ausgeschlossen)

LMP2
Ibanez Racing
24H_LeMans_Race_2015_227Pierre Perret, José Ibanez, Ivan Bellarosa. Keine Besetzung, die wirklich klangvoll klingt. Der Spanier hat sich seinen Traum vom einem eigenen Team erfüllt, in das er sein Erspartes buttert. Da bleibt wenig übrig für klangvolle Fahrernamen, wenn man vielleicht mal von Perret absieht, den aber auch nur Insider kennen. Ibanez fährt hinterher, keine Frage. In der ELMS sowieso, aber auch in Le Mans war klar, dass man nichts reißen würde. Eher fiel der kanariengelbe Wagen auf, wenn er neben der Strecke stand. Oder die Kiesbetten erkundete. Am Ende wurde das Team Achter. Immerhin vor einem ESM-Wagen und mit schlappen 21 Runden Rückstand. Aber man fuhr mit dem Oreca 03R seine Runden, man stand nicht (na ja, selten) im Weg rum und absolvierte in der eigenen Geschwindigkeit seine Runden. Achter? Hell yes! Achter!

Krohn Racing
24H_LeMans_Race_2015_252Ja, Tracy Krohn. Er belegt laut der „Forbes“-Liste“ Platz 278 der reichsten US-Bürger. Er hat so viel Geld, dass er sich drei Topfahrer in seinem Ligier-Judd leisten könnte. Gut, mit Joao Barbosa hat auch einen, Nic Jönnson ist dann wieder ein alter Kumpel von Krohn, der auch schon 48 ist. Tracy Krohn ist sogar 61, er muss sich das alles nicht antun. Auch nicht den Spott, den er regelmäßig einsammelt, weil er mal wieder neben der Strecke steht. Was er in Le Mans auch nachhaltig machte. Neben der Strecke stehen. Barbosa ist eine 3.42 min gefahren. Krohn eine 3.51 min. Er verliert also pro Runde gute zehn Sekunden, das macht pro Stint 150 Sekunden. Und Krohn fährt sehr oft. Am Ende fehlen dem Team 35 Runden auf den Sieger der LMP2. Na und? Diese Verrückten, diese Wahnsinnigen, die in den Motorsport verliebt sind, denen es egal ist, ob sie auf P10 oder 15 in der Klasse landen, die am Ende einfach das Ziel sehen wollen, die machen doch auch Le Mans aus. Diese angenehm bescheuerten, reichen Menschen, die ihren Traum umsetzen und denen es egal ist, ob sie zehn Sekunden pro Runde verlieren. Hauptsache dabei. Hauptsache angekommen. Hauptsache Spaß haben.

GT AM
Team AAI
Le Mans 2015Ich muss ein wenig Abbitte leisten. Ich hatte im Podcast und in der GTE-Vorschau ein wenig über das Team aus Taiwan gelästert. Und dann bringen sie beide Autos ins Ziel und in die Wertung. Und nicht nur das. In der vorletzten Quali-Session fackelte ihnen auch noch die #68 fast komplett ab. Und was macht das Team? Baut seelenruhig aus teilweise geliehen (!) Ersatzteilen den Wagen neu auf und steht am Samstag am Start. Hat man einen der beiden Porsche im Kies gesehen? Oder sonst wo neben der Strecke? Nein. Das Team ist, manchmal recht langsam, seine Runden gefahren. Am Ende kam die #68 auf P6 (!) ins Ziel, die #67 auf P8. Unauffällig, quasi leise, drehten sie ihre Runden. Darauf bedacht, niemanden zu behindern. Ich habe einen der AAI-Wagen in der Nacht vor der Ford-Schikane parken sehen, damit eine Horde LMP2 durchkommen konnte. Am Ende haben sie die Autos ein bisschen sauber gemacht, bevor sie über die Ziellinie sind. Soll ja schön aussehen auf den Fotos für Zuhause.

Ich hätte mehr nennen können. Greg Murphy von Murphy Motorsports. Oder Bill Riley, der die Viper für ein Rennen auf den europäischen GTE-Standard umgebaut hat, um in Le Mans zu sein. Oder Patrick Dempsey, der hoffnungslos langsamer ist als seine Teamkollegen – und trotzdem immer antritt.

Vorne fahren die Stars, aber es sind diese Menschen, die viele nur als „Füllmaterial“ sehen, die Le Mans und oft auch den Motorsport so besonders machen. Sie sind nicht anders als ein Frank Williams in den 70ern oder ein Ken Tyrell, der nach großen Erfolgen in der F1 25 Jahre lang hinterher fuhr. Die „Kleinen“ sind das Salz in der Suppe, gerade und ganz besonders in Le Mans.

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3 Kommentare

nona 19 Juni, 2015 - 18:12

Nunja, der hoffnungslos langsamere Dempsey ist mit seinem Team immerhin Klassenzweiter geworden, arbeitet sich also Jahr um Jahr stückweise nach oben. Und jetzt reduziert er seine Schauspielerei um sich mehr auf’s Rennfahren zu konzentrieren, da könnte also noch mehr kommen. Sicher, er ist kein Newman oder McQueen was das Talent angeht (egal worin), aber dass er das ganze so ernst nimmt und dem Sport mit entsprechendem Respekt begegnet, finde ich inzwischen schon nicht schlecht.

Eagel-F1 19 Juni, 2015 - 22:58

Sehr schöne Zusammenstellung Don. Ich finde es gut, dass ihr auch mal diese Teilnehmer in den Mittelpunkt stellt. Jedoch möchte ich dir bei einem Punkt deutlich widersprechen. Tracy Krohn hätte meiner Meinung nach aus dem Rennen genommen werden müssen.
Wir haben in den letzten Woche sehr oft über Nachwuchsfahrer gemeckert und darüber wie unverantwortlich diese teilweise unterwegs waren, aber was Tracy Krohn zusammengefahren hat war schon haarsträubend. Es waren ja nicht nur die Ausritte, sondern auch die diversen sehr engen Manöver die vor allem durch Glück nicht in größeren Unfällen geendet sind. Im GT mag das alles noch gehen und da ist mir Krohn auch eher selten so extrem negativ aufgefallen, aber in einem Prototypen ist das eben doch nochmal eine andere Geschichte. Vielleicht gehe ich mit Krohn zu hart ins Gericht, aber im Chat war ich nicht der einzige, der ihm die Fahrerlaubnis entziehen wollte.
Zu Patrick Dempsey möchte mich Nona anschließen. Wieviel ihm der Erfolg bedeuted hat sah man auch sehr shcön an den feuchten Augen die nach dem Rennen hatte. Und Dempsey fuhr auch übrigens auch in der N8 bzw am ganz frühen Sonntag morgen (etwa zur „Happy Hour“, die es ja dieses Jahr kaum gab). Ich habe einen riesen Respekt vor seiner Leistung!

DonDahlmann 20 Juni, 2015 - 01:20

Generell: das klang jetzt etwas negativer bzgl. Dempsey, als es tatsächlich gemeint war. Ich habe großen Respekt vor seiner Leistung und seiner Zähigkeit. Der zweite Platz ist ehrlich verdient. Und er bringt eben auch den Glamour in die Rennen, was absolut dazu gehört,

Was Krohn angeht: Auch, wenn er oft neben der Strecke war – so Leute wie er gehören zum Rennsport. Ich finde den Wahnsinn, mit 61 noch so etwas zu machen, durchaus bemerkenswert. Und wie bei Dempsey sind es diese Typen, die zu Le Mans gehören. In ein paar Jahren, wenn er nicht mehr fährt, kann man sich lächelnd daran erinnern, wie dieser positiv Verrückte einfach nicht nach gelassen hat. Und er ist nicht Rob Kaufmann, der wirklich immer gefährlich im Weg stand. Netterweise hat Krohn seinen Wagen ja auch in einer Farbe lackiert, die man auch Nachts sieht, so dass jeder gewarnt ist, wenn er sich ihm nähert ;)

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