Immer, wenn man denkt, bei der DTM läuft es endlich mal gut, kommt ein Team und „reguliert“ das Ergebnis mit einer Stallregie. Muss das sein?
Stallregie ist nichts, was gerade neu erfunden wurde. Es hat schon immer strategische Entscheidungen gegeben, die ein Rennen beinflusst haben. Das war in den 50er Jahren so, das ist heute so. Und ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man solche Entscheidungen trifft. Wenn es um die WM geht und es wirklich eng ist, dann macht es keinen Sinn, den Teamkollegen, so gut er auch unterwegs sein mag, den Sieg zu geben, sollte man deswegen die WM verlieren. Die Frage ist aber, ab wann man in einer Saison damit anfängt. Bei McLaren hat man 2007 nichts unternommen, um die Piloten auszubremsen. Das war sportlich eine wirklich gute Entscheidung, kostete McLaren aber am Ende beide WM-Titel. Red Bull steckt 2009 in einer ähnlichen Situation, aber man behauptet, dass man ebenfalls nicht eingreifen will. Im Gegensatz dazu gestern Audi in Zandvoort und BMW neulich beim WTCC in Porto. In beiden Fällen beorderte man einige Piloten nach hinten, damit ein Meisterschaftskandidat ein paar Punkte mehr bekam. Und das ist unsportlich.
Ein Rennen besteht nicht nur aus einem Wertungslauf. Es besteht aus den freien Trainingssitzungen, der Quali und dem Rennen. Wenn ein Fahrer, egal wie gut er sonst ist, es in der Quali nicht schafft nach vorne zu kommen, dann hat er eben schlecht gearbeitet, Pech gehabt, ein schlechtes Wochenende erwischt oder die anderen waren halt besser. Das ist für den betroffenen Fahrer, wie für das Team bedauerlich, aber so ist das nun mal im Motorsport. Und es ist auch gut so, denn sonst stünden immer die gleichen zwei oder drei Fahrer vorne, was keiner sehen will.
Was man sehen möchte sind Rennen, in denen Fahrer für ihren Mut, ihren Einsatz und die Leistung belohnt werden. So wie Oliver Jarvis am Wochenende, der seit Ewigkeiten mal wieder ein gutes Wochenende in der DTM hatte. Daraufhin haben er und sein Team lange hingearbeitet und selbst der zweite Platz wäre ein schöner Lohn gewesen, musste man sich doch nur knapp einem ehemaligen DTM-Champion in einem Neuwagen geschlagen geben. Wir frustrierend muss für einen Fahrer sein, wenn er dann nach hinten „beordert“ wird.
Dr. Ulrich von Audi Motorsport spricht in diesem Zusammenhang von strategischen Entscheidungen, und davon, dass solche im Rennen schon seit Anbeginn des Motorsports eine Rolle gespielt haben. Das mag sein, aber die Begriffe Respekt und Ehre sind genauso hoch zu schätzen. Wenn ein Fahrer, in dem Fall Jarvis, sich seinen zweiten Platz hart erkämpft hat, und es zu dem das vierte Rennen einer Saison mit insgesamt 10 Läufen ist, dann sollte man seinem Fahrer auch die Ehre eines zweitens Platzes überlassen.
Wenn aus einem Rennen eine Farce wird, wenn technokratische Entscheidungen getroffen werden, die mit dem klassischen Motorsport nichts mehr zu tun haben, dann werden die Fans dass irgendwann auch nicht mehr schön finden. Die DTM mag die meisten Medienpräsenz haben, aber sie ist nicht die einzige Serie, die auf einem guten Niveau Motorsport beitet, wie die ADAC GT Serie zeigt. Und die Fans werden es sich in wirtschaftlich engen Zeiten überlegen, ob sie ihr Geld für ein Rennen ausgeben, bei der Ausgang von Konzern- und nicht von anderen Entscheidungen abhängt.
Ich habe nur mäßiges Verständnis für die Argumentation von Audi und anderen Herstellern (ich will Seat nicht vergessen), die besagt, dass man gezwungen ist, alles für den Titel zu tun, damit man Ende das Budget für das kommende Jahr vom Vorstand frei bekommt. Ein Hersteller sammelt nicht nur deswegen Sympathien, weil er dauernd gewinnt, sondern weil er in einem fairen Kampf auch mal verliert. Da muss man, auch wenn man Mercedes nicht sonderlich mag, den Stuttgarter mal zu Gute halten, dass sie sich neun Jahre lang in der F1 von Ferrari und Renault haben düpieren lassen, ohne dass man die Flinte ins Korn warf.
Das einzig positive an der ganzen Sache war die Reaktion der auch von mir gerne gescholtenen ARD. Phillip Sohmer, Manuel Reuter und selbst Claus Lufen fanden deutliche und starke Worte zu der Farce in Zandvoort. Bleibt zu hoffen, dass der Sender zusammen mit den Fans genug Druck auf die Hersteller ausüben kann, dass so etwas nicht mehr passiert.
9 Kommentare
Stallregie gehört zum Motorsport, früher wie heute. Die Frage ist halt wie weit man geht. Wie du schon sagtest sollte ein Jarvis nicht zurück gepfiffen werden, allein schon aus Repsekt weil er ein wirklich starkes Wochenende hatte und dafür auch belohnt werden soll. Würde man das innerhalb der immer gleichen Frontrunner machen, hätte ich damit wiederrum kein Problem. Das ist halt im Werksrennsport so.
Die allergrößte Frechheit ist aber das man damit nicht offen umgeht wenn man es schon macht. Stattdessen wird man im Gespräch mit den Leuten eiskalt angelogen und fühlt sich komplett verarscht wenn einem der Fahrer sagt „Ich hatte in der Runde technische Probleme“.
Die Team-Order gehört schon seit Urzeiten zum Motorsport dazu. Ich finde das auch richtig. Es ist ein Teamsport, und auch der Fahrertitel ist in Wahrheit ja ein vom ganzen Team gewonnener Titel. Das galt früher, und heute, wo es noch um viel mehr (Geld) geht, erst recht. Was ich schlimm finde, ist das Verbot der Stallregie. Das zwingt die Teams, zu Tricks und „Erklärungen“ zu greifen, die die Intelligenz der Zuschauer beleidigen.
Dass Stallregie niemals so weit gehen darf, dass die Konkurrenten von der Strecke geschubst werden, versteht sich von selbst. In einem solchen Fall müsste es natürlich harte Strafen geben, insbesondere den Ausschluss des ganzen Teams aus der WM-Wertung.
Die DTM hat einfach das Problem, dass zwei Hersteller zu wenig sind, und es deshalb a) häufiger und b) offensichtlicher und c) umfassender zu Teamorder kommt. Ich habe das Rennen nicht gesehen und gucke mir die DTM auch normalerweise nicht an. Aber ich frage mich, ob die ARD die „starken Worte“ auch gegenüber Mercedes gefunden hätte? Wenn ich mir mal ein DTM-Rennen angesehen habe, hatte ich jedenfalls den Eindruck, dass man dort teilweise nicht ganz neutral berichtet hat.
Das ist jedenfalls auch nicht richtig. Schon vergessen, wie Kovalainen letztes Jahr Hamilton vorbeiwinken durfte? Und Coulthard war auch ein braver Wasserträger. In den restlichen Jahren hatte man eben kaum Titelchancen. 2006, das muss man zugeben, hat McLaren tatsächlich Gleichbehandlung walten lassen – ein für die F1 erstaunlicher Vorgang, der ja auch prompt bestraft wurde. Hätte man auf Alonso gesetzt, er wäre längst vor dem Finale Weltmeister gewesen.
@Ich:
In der F1 fahren 10 Teams, da ist Stallorder nicht schön, aber verständlich, Wettbewerb ist noch stets gegeben, da ja jeder nur 2 Autos zum „ordern“ hat.
Ist eine Serie wie die DTM sowieso nur ein Zwei-Markenpokal, dann wird das eh nur mäßig reizvolle „Rennen“ durch die „Ordermacht“ des Marenfeldherrn über das halbe Feld endgültig zur Farce.
Dann können ja Audi und Mercedes gleich einen Fahrer ausgucken, der gewinnen soll, und nur diese beiden fahren lassen. ;o)
Die Chance am Ende den Titelträger zu stellen ist doch 50%, und wenn man es dann nicht wird, aber ordentlich Spektakel geliefert hat, dann hilft das den beiden Protragonisten mehr als diese „wir müssen den ja ach so wichtigen Titel sichern“-Arschabsicherungsgetue mit Einsortiererei des halben Feldes nach Stallorder.
Die DTM springt mit solchen „Rennen“ in den Abgrund der sportlichen Bedeutungslosigkeit, an dessen Rand sie ja sowieso schon steht.
Nicht unbedingt. Bei nur zwei Marken gibt es eben genau einen Sieger, und einen Verlierer. In der F1 teilt sich der Status des „Verlierers“ auf mehr Teams auf.
Für die Werbung spielt es hinterher eh eine untergeordnete Rolle, auf welche Weise der Titel eingefahren wurde.
Mercedes faire Verlier? Das ist doch wohl ein ganz übler Scherz?
Es gibt doch wohl kaum eine Marke im Motorsport die derart schlecht verlieren kann. Wenn Mercedes verliert waren meist die Gegner unfair, die Strecke zu unsicher oder sonst irgendwas stimmte nicht.
Ich möchte nur mal an Le Mans 1999 errinern…wo man aus eigener Schuld komplett versagt hat um hinterher die Strecke als zu unsicher und das Rennen als Kirmes-Event zu diffamieren. Oder die unsägliche DTM Farce 2007 als Mercedes gezielt die Audis abgeschossen hat. Diese Firma hat im Motorsport so viel im Salz zu liegen…von fairness sind die weiter weg als alle anderen.
Das man in der F1 nicht ausgestiegen ist hat doch nix mit fairem Verhalten zu tun sondern weil es sich halt marketingtechnisch trotzdem noch lohnt.
Es ist eine Zwei-Markenmeisterschaft und deswegen sollten die beiden beteiligten Marken IMHO sehr genau darauf achten, dass sie so wenig wie möglich ins Renngeschehen eingreifen.
Lustig finde ich immer wieder die Reaktionen vieler Fans hinterher, wenn Mercedes sowas mal gemacht hat, war der Aufschrei groß, macht Audi dasselbe, dann hat das plötzlich immer schon zum Motorsport gehört ;) .
Die beteiligten Hersteller machen nach meiner Meinung in der DTM die beste Werbung für sich, wenn sie es den Fahrern ermöglichen guten Sport zu zeigen. Dazu gehört auch, dass man die kleinlichen Strafen für jeden Mist abschafft.
Zur WTCC schreib ich lieber nix, denn nach der Seat-Affäre kann ich persönlich diese Meisterschaft nicht mehr ernst nehmen!
Ich muss unbedingt dieses Jahr mal wieder zur Nordschleife um wieder echten Motorsport zu sehen.
Die Crux ist in der Tat die Aufweichung der Definition von „Team“ versus „Marke“ – auch sprachlich. Dass man seitens der Fernsehkommentatoren es noch nie kapiert hat, dass ein Markenkollege nicht dasselbe ist wie ein Teamkollege, ist eine Sache. (Was bei nur zwei Marken im Feld schon an Dämlichkeit grenzt.) Wenn aber sowieso die Marken/Hersteller das Zepter führen und auf die unsportlichst mögliche Art nach Lust und Laune den Teams diktieren, wer nach vorne fahren darf und wer nicht, dann können sie auch gleich ganz aufhören, die Fahrer zum Schein in Teams einzuordnen. In der WTCC ist die Ägide der Hersteller über die Teams schon übel, in der DTM ist sie geradezu pervers. Schaut man sich die Namen der Teams (und Fahrzeuge) an, dann hat man eh den Eindruck, die Einteilung sei ein reines Marketingmittel, um Sponsoren und Firmennamen unterzubringen. Selbst den Fahrern ist die Teamzugehörigkeit ja schon egal – es war bezeichnend, dass Ekström sich im Qualifying per Funk beschwert hat, es sei „unglaublich“ dass ein „Teamkollege“ (Legge, also keine Team- sondern eine Markenkollegin von Ekström) ihm die Runde kaputtgemacht habe.
Stimmt, Daumen hoch an die ARD, dass man sehr klar Stellung bezogen und auf die Unsportlichkeit und Fanveralberung aufmerksam gemacht hat. So klare Worte und deutliches Nachhaken würde man sich weiss Gott öfter wünschen, Gelegenheit genug dazu gäbe es in der DTM sicherlich. Aber auch ein Daumen runter an die ARD für anderen Unsinn, z.B. dafür dass man keine klaren Worte dafür gefunden hat, dass Lauda Schumacher eindeutig als Revanchefoul in die Seite gefahren ist, oder dass man das ganze Wochenende lang Katherine Legge als irgendwie problematisch und latent verheult hingestellt hat. Irgendwann am Sonntag wurde erst in einem Nebensatz erwähnt, dass sie Scheider in der Box nicht sehen konnte und die Kollision im Qualifying ihr daher nicht anzukreiden sei – dass in so ziemlich jeder Rennserie der Welt die Boxengasse die Fastlane mit Vorfahrt ist und die Verantwortung für die Vermeidung von Zwischenfällen allein beim Herausfahrenden Team/Lollipopmann liegt, ist anscheinend der ganzen ARD entgangen. Dass Legge bzw. ihr Team (hah, „Team“…) auch noch bestraft wurde, und nicht Scheiders Team, ist eigentlich unfassbar.
Kurz gesagt, die DTM verkommt mehr und mehr zu einem irrelevanten Kindergarten. Das Rennwochenende in Zandvoort war, mal wieder, „typisch DTM“, leider. Mir fällt spontan wirklich kein Grund ein, warum ich mir diesen Quatsch überhaupt noch ansehe, und das ist traurig. Man kann nur hoffen, dass wenigstens die WTCC aus all diesen schlechten Beispielen lernt, aber viel Hoffnung kann man da auch nicht unbedingt haben.
Ach. Die DTM ist seit Jahren so und nicht anders. Die WTCC ist auch nicht viel besser. Entweder man lässt sich auf P8 zurück fallen, oder macht fröhlich die Tür für den „Markenkollegen“ der besser in der Meisterschaft ist.
Schlimm an der ganze Sache ist aber, dass es ja „eigentlich“ Verboten ist und man sich dann mit kleinen „Aussetzern“ im Motor das ganze reguliert. Gut, in der Formel Eins verbaut man einem einfach mal die Strategie (Brawn^^) und da nörgelt dann auch nur der Pilot.
Stallregie wirds immer geben, egal obs erlaubt oder verboten ist. Die Sache ist nur, in wie weit man den Fan weiterhin veräppeln muss…
also von der dtm bin ich schon mehrere jahre enttäuscht. richtig seit dem opel weg ist. die stallregie bei der dtm ist aber echt pervers.
mit der wtcc bin ich ehrlich gesagt zufrieden….das einzige was man abschaffen müßte wäre das mit der umgedrehten startformation in lauf 2. ich denke mal man könnte es regeln in denn man einfach 2 qualifyings fährt. so wie bei der A1GP. 1x für das sprint rennen….1x für das feature rennen. denke das könnte das schachspielen am ende von lauf 1 entgültig ausräumen.
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