Home LMSWEC WEC: Analyse Bahrain 2013 – Überraschung zum Schluss

WEC: Analyse Bahrain 2013 – Überraschung zum Schluss

von DonDahlmann
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Dass Toyota in Bahrain schnell sein würde, hatte man vorher erwartet. Dass die Audi aber kaum eine Chance hatten, war überraschend. Dennoch war das Rennen in der LMP1 und in allen anderen Klassen sehr spannend.

AUTO - WEC 6 HOURS OF BAHRAIN 2013Schon in der Qualifikation zeigte Toyota eine überraschend starke Form. Waren die TS030 zu Beginn der Saison auch auf eine schnelle Runde den Audi R18 unterlegen, lagen sie in Bahrain vorne. Zwar war der Vorsprung der Japaner nur hauchdünn und betrug wenige Zehntel, aber dennoch ist es Toyota gelungen, während der Saison einen deutlichen Rückstand aufzuholen. In Spa lag man mit der schnellsten Runde in der Quali noch 1,4 Sekunden hinter den Audi. Le Mans lasse ich wegen der Besonderheiten der Strecke weg. In Interlagos betrug der Rückstand nur noch 0,7 Sekunden, in Austin waren es wieder 1,7 Sekunden, in Fuji aber nur noch 0,3 Zehntel. In China stand man auf der Pole (Vorsprung 0,5 Sekunden) und in Bahrain knapp 1 Zehntel. Ähnlich haben sich die Rundenzeiten im Rennen geändert. Die Entwicklung ist erstaunlich und wenn man sich die Boxenstopps anschaut, stellt man fest, dass Toyota auch hier aufholen konnte.

Zu Beginn des Jahres konnte man feststellen, dass Audi die Taktik geändert hatte. Statt auf den Mix Verbrauch/Speed zu setzen, überraschte Audi mit deutlich schnelleren Rundenzeiten. Schuld daran war der angeblasene Diffusor, der mehr Abtrieb brachte. Man vermutet, dass der überarbeitete R18 cirka 20 % mehr Abtrieb erzeugt, was aber auch bedeutet, dass man 20 % mehr Leistung abrufen musste, was sich wieder auf den Verbrauch niederschlägt. Toyota war genau den umgekehrten Weg gegangen. Man hatte den aerodynamisch überarbeiteten Wagen zwar schneller bekommen, gleichzeitig aber auch den Verbrauch reduziert. Am Ende reichte das nicht, Audi hatte das deutlich bessere Paket, wie man dann spätestens in Le Mans sehen konnte.

Toyota gelang aber das Kunststück, über die Saison den Spieß umzudrehen. Das ist doppelt erstaunlich, hatte man doch nach Le Mans das Programm reduziert und sowohl in Interlagos als auch in Austin nur einen Wagen an den Start gebracht. Aber offenbar hatte man weiter an Motor und Auto gearbeitet. Dabei gelang Toyota gleich zweierlei: Zum einen machte man den Wagen schneller, zum anderen konnte man gleichzeitig den Verbrauch anpassen. Sichtbar wurde dies zum ersten Mal in China, in Bahrain wiederholte sich das Spiel. Zwischen Audi und Toyota lag bei den Boxenstopps selten mehr als eine Runde, die Standzeit war ebenfalls gleich und die Toyota waren auf der Strecke etwas schneller. Der Vorsprung war allerdings minimal, vielleicht ein paar Zehntel pro Runde. Doch in sechs Stunden summiert sich der Abstand.

In Bahrain spielte sich an der Spitze Ähnliches wie in China ab. Die Toyota gingen in Führung und setzten sich im Verlauf der ersten Stunden rund 30 Sekunden ab. Dann stagnierte der Vorsprung. Ob die Toyota sich etwas zurückhielten oder ob Audi im Verlauf des Rennens an Speed zulegen konnte, ist schwer zu sagen, da die Rundenzeiten wegen der Überrundungen stark schwankten. Ein weiterer Grund mag im Ausfall des Toyota mit #7 nach rund zwei Stunden gewesen sein. Vermutlich lag ein Motorschaden vor, was Toyota dazu gebracht haben könnte, die #8 soweit einzubremsen, dass man den Vorsprung halten konnte.

Auch bei Audi gab es Probleme. Die neuen Weltmeister McNish, Kristensen und Duval kamen nicht ins Ziel, weil beim Audi mit der #2 das Getriebe versagte. Hinzu kam dann noch eine Durchfahrtsstrafe für die #1, weil man unter Gelb überholt hatte. Damit war der Toyota am Ende sicher in Front und die Japaner konnten zumindest den letzten Sieg in diesem Jahr für sich verbuchen.

Es gibt einige Gerüchte, die darauf anspielen, dass Audi nicht mehr alles gezeigt haben könnte. Das halte ich für nicht stichhaltig. Es gibt keinen Grund, warum Audi sich am Ende dieser Saison zurückhalten sollte. Motoren und Chassis werden 2014 nicht mehr eingesetzt, die ganze BoP kommt mit den neuen Regeln erst mit dem Test in Le Mans Anfang Juni 2014. Warum sollte Audi am Ende der Saison mit einem Auslaufmodell nicht mehr alles zeigen?

Der Schlüssel für die Auferstehung der Toyota könnte auch in den Michelin-Reifen liegen. Toyota verzichtete in China und Bahrain auf Doppelstints, was man im letzten Jahr noch problemlos machen konnte. Audi versuchte es in Bahrain gegen Ende des Rennens mit einem Doppelstint, verlor aber dann gegen Ende des Stint sehr viel Zeit (rund zwei Sekunden pro Runde). Toyota gelang es über die gesamte Stintlänge, das Maximum aus den Reifen herauszuholen.

Da zwei Spitzenfahrzeuge weg waren, hätte eigentlich Rebellion auf P3 vorrücken können. Aber die Schweizer hatten in Bahrain Pech. Der Toyotamotor verabschiedete sich mit einem ziemlichen Schlag und einem mittelgroßen Feuer.

LMP2

Die Meisterschaft stand in der LMP2 noch zur Entscheidung aus, aber die G-Drive-Mannschaft hatte nur noch theoretische Chancen auf den Titel. Bei OAK ging man das Rennen nach einem turbulenten Start sehr ruhig an und hielt die Wagen im Bereich der Top 5. Vorne war zunächst der G-Drive-Wagen mit Rusinov/Martin/Conway an der Spitze, aber dann stürmte der Pecom Oreca von hinten an und übernahm die Führung. Weit konnte sich die Mannschaft von Perez Companc aber nie absetzen, der Vorsprung betrug selten mehr als 20 Sekunden. Um Platz drei kämpften im Verlauf des Rennens der Greaves-Zytek und die beiden OAK, die im Verlauf des Rennens das Tempo erhöhten. Da der OAK mit Baguette, Gonzales und Plowman nur in Reichweite des G-Drive bleiben musste, übertrieb man es auch nicht mit dem Druck nach vorne. Wie schnell man in Probleme kommen kann, musste dann Pecom erleben. Knapp 90 Minuten vor dem Ende flog der Wagen am Ende Geraden ohne Bremsen ab. Dank der großen Auslaufzonen passierte nichts, der Wagen konnte sich sogar an die Box zurückschleppen und das Rennen beenden.

Am Ende konnte der G-Drive Wagen zwar gewinnen, aber der Sieg reichte nicht, um sich die Meisterschaft zu sichern. Wegen der vielen Ausfälle in der P1 landete man sogar auf P3 der Gesamtwertung. Auf Platz zwei in der Klasse landete der OAK mit Brundle, Heinemeier-Hanson und Pla. Dritter wurde der Greaves mit Wirdheim, Reip und Lancester. Die beiden Lotus erwischten ein rabenschwarzes Wochenende. Die #31 flog schon in der ersten Kurve raus, die #32 kam nur fünf Runden weit.

GTE-Pro

Die besten Chancen auf den Meistertitel in der GTE-Pro hatte Aston Martin mit der Paarung Mücke/Turner. In der Fahrer-WM führten beide mit fünf Punkten vor den AF-Corse Piloten Bruni/Fisichella. Die italienische Ferrari-Mannschaft entschloss sich vor dem Rennen dazu, beide Fahrer auf zwei Wagen zu verteilen, um die WM-Chancen zu vergrößern. In der Konstrukteursmeisterschaft sah die Sache noch klarer aus, denn da betrug der Vorsprung von Aston Martin 17,5 Punkte.

In der Qualifikation hatten jedoch die Porsche die Nase vorn. Das Werksteam war in Bahrain mit dem neuen 2014er RSR angereist, der vor allem im Bereich Abtrieb überarbeitet wurde. Meint: Der neue 911er hat etwas weniger Abtrieb, um das leidige Problem mit dem Topspeed in den Griff zu bekommen. Das funktionierte in der Quali schon mal gut, im Rennen konnte der RSR auch vorne mithalten. Hier zeigte sich aber ein Problem mit dem Reifenverschleiß, der immer noch etwas über den Werten liegt, die man gerne hätte. Im ersten Drittel eines Stint funktioniert der Wagen gut, danach bauen die Reifen dann zu schnell ab und man verliert Zeit.

Im Rennen fielen Stefan Mücke und Darren Turner schon früh zurück, während der Ferrari mit Bruni/Vilander sich mit dem Porsche von Bergmeister/Pilet um den ersten Platz prügelte. Der zweite Porsche mit Lieb/Lietz fiel schon nach wenigen Runden zurück, weil er von einem LMP2-Lotus abgeschossen wurde. Während des Rennens konnte sich die AF Corse Mannschaft langsam gegenüber dem Porsche durchsetzen und man übernahm die Führung. Der Vorsprung betrug aber selten mehr als 30 Sekunden auf den neuen RSR.

Von Aston Martin sah man im Rennen nur wenig. Die Führung für Bruni war keine gute Nachricht für Mücke/Turner, die auch nicht in der Lage waren, die beiden Führenden unter Druck zu setzen. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Nach knapp dreieinhalb Stunden rollte der Aston nur noch langsam um den Kurs und schaffte es gerade so in die Box. Dort konnte man dann nur noch den Exitus des Antriebs feststellen. In der letzten Stunde des Rennens fiel dann auch noch der zweite Aston mit Lamy/Senna/Stanaway ebenfalls mit einem technischen Defekt aus. Jetzt blieb den Briten nur noch die Hoffnung, dass die Ferrari ein ähnliches Problem ereilen würde. Doch die F458 liefen wie ein Uhrwerk. Das Rennen und damit die Weltmeisterschaft gewannen Vilander/Bruni. Ärgerlich ist das für Fisichella, dem wegen der Umbesetzung die Weltmeisterschaft verwehrt blieb. AF Corse holte auch den Konstrukteurstitel in der GTE-Pro. Eine große Enttäuschung für das Aston Martin Team, die das Jahr (auch dank der gefühlt 23432 Ausnahmegenehmigungen der FIA) oft dominiert hatten.

GTE-Am

Hoffnungen hatten die Briten auch in der Amateur-Wertung. In der Markenwertung führte man vor dem Rennen mit fünf Punkten vor dem 8Start Team, bei den Fahrern waren es Altmeister Campbell-Water und Stuart Hall, die mit fünf Punkten vor dem Porsche Duo Vernay/Narac lagen. Weitere vier Punkte dahinter lagen die 8Star-Piloten Aguas und Potolicchio. Im Rennen setzte sich der „Dänen-Bomber“ mit Nygaard, Poulsen und Thiim sofort an die Spitze. Die Aston-Mannschaft gab ein Tempo vor, dem die Konkurrenz nicht folgen konnte. Nygaard und Poulsen haben das Jahr eigentlich komplett dominiert. Doch der Unfall in Le Mans, bei dem Teamgefährte Allan Simonsen ums Leben kam, und der Ausfall in Interlagos zerstörten die WM-Chancen. Campbell-Water und Hall konnten dem Tempo der Dänen nicht folgen, zudem gab es Probleme mit der Elektronik in der zweiten Stunde des Rennens, die den Aston gleich um zwei Runden zurückwarfen.

Hinter den Dänen kämpften der IMSA-Porsche und der 8Star-Ferrari um die Plätze und dabei ging es teilweise um Zehntelsekunden. Über die folgenden Stunden entwickelte ein zäh geführter Kampf zwischen beiden Teams. In der vierten Stunde ereilte die IMSA-Mannschaft dann das Schicksal in Form eines sehr langen Boxenstopps, der die WM-Chancen zunichte machte. Damit rückten Campbell-Water und Hall einen Platz nach vorne, was sich am Ende als wichtige Entscheidung herausstellen sollte.

An der Spitze versuchte das 8Star-Team alles, aber der Ferrari war gegen den Aston Martin der Dänen chancenlos. Nachdem man sich eine Runde Rückstand eingehandelt hatte, konnte nur noch ein Defekt den Aston stoppen, doch das Rennglück blieb bei den Briten. Nach sechs Stunden gewannen Nygaard/Poulsen/Thiim verdient vor Aguas/Potolicchio. Der zweite Aston kam auf Platz 5 und so retteten Campbell-Water und Hall ihre Meisterschaft mit nur einem einzigen Punkt. Immerhin konnte 8Star Motorsport aber die Teamwertung für sich entscheiden.

Es war ein gutes Abschlussrennen der WEC in Bahrain, das viel Spannung bot. Und ein würdiger Abschluss für die LMP1-Fahrzeuge und deren Motoren, die wir so ja nicht mehr wiedersehen werden. Gut war auch die Entscheidung der FIA, den Saisonabschluss in Bahrain und nicht in China fahren zu lassen. Die Strecke passt den Prototypen, das halbe Nachtrennen lieferte auch schöne Bilder. Die Serie verabschiedet sich nun in eine lange Winterpause, denn es wird erst wieder im April weitergehen. Zwischendurch gibt es aber traditionell Ende Januar die Einladungsliste des ACO für Le Mans zu vermelden. Wie man hört, wollen Audi, Toyota und Porsche in Le Mans mit jeweils drei Wagen an den Start gehen. Das wären neun Fahrzeuge, die um den Sieg kämpfen könnten – man darf sich jetzt schon ein wenig freuen.

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