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NASCAR: Analyse Dover Mai 2011

von KristianStooss
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333 Runden lang hatten Jimmie Johnson und Carl Edwards das Feld im Griff, bevor sich zuerst Clint Bowyer und später Matt Kenseth sowie Mark Martin gegen die Dominanz auflehnten. Grip-Veränderungen auf der Strecke machten Strategiespiele möglich, welche die konservativ agierenden Führenden nicht eingehen wollten. Kenseth nahm ihnen daher den Sieg ab!

Das Rennen auf dem Dover International Speedway am Sonntag war nun nicht unbedingt der Brüller, plätscherte es doch mehr als ein Dreiviertel der Renndistanz vor sich hin. 331 Runden lang war so gut wie nichts passiert, während sich Jimmie Johnson und Carl Edwards wie erwartet an der Spitze um die Führung stritten. Kasey Kahne läutete mit einem Mauerkuss Gelbphase #5 und damit die entscheidende Phase des Rennens ein. Die folgenden Boxenstopps brachten dann erstmals Clint Bowyer nach einer Turboabfertigung vor die beiden Favoriten. Das ist jetzt zwar nicht so ungewöhnlich, jedoch war Bowyer in der folgenden Grünphase der erste Pilot des Tages, welcher sich auch länger als ein oder zwei Runden gegen Johnson und Edwards durchsetzen konnte. Allerdings war nach dem Schwenken der grünen Flagge über 60 Runden vor dem Ende klar, dass der Sprit im Tank wohl genau nicht ausreichen würde.

Nach knapp 30 Runden unter Grün sah plötzlich Clint Bowyer wie der sichere Sieger aus, da er mit Clean-Air die Verfolger locker hinter sich halten konnte. Für den letzten Game-Changer des Rennens sorgte dann Juan Pablo Montoya, der schon den ganzen Tag über massive Probleme hatte und sich ohne Fremdverschulden in die Mauer drehte, womit er die sechste und letzte Caution verursachte. Die nun folgenden finalen Pitstops lösten damit zwar alle etwaigen Tankspielereien in Luft auf, doch eine wichtige Frage galt es noch zu beantworten: zwei oder vier neue Reifen?

Während Clint Bowyer, Jimmie Johnson und Carl Edwards als Top3-Piloten natürlich die konservative Spielweise vertraten, gab es zur Überraschung vieler Beobachter einige Piloten, die sich mit zwei neuen Pneus wieder auf die Strecke wagten. So setzten sich unter anderem Matt Kenseth, Dale Earnhardt Jr und Brian Vickers durch diese Taktik vor die Favoriten. Mark Martin löste diese Problematik auf seine Weise und ging einfach gar nicht an die Boxengasse, womit er sich natürlich auch eng am Rande des Tankfensters bewegen sollte. Allerdings stellte sich die Frage, ob er ohne frische Reifen überhaupt länger als eine halbe Runde der lauernden Meute entfliehen können würde.

Die Strategie zahlte sich für einige Fahrer aus, Junior und Jeff Gordon kamen aber leider nicht in diesen Genuss und wurden in den verbleibenden 34 Runden noch von der Konkurrenz aus den Top10 herausgefahren. Besser funktionierten die zwei Reifen ganz vorne in Clean-Air, wo Kenseth schließlich Martin überholte, der sich aber erstaunlicherweise auf den alten Gummis zwei Umläufe in Führung halten konnte. Die Favoriten hatten inzwischen Pech, weil gleich mehrere Piloten auf der Zwei-Reifen-Strategie einen zu großen Puffer zwischen ihnen und dem nun Führenden Matt Kenseth bildeten. Mitten im Verkehr hatten Bowyer, Johnson und Edwards keine Chance mehr und mussten am Ende nach überragender Dominanz mit Plätzen außerhalb der Top5 Vorlieb nehmen, während Kenseth fast ungefährdet seinen zweiten Saisonsieg einfuhr.

Die nachträgliche Analyse der letzten Boxenstopp-Phase lässt den Erfolg der nur zwei neuen Reifen bei der Mischung an sich und ihrer Zusammenarbeit mit der Strecke finden. Nach mehreren Regenschauern Samstag und auch Sonntag gingen die Fahrer um 19:15 Uhr auf eine nahezu grüne Strecke, weswegen auch eine Competition-Caution in Runde 40 notwendig wurde, um den Reifenverschleiß überprüfen zu können. Im Laufe des Rennens verteilte sich das Gummi sehr gut auf der Betonbahn und bildete auf den unteren beiden Spuren einen durchgehenden schwarzen Film. Paradoxerweise erwähnten aber einige Fahrer in den Post-Race-Interviews, dass der viele Abrieb die Strecke eher rutschiger gemacht hätte und eigentlich würde man ja eher das Gegenteil erwarten.

Das führte dann spät im Rennen auch dazu, dass oberhalb der schwarzen Spur eine dritte Lane aufgemacht wurde, um gegen den verstärkten Grip-Verlust anzukämpfen. Was der Abrieb aber auch brachte, war extrem verminderter Reifenverschleiß! Das sorgte im Finale dann schließlich dafür, dass die alten Gummis gegenüber den neuen Pneus keinen größeren Nachteil hatten, weil sie sich nur noch mit dem vorhandenen Gummiabrieb auf der Strecke auseinandersetzen mussten und nicht mehr mit dem Betonbelag an sich.

Zwar versuchte sich Clint Bowyer am Anfang des Rennens in der Competition-Caution ebenfalls an nur zwei neuen Reifen, zu diesem Zeitpunkt war aber noch längst nicht genug Gummi auf der Strecke verteilt. Die Erfahrung aus besagtem Boxenstopp könnte die Favoriten am Ende davon abgehalten haben, ein Wagnis einzugehen. Der Mut einiger anderer Piloten und deren Crew-Chiefs, wie z.B. Kenseth und Vickers, wurde daher dieses Mal belohnt. Sicherlich aber ein Ergebnis besonderer Umstände…

Zu den Ergebnissen ausgewählter Piloten:

– Während Matt Kenseth und Mark Martin als erste beide Fahrer die Zieldurchfahrt unternahmen, komplettierten Marcos Ambrose, Kyle Busch und Brian Vickers die Top5. Ambrose und Vickers fuhren ein fehlerfreies Rennen und wurden für ihre Anstrengungen endlich mal belohnt. Bei Vickers war Dover unterdessen im letzten Jahr der erste Saisonlauf, welchen er wegen seiner Krankheit aussetzen musste. Kyle Busch holte den vierten Rang nach einer fulminanten Aufholjagd (alleine beim letzten Restart überholte er innerhalb einer Runde fünf andere Piloten auf der äußeren Spur) vom Ende des Feldes, nachdem er wegen eines Motorenwechsels von ganz hinten starten musste.

– Die eigentlichen Sieger Clint Bowyer und Carl Edwards landeten nur auf den Plätzen 6 und 7, dahinter liefen Martin Truex, Jimmie Johnson und Kevin Harvick ein. Johnson hatte in Dover zuvor 207 Runden geführt und sich damit den Bonuspunkt in dieser Kategorie verdient. Zufrieden können er und sein Team deshalb aber natürlich nicht sein. Besser lief es da im Endeffekt eher für Richard Childress Racing, die drei ihrer vier Fahrer in die Top11 brachten, welche Jeff Burton komplettierte. Lediglich Paul Menard warf mit einem Mauerkuss in Runde 340 ein besseres Ergebnis für sich und die Truppe weg. Diese Steigerung hatte ich im Vorfeld nicht erwartet.

– Dale Earnhardt Jr, Kurt Busch, Brad Keselowski und David Reutimann lieferten neben Burton solide Resultate innerhalb der Top15 ab, vor allem bei den drei letztgenannten Fahrern ist dies ja schon ein gewaltiger Fortschritt in diesem Jahr. Direkt dahinter verpassten Jeff Gordon und Denny Hamlin einen Einzug in die Top15 knapp, wobei diese Ergebnis-Gefilde allerdings auch nicht ihr Ziel sein dürfen und sollten.

– Enttäuscht haben an diesem Wochenende auch Greg Biffle (19.), Jamie McMurray (20.), Ryan Newman (21.) und abermals Joey Logano, der sich sogar nur auf Rang 27 einfand, nachdem er sich bereits in Runde 20 in den Top10 liegend drehte und früh eine Runde verlor. Davon konnte er sich nicht in der Folge nicht mehr erholen. Ganz schlimm erwischte es Tony Stewart (29.) und Juan Pablo Montoya (32.), welche überhaupt nichts mit dem Handling ihrer Autos anfangen konnten. Beide landeten mindestens fünf Runden hinter der Spitze im Ziel.

– Die Pechvögel des Rennens waren Regan Smith (34.), Kasey Kahne (36.) und AJ Allmendinger (37.). Alle drei Piloten mussten, nachdem sie zuvor konstant innerhalb der Top10 unterwegs waren, schwere Rückschläge hinnehmen. Bei Smith brach knapp 100 Runden vor Schluss die Trackbar, während Kahne etwa zur selben Zeit einen Motorschaden hinnehmen musste. Bei einem Restart kam der Toyota nicht auf Touren, was Kasey zum Zurückschalten provozierte, wobei er die Maschine dann blöderweise überdrehte. Allmendinger traf das gleiche Schicksal wie Kahne, jedoch verabschiedete sich sein Motor kurz vor Halbzeit ohne Eigenverschulden.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung.

Am nächsten Wochenende steht das All-Star-Rennen an, bei welchem allerdings keine Punkte, dafür aber 1 Million US-Dollar vergeben werden. Am Freitag gibt es dazu an dieser Stelle eine kurze Vorschau mit einer Vorstellung der Regeln und einer Liste der teilnehmenden Fahrer. Auf eine Analyse werde ich bei diesem Show-Rennen aber vermutlich verzichten, immerhin steht dann in erster Linie der Spaß an vorderster Front und nicht Politik oder übermäßige Strategie!

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